Kocsis Éva: Im Studio anwesend ist Ministerpräsident Viktor Orbán, guten Morgen!
Guten Morgen!
Beginnen wir mit dem Gipfel in Brüssel, Sie haben Schlussfolgerungen angenommen, darüber werden wir auch etwas ausführlicher sprechen, doch sind „Schlussfolgerungen“ im Grunde ein Euphemismus dafür, dass es nicht wirklich gelungen ist, über irgendetwas übereinzukommen?
Nein, das ist die Bezeichnung einer Gattung, es ist nicht einfach, die Brüsseler Sprache in eine auch für uns konsumierbare ungarische Sprache zu übersetzen. Dies ist im Übrigen verständlich, also ist mein spöttischer Tonfall vielleicht unbegründet, denn schließlich sitzen ja die Ministerpräsidenten von 28 Mitgliedsstaaten an einem Tisch, und es ist an sich schon ein gewaltiges Bravourstück, wenn es nur über irgendetwas – und sei es auch nur das Wetter –, gelingt, eine Übereinstimmung der Meinungen herzustellen. Zugleich handelt es sich um souveräne Mitgliedsstaaten, deshalb kommt ein – sagen wir: – „Beschluss“, was aus der ungarischen Sprache als die Benennung eines eine Beratung abschließenden Dokuments folgen würde, nicht in Betracht. Deshalb hat man sich in Brüssel ausgedacht, dass der Name des die Beratung der Ministerpräsidenten abschließenden, die gemeinsame Absicht festhaltenden Dokuments „Schlussfolgerungen“ lauten soll, und jedes Mal entsteht dieses Papier. Es kommt vor, dass der erste Mann des einen oder des anderen Mitgliedsstaates im Falle von Angelegenheiten, die ihm nicht gefallen, eventuell damit droht, sein Veto einzulegen, und dann wird es keine „Schlussfolgerungen“ geben, was nach Ansicht der dort Sitzenden ein Skandal im Weltmaßstab wäre. Ich bin mir nicht sicher darin, ob das jemand außer uns in der EU bemerken würde – aber das ist jetzt auch eine boshafte Bemerkung. Manchmal messen wir der wortwörtlichen Erschaffung der dort entstehenden Texte eine größere Bedeutung zu, als dies nötig wäre, aber egal. Dies ist eine große und schwierige Operation, und die „Schlussfolgerungen“ besitzen im Wesentlichen die Bedeutung, dass sie für die anderen Institutionen der Europäischen Union die Richtung festlegen. Dies ist also das Abschlussdokument der Beratung auf höchster Ebene, das dann alle anderen Organe der EU, besonders die Kommission in ihrer eigenen Arbeit, als Richtung beachten und zur Geltung bringen muss.
Worauf sollen wir daraus schließen, dass darin von der Quote im Grunde genommen keine Rede ist?
Mann muss genau darauf schließen, woran Sie denken. Wenn es nicht gelungen ist, zu einer Vereinbarung zu gelangen, dann konnte es auch nicht in den Text kommen, und dem ist auch so. Also ich kämpfe seit ein bis anderthalb Jahren dafür, dass kein derartiges Dokument, keine „Schlussfolgerung“ am Ende der Beratung der Ministerpräsidenten entsteht, das Konturen der zukünftigen europäischen Flüchtlingspolitik angibt, eine Richtung markiert, in der die ungarische Souveränität verletzenden Elemente zu finden sind. Die Folge davon ist, dass wenn wir zu keiner Vereinbarung kommen, dann sagen wir nichts darüber in den Schlussfolgerungen. Jetzt sind wir allerdings ein bisschen weiter vorangeschritten, denn es lastete riesiger Druck auf uns, vor allem auf mir, damit ich einen Kompromiss in der Sache der Migranten schließen und doch zu irgendeiner verpflichtenden Quote zustimmen soll, die auch Teil der allgemeinen Regulierungsmöglichkeiten der Zukunft sein könnte. Es ist mir gelungen, dies abzuwehren, und wir sind an den Punkt gelangt, dass wir auf dem Gipfel der Ministerpräsidenten im Dezember umfassend, erneut und stark, entschlossen uns mit der Frage des neuen europäischen Migrantensystems oder mit den Fragen des Einwanderungssystems beschäftigen und danach streben werden, um den Mai des kommenden Jahres herum, bis zum Ende des ersten Halbjahres auch hierin zu irgendeinem Beschluss zu kommen. Wir werden sehen.
Und bis zum Dezember hoffen die anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, dass der ungarische Ministerpräsident seinen Standpunkt verändert?
In der Zwischenzeit bewegen sich aber die Hasen im Busch, wenn ich so formulieren darf.
Im Klartext?
