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Viktor Orbán in der Sendung „180 Minuten” [„180 perc”] von Radio Kossuth

Katalin Nagy: Es ist vier Minuten nach halb acht. Auch aus der Welt des Sports kennen wir den Spruch „never change a winning team”. Das wiedergewählte ungarische Regierungsoberhaupt hat dies trotzdem getan. Im Studio begrüße ich Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Warum?

Guten Morgen! Weil wir, wie das der ungarische Spruch sagt, immer den Knopf zum Mantel suchen und nicht den Mantel zum Knopf. Zwar sind die Zielsetzungen unserer Regierung jetzt schon seit acht bis zehn Jahren unverändert, ja, wenn jemand sich noch weiter zurück erinnern kann, dann wird er sich vergegenwärtigen können, dass auch unsere erste, zwischen ’98 und 2002 tätige Regierung sich für Ziele einsetzte, wie die es sind, für die wir jetzt arbeiten. Aber trotzdem besitzt jeder Regierungszyklus, besitzen alle vier Jahre jeweils einen eigenen Charakter, da sie auch eine eigene Aufgabe besitzen. Und man muss die Personen für die Aufgaben suchen und nicht den Menschen entsprechend der Aufgaben zuschneiden. Jetzt werden wir eine Regierung haben, wir werden etwa aus 14 Personen bestehen, von denen über 7 gesagt werden kann, sie seien Profipolitiker, also haben sie ihr Ansehen, die Bekanntheit in diesem Fach errungen, daher können sie auch die Zuhörer kennen, und es wird etwa 7 Personen, also die Hälfte der Regierung geben, die ihr Ansehen, ihre Anerkanntheit, ihr Wissen außerhalb der Politik gesammelt haben und als respektierte Experten des jeweiligen Gebiets angesehen werden können.

Ja, in der Presse wird schon die eine und die andere Person von diesen kritisiert, man versucht sie bestimmter Dinge zu beschuldigen. Sollen sie sich verteidigen?

Natürlich, denn das muss man doch wissen, dass die akademische Welt und die Welt der Wirtschaft sowie die Welt des Geistes und der Kultur sich tiefgreifend von der Welt der Politik unterscheiden. Also in der Welt des Geistes, der Wirtschaft, der Wissenschaft ist es eindeutig, was eine Leistung darstellt. Man erreicht eine Leistung und ganz gleich, ob man gemocht wird oder nicht, ob die anderen der gleichen Ansicht sind oder nicht, dort steht einem jeden die Anerkennung zu, dafür gibt es Regeln, diesen oder jenen wissenschaftlichen Grad, im Fall der Wirtschaft der gewonnene Profit. Ein jeder Bereich der Welt besitzt sein System der Anerkennung, in dessen Rahmen die ausgezeichneten Leistungen benannt und anerkannt werden. Die Politik ist keine solche Welt. Hier ist die Situation eine andere. Wenn du hier eintrittst, dann kannst du klug, kannst du schön sein, du kannst eine wissenschaftliche, intellektuelle, militärische oder eine Polizeikarriere hinter dir haben oder eine erfolgreiche Laufbahn in der Wirtschaft, in dem Moment, in dem du hier eintrittst, wirst du gleich angegriffen. Hier sagt man also nicht „guten Tag“ zu Dir, sondern man sucht gleich nach einer deiner Schwächen. Das ist solch eine Welt. Das ist keine allzu sympathische Seite unseres Berufs, er besitzt auch viel schönere Seiten als diese, er ist also insgesamt eine schöne Profession, doch besitzt er eben auch so einen Teil. Wer hier eintritt, dies ist der Fight Club, wer hier eintritt, der muss damit rechnen, dass ihn seine Rivalen sofort angreifen werden. Wer das nicht aushält, wer der Ansicht ist, dies würde ihn in seiner Arbeit in seinem Fach behindern, der darf das Feld der Politik auch gar nicht erst betreten. Wen das aber inspiriert, aus wem die Auseinandersetzung noch mehr Energie freisetzt, der muss diese Profession wählen.

