Éva Kocsis: Nach Brüssel, vor Brüssel, also zwischen zwei Geschichten. Im Studio anwesend ist Ministerpräsident Viktor Orbán, ich wünsche einen guten Morgen!
Guten Morgen!
Hatte das zuletzt einen Sinn? Hatte es einen Sinn, erneut nach Brüssel zu fahren?
Ich war also am Mittwoch im Europäischen Parlament, und werde mich am Samstag mit den Ministerpräsidenten treffen, wo wir über den Fahrplan der Austrittsverhandlungen mit den Briten entscheiden werden. Das ist kein Wunschkonzert; ob man Lust hat zu fahren oder nicht, das ist vielleicht der allerletzte Gesichtspunkt. Wenn Ungarn angegriffen wird, dann muss der Ministerpräsident dorthin gehen, wo dieser Angriff geschieht. Zuletzt war dieser Schauplatz das Europäische Parlament, da musste man hingehen, und dort musste man die Interessen Ungarns verteidigen.
War das eigentlich, was jetzt im Europäischen Parlament geschah, eine juristische oder eine politische Geschichte?
Es war eine politische Geschichte, unsere mit der Kommission bestehende Diskussion wird juristischen Charakter haben, also gab es zuerst ein politisches Gefecht, dies konnten jene sehen, die es interessierte, und jetzt werden sich dahinziehende, auf Details erstreckende juristische Verhandlungen, Koordinierungen, Debatten folgen, doch in deren Mittelpunkt steht dann nicht das Europäische Parlament, sondern die Europäische Kommission.
Rechnen Sie mit sich dahinziehenden Diskussionen?
Das pflegt so zu sein. Man kann dies nur auf Grund der eigenen Erfahrungen beurteilen, auf Grund der bisherigen Diskussionen kann man sagen: Diese haben einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen, doch möchte ich die Vorstellungen über die Besonderheit der Sache zerstreuen, denn Ungarn hat mit der Kommission etwas mehr als zwanzig Pflichtverletzungsverfahren, und die Deutschen, sagen wir, über fünfzig. Ungarn gehört also zu dem letzten Drittel, wir gehören also nicht zu den Ländern, die auf Ärger oder auf Diskussionen aus sind. Wir haben politische Gegner, die auf Ärger und Diskussionen aus sind, und hinter ihnen stehende Finanzspekulanten, die diese Parlamentarier aufhetzen. Und manchmal greifen sie Ungarn an, und solchen Diskussionen darf man nicht aus dem Weg gehen, doch grundsätzlich befindet sich Ungarn hinsichtlich der Diskussionen, die einen juristischen Charakter tragen, eher in der zweiten Hälfte des Feldes. Wir sind friedliebender und gehören zu denen, die eher zu einer Vereinbarung bereit sind.
Dies sagen Sie jetzt, weil im Drehbuch das Pflichtverletzungsverfahren vorkommt.
Ja, jetzt folgt dies, die Kommission hat angekündigt, es würden solche auf mehreren Gebieten geplant. Das eine ist das Hochschulgesetz, was eine merkwürdige Geschichte ist, denn früher haben sie die halbe Welt aufgescheucht, indem sie sagten, es ginge hier um die Freiheit des Unterrichts, die Freiheit der Wissenschaft, aber jetzt betrachte ich die Ereignisse, und ich habe den Eindruck gewonnen, dass daraus ganz einfach eine finanzielle Frage geworden ist, unter welchen finanziellen Voraussetzungen und auf welche Weise man dann Dienstleistungen im Bereich der Lehre in Ungarn anbieten kann. Es geht also im Weiteren nicht mehr um die Freiheit, sondern ganz einfach um finanzielle Fragen, und wir stehen für die Verhandlungen zur Verfügung. Doch ist die andere, viel schwerwiegendere Angelegenheit unsere Regelung hinsichtlich der Migranten, die die Kommission sowie George Soros und die NROs aufs Korn genommen haben. Sie wollen also, dass Ungarn den Zaun abbauen, die juristischen Regelungen verändern, die illegalen Migranten hereinlassen soll. Und wenn Ungarn auch nicht einen jeden hereinlässt, so sollen zumindest jene die Möglichkeit zur freien Bewegung erhalten, die gegen den abschlägigen Entscheid, also gegen den ihren Eintritt abweisenden Beschluss in Berufung gehen. Sie sollen sich solange frei in Ungarn bewegen können. Dies ist heute nicht möglich, das haben wir verhindert, darum geht es bei der Containerstadt, bei der Transitzone. Sie haben also die die illegale Migration aufhalten wollende ungarische Politik ins Kreuzfeuer genommen, und hier befinden wir uns an dem Punkt des Ausgangs eines langen Abstimmungsprozesses, und das Ende dessen kann leicht ebenfalls ein juristisches Pflichtverletzungsverfahren werden.