Jener Ausschuss des Europäischen Parlaments, der sich mit dieser Frage beschäftigt – und das Europäische Parlament wird im Späteren auch in der Rechtsetzung eine Rolle spielen –, hat bereits jene Grundprinzipien formuliert, auf die sie die Einwanderungspolitik aufbauen möchte. Unser Prinzip ist sehr klar: Wer sich auf dem Gebiet welchen Landes aufhalten darf, ganz gleich welchen Status diese Person besitzt, ob Flüchtling, Migrant, Einwanderer, das kann nur der betroffene Mitgliedsstaat bestimmen. Wenn ein Land nicht festlegen darf, wer sich auf seinem Territorium aufhalten darf, dann ist es mit diesem Land vorbei. Wenn wir einmal an den Punkt gelangen würden, dass man in Berlin oder Brüssel bestimmt, wer sich auf dem Gebiet Ungarns aufhalten darf, dann bedeutet dies, dass wir Berlin oder Brüssel unterstellt wären. Das ist inakzeptabel, das ist eine Frage der Souveränität, eine ideelle, prinzipielle Frage, in der man nicht nachgeben darf, ganz gleich, um wie viele Menschen es auch gehen sollte, denn wenn in dieser Wand erst einmal ein Spalt geöffnet wird, dann wird durch diesen Spalt das Wasser hereinströmen. Hier muss man schließen. Derzeit laufen im Hintergrund alle möglichen Verhandlungen, Konferenzen, Besprechungen und sie spinnen das Netz, mit dem sie uns unter Druck setzen wollen – nicht nur mich, sondern die Mitteleuropäer –, damit wir nachgeben. Demgegenüber verfolge ich die Strategie, dass ich mich offen für unsere eigenen nationalen Interessen einsetze – und die anderen mitteleuropäischen Länder machen auch dies –, und wir sagen, es haben sich zweierlei Arten von Ländern in der Europäischen Union herauskristallisiert. Es ist inzwischen zu spät, darüber zu lamentieren, traurig zu sein, wie dies geschehen konnte, aber es gibt zwei Ländergruppen in der EU mit unterschiedlichem Charakter. Sie haben es nicht gern, wenn ich sage, dass es eine migrantenfreie Zone gibt, das ist Mitteleuropa, und es gibt jene Länder, die sich in Einwanderungsländer umgeformt haben. Die Zukunft der Europäischen Union hängt davon ab, wie wir zusammenleben können. Ich schließe aus, dass irgendeine der beiden Ländergruppen ihre Vorstellung der anderen aufzwingen kann. Wir werden also nicht erreichen können, dass die Migranten aus Westeuropa hinaustransportiert werden, obwohl ich den betroffenen Ländern dies nachdrücklich empfehlen würde, doch besitzen wir nicht genügend Kraft, um die sich für die Zukunft als Einwanderungsland entscheidenden Regierungen davon zu überzeugen, dass sie die illegal hereingekommenen Migranten von dort hinausbringen sollen, und auch sie können es uns nicht aufzwingen, dass wir sie hereinlassen sollen. Die Lösung ist also nicht, dass wir uns einander angleichen werden – wir müssen damit zusammenleben, dass in Zukunft Europa aus zwei Teilen bestehen wird –, die Frage ist die, wie sich das Zusammenleben, oder wie die Franzosen sagen: die Cohabitation zwischen den beiden Gruppen sich verwirklichen wird, und man muss danach streben, dass sie verwirklicht wird. Ich bin also Anhänger des Standpunktes, dass wir – die Unterschiede zur Kenntnis nehmend – die Grundprinzipien unseres Zusammenlebens festlegen sollten.
Diese Diskussion ist aber ziemlich pikant verlaufen. Sie sprechen über die im LIBE-Ausschuss ablaufende Debatte. Denn während Sie sich darüber beraten haben, oder sich eben nicht über die Quote beraten haben, und im Übrigen Donald Tusk sagte, es sei vorbei mit der Quote, ging es gleichzeitig in dem LIBE-Ausschuss, in dem im Übrigen die Mehrheit dazu vorhanden ist, diese Angelegenheit weiterzuführen, gerade um das Entgegengesetzte, und dort sprach man nicht darüber, worüber Sie gerade gesprochen haben, dass wir zusammenleben müssen und versuchen sollten, unsere Unterschiede in Einklang miteinander zu bringen. Sondern wer sich derart unterscheiden will, der soll eine Kopfwäsche erhalten, wenn es sein muss, dann auch in der Form einer Strafe.