Sie haben nach den Wahlen dahingehend formuliert, dass Sie bisher die Regierung geführt hätten, von jetzt aber sie lenken wollen. Für mich sind die Verben „führen” und „lenken” Worte verwandten Sinnes. Sie haben trotzdem eine Unterscheidung getroffen.

Ja, denn einst hatte ich ja doch die juristische Fakultät der Universität absolviert, aber das ist jetzt nur von sekundärem Interesse, denn die Mehrheit der Zuhörer hat keine juristische Universität besucht, ich glaube also nicht, dass an dieser Stelle das Erklären juristischer Kategorien zweckmäßig wäre, ich wollte damit vielmehr sagen, dass es in den vergangenen Zeiträumen immer etwas gab, was einen großen Teil meiner persönlichen Energien, einen großen Teil meiner Arbeitsstunden von der unmittelbaren Steuerung der Regierung ablenkte und band. Im Interesse des Landes musste ich meine Kraft anders einteilen, ich muss mich erneut auf das Erinnerungsvermögen der Älteren verlassen, 1998 mussten wir das Bokros-Paket korrigieren. Dann können Sie sich daran erinnern, dass es im Jahre 2010 einen finanziellen Zusammenbruch und eine Krise in Ungarn gab. Wir mussten eine neue Verfassung herstellen, sie erschaffen. Wir mussten uns eher mit diesen Dingen beschäftigen als denn mit der Lenkung der täglichen Arbeit der Regierung. 2014 kam die Migrationskrise, wenn Sie sich noch erinnern. Jetzt aber sehe ich den vor uns liegenden Zeitraum als einen an, in dem eine derartige außerordentliche Entwicklung, die einen Teil meiner Energien von der unmittelbaren Lenkung und Organisierung der Arbeit der Regierung ablenken würde, nicht zu erwarten ist, ich rechne nicht mit so etwas. Es kann immer etwas geschehen, denn es ist auch die Schönheit unseres Berufes, dass er unberechenbar ist, doch rechne ich jetzt damit, dass ich jetzt viel mehr die Möglichkeit haben werde, sehr wichtige, genaue, konkrete Vorgaben für die zu erfüllenden Aufgaben zu geben und deren Durchführung auch einfordern zu können.

Deshalb wird das Regierungsbüro, das Regierungsbüro des Ministerpräsidenten aufgestellt? Wird dies seine Funktion sein?

Ja, im Wesentlichen wird es ein starkes und direkt mir zugewiesenes Zentrum der Regierung sein, wir nennen es Regierungsbüro. Hier wird dann auch die Koordinierung der Staatssekretäre für allgemeine Verwaltung der einzelnen Ministerien geschehen, hierher haben wir die KEHI genannte Institution eingeordnet, die die finanzielle Kontrolle des Wirtschaftens innerhalb der Regierung bedeutet, und hier wird es auch ein einheitliches nachrichtendienstliches Zentrum geben, das es ermöglicht, dass Ungarn in diesem starken internationalen Wettbewerb eine effektivere Informationsbeschaffungs- und nachrichtendienstliche Tätigkeit aufweisen kann. Mit dem Ausbau dieser Einheit habe ich auch in den vorherigen Tagen begonnen.

Wer wird der stellvertretende Ministerpräsident?