Gehen wir Punkt für Punkt die Dinge durch, die Sie angesprochen haben. Beginnen wir mit dem Hochschulgesetz, und dann etwas ausführlicher über die Soros-Angelegenheit. Es wäre leicht, die Frage des Hochschulgesetzes zu erledigen – oder zumindest die des Pflichtverletzungsverfahrens –, da die Führung der Volkspartei darum bittet oder darum bitten wird, dass innerhalb der von der Europäischen Kommission gesetzten Frist von einem Monat das ungarische Hochschulgesetz unter Beachtung der juristischen Bedenken der Körperschaft mit den Regeln der Europäischen Union in Einklang gebracht werden soll. Demnach scheint dies leicht durchführbar zu sein.
Unserer Ansicht nach, steht es im Einklang mit ihnen, wenn das die Kommission anders sieht, dann werden wir dies abwägen. Wir möchten eine sehr klare und transparente Situation. Heute ist das Geringste, was ich sagen kann, dass die Angelegenheiten der ungarischen Universität von George Soros nicht durchschaubar sind, auch die juristische Konstruktion ist es nicht. Wir möchten also eine sehr klare, durchschaubare, einfache Situation. Wir verstehen nicht, warum Hintertürchen benutzt werden müssen, wenn auch das große Tor, ja sogar das goldene Tor offensteht. Wir möchten also klären, wie viele Universitäten genau wie viele Diplome verleihen, warum gerade auf diese Weise, und was dies denn bedeutet. In dem vor uns stehenden Zeitraum werden wir auf alle diese Fragen eine Antwort erhalten.
Sie haben es also überdacht, Sie werden also flexibel sein, das heißt es gibt Dinge, die Sie zu verändern bereit sind.
Immer. Schauen Sie, wir befinden uns in einem europäischen kulturellen Umfeld. Im europäischen kulturellen Umfeld ist der Ausgangspunkt der Dinge die Debatte, wer also sagt, er würde nichts überdenken, der ist vielleicht nicht in der Europäischen Union am rechten Platz. Wir überdenken alles, höchstens akzeptieren wir es nicht, und wir haben eine Antwort auf jeden vorgebrachten Vorschlag – diese ist für den, der ihn vorgebracht hat, entweder günstig oder ungünstig. Aber eine Sache machen wir nie, wir sagen nie zu einem rationalen Argument von jemand, dass wir uns mit diesem nicht beschäftigen werden, wir werden also jedes Argument abwägen, wir haben immer eine Position, wir haben immer einen Standpunkt, der stimmt entweder mit dem der anderen überein oder nicht. Da wir die ungarischen Interessen vertreten, stimmt sie deshalb von Zeit zu Zeit nicht überein, doch ist am wichtigsten, dass jeder ungarische Mensch sich darin sicher sein kann, dass er eine Regierung hat, die in jeder Debatte eine Position besitzt, eine auf rationale Argumente aufgebaute, aus den ungarischen Interessen abgeleitete Verhandlungsposition.
Gut, dann werden Sie also abwägen, dann war meine Frage nicht genau. Sind Sie auch so flexibel, um daran Veränderungen vorzunehmen, oder wird es in einem Jahr, wenn wir uns unterhalten, im Wesentlichen in dieser Form keine CEU mehr in Ungarn geben?
Wir wissen nicht, was „in dieser Form“ bedeutet.
In der gegenwärtigen Form des Gesetzes.
Wir können sagen, dass in Ungarn heute eine Mitteleuropäische Universität tätig ist, die Universität von George Soros. Diese Mitteleuropäische Universität kann mit Sicherheit in Ungarn bestehen, denn das neue Gesetz, das wir angenommen haben, bezieht sich gar nicht auf sie, also ganz im Gegensatz zu dem, was man hier landauf, landab hören kann, ist die Wirklichkeit, dass die jetzt aufgestellten neuen Regeln sich gar nicht auf die Mitteleuropäische Universität beziehen, die in Ungarn tätig ist und deren Name von dem die Institutionen des Hochschulbereichs einzeln aufzählenden Gesetz erwähnt wird, und welche Universität im Übrigen Ungarn und Ausländern ein ungarisches Diplom verleiht.
