Gábor István Kiss: – Gestern ist die Vorlage erschienen, laut der – wenn das Parlament sie annehmen sollte – nach der Absicht der Regierung jene registriert werden können, die in Ungarn die illegale Einwanderung aus ausländischen Quellen organisieren. Diese ausländischen Quellen können besteuert werden, und die ein Risiko für die nationale Sicherheit darstellenden Personen können von der Grenze verwiesen werden. In erster Linie hierüber sprechen wir mit Ministerpräsident Viktor Orbán. Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen!
– Guten Morgen, ich begrüße die Zuhörer!
– Haben jene, die diese Vorlage formuliert haben, die Ergebnisse der Konsultation benutzt?
– Es formulieren immer Fachleute die letzten Textvorschläge, aber die Ziele und Absichten müssen wir festlegen. Die Menschen wählen aus dem Grund ihre politischen Führer, Parlamentsabgeordneten, Regierungsmitglieder an die Spitze des Landes, damit diese in voller Verantwortlichkeit handelnd die notwendigen Entscheidungen treffen, deklarieren, formulieren, was der Wille der Allgemeinheit und was das Ziel ist. Das haben auch wir getan, danach bringen das die Juristen in eine adäquate Form, unser Ziel ist klar und eindeutig, es hängt mit der Nationalen Konsultation zusammen, denn die Nationale Konsultation mussten wir aus dem Grunde immer wieder initiieren, weil es in ernsten, mit schwerwiegenden Konflikten verbundenen Angelegenheiten wichtig ist, dass das Land einheitlich sei, oder der möglichst größte Teil des Landes einheitlich sei, und die beste Weise solch eine Einheit, solche Punkte der Zustimmung zu schaffen, ist die Nationale Konsultation. Meine Antwort lautet also, dass wir ein klares Ziel besitzen, wir wollen, dass Ungarn kein Einwanderungsland werden soll, wir wollen, dass jene, die die Migration organisieren und finanzieren, in Ungarn kein Glück haben sollen, und dass wir jene, die entgegen unseres Aufrufs und unserer Aufforderung die Migration organisieren, von dem Gebiet Ungarns fernhalten können. Das ist unser Ziel, dieses aus drei Punkten bestehende Paket drückt diese Absicht aus.
– Der Titel des Vorlagenpakets lautet „Stop Soros“, ich nehme an, hierbei geht es um George Soros. Die Person oder die Tätigkeit von George Soros bekommt hier die rote Lampe oder ein Einfahrverbot gezeigt?
– George Soros pflegt es selbst zu erzählen, dabei die Grenze zur Prahlerei streifend, dass er enorm viel Geld darauf verwendet, die Migration zu unterstützen. Es hat einen Plan, früher hat er diesen auch öffentlich verkündet, und hat ihn auch selbst so genannt. Seit es die Diskussion gibt, formuliert er vorsichtiger, doch seine Absicht ändert sich nicht. Er sagte, der Zaun sei das Problem, für die Zukunft Europas sei die Migration die Lösung. Wir sagen, das Problem ist die Migration, und die Lösung ist der Zaun. Und er gibt enorm viel Geld jenen, die diese Migration organisieren, und tatsächlich wird es jetzt eine neue Rechtsvorschrift geben. Dies schafft eine neue Situation. Es kann jeder entscheiden, auch George Soros kann entscheiden, ob er damit, was er macht, aufhört, und dann bezieht sich das neue Gesetz nicht auf ihn, oder er setzt das fort, was er bisher gemacht hat, und dann wird sich das neue Gesetz auch auf ihn beziehen.
– Ja, aber es ist nicht sicher, dass er Quellen in den acht Kilometer breiten Streifen an der Grenze überwiesen hat, also wenn er dieser Zone – sagen wir mal – persönlich verwiesen werden würde, kann er immer noch seinen eigenen Organisationen Geld zukommen lassen.