Ja, aber das wird nicht gehen. Zugleich ist meiner Ansicht nach eine der wichtigsten Entwicklungen der vergangenen Tage, dass in der gegenwärtigen Welt dieses leaks-artige – oder wie das auch immer heißen mag – Durchsickernlassen Mode ist. Es gibt auch eine Euroleaks genannte Bewegung, die auf irgendeine rätselhafte Weise auch jener Dokumente habhaft wird, welche die Verfasser des Dokuments vor der Öffentlichkeit versteckt halten möchten. Jetzt ist gerade das Kennenlernen der Dokumente, die sich auf das Soros-Imperium beziehen, in ganz Europa an der Tagesordnung, dies ist auch in Ungarn angekommen. Dort kann man jene Tatsache klar wie ein Dokument lesen, dass dieses Netzwerk, dieses Soros-Imperium besonders im Europäischen Parlament, aber auch in anderen europäischen Institutionen über ein umfangreiches Einflussgebiet verfügt, ein gut ausgebautes Netzwerk betreibt. Sie haben eine Liste, in der kann man auch die Namen lesen, wer die zweihundert und einige von den siebenhundert und einigen Abgeordneten des Europäischen Parlaments sind, die dieses Netzwerk oder Imperium als seine Freunde, als mit ihm zusammenarbeitende Personen ansieht, wozu es in jedem einzelnen Fall gute Gründe besitzt. Diese Menschen werden regelmäßig zur Durchführung ihrer eigenen Vorstellungen benutzt. Aus diesen Dokumenten geht unter anderem hervor, dass sie hier einen Kontinent, ein Europa mit gemischter Bevölkerung herstellen wollen, und sie suchen jene Abgeordneten, die bereit sind, hierbei zu kooperieren. Nun, von diesen Abgeordneten gibt es so manche in diesem Ausschuss, leider befindet sich im Übrigen auch eine Person aus Ungarn darunter, das heißt, die in diesem Ausschuss ist, und die diesen zur Erschaffung des gemischten Europa notwendigen Vorschlag für das Europäische Parlament formuliert haben. Hier geht es darum.
Na gut, aber offiziell nennt man diese Art der Gewinnung von Einfluss Lobbyismus. Er existiert in den meisten Ländern der Welt, die Lobbyisten sind offiziell eingetragen, Gesetze regeln ihre Tätigkeit. Ist es nicht übertrieben, diese Organisationen durch den Geheimdienst untersuchen zu lassen, wie es das die ungarische Regierung tut?
Das wäre überhaupt nicht übertrieben, beziehungsweise ist auch jetzt nicht übertrieben. Das wäre es, wenn diese Organisationen tatsächlich öffentlich tätig wären. Wenn es also so wäre, wie Sie es sagen, dass diese sich als Lobbyorganisationen verstehen würden, sie registriert wären, ihr jährlicher Haushalt bekannt wäre, wir das Zusammenwirken zwischen ihnen deutlich kennen und jenes Imperium oder Netzwerk sehen würden, das im Übrigen pro Land auch bis zu sechzig-siebzig zivile Organisationen oder angeblich zivile Organisationen beinhaltend versucht, das europäische Leben zu beeinflussen. Doch das können wir nicht sehen, gerade deshalb ist die Mitwirkung der Mitarbeiter sowohl des Amtes für Nationale Sicherheit als auch des Informationsamtes notwendig, um dies der Öffentlichkeit darzulegen. Wir wollen nichts anderes als nur, dass all das sichtbar, verständlich und offengelegt wird, was geschieht, und dass alle europäischen Menschen, darunter auch die Ungarn, die Möglichkeit erhalten, zu verstehen, wer, warum und in welche Richtung ihr Leben beeinflussen will. So wie das in unserem Fall oder persönlich in meinem Fall die ungarischen Staatsbürger genau wissen, denn sie sehen, kennen, können überblicken, können dafür stimmen, können uns Verantwortung übergeben, können uns die Verantwortung aus der Hand nehmen, die Politik muss also auf eine durchschaubare Weise vor der Öffentlichkeit gemacht werden, hierbei auch die die Politik beeinflussen wollenden internationalen Netzwerke mit inbegriffen.
Aber ist das nicht genug, dass sie auf ihrer Homepage ihren Haushalt veröffentlichen? Was ist das, worauf eine geheimdienstliche Untersuchung neugierig ist?
Zum Beispiel stellt es sich aus diesen jetzt an das Licht der Öffentlichkeit gelangten Dokumenten heraus, dass sie in Brüssel daran arbeiten, die in der Flüchtlings-, Migranten-, Einwanderungsfrage einen von Soros und Konsorten entgegengesetzte Stellung einnehmende ungarische Regierung durch juristische Verfahren zu bestrafen. Sie treten also in Brüssel bei verschiedenen Entscheidungsträgern auf, dass Ungarn auf jedwede mögliche Weise verurteilt, stigmatisiert und gezwungen werde, seine Migrationspolitik zu verändern.