Und auf die Universität, die ein amerikanisches Diplom verleiht?
Wir wollen wissen, was die ist.
Sie wissen es nicht?
Niemand weiß es. Hier herrscht ein derartiges juristisches Durcheinander, dass die Durchleuchtung dessen Zeit in Anspruch nimmt.
Als Sie in Brüssel waren, ist da nicht der Gedanke aufgetaucht, mit George Soros zu einer Tasse Kaffee zusammenzukommen?
Nein.
Wollten Sie nicht oder gab es auf der anderen Seite keine Bereitschaft dazu?
Den Gedanken dazu gab es nicht.
Hätten Sie sich ansonsten mit ihm zu einem Gespräch hingesetzt?
Ich bin ihm mehrere Male begegnet, ich kenne ihn, ich weiß, über wen ich rede.
Selbstverständlich kennen Sie ihn, ich dachte nur, die Lage scheint derart angespannt zu sein, dass er hierher nach Brüssel reist, sich mit den Brüsseler führenden Politikern trifft. Sie hielten sich ebenfalls in Brüssel auf, vielleicht wäre es am einfachsten, wenn Sie sich beide an einen Tisch setzten…
Ich habe mich davor niemals verschlossen, doch ist dies nun ein anderer Fall, denn hier geht es nicht darum, wer mit wem einen Kaffee oder irgendwo ein Bier trinkt, sondern darum, dass die Führer der Europäischen Union offiziell, in ihren amtlichen Räumlichkeiten George Soros vor der Öffentlichkeit empfangen haben. Das ist natürlich ihr gutes Recht, doch als europäischem Wähler stellen sich auch mir in meinem Kopf einige Fragen. Ganz unabhängig von der Angelegenheit der Universität, der Privatuniversität von Soros. George Soros ist grundsätzlich ein talentierter Ungar. Was wäre er auch sonst? – könnten wir auch mit Stolz fragen. Er ist also ein talentierter Finanzspekulant. Dieses Talent hat er dazu benutzt, mehrere nationale Währungen zu attackieren, womit er das Leben vieler Millionen Menschen in Europa und auch außerhalb von Europa zerstört hat. Hinzu kommt noch, dass er immer ein Gegner des Euros war. Auch hier in Ungarn hat er gegen die ungarischen Geldinstitute spekuliert, man musste ihn auch mit einer Strafe von mehreren hundert Millionen Forint belegen. Nun ist das Ideal der Europäischen Union nicht die Finanzspekulation, das grundlegende Ideal der Europäischen Union ist die soziale Marktwirtschaft. Die Europäische Union – darunter Ungarn, unter den Mitgliedsstaaten auch Ungarn – glaubt, dass man in der Wirtschaft auf jene Weise Geld verdienen kann, und man auf diese Weise auch sehr viel, sehr hohe Profite erreichen kann – was wir nicht beanstanden –, wenn dabei auch irgendein Wert erschaffen wird. Wenn dadurch nicht nur der Kapitaleigner, sondern auch noch viele andere Menschen einen Vorteil haben, zum Beispiel eine Gelegenheit zur Arbeit erhalten. Die Europäische Union steht jener Form von Kasinokapitalismus aufs Schärfste gegenüber, dass jemand gegen den Besitz, das Geld, die Währung von jemand anderem spekuliert und sich daran bereichert, indem er jemanden anderen ruiniert. Dies ist unannehmbar, dies ist vom Ideal her all dem entgegengesetzt, was die Union vertritt. Deshalb bin ich als Wähler der Europäischen Union – jetzt nicht als ungarischer Ministerpräsident – darüber erschüttert, dass die Führer der Europäischen Union einen Finanzspekulanten derart hofieren, ihm im Angesicht des gesamten europäischen Volkes auszeichnen, ihn verherrlichen. Ich verstehe nicht, warum dies nötig ist.
So sind diese Mächtigen der Finanzwelt, sie möchten, dass ihre Interessen in der Welt zur Geltung kämen. Das Problem besteht vielleicht vielmehr darin, wenn die Führer der Union ihre, nur ihre Interessen durchsetzen. Woher wissen wir, dass sie nur ihre Interessen durchsetzen werden? Andererseits hat der Sprecher von Jean-Claude Juncker gesagt, sie kennen sich seit zwanzig Jahren, also wird er ihn empfangen.