– Ja, aber zuerst muss das Geld jetzt öffentlich deklariert werden. Wir werden jene zivilen Organisationen – die man viel eher als „pseudozivile“ bezeichnen könnte, denn sie arbeiten ja mit bezahlten Aktivisten, was für die Zivilen nicht charakteristisch ist, sie ähneln viel eher den Parteien – gesondert registrieren. Sie werden wir also separat registrieren, sie müssen gesonderte Erklärungen abgeben, ihre finanziellen Angelegenheiten werden wir mit der Lupe betrachten, und wir werden auf die zur Unterstützung der Migration verwendeten Summen eine Abgabe erheben. Wir werden also etwa 25% dieses Geldes wegnehmen, und persönlich werden sie weder den Grenzbereich betreten dürfen, wenn sie keine ungarischen Staatsbürger sind, noch Ungarn betreten dürfen, wir werden sie auch vom Land fernhalten. Im Übrigen dürfen sie sich der Schengen-Grenze nicht nähern, auch der Flughafen gilt selbstverständlich als Schengener Grenze.
– Sie formulieren dies in Plural erster Person, wir werden diese Summen mit der Lupe betrachten, wir werden 25% wegnehmen, doch handelt es sich um eine eigenständige Erklärung, und wir haben das bei dem Zivilgesetz gesehen, dass die angesprochenen Organisationen sich nicht um diese ihre Verpflichtung kümmern.
– Ja, aber das ist bereits eine Detailfrage, die das ungarische Recht, die sich mit der Durchsetzung beschäftigenden staatlichen Behörden zur Geltung bringen werden. Wir mussten die Absicht, formulieren und die Juristen suchten nach den Mitteln dafür. Das sind meiner Ansicht nach gute Mittel, aber die Diskussion ist noch im Gange, wenn jemand ein besseres Mittel weiß, hören wir ihn gerne an.
– Was gilt als eine Quelle, die nach der Beurteilung die Verpflichtung nach sich zieht, eine Abgabe von 25% zu zahlen?
– Die Haushalte, der gesamte Haushalt jener Organisationen, die Migranten unterstützen, bildet die Grundlage dessen.
– Warum sind Quellen aus der Union – wenn sie es denn sein sollten – in dieser Hinsicht eine Ausnahme? Im Falle des Zivilgesetzes waren diese eine Ausnahme, und wir haben sehen können, dass das Europäische Parlament im November des vergangenen Jahres bekräftigte, dass man jene Organisationen mit Quellen versorgen müsse, die die Migration an den Grenzen unterstützen. In diesem Sinne ist es also nicht logisch, wenn in dieser Hinsicht die Finanzquellen aus der Union nicht steuerpflichtig sind.
– Das ist es auch nicht. Meiner Ansicht nach müssen diese auch in die Abrechnung miteinbezogen werden. Aus der ungarischen Perspektive, hinsichtlich des Interesses der ungarischen Menschen ist es gleichgültig, ob George Soros persönlich, die EU oder wer auch immer das Geld gibt, das Wesentliche ist, dass es hier für einen Zweck gegeben wird, der den Interessen, der Absicht und dem Willen der ungarischen Menschen entgegengesetzt ist. Meiner Ansicht nach muss sich dies also auf jedwedes Geld erstrecken, doch wird es im Zusammenhang damit noch Diskussionen geben, denn wir haben jetzt Gesetzesentwürfe formuliert, diese werden wir dem Parlament vorlegen, dort wird es noch eine Debatte geben, und dann werden wir danach Entscheidungen fällen, aber mein persönlicher Standpunkt ist, dass es nicht logisch wäre, die Gelder auf Grund ihrer Quelle zu unterscheiden. Was für ein schlechtes Ziel genutzt wird, was auf eine den Interessen der Ungarn entgegengesetzte Weise gebraucht wird, muss besteuert werden.
– Können Sie eventuell ein Beispiel nennen… Verzeihung, also können Sie uns ein Beispiel nach Person oder Profession nennen, wer durch dieses Näherungsverbot betroffen sein könnte?