Hierzu ist kein Soros notwendig, da ist der LIBE-Ausschuss.
Das zum Beispiel, wo das geschieht, wer das macht, mit welchen Maßnahmen… Zum Beispiel werden Entscheidungen gefällt über Ungarn. Man leitet gegen uns ein Pflichtverletzungsverfahren ein. Hier geht es nicht nur um Regeln der Flüchtlingsangelegenheiten, sondern auch um alle anderen Regeln, um Menschenrechtsberichte. Wer sind also jene Personen und durch wen verschaffen sie einem Plan Gültigkeit, damit Ungarn am Ende in jeweils verschiedenen juristischen Verfahren verurteilt wird, das möchten wir sehen, das muss herausgefunden werden. Wer sind jene Ungarn, die darin und in diesem Prozess von hier aus Ungarn aus mitwirken? Wir möchten also die Wirklichkeit sehen.
Tibor Navracsics hat gesagt, es gebe keinen Soros-Plan. Wer ist es, der mit diesem System zusammenarbeitet?
Sehen Sie, nicht einmal er weiß es. Dies ist also auch umso mehr ein Argument dafür, dass wir es erfahren sollten.
Aber die Tatsache an sich, dass es eine Organisation gibt, die etwas im Zusammenhang mit den Migranten möchte, und im Übrigen der LIBE-Ausschuss und noch zahlreiche Politiker der Europäischen Union ähnlich denken, warum bedeutet dies, dass sie dies auf den Einfluss von George Soros hin tun?
Dieses System wird aus einer großen zentralen Stiftung finanziert, das Geld wird dorthin getan. Jetzt zuletzt haben sicherlich auch Sie gesehen, dass viele Milliarden Dollar in dieses System hineingetan wurden, und dies ist mit George Soros in Verbindung zu bringen.
Auf diese Weise unterstützt George Soros seine zivilen Organisationen.
So ist es. Die im Interesse eines bestimmten Ziels, zum Beispiel der Verurteilung Ungarns oder der persönlichen Verunglimpfung ungarischer Politiker diese Netzwerke bewegen. Auch das kommt in den Dokumenten vor, dass es das Ziel der Soros-Organisation, des internationalen Netzwerkes ist, in Ungarn – sicherlich können auch andere Länder in diesen Kreis eingeschlossen sein, aber unsere Ohren und unsere Augen achten nur auf Ungarn – ungarische Entscheidungsträger, sofern sie nicht kooperationsbereit sein sollten, zu kompromittieren, ins Fadenkreuz zu stellen. Meiner Ansicht nach darf man auch dies. Ich sage, das ist keine schöne Sache, aber so etwas gibt es, oder wie die Volksweisheit es ausdrückt: „wer Angst hat, der soll eben nicht in den Wald hineingehen“, dies ist so ein Metier. Aber dass die ungarischen Menschen nicht wissen dürfen, dass es sich hier um abgestimmte Kompromittierungsaktionen handelt, da bestimmte ungarische Politiker für die ungarische Unabhängigkeit einstehen, ist nicht richtig. Die Menschen sollen ruhig auch dies erfahren.
Was für ein Dinnerpartner ist Jean-Claude Juncker? Ertönte leise Musik, die nebeneinander Sitzenden unterhielten sich – oder gab es eine große Diskussion?
Messer, Gabel, Wohlerzogenheit.
War es eine leise Diskussion oder eine laute?
Ja, Brüssel besitzt eine Tonlage, besitzt einen eigenen Ton. Dort kann man im Brüsseler Maßstab die ungarische Politik als schrill bezeichnen. Dort ist also eher die französische…
Jean-Claude Juncker ist selbst auch kein zurückhaltender Mensch?
Doch. Aber er ist nicht schrill. Brüssel erinnert sehr stark an die Kultur alter Regierungs- oder königlicher Höfe, die eine Ausgefeiltheit, eine Zurückhaltung besitzen. Dort ziemt es sich nicht, scharfe Worte zu gebrauchen, geradeheraus zu sprechen zahlt sich auch weniger aus als über Umwege, dies besitzt also eine eingebürgerte Kultur – die ein bisschen solch einen elitistischen Geruch verströmt –, wenn wir auch unter uns sind, so ist es. Ich sage nicht, dass keine schärferen Wortwechsel vorkommen, doch sind sie äußerst selten. Dies ist also solch eine gesamteuropäische Beratungsreihe mit elitärer Stimmung.
Sie wollen sagen, dass dieses Treffen zwischen den V4 und Jean-Claude Juncker während des Abendessens so eine Art freundschaftliches Beisammensein war?