Niemand hat gesagt, er solle ihn nicht in den benachbarten Pub auf einen Kaffee oder auf ein Bier einladen. Die Privatangelegenheiten gehören nicht in die Welt der Politik; wer sich mit wem anfreundet, ist nicht das Thema der Politik. In der Politik geht es um die Vertretung der Interessen der Menschen, und hierbei geht es darum, dass die zur Vertretung der Interessen der europäischen Menschen ermächtigten Führer sich mit einem Menschen treffen, der als Finanzspekulant ein Programm vertritt, das den Idealen und Interessen Europas diametral entgegengesetzt ist. Dies darf man aber meiner Ansicht nach nicht tun.
Wie ist aus George Soros der Staatsfeind Nummer eins geworden? Sollten die Politiker weltweit derart weich sein, dass er auf alle einwirkt?
Das weiß ich nicht, weil mich in dieser Hinsicht nicht so sehr die europäischen Zustände interessieren, sondern vor allem die ungarischen Zustände. In Ungarn wurde George Soros deshalb zu einem Akteur des öffentlichen Lebens und zur Verkörperung vieler schlechter Dinge, weil er zum Teil zwei Mal das ungarische Finanzsystem attackiert hatte. 1994 wollte er sich die Bank OTP aneignen, ein riesiger politischer Kampf ist daraus entstanden, die Jüngeren werden sich hieran sicherlich nicht erinnern, doch ich war auch an dieser Auseinandersetzung beteiligt. Da muss ich sagen, Gyula Horn hat George Soros aufgehalten, der sich der OTP bemächtigen wollte. Hätte sich damals nicht Gyula Horn gegenüber den Liberalen, also dem SZDSZ gegenüber durchgesetzt, dann wäre die die finanziellen Angelegenheiten der meisten ungarischen Menschen versehende OTP bereits seit ‘94 im Besitz von George Soros. Und es gab eine andere Angelegenheit, da wurde zur Zeit der Kredite in Fremdwährungen gegen die ungarischen Finanzinstitute und gegen den Forint spekuliert, und damals haben die Behörden ein Verfahren eingeleitet und eine größere Strafe verhängt. Diese Geschichte besitzt also eine derartige Dimension, doch mit dieser kann man besser umgehen, denn damit werden sich die jeweiligen Ministerpräsidenten und Finanzbehörden beschäftigen, aber es gibt eine Angelegenheit, mit der sie nicht so leicht umgehen können, und das ist die Migration. Der wahre Konflikt, die Auseinandersetzung, die Zuspitzung der Debatte, der Umstand, dass ich jetzt über einen Privatmenschen sprechen muss – was keine allzu elegante Sache seitens eines Ministerpräsidenten ist –, liegt darin begründet, dass sich herausgestellt hat: Es existiert ein großes Netzwerk – allein in Ungarn gibt es mehr als eine Milliarde Forint aus –, das viele Organisationen umfasst, viele hundert oder tausend Menschen, und sein Ziel ist es, die Migrationspolitik Ungarns zu verändern. George Soros hat also sein eigenes Migrationsprogramm veröffentlicht, darin hat er niedergeschrieben, er hat es öffentlich unter seinem Namen getan, dass man jedes Jahr eine Million von Migranten in die Union transportieren müsse, dies muss finanziert werden, er verleiht gerne Geld dafür, hat er noch hinzugefügt. Und seitdem arbeiten sie daran, den ungarischen Zaun abzubauen, die Ungarn schützenden Rechtsvorschriften zu verändern, Ungarn auf allen möglichen internationalen Foren anzuschwärzen, und es durch einen internationalen Druck zu zwingen, die Migranten doch noch hereinzulassen beziehungsweise durch sein Gebiet durchzulassen. Dies ist es, was aus dem Finanzspekulanten George Soros den die Einwanderung befürwortenden europäischen Politiker George Soros gemacht hat, und dagegen müssen wir auftreten.