– Nein, wir wollen einen jeden von Ungarn fernhalten, der etwas machen will, was grundsätzlich den Interessen der ungarischen Menschen entgegengesetzt ist. Das gehört nicht zu den Dingen, über die wir diskutieren. Selbstverständlich ist Ungarn ein freies Land. Man kann über jede Frage diskutieren. Wenn jemand das öffentliche Leben verfolgt, dann kann es sehen, dass wir auch beinahe über alles diskutieren, und die sozialen Medien – oder wie diese Internetwelt genannt wird – tragen die Diskussion bis in die Wohnungen der Menschen. Ungarn ist also eine moderne Demokratie, in der die Diskussionen alltäglich sind. Das ist auch bis zu diesem Punkt in Ordnung. Aber wenn wir darüber übereingekommen sind, worin das Interesse der Ungarn besteht – und wir sprechen jetzt noch dazu über die wichtigste Frage des nächsten Jahrzehnts, denn meines Erachtens schlägt die Zukunft den Weg ein, dass die Migration in den nächsten zehn Jahren für Europa und Ungarn die wichtigste Frage bleibt –, also wenn in solch einer Angelegenheit das ungarische Volk seinen Willen geäußert hat, dann gibt es von da an keine Debatte mehr, sondern nur Durchführung.
– Hat sich Ungarns Migrationspolitik verändert? Denn viele deuten den Umstand, dass Ungarn 1.300 Menschen Schutz gegeben, sie in seine Obhut genommen hat. Wo sind diese Menschen, wer sind sie, sind sie auf Grund der Quote in Ungarn?
– Ungarn weist die Quoten zurück, Ungarns Migrationspolitik ist unverändert. Wir sehen auch weiterhin ein Land vor uns, wenn wir an Ungarn denken, aber hier kann ich auch über die anderen drei Länder der V4 sprechen, über Polen, Tschechien und die Slowakei, die keine Einwanderungsländer sind. Es gibt also einen Länderblock in Europa, der deutlich gemacht hat, dass er nicht zu einem Einwanderungsland zu werden wünscht. Wenn wir die westlich von uns liegenden Länder betrachten, dann können wir sagen, dass wir dort schon sehr wohl von Einwanderungsländern sprechen, zum Teil weil enorm viele Migranten auch in der letzten Zeit dorthin gegangen sind, und sie haben auch in den vorhergehenden Jahrzehnten viele von ihnen aufgenommen. Andererseits wollen diese westlich von uns liegenden Länder ihre demographischen Probleme, also den Umstand, dass nur wenige Kinder geboren werden, auf die Weise lösen, dass sie Einwanderer aufnehmen. Der mitteleuropäische Block ist keine solche Ländergruppe, wir wollen nicht zu Einwanderungsländern werden, und auch wir haben demographische Probleme, doch wollen wir diese nicht durch Einwanderer, sondern mit Hilfe der Familienpolitik lösen. Wir wollen, dass es mehr ungarische, polnische, tschechische und slowakische Kinder gibt, wir sehen hierin die Lösung. Dieses Ziel zu erreichen ist im Übrigen nicht einfach, aber das wäre vielleicht ein anderes Gespräch. Ungarns Politik ist also unverändert, Einwanderer nehmen wir nicht auf, Migranten lassen wir nicht herein, und wir siedeln niemand in Ungarn an. Eine andere Frage ist…
– Wird dies nicht durch diese 1.300 Beschlüsse, durch den Beschluss über 1.300 Menschen widerlegt?