Ich wollte sagen, ganz gleich wie schwerwiegende Dinge auch gesagt werden, so ist deren Ausdrucksform gut erzogen, ausgefeilt und kultiviert, ich könnte auch sagen, europäisch. Keinesfalls wie bei den rebellischen Kurutzen, vielleicht könnte ich es so sagen.
Demnach sind also die V4 einheitlich?
Die V4 waren einheitlich in jeder Frage, die aufs Tapet kam. Selbstverständlich war die Migrantenfrage die am stärksten betonte, in der wir den Standpunkt vertraten, sie sollen verstehen, dass es unmöglich ist, dass sie bestimmen, was auf dem Gebiet unserer Länder geschieht. Das sollen sie aufgeben, diesen Gedanken. Auch sie hatten Erwartungen, Herr Präsident Juncker hat mehrfach ausgeführt, dass er es von Zeit zu Zeit für unfair hält, wenn in Mitteleuropa, besonders in Ungarn, wir Brüssel als für Dinge verantwortlich hinstellen, für die sie im Übrigen nichts können, und dass auch er mehr Bereitschaft zur Zusammenarbeit sehen möchte. Und ich habe gesagt, dass ich mehr Respekt möchte, und dies sei nicht einfach nur die Frage des Stils, obwohl der Stil der Mensch selbst ist, sondern die Frage der doppelten Standards. Wenn ein Land das Gefühl hat, dass einzelne Länder Dinge tun können, für die wir im Übrigen zur Verantwortung gezogen werden, dann nennt man das juristisch „Pflichtverletzungsverfahren“, aber in Wirklichkeit ist das eine Respektlosigkeit gegenüber Ungarn und den Ungarn. Die doppelten Standards sind die manifestierte Respektlosigkeit.
Ein bisschen scheint es so zu sein, als ob die Nachrichten wahr wären, die in den vergangenen Monaten erschienen sind, nach denen die V4 gespalten seien. Man folgert dies daraus, dass in der Slowakei das Regierungsoberhaupt, der Staatschef und der Parlamentspräsident es für notwendig befanden, sich gemeinsam darüber zu äußern, sie stünden eigentlich bereit, um – wenn eine Gruppe der Mitgliedsstaaten auf bestimmten Gebieten der Integration schneller voranschreiten wird – selbst Teil dieses Prozesses zu werden, in diesem Kern mit dabei zu sein. Und im Übrigen wenn wir die Sache der entsandten Arbeitnehmer betrachten, in der ja auch abgestimmt worden ist, da haben die Tschechen und die Slowaken für den Vorschlag gestimmt, die Polen und die Ungarn nicht. Sprechen wir eigentlich zuerst über die Angelegenheit der entsandten Arbeitnehmer. Ist das nicht die gut gelungene Vorstellung der Franzosen darüber, wie man die V4 spalten kann? Denn hier sprechen wir im Wesentlichen doch über eine politische Angelegenheit. Es sind derart wenige Menschen, weniger als 1 Prozent der Arbeitnehmer in der Union von dieser Frage der entsandten Arbeitnehmer betroffen. Ist das nicht eher eine politische Angelegenheit?
Hierbei geht es nicht um die V4, sondern tatsächlich um den Arbeitsmarkt. Es hat die Franzosen nicht interessiert, ob die V4 zusammen oder geteilt sind, sie wollten hier ein Ziel erreichen. Ihr Problem ist – und dies habe ich mit dem französischen Präsidenten auch persönlich besprochen, der mich vielleicht am Samstagabend angerufen hat, und wir haben diese Situation ausführlich betrachtet, denn auch er wusste, dass ich den Standpunkt der V4 in dieser Frage koordiniere, denn wir stellen die V4-Präsidentschaft. Wir haben besprochen, was er will, und warum wir dies nicht akzeptieren können. Wir haben gesagt, wenn wir in dieser Frage eine Regelung wollen – und er will sie –, dann bitten wir um Garantien für unsere Spediteure, denn jenes Regelsystem, dass sie vorschlagen – das ist nun ein kompliziertes System von Zusammenhängen, wenn Sie erlauben, dann gehe ich jetzt nicht weiter darauf ein, aber das Wesentliche dabei ist –, kann am Ende, wenn wir nicht aufpassen, dazu führen, dass unsere Spediteure, unsere Fernfahrer nachteilig betroffen sein werden. Wenn also unter die neue Regelung auch die Frage des Verkehrs und des Warentransports hingetan wird, dann werden die westeuropäischen Speditions- und Transportfirmen davon profitieren, aber für die unseren wäre es nachteilig, und das wollen wir auf jeden Fall vermeiden, was ich auch geradeheraus gesagt habe, und an diesem Punkt möchten wir Garantien. Wenn wir diese Garantien erhalten, dann können wir am Montag gemeinsam abstimmen, wenn wir sie nicht erhalten, dann können wir das nicht tun. Wir haben diese Garantien nicht bekommen. Sie sagen, der gute Wille sei natürlich in ihnen vorhanden, wir werden in drei Monaten die Fragen des Transportwesens regulieren und sie werden dann auch unsere Gesichtspunkte beachten, doch haben wir vorerst außer dem guten Willen, der allein aber in meinem Metier wenig ist – zwar notwendig, aber nicht ausreichend, nicht beruhigend – nichts anders bekommen können. Hier wird es also noch eine größere Auseinandersetzung geben, wir müssen die Interessen der ungarischen Spediteure, der ungarischen Fernfahrer, der Ungarn, die sich mit dem Warentransport beschäftigen, verteidigen. Die V4 haben gut gekämpft. Diese Arbeit habe ich, wie gesagt, koordiniert. Wir sind bis ganz zu dem Punkt zusammengeblieben, bis zu dem es einen Sinn hatte, gemeinsam zu gehen, und danach haben wir gesagt, jetzt kann man schon gesondert abstimmen. Und dann kam es so, dass zwei hierlang, und die beiden anderen dalang gegangen sind; das hat keine Bedeutung, in der Angelegenheit des Transportwesens werden wir dann genauso einheitlich auftreten.