Wir haben einen allgemeinen Stellvertreter. Koalitionsregierungen pflegen dies zu sagen, wenn nicht eine, sondern zwei Parteien in einer Regierung sind. Auch hier gibt es den Fidesz und die KDNP (Christlich-Demokratische Volkspartei). Ich würde sie aber trotzdem nicht als Koalitionsregierung bezeichnen, denn die KDNP und der Fidesz treten als Parteienbündnis bei den Wahlen an. Dies erinnert daran, was wir in Deutschland kennen, wo die CDU, die Christdemokraten, und die CSU, die Christlich-Sozialen, die Bayern, in einem ständigen Parteienbündnis bei den Wahlen antreten. Und wenn sie eine Mehrheit erhalten würden, wie sie, die Armen, diese nicht erhalten, denn das gelingt nur wenigen in Europa, wie zum Beispiel uns, dann würden sie ohne eine Koalition in diesem Parteienbündnis in Deutschland regieren. Wir besitzen unsere Mehrheit, deshalb werden wir nicht in einer Koalition, sondern unter der Leitung des Parteienbündnisses Christdemokraten-Fidesz die Regierung arbeiten lassen. Dies ist eine christlich-demokratische Regierung hinsichtlich ihrer geistigen Natur. Wenn jemand an die früheren Zeiten zurückdenkt, so habe ich immer mit Stolz mich dazu bekannt, dass die in ihrer seelischen Ausrichtung am meisten christlich-demokratischen Regierungen Europas in Ungarn tätig waren, als ich der Ministerpräsident war, und dies wird auch jetzt so sein. Nach unserer Auffassung ist es für uns lohnenswert, jene Art der Demokratie zu errichten, die wir als Christdemokratie bezeichnen. Wir sind also keine Liberalen und wir errichten keine liberale Demokratie, sondern eine Christdemokratie, die im Übrigen ihre europäischen Traditionen und ihr europäisches Wurzelwerk besitzt. Darüber gibt es eine große Diskussion, eine Diskussion grundlegend geistiger Natur: illiberale Demokratie, liberale Demokratie, Christdemokratie – dies muss das Alltagsleben der Ungarn nicht stören, weil dies keine Auswirkung darauf hat, aber auch die geistige Welt ist eine wichtige Welt, dort muss man auch deuten, was und warum eine Regierung dies macht. Wir sind hier bemüht, eine Christdemokratie zu errichten, wir arbeiten an einer in den europäischen Traditionen wurzelnden, ich könnte auch sagen althergebrachten, Christdemokratie, wo die Würde des Menschen am wichtigsten ist, in der die Gewaltenteilung gegeben, die Freiheit ein unbedingter Wert ist, wo wir die Familien unterstützen, da die Familie auch ein Wert ist, wo wir die globalen Ideologien zurückweisen, weil wir an die Wichtigkeit der Nation glauben und wir keinerlei übernationalem Wirtschafts- oder politischem Imperium Raum in Ungarn geben wollen. Wir kämpfen für die Vollbeschäftigung. Die Gleichberechtigung der Frau. Das sind alles sehr wichtige Dinge. Wir wollen keine Veränderungen, die mit einer Verstärkung des Antisemitismus in Ungarn Hand in Hand gehen würden, so wie wir das in zahlreichen europäischen Ländern sehen können. Dies ist also eine kompakte christlich-demokratische Weltsicht und ein ebensolches System.

Dann wird es also außer dem allgemeinen Stellvertreter auch noch jemanden anderen geben?

Ja, Verzeihung, es gibt also einen allgemeinen Stellvertreter, der im Übrigen der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Volkspartei ist.

Ich höre zu.

Auf die Weise bin ich zu diesem Punkt gekommen, Verzeihung. Zsolt Semjén, der im Übrigen für die nationale Politik sowie jetzt auch für die Kirchen und die in Ungarn tätigen Minderheiten verantwortlich sein wird. Und jetzt möchte ich mich auch auf zwei weitere Stellvertreter stützen. Die Sicherheit ist wichtig, und deshalb, und wir sehen auch die Angelegenheit der Migranten, wird die Frage der Einwanderung im kommenden Zeitraum, vielleicht über mehr als zehn Jahre hinweg die wichtigste Frage in Europa sein, deshalb wird es auch einen für die Nationale Sicherheit verantwortlichen stellvertretenden Ministerpräsidenten geben, der zugleich auch Innenminister ist, er heißt Sándor Pintér. Und in der Welt der Wirtschaft verfügen wir über einen Berechenbarkeit, Ruhe, monetäre Stabilität verkörpernden, diese ausstrahlenden und verwirklichenden Mann, auch das ist eine wichtige Frage, und ich habe Mihály Varga, der der Finanzminister ist, gebeten, zugleich auch der für die Wirtschaft verantwortliche stellvertretende Ministerpräsident zu sein.