Damals, als George Soros hierüber geschrieben hat, worauf auch Sie verweisen, ist das in „Foreign Policy“ im Juni 2016 erschienen. Da schrieb George Soros über 7 Punkte. In diesen gibt es tatsächlich den Hinweis, also eindeutiger, dass Europa möglichst viele Migranten aufnehmen solle. Seiner Ansicht nach gibt es auch die Absicht, diese Anträge nicht im Rahmen der Kompetenz von Mitgliedsstaaten zu beurteilen, sondern ein zentrales Organ der Union solle es tun. Darüber sprechen wir aber weniger, dass es unter diesen Punkten auch einen anderen Gesichtspunkt gibt, und dabei geht es um die Notwendigkeit starker Grenzen, Außengrenzen.
Ja, aber entweder-oder. Die starken Grenzen sind dazu notwendig, damit jene nicht hereinkommen können, die wir nicht innerhalb der Union sehen wollen. Ungarn ist ein Land, das keine Einwanderer und Migranten innerhalb der Union, vor allem aber nicht auf dem Gebiet Ungarns sehen will. Diese sind also zwei voneinander getrennte, einander gegenüberstehende Politiken, doch die wirkliche Zuspitzung der Angelegenheit verursachte die Sache der beiden Leute aus Bangladesch oder Pakistan, als es sich herausstellte, dass hier ein System errichtet worden ist, als dessen Ergebnis sie regelmäßig den ungarischen Haushalt anzapfen werden und die ungarischen Menschen zur Zahlung zwingen können. Hier ist im Falle der beiden aus Bangladesch passiert, dass eine durch Soros finanzierte Organisation Ungarn verklagt hat, es hätte im Falle der beiden Menschen aus Bangladesch nicht auf die richtige Weise verfahren, die im Übrigen inzwischen beide verschwunden sind, wir wissen nicht einmal, wo sie sind, doch unabhängig davon hat man das Verfahren gegen Ungarn begonnen. In diesem Verfahren gab die Expertise eine andere Soros-Organisation und dann im Gericht fällte der Rat der Richter unter der Leitung eines an einer Soros-Universität unterrichtenden Richters das Urteil. Wir sind also auf deutlich erkennbare Weise umzingelt, hier ist ein System errichtet worden, an dessen Ende beschlossen worden ist, dass wir, Ungarn, einerseits die Kosten des Verfahrens bezahlen, das heißt den Sorosschen Organisationen Geld geben, und andererseits auch den inzwischen verschwundenen Bangladeschern mehrere tausend Euro zahlen sollen. Wenn das so weitergehen wird, dann werden sie uns zehntausendfach skalpieren, in unserer Hosentasche herumwühlen, sie wollen das Geld der Ungarn wegnehmen. Die Größenordnung dessen ist nicht abzusehen. Das erwähne ich jetzt nur aus dem Grund, dass wir nicht über eine abstrakte philosophische Frage sprechen, nicht einmal über abstrakte Fragen des Grenzschutzes, sondern über sehr konkrete juristische Verfahren, hinter denen wir es sehen, es aufgedeckt haben, dass dort in Wirklichkeit ein netzwerkartiges Funktionieren zu beobachten ist. Auch deshalb möchten wir, dass – getrennt von den zivilen Organisationen – auch eine separate juristische Regelung für die sogenannten NROs geschaffen werden soll, die diese Tätigkeiten verrichten, denn wir wollen diese sehen, wir wollen sie kennen und wollen wissen, von wem sie das Geld bekommen, ansonsten können wir Ungarn vor ihnen nicht beschützen.
Nicht nur Ungarn geht es so. Ich weiß nicht, ob im EP oder, sagen wir, auf den Fluren zur Sprache gekommen ist, dass zum Beispiel die Frontex immer größere Schlachten mit jenen Organisationen hat, die dort, auf dem Mittelmeer an der Rettung teilnehmen, und auch in Italien die Diskussion darüber immer lauter wird, dass sie gerne wissen würden, wer das sind… Sie haben, ziemlich radikal, so formuliert: Im Wesentlichen finanzieren die Menschenschmuggler diese Organisationen. Die Debatte ist also auch anderswo scharf und offensichtlich gibt es keine Schritte für eine Lösung.
Sie sind schärfer als in Ungarn, denn in Italien lautet die Anklage, die übrigens die linken Politiker – ebenso wie in Ungarn die Sozialisten – bestreiten, dass die Menschenschmuggler mit diesen NROs, diesen Nichtregierungsorganisationen in der Hinsicht unter einer Decke stecken, dass sie illegale Migranten nach Italien hineintransportieren, diese auf Schiffe, auf offensichtlich ungeeignete Seelenverkäufer setzen, von wo die zivilen Organisationen sie dann retten und nach Italien hineinbringen werden – und dahinter versteckt sich ein Finanzsystem. Dies ist die Anklage in Italien, dies ist der Standpunkt der Ermittlungsbehörden. Dies ist ein Skandal, um den sich jetzt die italienische Innenpolitik dreht. Die die Einwanderung unterstützenden italienischen Linken bestreiten dies – ebenso wie die Linken hier in Ungarn – und sind für die Migration.