Wie beeinflusst die Stellung der V4 und Ungarns das Ergebnis der jetzigen Wahlen in Tschechien und in Österreich?
Meiner Ansicht nach, wertet dies uns auf. Parteien, Gedanken und Personen haben den Auftrag von dem österreichischen und dem tschechischen Volk bekommen, die uns sehr ähnlich sind, und in der wichtigsten Frage, in der Angelegenheit der Einwanderung sind wir auf der gleichen Wellenlänge mit ihnen. Also auch die Tschechen sind der Ansicht, dass sie ein selbständiges Land sind, auch die Österreicher meinen das. Hieraus folgt, dass dorthin niemand anders jemanden schicken darf, sie werden entscheiden, wer sich auf dem Gebiet ihres Landes aufhalten darf. Dies ist die wichtigste Trennlinie heute in Europa, deshalb muss ich sagen, dass die die Einwanderung zurückweisenden, die Migration zurückweisenden Länder als Ergebnis der beiden Wahlen stärker geworden sind.
In Ihrer Rede am 23. Oktober sind Sie über die Migration hinweg weitergegangen und haben über einen ferneren Kontext gesprochen. Übrigens haben Sie ein ähnliches Thema aufgeworfen, worauf ich vorhin verwiesen hatte, in der Rede des slowakischen Präsidenten. Er hat ja bereits über dieses Kerneuropa gesprochen.
Verzeihen Sie, lassen Sie mich noch hierauf reagieren. Die Slowaken sprechen hierüber selbstverständlich in einer anderen Tonlage, denn sie sind im Kern. Von den vier Visegrád-Ländern ist also die Slowakei das einzige Land, das Mitglied der Eurozone ist. Wenn wir als den Kern der Europäischen Union die Eurozone betrachten – es wäre eine Messe wert, ob dem tatsächlich so ist, aber das würde den Rahmen der Sendung sprengen –, wenn wir es so betrachten, dann ist aber die Slowakei, als Mitglied der Eurozone, zweifellos dabei. Und sie verhalten sich auch dementsprechend, verfolgen eine logische, verständliche, berechenbare Politik.
Sie haben am 23. Oktober gesagt, jetzt entscheide es sich, ob die Völker Europas die Kontrolle über ihr eigenes nationales Leben von den mit den Wirtschaftseliten verflochtenen europäischen Bürokraten zurücknehmen werden. Auf allen Gebieten, in der Politik, in der Wirtschaft, auch im geistigen Leben, vor allem in der Kultur muss man tiefgreifende Veränderungen erreichen. Sind Sie aus dem Grund einen Schritt von der Migration weg oder über diese hinaus getreten, und haben bereits über den gesamten europäischen Kontext gesprochen, weil sich die Verhandlungen über dieses Kerneuropa, das Europa der zwei Geschwindigkeiten, die Reformvorstellungen der Europäischen Union verschnellert haben?