– Ganz im Gegenteil, es wird bestärkt. Bestärkt, denn das ist ein anderer Fall, da geht es darum, dass es auf Grundlage des internationalen Rechts Schutz angewiesene Menschen gibt, die sich darin von den Migranten unterscheiden, dass sie zunächst an der Tür klopfen. Die Migranten haben die Landesgrenze überrannt, haben das Gebiet Ungarns illegal betreten, sie haben die ungarischen Gesetze nicht eingehalten, und hatten auch angekündigt, die ungarischen Gesetze nicht einhalten zu wollen. Jene, über die wir jetzt sprechen, jene 1.300 Menschen, sind, wie es sich gehört, an der Landesgrenze stehengeblieben, haben geklopft, sind zu den Grenzstationen gegangen, und sagten, sie seien auf Schutz angewiesen. In den meisten Fällen handelt es sich im Übrigen um Minderjährige, um Kinder ohne Begleitung und Aufsicht, und um Frauen. Und die ungarische Behörde sagte: „Wir werden Ihren Antrag untersuchen.“ Die juristische Grundlage hierfür stellen im Übrigen die internationalen Abkommen über die Flüchtlingsfrage dar, die das ungarische Parlament, das ungarische Rechtssystem früher akzeptiert hat. Die Regeln der Union über die Quote haben wir zu keiner Zeit akzeptiert, und wir werden sie auch nicht annehmen. Auf dieser Grundlage kann also hier in Ungarn niemand irgendein Recht für sich beanspruchen. Wir untersuchen also den Fall dieser Menschen und wenn wir sehen, dass sie tatsächlich schutzbedürftig sind, dann erhalten sie einen vorübergehenden Schutz von uns, was aus dem Grunde wichtig ist, weil in dem Moment, in dem sie nicht mehr schutzbedürftig sind, sie dorthin zurückgehen müssen, woher sie gekommen sind. Übrigens…
– Sie werden also niemals zu ungarischen Staatsbürgern?
– Sie werden es niemals. Deshalb werden wir auch in Brüssel kritisiert, und die in Ungarn tätigen, die Einwanderung unterstützenden Organisationen kritisieren Ungarn, dass wir nur Schutz geben, was vorübergehend ist, und keine endgültige Aufenthaltsmöglichkeit. Übrigens wird die Zahl derer, die sich unter diesem Rechtstitel auf dem Gebiet Ungarns aufhalten, regelmäßig von dem Einwanderungsamt veröffentlicht.
– Auf seiner Homepage da steht es.
– Das sind öffentliche Daten. Ich kann Ihnen sagen, auf der vorgestrigen Regierungssitzung habe ich den Herrn Innenminister gefragt, der mitteilte, dass im jetzigen Moment sich, offiziell formuliert, in den bewachten und unbewachten Unterkünften insgesamt 491 Menschen aufhalten.
– Also summa summarum können im Prozess um die Quote, eventuell vor dem Gerichtshof der Europäischen Union in dem Pflichtverletzungsverfahren Warschau und die anderen, die sich in der gleichen Situation befinden, genau das gleiche erwarten wie noch Wochen zuvor?
– Ja, nach der Nationalen Konsultation ist der ungarische Standpunkt sogar noch bestimmter und härter. Ich habe auch mit dem polnischen Ministerpräsidenten über diese Frage telefonisch gesprochen, darüber, wie sie stehen. Wir haben uns abgestimmt. Dies ist zu Beginn des Jahres persönlich und später dann auch per Telefon geschehen, und sowohl Polen als auch Ungarn halten an ihrer früheren Migrationspolitik fest, das heißt wir wollen nicht zu einem Einwanderungsland werden, wir geben in der Frage der Quoten nicht nach, und wir wollen kein europäisches System, das an unserer statt sagt, ja uns aufzwingt, wer sich auf den Gebieten unserer Länder aufhalten soll. So sind Polen und Ungarn auch weiterhin vollkommen in einem Bündnis, nicht nur in der Angelegenheit der Migranten, sondern auch in der Frage der gegen Polen eingeleiteten europäischen Verfahren habe ich dem Ministerpräsidenten bestätigt, dass er auf Ungarn zählen kann, und sich jene Schande nicht in Europa ereignen kann, dass ein ehrlicher Mitgliedsstaat auf Grund unbestätigter, unbegründeter, unsachlicher Anschuldigungen einem Verfahren unterworfen wird, also Ungarn steht für Polen ein.
– Summa summarum, um noch einmal für einige Sätze auf die Vorlage zurückzukommen, auf die drei Vorlagen, womit rechnen Sie in der gesellschaftlichen Debatte? Drängen Sie zum Beispiel darauf, dass hieraus im Frühling, im Februar im Rahmen der einige Tage umfassenden Sitzungen Gesetze werden, oder bleibt dies eventuell schon für die nächste Legislaturperiode?