Die Fidesz-Fraktion hat sich konstituiert, und kommende Woche konstituiert sich auch das Parlament. Wie gestaltet sich der Fahrplan, welche sind die wichtigsten Fragen, Aufgaben?

Tatsächlich ist der heutige Tag wichtig, weil ab heute das Ergebnis der Parlamentswahl rechtskräftig ist. Es ist eindeutig, dass wir 133 Mandate besitzen, damit müssen wir wirtschaften. Ich bedauere, dass es nicht 134 sind.

Sie denken an die Entscheidung der Kurie?

Soweit ich das sehe, hat die Kurie uns ein Mandat weggenommen, also sollten wir nicht drumherum reden, die Wahrheit ist, dass das Verfassungsgericht erklärt hat, die Kurie habe eine schlechte Entscheidung getroffen, eine Entscheidung, mit der man uns mehr als viertausend Wählerstimmen genommen hat, und das Ergebnis dessen ist, dass das letzte Mandat, das 134., zu dessen Erlangung nur sehr wenig gefehlt hat, durch die Kurie auf Grund einer fehlerhaften Entscheidung uns weggenommen wurde, wir dieses Mandats verlustig gegangen sind. So ist das jetzt nun einmal. Wir müssen dies zur Kenntnis nehmen, wir müssen von Zeit zu Zeit auch die schlechten Entscheidungen zur Kenntnis nehmen, weil das Gesetz keine Möglichkeit zur Korrektur dieser falschen Entscheidung bietet, da am heutigen Tag das Endergebnis der Wahl festgestellt werden muss, also werden wir damit leben müssen.

Dann konstituiert sich die Fraktion, und – wie ich sagte – das Parlament. Welche sind die wichtigsten Aufgaben? Womit wird das Parlament beginnen?

Zunächst einmal möchte ich, zur Beruhigung aller deutlich machen, dass sich die Ziele nicht geändert haben. Die Aufgaben verändern sich natürlich immer, die Umstände und auch die Situation ändern sich, jedoch die Ziele, die wichtig und für die Menschen vielleicht am wichtigsten sind, damit sie verstehen, im Interesse des Erreichens welcher Ziele die ungarische Staatsverwaltung und die ungarische Regierung tätig sind, die ändern sich nicht. Ich biete nicht die Katze im Sack an. Es gibt einige Dinge, wegen der man mich zu Recht kritisieren kann, aber dass ich nicht geradeheraus reden würde, das gehört nicht dazu. Ich pflege immer klar und im Voraus mitzuteilen, manchmal auch dann, wenn sich daraus Probleme für mich ergeben oder die Wähler eine feinere Formulierung bevorzugen würden, aber ich sage im Voraus, wie die Lage denn ist, was zu erwarten ist und wozu wir in der Lage sein werden. Dies habe ich auch jetzt getan. Jene 2 Millionen 800 tausend Menschen, die uns gewählt haben, wussten genau, was die ungarische Regierung will. Wir werden die ungarische Kultur, die christliche Kultur verteidigen, wir werden das Land nicht Fremden übergeben, Ungarn soll Ungarn bleiben. Für uns soll Ungarn an erster Stelle stehen, das haben wir sehr eindeutig und klar formuliert. An dem Ziel der Vollbeschäftigung halten wir fest. Wir wollen also statt Hilfen einem jeden Arbeit geben, hierzu sind niedrigere Steuern, höhere Löhne, eine gut funktionierende Wirtschaft notwendig, wofür wir die Voraussetzungen geschaffen haben. Wir werden die Kinder erziehenden Familien unterstützen, wir halten auch weiterhin die mit den Rentnern getroffene Vereinbarung ein, wir erhalten sie aufrecht, auch schon als Zeichen unseres Respekts für die über ein ganzes Leben hinweg geleistete ehrliche Arbeit, wir werden den Wert der Renten bewahren und werden sie nach Möglichkeit auch erhöhen, so wie wir das in den vergangenen Jahren getan haben. Es wird also Steuersenkungen geben, die Löhne werden steigen, die Rentner werden in Sicherheit sein, und gleichzeitig erhalten wir die allgemeine Ruhe, die Sicherheit die Berechenbarkeit des Landes aufrecht.