Zum Teil. Schauen Sie, wir befinden uns in einer großen Schlacht, und man muss Schritt für Schritt voranschreiten. Dies besitzt seine eigene Literatur in den Militärwissenschaften, wie man das tun muss. Erinnern wir uns daran, dass ich das erste Mal im Februar 2017 darüber gesprochen habe, 2017 werde das Jahr der Auflehnung in Europa werden. Denn, wer lehnt sich hier gegen wen auf? Und wir sehen, dass hier – formulieren wir so – sich die Nationen gegen die globalistischen Eliten auflehnen. Wenn Sie sich die tschechischen Wahlen anschauen, aber besonders die österreichischen, dann werden Sie dies sehen. Die Verschiebungen, die in Deutschland geschehen sind – wo aber die alte Elite ihre Positionen behalten hat –, deuten ebenfalls in diese Richtung. Man kann es also nicht übersehen, dass sich in Europa ein Prozess vollzieht, dessen Wesen es ist, dass die Nationen versuchen, die für ihr Leben wichtigen Entscheidungen Schritt für Schritt zurückzunehmen. Auch wir sind in dieser Auseinandersetzung, wir wollen unsere Rechte nicht abgeben, und dort, wo man unter Anwendung doppelter Standards uns gegenüber immer wieder in unsere Rechte hineingreift, wollen wir diese zurückbekommen. Dies ist eine bestimmende Dimension der internationalen und der europäischen Politik. Aber man darf hier nicht vorauseilen, da dies eine derart neue Erscheinung ist, dass wir in dieser Diskussion außer auf unser Volk mit niemandem anderen rechnen können. Wenn wir Dinge zu schnell sagen, deren Aufnahme, ihrem Durchdenken und Verstehen die Ungarn nicht folgen können, dann werden wir von ihnen getrennt, und wenn wir voneinander separiert sind, dann können wir nicht erfolgreich kämpfen. Es gibt so ein Bonmot in der Politik, man müsse natürlich immer einige Schritte vor den Menschen gehen, aber doch so, dass sie uns noch sehen können, denn ansonsten zerfällt das ganze nationale politische System. Ich bin mit den Leistungen der vergangenen ein-zwei Jahre zufrieden. Wenn jetzt jemand eine Forschung durchführen würde, wie es uns im Laufe von ein bis anderthalb Jahren gelungen ist, jenen Deutungsrahmen zu verändern, in dem wir vor der Öffentlichkeit darlegen, was mit Ungarn, was mit den europäischen Nationen geschieht, dann haben wir eine sehr schöne geistige oder intellektuelle Tätigkeit verrichtet. Die europäische und auch die sich daran knüpfende ungarische Politik deuten sich in einem vollkommen neuen Rahmensystem. Die Menschen verstehen das, sie erhalten mit Hilfe der Konsultationen Informationen hierüber. Die Nationalen Konsultation ist auch aus diesem Grund wichtig, nicht nur, damit ein Fragebogen ausgefüllt wird und sie diesen zurückschicken, sondern damit sie sich darüber unterhalten, damit sie eine Meinung darüber haben, und wir, Ungarn, alle schön langsam auf einen Nenner gelangen, und wenn wir auf einen Nenner gelangt sind, dann unsere Interessen zur Geltung bringen können. Das Bauen der Nation ist ein aus vielen Schritten bestehender, komplizierter, schwieriger Prozess, denn hier muss man die Gefühlswelt, die Denkweise von Zehnmillionen Menschen beachten.
Wir haben jetzt nur noch sehr wenig Zeit übrig, aber ich möchte, dass wir noch einige Sätze über die Renten und das Gesundheitswesen sprechen. Einerseits über die Renten in dem Kontext, dass jetzt aus der Kommunikation der Regierung ersichtlich ist, dass es auch eine Korrektur der Rentenprämien geben wird. Nun wird aber zum Beispiel die Rentenprämie im Verhältnis zum Anstieg des BIP errechnet, aber auf Grund der durch die Regierung in den Haushalt aufgenommenen Prognose. Bereiten Sie sich nicht darauf vor, dass dies dann wird korrigiert werden müssen?
Wir sind jetzt schon im Oktober, zu diesem Zeitpunkt kann man schon mit großer Sicherheit die am Ende des Jahres zu erwartende endgültige Zahl, in diesem Fall die das Wirtschaftsjahr 2017 abschließende Ziffer voraussagen, man kann also finanzielle Folgen mit dieser analysierten Situation verbinden, hierin besteht also kein Risiko. Ich bin gerade ein Anhänger davon, dass wir vor Oktober in solchen Fragen keinesfalls eine Entscheidung treffen sollten, man muss mit den öffentlichen Geldern vorsichtig umgehen.
Aber das ist entschieden, dass es die Rentenprämie, die Korrektur, die Erzsébet-Bons geben wird. Wird es also alle drei mit Sicherheit geben?
Das alles ist entschieden, ja. Wir haben den Rat für die Angelegenheiten der Älteren Mitbürger zusammengerufen, ich habe mich mit seinen Mitgliedern getroffen, wir haben die Situation überblickt, die wirtschaftliche Situation, die Situation des Haushaltes, die bestehenden Rechtsvorschriften, und haben gemeinsam mit ihnen Entscheidungen getroffen.