– Das werden dann die Parlamentsabgeordneten entscheiden, wir haben den Gesetzesentwurf eingebracht. Ich halte dies auch für eine Frage der Ehre, denn wenn wir eine Nationale Konsultation beginnen und die Menschen nach ihrer Meinung fragen, dann muss daraus auch irgendein Handeln hervorgehen. Die Menschen haben ihre Meinung mitgeteilt, haben im Zusammenhang mit dem Soros-Plan deutlich gemacht, dass sie ihn zurückweisen. Jetzt ist es unsere Pflicht, alles dafür zu unternehmen, um die Durchführung des Soros-Plans zu verhindern. Das sind die Trennlinie und der Unterschied zwischen den heutigen oppositionellen und den Regierungsparteien. Die Regierungsparteien haben eine Nationale Konsultation organisiert, und sie vollstrecken den sich dort zeigenden Volkswillen, verschaffen ihm Geltung. Demgegenüber unterstützt die Opposition den Abbau der Grenze, den Abbau der Grenzzäune. Die Opposition will, dass wir jenes Diktat Brüssels akzeptieren sollen, nachdem in Brüssel entschieden werden soll, wer sich in Ungarn aufhält, und man uns mit verpflichtender Kraft die Quote aufzwingt. Die Opposition vertritt allgemein diesen Standpunkt. Manche offen, andere auf raffiniertere Weise, weil sie nicht dies sagen, jedoch wenn die Verfassung geändert werden müsste, wodurch wir das Land schützen könnten, dann weisen sie dies zurück. Für mich steht die Opposition in einem Block auf der Seite der Einwanderung und der Migranten, und die Regierungsparteien kämpfen meiner Ansicht nach mit der überwiegenden Mehrheit der ungarischen Wähler gegen den Soros-Plan und die Quoten.
– Wenn wir vorhin schon über die Polen gesprochen haben – was für ein Partner wird der neue polnische Ministerpräsident sein, der seit einigen Wochen im Amt ist und dessen erste Reise nach Budapest führte? Das konnten Sie auch ihn fragen. Nach ihm folgte gleich der irische Ministerpräsident, es herrschte also in den ersten Wochen dieses Jahres ein ziemlich ernsthafter diplomatischer Großbetrieb.
– Es war tatsächlich ein starker Beginn, es kam der polnische Ministerpräsident, der ein hervorragender Mensch ist, ich kenne ihn von früher. Ich habe andernorts schon darüber gesprochen, deshalb mag es an dieser Stelle etwas unbegründet erscheinen, dass der polnische Widerstand, der antikommunistische Widerstand seiner Natur, seiner Art nach in den ’80-er Jahren anders war als der ungarische. Der ungarische besaß eher einen intellektuellen Charakter, zeigte sich eher im geistigen Widerstand, erreichte am ehesten Intellektuelle und solche Studenten, wie wir es damals waren. Der polnische Widerstand war in den ’80-er Jahren nicht so, das war ein tatsächlicher Widerstand, dort wurden Menschen eingekerkert, Menschen waren in der Illegalität, sie versteckten sich, von Pfarreien und Bauernhöfen wandernd versuchten sie den Widerstand des polnischen Volkes gegenüber dem Kommunismus und der sowjetischen Besatzung zu organisieren. Ich kannte, ja ich kenne auch den Vater des Herrn Ministerpräsidenten, der der Anführer der Kämpfenden Solidarität (Solidarność Walcząca) war, die auch physische Aktionen gegen die Kommunisten durchführte. Ich muss also sagen, auch hinsichtlich des Antikommunismus gibt es keinen Fehler oder keine Abweichung, und das fordert Respekt, und der Ministerpräsident hat sich früher mit wirtschaftlichen und Entwicklungsfragen beschäftigt, und ich habe auch schon früher viele gute Ideen und Gedanken von ihm erhalten, auch jetzt arbeiten wir an der gemeinsamen Errichtung einer mitteleuropäischen Entwicklungsbank. Er hat es auf sich genommen, innerhalb der V4 wirtschaftliche Vorlagen für die Verstärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Region anzufertigen. Es ist also auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Stärkung der V4 ein großer Gewinn für uns.
