Katalin Nagy: Bereits mehr als dreißigtausend Ungarn haben die Impfung erhalten, gestern hat man auch in den sozialen Institutionen mit dem Impfen der Gepflegten und dort Arbeitenden begonnen. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán, der von der Sitzung des Operativen Stabes heute früh hierhergekommen ist. Was empfiehlt der Operative Stab, welche Entscheidung soll die Regierung im Zusammenhang mit den beschränkenden Maßnahmen treffen?
Guten Morgen, ich begrüße die Zuhörer! Laut der Meldung des Operativen Stabs von heute Morgen haben wir bisher genau 42.549 Personen im Gesundheitswesen geimpft. Anfänglich waren die Bedenken größer, dies scheint sich jetzt zu ändern, ich sehe auch in anderen Ländern, dass die Bedenken gegenüber der Impfung kontinuierlich abnehmen. So sind wir an den Punkt gelangt, auch mit der Impfung der Bewohner der Altersheime beginnen zu können, und Ende der Woche werden wir in jeder Institution, die mehr als 150 alten Menschen ein Zuhause gibt, geimpft haben. Etwa 80 Prozent der Bewohner der Altersheime nimmt die Impfung auf sich, von den dort Arbeitenden nur 50 Prozent, hier müssten wir aber noch versuchen, sie zu überzeugen. Obwohl auch ich selbst etwas unsicher bin, denn dies ist ja doch eine persönliche Entscheidung, doch möchte ich einen jeden beruhigen, dass die Impfungen sicher und notwendig sind; ich bitte sie, es sich zu überdenken, und sie sollten eher sich für ein „Ja“ entscheiden, als denn eine abweisende Entscheidung zu treffen. Auch ich werde mich impfen lassen, wenn die Reihe an mich kommt, auch ich habe einen im Impfplan festgelegten Platz, und wenn es dazu kommt oder wenn man dort ankommt, dann werden Sie sehen, dass ich das auch machen werde. Bisher ist Impfstoff in einer ausreichenden Menge für achtzigtausend Personen ins Land gekommen, das ist wenig. Deshalb hat der Operative Stab beschlossen, die bestehenden Maßnahmen, die unser Leben beschränken, bis zum 1. Februar zu verlängern, jedes Leben zählt, und die Epidemie ist doch noch stark. Jetzt habe ich das Gefühl, dass wir sie gebremst haben, aber sie stellt immer noch eine ernsthafte Gefahr dar. Auch in den Mittelschulen bleibt der Onlineunterricht, und dann werden wir um den 1. Februar herum sehen, wie wir stehen. Derzeit ist die internationale Welt voll von der Nachricht, dass auch schneller ansteckende Stämme dieses Virus entstanden sind oder mutiert sind, diese können dann offensichtlich auch in Ungarn eine schnellere Ansteckung verursachen. Wir wissen also nicht genau, was sein wird, was wir wissen, ist, dass wir jetzt ein System haben, das wir jetzt bereits seit Monaten betreiben, unser Krisenmanagement ist ein anderes als das der Westler, Sie sehen ja, dort gibt es jede Woche solch eine Maßnahme und dann eine andere Maßnahme, man kann es kaum verfolgen, welche genau die Beschränkungen sind. Wir haben nicht diesen Weg gewählt, weil wir meinten, die Berechenbarkeit wird vertrauen schaffen, es gibt also ein System der Beschränkungen mit Ausgangsverbot usw.
Dann bleibt das so?
Es bleibt bis zum 1. Februar so, wie es ist. Die Schulen, die Grundschulen, die Kindergärten bleiben geöffnet, und in den Mittelschulen bleibt es beim digitalen Unterricht. Die Berechenbarkeit ist mindesten so wichtig, wie die Effektivität, wir möchten die Regeln nicht hin- und herzerren, wie man das in vielen anderen Ländern versucht, um mit den Maßnahmen den gerade aktuellen Infektionsdaten zu folgen. Ich glaube vielmehr daran, dass es eine Ergebnisse bringende, sich als erfolgreich zeigende Ordnung der Beschränkungen geben soll, und so lange es keinen ausreichenden Impfstoff gibt, sollten wir diese Rahmen aufrechterhalten und uns auf das Leben einstellen, das man in solch einem Rahmen leben kann.
