Nach Meinung von Herrn Laschet, des Kandidaten für den Posten des deutschen Bundeskanzlers, ist dies ein weiterer Grund, um in der Außenpolitik der Europäischen Union von der einstimmigen Beschlussfassung zu jener auf Grundlage des Mehrheitsprinzips überzugehen. Heute kann eine gemeinsame außenpolitische Entscheidung nur einstimmig getroffen werden., und Herr Laschet möchte, dass in Zukunft die Mehrheit ihren Willen der Minderheit aufzwingen könne. All das im Namen der europäischen Haltung. Laut den Verträgen der EU ist in den wichtigsten Fragen, so auch in der Außenpolitik, die vollkommene Einstimmigkeit nötig. Ungarn verfuhr also entsprechend des EU-Grundvertrages, als es sein Veto einlegte. Ungarn einer uneuropäischen Haltung zu bezichtigen, weil es sein im Vertrag verbrieftes Recht in Anspruch genommen hat, ist in Wirklichkeit zutiefst uneuropäisch.
Bekanntlich leben in den Staaten der französisch-deutschen Achse viele Millionen Bürger muslimischen Glaubens, deren Meinung man in einer Demokratie nicht unberücksichtigt lassen kann. Doch muss man auch beachten, dass es in Mitteleuropa, auf dem Gebiet der Visegráder Vier – also auch in Ungarn – solche Bürger nur in verschwindend geringer Zahl gibt. Wir sehen auch, dass die Mehrheit der westeuropäischen Länder in das Zeitalter einer postnationalen und postchristlichen Lebensauffassung eingetreten ist. Doch kann man auch nicht außer Acht lassen, dass wir unser Leben auch heute entsprechend der jüdisch-christlichen Werte, Kultur und Lebensauffassung leben. Deshalb ist es für uns selbstverständlich, dass man kein Gleichheitszeichen zwischen einem Staat, Israel, und einer Organisation setzen kann, die auf der Sanktionsliste der EU steht. Auch dann nicht, wenn im Namen der französisch-deutschen Achse Herr Laschet dies für die richtige Außenpolitik der EU halten würde. Es wäre an der Zeit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die später der EU beigetretenen mitteleuropäischen Länder gleichrangige Mitglieder der Gemeinschaft der Europäischen Union sind. Auch wir haben das Recht, uns für unsere Überzeugungen, unsere außenpolitischen Verbündeten und unsere eigenen Interessen einzusetzen.