– Er ist ja ein routinierter ehemaliger Finanzminister. Diese nennen wir dann Visegráder Bank, oder das wird durch die Presse als Visegráder Bank erwähnt?
– Ja, darum geht es.
– Gibt es hierzu ein Datum, ab wann sie wird finanzieren können und was sie genau finanzieren wird?
– Das nächste Mal sehen wir, die 4 Ministerpräsidenten, uns erneut hier in Budapest am 26. Januar und dann werden wir über die Termine entscheiden.
– Und Sie haben auch in Berlin Dinge gesagt, die zum Teil hierher gehören, wo Sie auf einem sehr wichtigen Wirtschaftsforum der Hauptredner waren. Das dort von Ihnen Gesagte lautet im Großen und Ganzen, dass wenn die Europäische Union keine Quellen bietet, dann wenden wir uns an China. Führen Sie das bitte ein bisschen aus! Gehört auch dieser Satz zu der Visegráder Bank?
– Ja auch, aber der Satz war nicht so, war nicht derart brutal, da pflegt man in diesen Kreisen ausgefeilter und differenzierter zu formulieren. Dort bestand das Publikum dieses Vortrages doch aus dem Führungsstab der gesamten deutschen Großindustrie, dort waren die ersten Leute aller uns bekannter großen Firmen. Jedes Jahr wird in Berlin solch eine Konferenz im geschlossenen Kreis veranstaltet, zu der jeweils auch ein ausländischer Vortragender eingeladen wird. Dies ist grundlegend eine innere deutsche Veranstaltung, aber sie laden jedes Jahr einen ausländischen Redner ein. Im vergangenen Jahr war vielleicht der französische Präsident dort, und dieses Jahr hat man uns beziehungsweise mich eingeladen, und ich habe gesagt, China ist keine Gefahr, China ist eine Möglichkeit. Aus der Perspektive der ungarischen Wirtschaft und aus dem Blickwinkel der gesamten europäischen Wirtschaft birgt das sich entwickelnde, das wachsende, das zur stärksten Wirtschaft der Welt werdende China Möglichkeiten, wir exportieren sehr viele ungarische Produkte auch nach China. Hinzu kommt noch, dass die Chinesen nicht mehr arm sind, das ist eine reiche und starke Weltmacht, die über Quellen verfügt, die nach Investitionsmöglichkeiten in der Welt suchen. Und wenn wir unsere Welt betrachten, die mitteleuropäische Welt, dann sehen wir, dass dies die am schnellsten wachsende Wirtschaftsregion Europas ist. Hier muss in die Entwicklung investiert werden, in das Zusammenschließen der elektrischen Netze, in den Bau von Gasleitungen, in den Ausbau der Verkehrsrouten zwischen Norden und Süden. Aus Warschau können wir nicht auf der Autobahn nach Budapest kommen, es gibt keine Schnellbahn zwischen sagen wir Krakau und Budapest, um nur ein Beispiel zu erwähnen, dabei bestünde der Bedarf, denn die Region entwickelt sich, und die Frage ist die, woher man für diese Entwicklung, für die Ausnutzung dieser Entwicklung Finanzquellen gewinnen kann. Die erste Möglichkeit stellen die regionalen Kohäsionsfonds der Europäischen Union dar, die zu diesem Zweck gegründet wurden, die hierzu Geld geben. Dies ist aber begrenzt, hier ist nicht genügend Geld. Die zweite Möglichkeit ist, dass die europäischen Finanzinstitute, die Europäische Investitionsbank oder Privatbanken Kredite vergeben. Die dritte Möglichkeit ist, wenn jene Kredite zu teuer oder nicht ausreichend sind oder mit zu schlechten Konditionen angeboten werden, dass dann von außen, von außerhalb Europas Quellen nach Mitteleuropa einbezogen werden müssen. An diesem Punkt kommt China ins Bild, und China ist auch bereit, zu besseren Bedingungen als die europäischen Finanzkonditionen bieten, in Mitteleuropa Entwicklungsprogramme zu finanzieren.