Nun gut, aber der Vorwurf an sich, dass die Organisationen mit den Menschenschmugglern unter einer Decke stecken, ist doch eine ziemlich schwerwiegende Kritik. Ich sehe nicht, dass die Politiker der Europäischen Union auch nur etwas unternehmen würden, um einerseits dies zu beenden und andererseits, um die Alarmglocken erklingen zu lassen.
Zunächst muss man diese Diskussion in Italien durchführen, die Union folgt erst danach. Andererseits haben auch wir eine gewisse Art des Zusammenwirkens festgestellt. Also das kann ich Ihnen sagen, dass als die Migranten zu Hunderttausenden vom Süden her nach Ungarn kamen, da haben wir Dokumente, unterstützende Publikationen bei ihnen gefunden, die eindeutig von NROs stammten. Also das kann ich Ihnen mit Sicherheit sagen, dass mit dem Argument der Humanität diese Nichtregierungs-, durch George Soros finanzierten Nichtregierungsorgane jene Menschen kontinuierlich mit Ratschlägen, mit Hilfe versehen hatten, die auf ungesetzliche Weise, illegal die ungarische Grenze überquert hatten – dies können wir mit Sicherheit sagen. Was das tatsächliche Motiv dessen war, ob es sich hier um eine philanthropische Hilfe handelt oder ob es auch um Geld geht, kann ich Ihnen noch im Falle Ungarns nicht beantworten, doch bin ich mir darin sicher, dass wenn wir das gesamte Ausmaß des Sorosschen Netzwerks in Ungarn entflechten, dann werden wir auch diese Frage beantworten können.
Experten sagen, dass einerseits dort an der libyschen Küste eine Million Menschen darauf warten, nach Europa zu gelangen, und sie sagen auch, dass auf der Balkanroute die Migration stärker werden wird. Dass der zweite Zaun an der serbisch-ungarischen Grenze fertiggestellt wurde oder im Eiltempo fertiggestellt wurde, geschah dies eigentlich, weil Sie im Grunde damit rechnen, dass das Abkommen mit der Türkei aufgelöst wird? Gestern Abend haben Sie mit dem türkischen Präsidenten gesprochen. Kam dies zur Sprache?
Ja, auch die Türkei ist eine interessante Angelegenheit. Ich habe mich auch jetzt wieder im Europäischen Parlament dessen beschuldigen lassen, dass ich zu freundlich mit den Türken bin. Dort hat doch immerhin das türkische Volk in einer Volksabstimmung entschieden, und es würde sich gehören, deren Ergebnis zu akzeptieren. Andererseits verfolgen wir die Politik des gesunden Menschenverstandes, und ich halte es trotzdem für keine richtige Politik oder vernünftige Sache, dass wir zuerst dem türkischen Präsidenten eine sehr große Axt in die Hand geben, damit er uns beschützt, und ihn danach unablässig von hinten mit einer Stecknadel in den Rücken stechen, weil uns sein Aussehen nicht gefällt – so ist dies keine vernünftige Politik. Ich meine also, entweder wir kooperieren mit der Türkei oder wir kooperieren nicht. Ich sehe den Sinn darin, zu kooperieren, doch dabei sollten wir uns selbst nicht in eine ausgelieferte Situation bringen. Deshalb benötigen wir ein Zaunsystem, und das ist auch tatsächlich fertig, am heutigen Tag werden wir es übergeben: Es ist 155 Kilometer lang, 3 Meter hoch, dies ist geeignet, jedwede Menschenmasse aufzuhalten. Es ist mit einem sicherheitstechnischen Signalsystem versehen, das die Verteidigung in wesentlichem Maße erleichtert. Hier ist also das Zeitalter des Eindringens nach Ungarn mit Methoden des Typs „ich durchschneide den Drahtzaun“, die dilettantisch, im Hobbyschuppen erdacht worden sind, vorbei. Jetzt steht also bei uns ein Zaun, den man praktisch nicht durchdringen kann. Dies ist keine kurzfristige Lösung. Und auch die Diskussion mit dem türkischen Präsidenten ist eine kurzfristige Debatte, also die zwischen der Union und der Türkei. Wir, Ungarn, müssen langfristig denken, und langfristig können wir sagen, also wenn wir die Zukunft in einer Perspektive von anderthalb bis zwei Jahrzehnten zu verstehen versuchen, dann können wir sagen, dass der von der Balkanroute her uns bedrohende Völkerwanderungs- bzw. Migrationsdruck mit uns zusammenleben wird. Demgegenüber müssen wir uns in den folgenden Jahren verteidigen. Wir müssen uns auf die Weise schützen, dass dies den ungarischen Menschen kein Sicherheitsproblem bereitet, die öffentliche Sicherheit nicht schwächt, unsere Wirtschaftsleistung nicht schwächt, und das ruhige, ausgewogene, heitere ungarische Leben nicht verhindert. Und hierzu sind der Zaun und die Verteidigung notwendig. Ich bin der Ansicht, es ist uns gelungen, für die ungarischen Menschen Sicherheit für eine lange Zeit zu schaffen.