Der auf dem Gesundheitswesen lastende Druck hat vielleicht ein bisschen abgenommen, und wie wir das aus den Berichten der Ärzte und Pfleger haben hören können, die sich haben impfen lassen, fühlen sie sich erleichtert, beruhigt, sie haben diese Möglichkeit schon sehr erwartet, die Impfung in Anspruch nehmen zu können. Was glauben Sie, bis wann wird sich das Gesundheitswesen ein bisschen befreien können?
Im Krankenhaus waren heute früh 5.297 Menschen ― ich zitiere hier ebenfalls aus der Meldung des Operativen Stabes. An Beatmungsgeräten waren 372 Menschen, die Zahl der Neuinfizierten beträgt 2.907 und die der Toten 115. Es gab schon einen größeren Druck, der auf dem Gesundheitswesen lastete, aber dieser ist auch bedeutend. Letztlich doch mehr als fünftausend Menschen, 115 Tote, ein jeder hat eine Familie, Verwandte, Vater, Mutter, Kinder, das ist also ein großer Verlust für das Land. Ich sehe also auch die Diskussionen, in denen es darum geht, was denn nun viel und was wenig sei, für mich ist eine einzige Person schon zu viel. Aber im internationalen Vergleich haben wir jetzt, da wir das Jahr 2020 abgeschlossen haben, einen relativ sicheren Orientierungspunkt, denn ein jeder führt ja seine Datenbank über die an der COVID-Infektion Verstorbenen auf eine andere Weise. Manche nehmen nur jene auf, die unmittelbar wegen COVID verstorben sind, andere – wie z.B. Ungarn – geben alle an, die auch im Übrigen infiziert waren, auch wenn sie nicht an COVID gestorben sind, weshalb es schwer ist, Vergleiche anzustellen. Jetzt haben wir eine Möglichkeit, auch ich betrachte diese, da das Jahr 2020 zu Ende gegangen ist, können wir sagen, wie viele Menschen 2020 in jeweils einem Land insgesamt gestorben sind. Wir wissen auch, wie viele Menschen 2019 verstorben waren, und den Unterschied zwischen den beiden Zahlen können wir mit einer kleinen Korrektur als die Zahl der COVID-Opfer ansehen. Wenn jemand zu Beginn des Krisenmanagements mir gesagt hätte, in diesem Vergleich werde sich das ungarische Gesundheitswesen und im Allgemeinen der ungarische Staat als erfolgreicher erweisen als Länder wie Belgien, Italien, Spanien, Großbritannien, die Vereinigten Staaten, die Niederlande, Schweden, Frankreich, dann hätte ich das sofort akzeptiert. Dies bedeutet aber nicht, dass dies ein Erfolg wäre, in diesem Zusammenhang darf man das Wort „Erfolg“ so lange nicht erwähnen, so lange es auch nur einen Menschen gibt, dessen Leben wir retten könnten, wenn er im Übrigen den Impfstoff bekommen könnte. Denn jetzt ist der Sieg nur noch eine Armlänge entfernt, und zwar der endgültige Sieg, dessen Name „Impfstoff“ lautet, diesen muss man besorgen. Meiner Ansicht nach muss man auf den Impfstoff nicht warten, obwohl wir in der EU übereingekommen sind, dass wir warten werden, und sie schicken ihn uns dann, aber das geht so langsam, dass ich glaube, man muss auf den Impfstoff nicht warten, sondern sollte ihn lieber besorgen. Man muss jeden getesteten, in anderen Ländern angewandten Impfstoff versuchen zu bekommen, deshalb verhandeln wir außer mit den Westlern auch mit den Israelis, den Chinesen und auch den Russen, vielleicht können wir so an Impfstoff gelangen. Das ist nicht einfach, denn es gibt ein Land – dessen Namen ich jetzt nicht nenne, es ist ein großes Land –, in dem viel Impfstoff hergestellt wird, sie lassen aber z.B. die Impfstoffe so lange nicht aus dem Land, bis sie ihre eigenen Bürger nicht geimpft haben, was man ihnen nur schwer übelnehmen kann. Wir müssen einsehen, dies ist ein ziemlich logisches Verhalten.