Dann werden das Stop-Soros-Gesetzespaket und die Verfassungsänderung im Interesse der Sicherheit auf die Tagesordnung gesetzt, nehme ich an?

Sie kitzeln letztlich dann auch noch diese konkreten Dinge aus mir heraus! Die Lage ist die, dass ich tatsächlich – hieran können sich auch die Zuhörer erinnern – im Jahre 2016 auf dem Höhepunkt der Migrationskrise eine Volksabstimmung initiiert habe. Das war eine sehr schöne Volksabstimmung, denn mehr als 3 Millionen 300 tausend Menschen wendeten sich in die gleiche Richtung und sagten übereinstimmend, was sie wollten. Jedoch hatte die Teilnahme nicht das erforderliche Maß erreicht – als Ergebnis des Boykotts durch die Opposition übrigens, denn sie hatten ihre Anhänger gebeten, nicht abstimmen zu gehen, und so waren wir auch nicht in genügender Zahl bei der Volksabstimmung. Hiernach wären einige Entscheidungen notwendig gewesen, um das Land vor den Einwanderern und den Migranten schützen zu können. Danach habe ich ein anderes Mittel gewählt, ich dachte, ich versuche mich an einer Verfassungsänderung, denn ich konnte ja darauf hoffen, dass sich auch in den Reihen der Oppositionsparteien zumindest einige Abgeordnete finden würden, denen die Sicherheit des Landes wichtiger wäre als die Parteifehden, und ich hatte gehofft, dass wir die fehlenden ein-zwei Stimmen von den Oppositionsparteien erhalten würden. Wir haben sie nicht bekommen. MSZP, Jobbik, ein jeder wies die der Sicherheit des Landes dienende Verfassungsänderung zurück. Jetzt haben wir aber eine Zweidrittelmehrheit, dank der ungarischen Wähler, ich kann mich gar nicht oft genug dafür bedanken, und ich empfinde es als die gemeinsame moralische Pflicht von mir und der Fidesz-Christlich-Demokratischen Volkspartei, jetzt diese Verfassungsänderung durchzusetzen. Wir werden dies auch tun. Hieran knüpft auch das Stop-Soros-Gesetzespaket an. In Ungarn ist eine Schattenarmee von George Soros tätig, wir möchten, dass sie ans Tageslicht tritt, dass wir wissen, wer sie sind, verstehen könnten, was sie wollen, sie es nicht geheim halten würden, von wem sie das Geld und in welcher Höhe sie es erhalten, ob sie dafür irgendwelche Vorgaben erfüllen müssen. Dies ist meiner Ansicht nach eine Frage der Demokratie, dass das Gelände der politischen Debatten für die ungarischen Wähler durchschaubar sein soll. Das Stop-Soros-Gesetzespaket dient zum Teil diesem Zweck, andererseits wollen wir in diesem Rahmen deutlich machen, dass die Migration keine Frage der Menschenrechte, sondern die der nationalen Sicherheit ist, am unmittelbarsten mit der alltäglichen Sicherheit der ungarischen Menschen verbunden ist, weshalb man hier entsprechend der für die nationale Sicherheit vorgesehenen Regeln vorgehen muss. Wer sich mit der Migrationsfrage beschäftigen will, der muss von dem für die Nationale Sicherheit verantwortlichen staatlichen Organ die Zustimmung erhalten, um in diesem Bereich tätig werden zu können. Meiner Überzeugung nach dient dies der Sicherheit aller ungarischer Menschen. Und jene, die die illegale Einwanderung unterstützen, aber keine ungarischen Staatsbürger sind, werden wir des Landes verweisen. Darum geht es im Stop-Soros-Paket.

Sie haben die führenden Politiker der Europäischen Volkspartei getroffen. Was haben diese gesagt? Haben sie Ihnen zur Zweidrittelmehrheit gratuliert oder haben sie gratuliert und gesagt: „Nun, lieber Viktor Orbán, bitte ein bisschen vorsichtiger, denn hier fordern die Liberalen von Zeit zu Zeit, dass Sie aus der Volkspartei ausscheiden sollten.“?