– Der Vortrag, über den wir sprechen, war in Berlin, aber Sie waren zuvor auch in Bayern, und die ungarische Wirtschaft ist auf das Wohlergehen der deutsch-ungarischen Beziehungen angewiesen. Was für Erfahrungen haben Sie auf diesen Gesprächen in Deutschland gemacht?
– Schauen Sie! Zunächst einmal suchen wir Verbündete, auch ich persönlich verwende einen ansehnlichen Teil meiner Arbeitszeit darauf, um für Ungarn Verbündete zu finden. Ich bin der Überzeugung, dass Europa an der Schwelle einer großen Umwandlung steht, und diese Umwandlung birgt mindestens so viele Möglichkeiten wie Gefahren. Diese Weltmigration, die wir als Völkerwanderung bezeichnen, ist losgegangen, die UNO ist auf erkennbare Weise drauf und dran, Programme und Dokumente anzunehmen, die die weltweite Völkerwanderung unterstützen, dies ist eine andere Gefahr, mit der werden wir uns befassen müssen. In der kommenden Woche beschäftigt sich auch das Kabinett für Nationale Sicherheit mit den diesbezüglichen Plänen der UNO. Diese sind alle den Interessen Ungarns entgegengesetzt, nicht zufällig sind die Amerikaner aus den im Rahmen der UNO hierüber geführten Verhandlungen ausgestiegen, da sie den Eindruck haben, dort würden für sie nachteilige Entscheidungen gefällt werden, denen sie nicht vorbeugen können. Ich teile diese Befürchtung, hierüber müssen auch wir nachdenken, doch muss man hier eine nüchterne Entscheidung treffen, dies ist in der nächsten Woche zu erwarten. Ich denke also, dass es Gefahren gibt, die ganz Europa bedrohen, und wenn wir uns verteidigen wollen, und wenn wir die unter großen Mühen, mit viel Arbeit und Schweiß erkämpften ungarischen und mitteleuropäischen Entwicklungsmöglichkeiten nutzen wollen, dann brauchen wir Verbündete. Wer ist ein Verbündeter? Der, der die Welt auf eine ähnliche Weise sieht wie wir. Die Bayern sehen die Welt auf eine ähnliche Weise, in Bayern kam es in den vergangenen Monaten zu einer starken, auf christlich-konservativer, auf christlicher kultureller Grundlage stehenden, die bayerisch-deutschen Interessen verteidigenden politischen Wende, deshalb ist Bayern, das ein traditioneller Verbündeter Ungarn ist, jetzt in einem erneuerten Bündnis mit Ungarn. Der bayerische Ministerpräsident hat es im Übrigen auch übernommen, eine mitteleuropäische Initiative zu starten und den Vorschlag für eine österreichisch-ungarisch-bayerische Zusammenarbeit zu machen. Zur Verwirklichung dessen kann sich in den folgenden Monaten die Möglichkeit eröffnen. Ich möchte damit sagen…
– Also auch in den kommenden Wochen, den Kurz kommt ja nach Ungarn…
– Ich fahre zu ihm.
– Oder Sie fahren nach Wien. Kann man dann dies zur Sprache bringen?
– Ja, ich möchte damit sagen, dass es also eine gemeinsame Tonlage gibt, die schon mehrere von uns sprechen, und es gibt ein gemeinsames geistiges Kraftfeld, innerhalb dessen wir gemeinsam über die Zukunft Europas nachdenken können. Wir stehen alle auf der Seite Europas. Die Frage ist nicht die, ob wir auf der Seite Europas stehen oder nicht, sondern was für ein Europa wir wollen? Und wir sind sowohl gegen die Völkerwanderung als auch gegen die Migration, wir wollen also kein von Brüssel aus gesteuertes Imperium, von dort kommende Befehle vollstreckende Parlamente und Regierungen sehen, sondern wir glauben an das Bündnis der freien Nationen, das ist die Zukunft Europas.