Ist das ein EU-Land?
Nein. In der EU ist das Problem, dass wir uns dort schön in der Schlange angestellt haben, so wie das getan werden sollte, wir haben uns in die Liste eingetragen, auch wir haben eine Bestellung über 17 Millionen Dosen, also eine Menge zur Impfung von 8,5 Millionen Menschen abgegeben. Die Zentrale ― das ist Brüssel ― hat irgendetwas verhandelt, und jetzt, jetzt sitzen wir dann hier und warten darauf, dass der Impfstoff kommt. Das frustriert sehr viele Menschen, ich sehe die Diskussionen darüber in Italien, in Deutschland, und uns tut es auch nicht gut. Auch ich habe es lieber, dass wenn es Probleme gibt, dann muss man nicht warten, sondern handeln. Deshalb habe auch ich unsere Beauftragte ausgesandt, damit sie von China über Russland bis Israel überall versuchen sollen, an Impfstoff zu kommen.
Boris Johnson hat ja gesagt, man habe in Großbritannien bereits so viele Menschen geimpft wie insgesamt in der gesamten Europäischen Union. Es erscheint doch tatsächlich sehr vieles in der Presse darüber, dass auf den Druck von Deutschland hin Brüssel gesagt habe, „nun gut, warten wir dann ab, dass dieser britisch-französische Impfstoff dann ankommt“, und sie aus diesem Grunde darauf eingegangen sind, den Vertrag mit Pfizer nicht im Sommer, wie das hätte gemacht werden sollen, sondern erst im November abzuschließen.
Das ungarische ist ein großzügiges und galantes Volk, es fällt uns also nicht schwer, die Leistung von anderen anzuerkennen, wir sind nicht neidisch auf sie, mag sein, dass wir das unter dem Kommunismus vielleicht waren, doch haben wir uns davon langsam erholt. Der Neid ist meiner Ansicht nach eine kommunistische Krankheit, doch denke ich, wir können den Briten gratulieren, sie sind also geschickt, man muss das anerkennen.
Na, aber wo sind die europäischen Produzenten und Entwicklungen, warum bleiben sie zurück?
Diese Frage werden wir dann in Brüssel stellen.
Vielleicht bekommen wir darauf eine Antwort. Es hieß, anscheinend nimmt die Impfbereitschaft zu. Es haben sich bereits eine Million Menschen gemeldet, sie haben sich im Internet registriert bzw. die über 65jährigen in einem Antwortbrief. Die Ärzte sagen, man müsste mindestens 3 Millionen Menschen impfen, damit irgendein Ergebnis sichtbar wird.
Wie kalkulieren wir? In meinem Kopf ist also, dass wir als erste jene impfen müssen – auch ist der Impfplan auf diese Weise angefertigt worden –, die das Virus töten könnte. Denn es ist natürlich nicht angenehm, wer das schon durchgemacht hat, weiß, mit so einem Virus tagelang im Bett sein, Kopfweh, man hat also alle möglichen Probleme, doch kann man dies nicht mit dem Problem vergleichen, wenn jemand daran stirbt. Wir müssen also jene an die erste Stelle setzen, die am ehesten in Gefahr sind. Und wenn es gelingt, einen jeden zu impfen, der in unmittelbarer Gefahr ist, weil er entweder an irgendeiner Art einer chronischen Krankheit leidet oder weil er alt und aus diesem Grund von Vornherein gefährdet ist, wenn es also gelingt, sie zu impfen, dann haben wir eigentlich unsere wichtigste Pflicht erfüllt, haben das Leben von allen gerettet, die man retten konnte, wenn er sich eben hat impfen lassen, denn wenn er sich nicht hat impfen lassen, dann trägt selbstverständlich er das Risiko. Unsere Verantwortung ist es, so viel Impfstoff zu besorgen, dass sich ein jeder impfen lassen kann, der am ehesten sich in einer unmittelbaren Gefahr befindet. Jedes Leben zählt, wir müssen aufeinander aufpassen, wir sind