Die Liberalen werden sich schon selbst aus ihrer eigenen Partei ausschließen, mit unserer Partei haben sie nichts zu tun, ich könnte also auch sagen, wir bedanken uns für ihre guten Ratschläge, diese haben aber keine Bedeutung. Hier geht es um eine wichtigere Sache. Es geht darum, dass der Fidesz und die Christlich-Demokratische Volkspartei in die Familie, die große Familie der Europäischen Volkspartei gehören, das ist heute das stärkste Parteienbündnis in der Europäischen Union. Sie ist nicht die stärkste Fraktion, denn diese hat meiner Ansicht nach – jedoch will ich jetzt das Gespräch nicht in diese Richtung lenken – nicht die Europäische Volkspartei im Europäischen Parlament, sondern George Soros. Eines Tages wird man nicht nur in Ungarn, sondern auch dort die tatsächlichen Fakten des politischen Lebens an die Oberfläche bringen müssen, doch zuerst sollten wir uns um Ungarn kümmern, und wenn dann die Dinge hier schon in Ordnung laufen, dann werden wir diese Frage hervorholen. Obwohl es im Übrigen in der EU immer wieder Gesetzesvorschläge gibt, die zurückgeschickt werden, die der Art sind, wie das Stop-Soros-Paket. Man möchte die verdeckt hinter den europäischen Institutionen, hinter dem Europäischen Parlament arbeitenden verschiedenen Lobbyorganisationen an die Oberfläche holen, von denen die stärkste und größte die Organisation von George Soros ist. Wir sind also eine starke Fraktion, und Europawahlen wird es 2019 geben, was deshalb wichtig ist, weil deren Hauptthema nichts anderes sein kann als die Migration, denn das interessiert nämlich die europäischen Menschen, denn auch sie wissen, dass ihr Schicksal davon abhängt, und bisher haben in keinem einzigen Land – abgesehen von Ungarn – die Menschen ihre Meinung über die Migration und die Einwanderung artikulieren können. Denn die führenden europäischen Politiker hatten Angst, die europäischen Menschen nach ihrer Meinung zu fragen. Eine Volksabstimmung, eine Konsultation darüber gab es nur in Ungarn. Die Europawahl ist aber nichts anderes als eine große Volksabstimmung und Konsultation über die Frage der Einwanderung und der Migration. 2019 werden also die europäischen Menschen ihre Meinung mitteilen und ihre Erwartungen an die europäischen Politiker hinsichtlich der Frage formulieren, was diese im Zusammenhang mit der Migration unternehmen sollen. Hierauf muss sich unsere gemeinsame große Europäische Volkspartei vorbereiten, in der es Parteien gibt, die die Einwanderung unterstützen, und auch Parteien, die sie ablehnen – solche, wie wir es sind. Es gibt Parteien aus Ländern, die sich bereits zu Einwanderungsländern umgeformt haben, und es gibt Länder, die keine Einwanderungsländer sein wollen, die ihr eigenes Land nicht in die Hände der Fremden legen wollen, so wie zum Beispiel auch wir Ungarn dies nicht wollen. Die Frage ist die, auf welche Weise wir in dem vor uns liegenden Wahlkampf der Europawahl werden zusammenarbeiten können, dies mussten wir diskutieren.

Aber kann man dies aufeinander abstimmen?

Nun, wir arbeiten daran. Schauen Sie, in unserer Welt, der Welt der Politik, können wir nur über sehr wenige Dinge sagen, sie seien unmöglich. Dies ist eine sehr kreative Profession, immer neue Lösungen ergeben sich Tag für Tag, kluge Leute, oder zumindest sich für solche haltende Leute sitzen am Tisch und denken den ganzen Tag darüber nach, wie man Aufgaben, die auf den ersten Blick unlösbar erscheinen, doch noch lösen kann. Oft gelingt es.

