Dániel Hordósi: Ich begrüße in unserem Studio recht hezrlich Ungarns Ministerpräsidenten, Viktor Orbán. Herr Ministerpräsident, willkommen bei uns!
Guten Tag!
Das ist ein historischer Tag für die ungarische Gemeinschaft hier in Kroatien, denn endlich haben wir ein neues Schülerwohnheim. Wie sehen Sie die Situation des Ungarntums in Kroatien?
Wir können ihn ruhig historisch nennen, aber wir hoffen, dass wir auch noch größere Geschichten haben werden, doch ist das zweifelsohne ein wichtiger Tag, denn letztlich ist ja ein alter Plan verwirklicht worden. Ich erinnere mich gar nicht mehr genau, es verliert sich irgendwo im Nebel der Erinnerung, vielleicht ist es auch schon zwanzig Jahre her, seit das erste Mal das Versprechen ausgesprochen wurde, die Ungarn sollen für jene Jugendliche ein Wohnheim erhalten, die Ungarisch lernen möchten und nicht in Eszék wohnen, damit sie die Stunden besuchen und im Wohnheim wohnen können. Ich freue mich, dass dieser Moment gekommen ist. Die Wahrheit ist, dass wir die ungarische Variante dessen schon lange verwirklicht haben, wir haben also in Ungarn für die kroatische Minderheit in mehreren Städten, vielleicht an vier Orten, ähnliche Institutionen gebaut, und wir schätzen die in Ungarn lebenden Kroaten hoch und unterstützen sie auch unabhängig aller parteipolitischen Gesichtspunkte. Hier war die Situation ein bisschen anders. Ich erinnere mich, es gab hier linke Regierungen, mit denen man nur sehr schwer übereinkommen konnte, nicht zufällig sind daraus verlorene Jahre geworden. Jetzt halte ich diese Regierung schon für ausreichend stabil. Der Ministerpräsident ist ein Mensch mit guten Absichten, der Komitatschef – habe ich den Eindruck – sympathisiert mit den Ungarn, er versteht die Zusammenhänge, in denen wir über die Zukunft denken. Ich sehe jetzt also die Möglichkeit der Entwicklung für gegeben an, deshalb sind wir auch in Budapest in Schwung gekommen. Wir haben gesehen, dass die demokratische Gemeinschaft, die Demokratische Gemeinschaft der Ungarn in Kroatien eine neue Führung hat, und nicht nur dass hier die Leitung der Dinge eine neue Mannschaft, sondern auch eine mit Elan übernommen hat, und davon wurden auch wir in Budapest begeistert. Wir hatten den Eindruck, wenn jetzt die kroatisch-ungarischen Verbindungen gut aussehen, wenn es eine zum Handeln bereite Führung gibt, dann ist für uns der Moment gekommen, zu handeln, und wir haben zahlreiche Programme gestartet, zum Beispiel auch eines zur Entwicklung der Wirtschaft, und das werden wir auch noch in der Zukunft tun, denn auch am heutigen Tag hat mir der Herr Präsident eine längere Liste darüber gegeben, in welchen Bereichen er gerne Unterstützung hätte und er in Zukunft eine Zusammenarbeit etablieren möchte. Wenn ich also kurz auf Ihre Frage antworten muss, dann blicke ich insgesamt optimistisch und hoffnungsfroh auf die Zukunft der hier lebenden Ungarn.
Wenn ich es richtig weiß, dann wird auch ein Aktionsplan ausgearbeitet. Was beinhaltet dieser Aktionsplan?
Schauen Sie, das ist ein guter Aktionsplan, aber man muss ja die Grundsituation umdrehen. Jetzt unterhalten wir uns ja optimistisch über die Zukunft, wer aber diesen Sender schaut, der weiß genau, dass die Lage nicht einfach ist. Es gibt also in Slawonien viele Probleme. Die Jugendlichen gehen weg, die Entwicklung der Wirtschaft ist nicht so schnell, wie wir uns das wünschen würden, und wie sie es schon früher gewesen war, und wenn wir innerhalb ganz Kroatiens Slawonien einordnen wollen, dann gehört es zu den weniger entwickelten Regionen. Wir brauchen also einen Aktionsplan, der es nicht zulässt, dass die Ungarn irgendwie in dieses Bewusstsein des Niedergangs „hineinversauern“, sondern den Ungarn hilft, sie daraus emporzuheben, und sie sollen die Erfahrung machen, dass es eine perspektivische Sache ist, Ungar in Kroatien zu sein. Man muss also von hier nicht weggehen, man muss nicht flüchten, sondern es gibt Möglichkeiten, die man ausnutzen sollte. Der Aktionsplan spricht deshalb konkret über Sport, Unterricht, Kultur und besonders über Wirtschaftsentwicklung. Ich wünsche mir, dass die Ungarn in Kroatien sich selbst als eine vor einer schönen Zukunft stehende Gemeinschaft betrachten können, aber dazu muss man das allgemeine Bewusstsein hinter sich lassen, dass die Dinge hier nur schlecht laufen können. Deshalb wäre es für uns wichtig, wenn auch die Kroaten diese Denkweise hinter sich lassen könnten, und hier tatsächlich Investitionen getätigt werden, damit die gesamte Region, nicht nur die Ungarn, sondern auch die Kroaten das Gefühl haben, Slawonien steht vor einer schönen Zukunft und wird dorthin gelangen können, wo es im Laufe der Geschichte früher bereits einmal war, dass es zu den entwickeltesten Regionen Kroatiens und auf der anderen Seite Ungarns gehört hat. Jede Veränderung beginnt mit der Hoffnung der Menschen. Wenn sich ihr Bild von der Zukunft verändert, wenn sie Hoffnung vor sich sehen, dann werden sie plötzlich auch zu Dingen in der Lage sein, über die sie früher selbst gedacht hatten, sie seien unmöglich. Das gilt nun auch für die Ungarn. Deshalb sucht unser Aktionsplan diesen psychologischen Punkt und möchte das Bewusstsein der hiesigen ungarischen Gemeinschaft unterstützen, es stärken. Meiner Ansicht nach stehen wir nicht schlecht. Im vergangenen Zeitraum, im letzten Jahr begannen Programme – wir sind besonders auf die Kindergärten und auf das Programm zu Entwicklung der Wirtschaft stolz –, das sind alles Programme, die die Botschaft verkünden: „Ungarn steht hinter Euch, die ungarische Regierung steht hinter Euch, und das kommt nicht nur in Worten zum Ausdruck, sondern auch in Taten. Wir möchten mit Euch gemeinsam ernsthafte Sachen machen, versuchen wir es also und gehen wir es an.“ Jetzt verspüre ich so eine hoffnungsfrohe, zuversichtliche Stimmung.