Liegt die Chance dafür, dass dieses Abkommen mit der Türkei scheitert, bei fünfzig oder noch mehr Prozent?
Das weiß niemand, doch ich sage es noch einmal: Die Türkei ist ein Mitglied der NATO, deshalb ist die Türkei unser Verbündeter. Man darf und man kann also nicht mit der Türkei so umgehen, als ob es ein fremder, mit uns in keinem Bündnis stehender Staat wäre. Ihrem Präsidenten und auch dem türkischen Volk muss man den Respekt geben. Hinzu kommt noch, dass wir ein gemeinsames Ziel haben: Die Türkei soll die aus jener Richtung kommende Migrantenwelle aufhalten, bevor sie sich über den Balkan, Ungarn und Europa ergießen würde. Deshalb lohnt es sich, mit ihr zusammenzuarbeiten, und mit der Stimme, im Ton der Zusammenarbeit zu sprechen, die Körperhaltung der Zusammenarbeit anzunehmen.
Am 2. Mai wird der Vorschlag für den Haushalt des Jahres 2018 vorgelegt. Nennen Sie uns drei Punkte, die besonders bestimmend sein werden!
Dies ist der Haushalt der von ihrer Arbeit lebenden Menschen sein: Die Minimallohnerhöhung, die jetzt, 2017, bedeutend war, wird fortgesetzt, auch die Anhebung des Facharbeiterminimallohnes wird fortgesetzt, der Steuernachlass, das Maß der nach zwei Kindern gewährten Steuervergünstigung wird ansteigen, die Mehrwertsteuer der Restaurantdienstleistungen und des Internets sowie des Fischfleisches wird auf 5 Prozent gesenkt werden. Ich halte es für wichtig, dass auch die die Arbeit belastenden Steuern sinken werden, also müssen die Unternehmer, wenn sie einen Arbeitnehmer einstellen, weniger Steuern in den Haushalt einzahlen. Wir werden als Ergebnis all dessen uns der Vollbeschäftigung im kommenden Jahr annähern, und die zuvor bereits angekündigten Lebenslaufbahnmodelle werden wir im Gesundheitswesen, im Schulwesen und im Falle der bei jenen Behörden Arbeitenden, die für die öffentliche Ordnung sorgen, ganz einführen. Ein wichtiges Element dieses Haushaltes ist die Sicherheit der Grenzen und die Frage der Sicherheit im Allgemeinen, die Sicherheit der ungarischen Menschen und der ungarischen Familien. Deshalb werden wir viel mehr für die Garantierung unserer Sicherheit ausgeben als in den vergangenen Jahren.
Morgen fahren Sie zurück nach Brüssel, Sie treffen das Präsidium der Europäischen Volkspartei. Wird die Stimmung freundschaftlich oder tadelnd sein?
Das ist ein Parteitreffen, dem messe ich keine größere Bedeutung zu. Vielmehr wird spannend sein, was für Entscheidungen wir über das Ausscheiden auf dem Gipfel der Ministerpräsidenten treffen werden, der am Vormittag des Samstags stattfinden wird.
Diesen Teil werden wir fortsetzen. Sie hörten in der vergangenen halben Stunde Ministerpräsidenten Viktor Orbán.
Danke, dass ich hier sein durfte.