Das werden die Politiker der Volkspartei aber doch anerkennen, dass es keine zweite derartige Partei im Rahmen der Volkspartei gibt, wie den Fidesz, die das dritte Mal bei Parlamentswahlen eine Zweidrittelmehrheit erreicht.

Deshalb habe ich auch bei unserem Treffen dahingehend formuliert, dass ich die Teilnahme des Fidesz und meine persönliche, kraftvolle Teilnahme an einem großen europäischen Wahlkampf der Volkspartei anbiete.

Die führenden Amtsträger der Europäischen Union, konkret der erste Mann der Kommission hat den Haushaltsentwurf für den kommenden Zeitraum der EU vorgestellt. Man kann nicht behaupten, dass er mit Freuden aufgenommen worden wäre, vielleicht haben nur die Deutschen geklatscht. Wie sehen Sie es, kann man damit etwas anfangen?

Auch die deutsche Kanzlerin hat etwas in der Art gesagt, dieser Entwurf sei als Vorschlag nur ein Ausgangspunkt. Dies wird eine langwierige Diskussions- und Verhandlungsreihe, nicht die erste in meinem Leben, ich habe so etwas schon durchgemacht, ich kenne also die einzelnen Griffe und Kniffe dessen, das Drehbuch, die Ereignisse. Hier lautet die wichtigste Formulierung und der wichtigste Rat: „Ruhig Blut.“ Dies wird eine lange Diskussion werden, alle möglichen Eseleien und auch kluge Dinge werden noch vorgetragen werden, bis wir dahin gelangen, am Ende den für sieben Jahre gültigen Haushalt zu verabschieden, und das „ruhig Blut“ ist aus dem Grunde wichtig, weil er am Ende einstimmig verabschiedet werden muss. Die Ungarn haben also keinen Grund nervös zu sein. Solange die Ungarn nicht sagen, es könne gehen, wird es keinen Haushalt geben. Schön ruhig, besonnen, unsere eigenen Interessen zielstrebig vertretend werden wir an dieser Diskussion teilnehmen. Ich gehöre nicht zu jenen Regierungschefs, wie die deutsche Kanzlerin und einige andere, die sich bereits dazu geäußert haben, was sie über diesen Entwurf denken. Sie sind groß, sollen sie doch nach vorne rennen. Unsere Körpergrößen sind abweichend, wir müssen klug und überlegt voranschreiten, damit sich am Ende daraus ein guter Haushalt für Ungarn ergibt. Das ist möglich, denn der, den wir zuletzt ausgehandelt hatten, den ich ausgehandelt hatte, der jetzt noch laufende Haushalt, der war für Ungarn vorteilhaft. Es stimmt zwar, dass es einige Veränderungen gibt, so verlassen zum Beispiel die Briten die EU, deshalb nimmt die Zahl der einzahlenden Länder ab und auch das hereinkommende Geld wird weniger, dementsprechend wird das Geld, das verteilt werden kann, auch abnehmen, aber dies werden wir versuchen, auf kluge und geschickte Weise abzuwehren. Es gibt aber ein-zwei Dinge, die ich jetzt schon und am Anfang mit Bestimmtheit sagen kann, denn meiner Ansicht nach muss Ungarn Klartext reden. Erstens sind wir nicht der Meinung, dass man den Migranten auch nur einen einzigen Cent geben müsste, diese Frage soll ein jeder aus seinem eigenen Haushalt lösen. Ich unterstütze keinen europäischen Haushalt, in dem wir Geld von den Landwirten wegnehmen und in dem wir das Geld von der Entwicklung der Forschung wegnehmen sowie von der Entwicklung der Regionen und dieses Geld im Übrigen den Ländern geben, die die Migranten hereingelassen haben. Ich bin also der Ansicht, dass wir an diesen Punkten werden kämpfen müssen. Keinesfalls unterstütze ich es – in diesem Punkt glaube ich sind wir im Bündnis mit den Franzosen –, dass die für die Landwirtschaft verwandten Summen abnehmen sollen, und die ungarischen, französischen, europäischen Landwirte nur geringere Möglichkeiten erhalten sollen. Diese beiden Punkte sehe ich schon jetzt, in denen wir am Anfang unseren Standpunkt auf entschiedene Weise formulieren müssen, in den anderen Fällen schlage ich als Taktik das ungarische Sprichwort „das langsame Wasser schwemmt das Ufer weg“ vor.