Diese Nachrichten sind ausgezeichnet, Herr Ministerpräsident! In Kroatien leben ja nicht nur im Drauwinkel und in Slawonien Ungarn, sondern auch in der Küstenregion. Dank der ungarischen Regierung gelang es auch in Fiume den dort lebenden Ungarn ein Hauptgebäude zu verschaffen, das sie sich schon seit langem gewünscht hatten. Was ist das Ziel der ungarischen Regierung mit dieser Investition?
Schauen Sie, wir gestalten unsere Pläne, indem wir von den örtlichen Gemeinschaften ihre Stimmen einsammeln, was sie möchten. In Fiume, in Istrien wollten sie, dass es endlich ein ungarisches Haus geben sollte, das ihrer würdig, ihrer Geschichte angemessen ist und sie endlich ihr Gemeinschaftsleben darin einrichten können. Doch insgesamt bin ich der Ansicht, Kroatien ist ein sehr vielfältiges Land, Slawonien ist ganz anders als Istrien und wiederum ganz anders ist Dalmatien. Die Gebiete unterscheiden sich auch in der Hinsicht, ob es tatsächlich Krieg gegeben hat oder nicht. Auch das Denken der Menschen verändert sich dementsprechend. Wir müssen uns also überall der Situation anpassen, deshalb können wir nie von Budapest aus sagen, was gut wäre. Unsere Politik ist es, die Ungarn zu fragen, was gut in Istrien ist, und dann werden sie es uns sagen.
Denken wir ein bisschen globaler oder eher regionaler nach. Wie sehen Sie die Zukunft des Balkan, bzw. jene von Bosnien-Herzegowina?
Sie haben mir die schwierigste Frage gestellt. Den Teil des Balkan, den man heute Serbien und Montenegro nennt, ist es leicht, optimistisch zu betrachten. Auch diese Länder sind in keiner einfachen Situation, aber für sie haben die Beitrittsverhandlungen zur europäischen Union begonnen. Ein jeder weiß, dass man diese Region ohne Serbien nicht stabilisieren kann. Ich habe also das Gefühl, ihre Zukunft bewegt sich, wenn auch auf keinem glatten und geraden Weg, aber doch in Richtung auf eine Ordnung. Bosnien ist eine viel schwierigere Sache, da gab es auch schon seit langem auch keine Regierung. Gerade gestern habe ich mich mit Herrn Präsidenten Dodik telefonisch unterhalten, und er hat mir darüber berichtet, dass endlich die Hindernisse für die Regierungsgründung beseitigt worden sind und sie auch das Dokument über die Zusammenarbeit mit der NATO werden annehmen können. Also am heutigen Tag haben wir bessere Nachrichten über Bosnien, als wir sie sonst zu hören pflegen, doch müssen wir sehen, dass Bosnien vor einer nicht geklärten Zukunft steht. Sie möchten sich auf die Europäische Union hin bewegen, aber die Europäische Union hat in diesem Augenblick ein vorsichtiges, abweisendes, etwas auf Distanz bedachtes Verhalten angenommen, und deshalb sehen jetzt Länder wie Bosnien-Herzegowina oder eben Nordmazedonien oder eben Albanien jetzt ihre Zukunft nicht klar, sie wissen nicht, ob man sich diese innerhalb der EU vorstellen muss oder ob sie außerhalb der EU verbleiben werden. Es ist sehr wichtig, dass wir, die wir für die Erweiterung sind, im kommenden Zeitraum diese Länder unterstützen. Übrigens stimmen hier die Kroaten und die Ungarn darin überein, dass man so viele Länder wie möglich und so schnell wie möglich in die Europäische Union aufnehmen müsste, indem man den gleichen Maßstab anlegt. Das würde nicht nur ihnen gut tun, sondern auch Kroatien, auch Ungarn und auch im Allgemeinen der europäischen Sicherheit. Aber die schwierigste und komplizierteste Frage ist zweifelsohne Bosnien-Herzegowina. Ich möchte, dass die ungarische Außenpolitik in der Zukunft auch auf dieses Gebiet eine größere Aufmerksamkeit richtet.
Herr Ministerpräsident, wir bedanken uns für das Interview! Ich hoffe, wir sehen Sie bald erneut in unserem Studio.
Wenn Sie mich einladen, dann komme ich. Vielen dank, dass ich hier sein durfte!