Offensichtlich ist auch entschieden, dass es im Gesundheitswesen bedeutende Lohnerhöhungen geben wird. Darüber hat zumindest János Lázár gesprochen. Hier geht es tatsächlich um hohe Summen.
Wir werden jetzt die Löhne von 98 tausend Menschen im Gesundheitswesen erhöhen.
Aber die große Frage ist bei dem doch, ob dadurch das gesamte System effektiver wird. Die Ärzte, mit denen ich gesprochen habe, sagten, es handele sich zwar um eine sehr bedeutende Lohnerhöhung, aber viele junge Ärzte gehen nicht aus diesem Grund ins Ausland, sondern weil hier Zuhause wegen des Systems der Parasolvenz die älteren Ärzte sie nicht an Arbeit, nicht an Übungsmöglichkeiten kommen lassen. Das ungarische Gesundheitswesen ist nicht gut darauf vorbereitet, sie weiterzubilden.
Schauen Sie, das sind beruflich Fragen. Zu beruflichen Fragen des Gesundheitswesens müssen die das Gesundheitswesen vertretenden Organisationen Stellung nehmen. Und ich fälle dann auf Grund ihrer Meinung Entscheidungen, auch jetzt ist das so geschehen. Diese Lohnerhöhungen haben wir gemeinsam mit den Fachorganisationen des Gesundheitswesens und den Ärztegewerkschaften geplant und vorbereitet. Ich würde die Frage der allgemeinen Verfassung des Gesundheitssystems nicht mit den Lohnerhöhungen verknüpfen, denn das Gesundheitssystem muss kontinuierlich modernisiert werden, was die Entwicklung der modernen Technologien ja im Übrigen auch erforderlich macht, wir haben also nicht mehr die Möglichkeit, dass wenn es ein gutes Gesundheitssystem gibt, dann dieses im folgenden Jahr nicht mehr verändert werden muss, sondern das Gesundheitswesen wird entsprechend der Logik der technologischen Entwicklung im ständigen Wandel begriffen bleiben, ganz gleich, ob es uns gefällt oder nicht. Eine sehr enge Zusammenarbeit ist zwischen den Fachorganisationen der Ärzte und den Entscheidungsträgern, also der Regierung notwendig. Zugleich muss man aber auch leben, wir können den Ärzten und den Pflegern nicht sagen, sie sollen es abwarten, bis das System qualitativ besser wird, denn das Geld brauchen sie jetzt. Sie haben ziemlich lange darauf gewartet, ich erinnere mich noch daran, unter den sozialistischen Regierungen, noch vor 2010, hat man ihnen einen Teil ihres Lohnes weggenommen, danach kam dann die Finanzkrise, da konnte man die Löhne nicht erhöhen, jetzt aber beginnt sich die ungarische Wirtschaft zu fangen, aufzustehen, endlich auf den eigenen Beinen zu stehen. Es ist sehr wichtig, dass wir die Löhne und die Renten aus der eigenen Leistung bezahlen, nicht aus Krediten, deshalb lohnt es sich hier, nicht nur das Geld zu sehen, sowohl im Fall der Rente als auch der Lohnerhöhung im Gesundheitswesen. Das Geld ist wichtig, aber ich möchte, dass wir im Zusammenhang damit auch ein Gefühl des Stolzes verspüren, dass wir hierzu auf die Weise fähig sind, ohne das Geld anderer zu benutzen, wie das früher geschehen war, und wovon am Ende die Verschuldung des Landes stand, sondern die Grundlage jedweder Lohnerhöhung wird heute von den ungarischen Menschen in Ungarn erwirtschaftet, und dieser über das Geld hinausreichende Stolz sollte uns auch erfüllen. Ich jedenfalls bin sehr stolz auf das Land und die arbeitenden Menschen, die in der Lage sind, dies zu erschaffen. Die Ärzte erhalten 100 tausend Forint, die Fachapotheker bekommen ebenfalls eine ernsthafte Erhöhung, für die über noch keine abgelegte Fachprüfung verfügenden Ärzte und Apotheker bleibt auch noch eine Erhöhung von etwa monatlich 50 tausend Forint übrig. Es kommt also jetzt im Leben von 98 tausend Menschen wenn auch nicht zu einer entscheidenden Veränderung, denn das sind ja nicht so große Summen, so aber doch im Vergleich zum vorhergehenden Zustand zu einer spürbaren Bewegung, auch sie machen einen Schritt nach vorne.
Sie hörten in der vergangenen halben Stunde Ministerpräsidenten Viktor Orbán.