– Inzwischen gab es hier ein Jahresende, und danach kam logischerweise auch ein Jahresbeginn, und es lohnt sich, ein bisschen auch über die Leistung der ungarischen Wirtschaft zu reden, denn der Minister für Nationalwirtschaft hat, wenn ich es richtig weiß, gerade jetzt auf der Regierungssitzung über die Möglichkeiten berichtet, dass in bestimmten Bereichen die Mehrwertsteuer abgenommen hat, die Löhne, die Unterstützungen für Familien und die Renten sind am 1. Januar angestiegen. Was ermöglicht die für die nahe Zukunft zu erwartende Leistung der Wirtschaft?
– Ich weiß, dass dies ein Interview und ein Gesprächsrahmen ist, in dem eher auf die aktuellen Dinge konzentriert wird, doch würde ich trotzdem darauf aufmerksam machen, dass nach 2010, als man das Land vom Abgrund zurückreißen und vor einem finanziellen Zusammenbruch retten musste, da haben wir nicht nur eine Krise gemanagt, sondern ein wirtschaftliches und gesellschaftliches System aufgebaut, das wir ein bisschen überheblich auch als ungarisches Modell bezeichnen können, und über das wir annehmen, es beinhalte und biete für die ungarischen Menschen die meisten Möglichkeiten. Dieses ruht auf vier Pfeilern. Der erste ist die die Wettbewerbsfähigkeit unterstützende Politik, der zweite ist der der Erschaffung der auf Arbeit basierenden Gesellschaft dienende Politik, der dritte ist die die Familien unterstützende Politik, also eine Politik mit demographischer Grundlage, und der vierte ist die unsere Identität stärkende Politik. Wir pflegen immer aus dieser Perspektive die Zukunft zu untersuchen, und ganz gleich zu welchem Pfeiler gehörend eine Entscheidung gefällt wird, diese muss auch die anderen drei Pfeiler kräftigen. Dies ist die Logik, auf Grund der wir die Entscheidungen zu treffen pflegen. Jetzt ist es deshalb wichtig, dass in Ungarn ein jeder Arbeit haben soll. Wer arbeiten möchte, soll arbeiten dürfen, es ist lange her, dass es solch eine Situation in Ungarn gegeben hat, heute ist dies schon langsam die Situation. Dies war ein Traum der politischen Wende von 1989/90, dass ein jeder Arbeit haben solle, wir sind nahe dran, dass dies sich erfüllt. Unser zweites Ziel ist, dass es sich lohnen soll, zu arbeiten, und dazu müssen die Löhne und auch der Wert der Arbeit ansteigen, der Minimallohn wird ansteigen, beziehungsweise ist seit dem 1. Januar erhöht worden, auch der Minimallohn für Facharbeiter. Hierbei muss ich mich bei den Gewerkschaften und den Arbeitgebern bedanken, denn es ist gelungen, mit den Gewerkschaften und den Arbeitgebern über ein Sechsjahresprogramm darüber übereinzukommen, wie wir die Steuern und Abgaben verringern und die Löhne anheben werden. Diese Vereinbarung hält jede Seite ein. Sowohl die Gewerkschaften als auch die Arbeitgeber halten sie ein und auch die Regierung. Dies ist meiner Ansicht nach die hauptsächliche Grundvoraussetzung für den Erfolg Ungarns, dies ist die Nationale Zusammenarbeit, die auch in dieser Vereinbarung zum Ausdruck kommt. Dementsprechend wird das Kinderbetreuungsgeld ansteigen, das Kinderbetreuungsgeld für Akademiker wird ansteigen, wir werden die Mehrwertsteuer senken können, die Mehrwertsteuer für gastronomische Dienstleistungen, die Mehrwertsteuer von Fisch, und auch die Mehrwertsteuer für Internetdienstleistungen, denn Ungarn ist das Land der Zukunft, und die Zukunft steckt in der Digitalisierung. Stolz können wir sagen, dass Ungarn das europäische Land ist, in dem die Tarife der Internetdienstleistung und die nach den Dienstleistungen zu zahlende Mehrwertsteuer am niedrigsten ist.
– Ich sprach mit Ministerpräsident Viktor Orbán. Danke, dass Sie hier waren!