noch nicht an diesem Punkt angelangt, wir können jetzt nicht einen jeden impfen, dem im Übrigen das Virus das Leben nehmen könnte, deshalb bitte ich auch weiterhin einen jeden darum, die Regeln einzuhalten und aufeinander aufzupassen, besonders müssen wir auf die vulnerablen und älteren Menschen Acht geben. Und zugleich sollten wir nicht vergessen, in dieser Auseinandersetzung auch deren Großartigkeit zu sehen, die Großartigkeit der Ärzte, der Krankenschwestern, der im Gesundheitswesen Arbeitenden. Wie oft hat man dieses Gesundheitswesen bereits abgeschrieben? Das Gesundheitswesen besteht aus Menschen, aus darin arbeitenden Menschen, aus Krankenschwestern, aus Fachpflegern, aus Ärzten, aus Professoren, und wie oft ist gesagt worden, unser Gesundheitswesen sei in dieser und in jener und in einer weiteren Hinsicht schlecht? Doch hängt die Qualität eines Systems des Gesundheitswesens am ehesten von der Qualität der darin arbeitenden Menschen ab. Und wir können auf unsere Krankenschwestern, auf unsere Ärzte stolz sein, denn die Ergebnisse sprechen für sich, die Zahlen sind vollkommen klar. Sie haben das Leben zahlreicher Menschen gerettet und haben zahlreichen Menschen das Leiden erleichtert, sie halfen, damit sie schneller durch die Krankheit kommen und wieder gesund werden. Und auf ähnliche Weise: Wer hätte noch vor einigen Monaten gedacht, dass das ungarische öffentliche Unterrichtssystem in der Lage sein würde, sich auf den digitalen Unterricht umzustellen? Die Mittelschulen funktionieren ja auch heute noch auf diese Weise. Denn auch über unsere Lehrer pflegt man im Allgemeinen keiner guten Meinung zu sein oder zumindest höre ich häufig Kritik, doch ist nicht das Unterrichtssystem schlecht, sondern die Frage ist, ob wir einen guten oder einen schlechten Lehrer haben, dieser in Verbindung mit seinen anderen Lehrerkollegen unterrichtet oder ob das Wissen, das er übergibt, isoliert ist, und jetzt sehen wir, dass jene Lehrer, die – wie auch das Unterrichtssystem – häufig abqualifiziert werden, sich ausgezeichnet umgestellt haben, hervorragende Leistungen erbringen. Ich denke, betrachten Sie es auch nur unter dem Aspekt der Disziplin, in wie vielen Ländern gab es Demonstrationen gegen die Beschränkungen, es gab diese Störung der öffentlichen Ordnung, es gab jenen Aufstand, es gab alles. Verglichen damit waren die Ungarn nicht glücklich über diese Beschränkungen, ein Teil von ihnen stimmt ihnen vielleicht nicht einmal zu, aber alle haben eingesehen, dass wir irgendeine Form der Geordnetheit zeigen müssen, um eine Chance haben zu können, mit den geringsten Verlusten durch diese schwierige Zeit zu kommen. Diese Fähigkeit zur Einsicht und zum Zusammenwirken ist im Allgemeinen in Ungarn im Rahmen ganz Europas herausragend. Ich will damit also sagen, dass wir jetzt viele Probleme haben und Elend und Schwierigkeiten, wir haben Tote, die Zahl der Infektionen liegt noch immer über zweitausend, die der Neuinfektionen, doch sollten wir zugleich sehen: Es ist anerkennungswürdig, wie das Land kämpft.
Auf eine einzige Sache müssen wir hier noch im Zusammenhang mit dem Impfstoff zurückkommen. Die ungarische Regierung wird ja ständig von Brüssel aus und hier zu Hause auch von der Linken angegriffen, warum man denn mit China und Russland in der Angelegenheit des Impfstoffs verhandeln muss, während wir in der Presse darüber lesen, dass auch Bundeskanzlerin Merkel mit Putin über die Herstellung eines gemeinsamen Impfstoffs verhandelt.