Ja, aber es ist ersichtlich, dass immer mehr Vorschläge das Ziel haben, bzw. in ihnen die Überlegung ersichtlich wird, dass die leitenden Amtsträger der Europäischen Union den Mitgliedsstaaten ihre Selbständigkeit wegnehmen wollen. Sie möchten in Dinge hineinreden, in die sie bisher nicht hineingeredet haben.

Das ist aber nun mal die Eigenschaft eines jeden bürokratischen Wasserkopfes. Wenn Sie einmal hören könnten, oder die Zuhörer die Möglichkeit hätten, jene amerikanischen Diskussionen zu verfolgen, in denen es um die Rolle Washingtons als Hauptstadt geht; nun, dort werden Dinge gesagt, dass selbst ich noch erröte, dabei habe ich schon vieles gehört. Im Allgemeinen ist also wahr, dass derartige imperiale Zentren oder Machtknotenpunkte wie Washington oder eben gerade Brüssel einen Instinkt besitzen, wachsen, expandieren zu wollen, und dies ist nur so möglich, wenn es Kompetenzen, Zuständigkeiten und Kraftressourcen den Teileinheiten entzieht, durch die es gebildet wird, im konkreten Fall also von den europäischen Nationen. Auch aus diesem Grunde sage ich, dass man keine Vereinigten Staaten von Europa schaffen darf, wir müssen uns Europa als Bündnis der freien Nationen vorstellen, denen man weder Gelder noch Zuständigkeiten wegnehmen kann, sondern wir können im Interesse gemeinsamer Ziele uns frei verbünden. Nur dies hält eine derartige Bürokratie auf, wie jene, die auch in Brüssel tätig ist. Man muss also nicht darüber überrascht sein, dass Brüssel – zumindest mit seinen Absichten – ständig sich über jene Grenzen hinwegsetzen möchte, die ihm gesteckt worden sind. Wir werden dies nicht zulassen, wir werden diese Grenzen feststellen und werden die ungarische und die nationale Souveränität immer und immer wieder verteidigen.

Ja, aber soviel kann man sagen, dass das nicht demokratisch ist, was sie machen.

Die Bürokratie funktioniert nicht auf demokratische Weise. Wir sind die Demokraten, die gewählt worden sind.

Ja, aber wenn sie die Auszahlungen mit der Rechtsstaatlichkeit verknüpfen wollen.

Ja, aber es ist ein wichtiger Ausgangspunkt, dass sie von niemandem gewählt worden sind, und uns haben die Menschen gewählt, also sind wir die Demokraten und sie die Bürokraten. Also stellt die moralische Position, der entsprechende Ausgangspunkt die Grundlage unserer Position dar, steht hinter uns. Ungarn und Mitteleuropa haben keinen Grund, sich vor irgendeiner Debatte zu fürchten, die eben auch eine Diskussion über die Rechtsstaatlichkeit oder über den Haushalt sein kann. Wir sind stark, Mitteleuropa entwickelt sich, ein jeder weiß, dass dies den Motor der europäischen Wirtschaft darstellt. Die Gemeinschaft der europäischen Völker braucht die mitteleuropäischen Länder. Wir werden also miteinander übereinkommen. In der Angelegenheit der Rechtsstaatlichkeit können wir besonders ruhig sein, wir sind das einzige Land in der gesamten Europäischen Union, das bereits 2013 vollkommen durchleuchtet wurde. Wir haben es schriftlich, dass die Rechtsprechung in Ordnung ist. Wir haben es schriftlich, dass die Rechtsstaatlichkeit in Ordnung ist, sodass wir jedweder Diskussion dieser Art mit Freuden und heiter entgegensehen.

Ich danke Ihnen! Sie hörten Ministerpräsident Viktor Orbán.