Schauen Sie, wenn wir warten, dann bleibt die gegenwärtige ausgelieferte Situation erhalten. Deshalb sage ich es noch einmal: Ich höre von Italien bis Deutschland jene Stimmen ― diese nennen wir Frustration ―, ja sogar sehr ernsthafte innenpolitische Diskussionen, in denen es darum geht, warum man in die Situation hineinspazieren musste, dass anstatt dass die Länder selber den notwendigen Impfstoff für sich besorgt hätten, wir dies Brüssel überlassen, einem Koordinierungssystem, es verhandelt, es feilscht, wir wissen nicht genau, was geschieht. Wir haben darauf vertraut, dass sie es besser machen würden als wir es tun. Deshalb müssen wir den Briten gratulieren, die ja aus der EU ausgetreten sind, sie haben es nicht Brüssel überlassen, sondern haben selbst verhandelt, und sie sind in einem besseren Zustand als wir, die wir uns im Übrigen über Brüssel verteidigt haben. Und das ist kein ungarisches Problem, dies ist kein Problem zwischen Osten und Westen, das ist kein Problem zwischen Mitteleuropa und Westeuropa, dies ist in den westeuropäischen Ländern zu einer drängenden Frage geworden. Besonders in Ländern, in denen es im Übrigen auch Produktionskapazitäten gibt, größere als in Ungarn. Dort fragen die Menschen: „Wir sind aber doch hier, warum haben nicht wir selbst das Problem gelöst?“ Und diese Debatte wird dann, denn jetzt ist noch nicht die Zeit dafür, zu der Grundfrage zurückführen, ob man nur jene Befugnisse an Brüssel übergeben sollte, bei denen wir uns sicher sind, dass sie mit ihnen besser umgehen, als wenn wir selbst das tun würden. Und es ist vollkommen offensichtlich, dass jene Politik, die in den vergangenen Jahren an Brüssel zu übergebende Befugnisse wünschte, diese fordert, ihnen applaudierte, eine schlechte Politik ist. Es gibt Dinge, die müssen über Brüssel geregelt werden, und es gibt solche, die auf nationaler Grundlage. Und es müsste viel mehr auf nationaler Ebene geregelt werden, als wie wir das gegenwärtig tun, einen Teil der Befugnisse müsste man eher den Nationalstaaten zurückgeben. Der gegenwärtige Impfstoff zumindest, die Impfstoffmisere überzeugt mich davon.
Die neuesten Beschäftigungs- und Arbeitslosenzahlen sind veröffentlicht worden. Wie bewerten Sie diese? Die Linke, die Opposition pflegt zu sagen, hunderttausende Menschen hätten in der Zeit der Krise ihre Arbeit verloren.
Sie sagen nicht die Wahrheit. Also natürlich konzentriere auch ich mich auf das Virus, damit stehe ich morgens auf, damit lege ich mich abends hin, doch muss man in der Zwischenzeit auch auf die Wirtschaft achten. Und wir haben mehrere Dutzend von wirtschaftlichen Entscheidungen getroffen, deren Ergebnisse sichtbar sind. Die Wirklichkeit ist, und das ist die einzige Zahl, der ich vertraue, denn es gibt sehr viele Arten von statistischen Angaben über den Arbeitsmarkt, doch was ich betrachte, worauf ich vertraue, was ich auch jedem anderen empfehle, als Orientierungspunkt oder als Kompass zu nutzen, ist die Zahl, wie viele Menschen heute in Ungarn arbeiten. Heute arbeiten in Ungarn 4 Millionen und 496 tausend Menschen. Das sind um 26 tausend weniger als es vor der Krise waren. Heute beläuft sich also die Zahl der verlorenen Arbeitsplätze auf 26 tausend. Wer etwas anderes sagt, der – obwohl man mit statistischem Jonglieren vieles erzählen kann – spricht meiner Ansicht nach nicht über die Wirklichkeit und nicht über das wirkliche Leben. Das ist die wichtigste Frage und das qualifiziert den Erfolg oder das Ergebnis des Krisenmanagements. Es gibt sehr wenige Länder in der ganzen Welt, die ihre Wirtschaft auf die Weise durch diese Virusinfektion geführt haben, dass sie von 4,5 Millionen Arbeitsplätzen 26 tausend verloren haben. Und hinzu kommt noch, dass wir auch diese zurückgewinnen werden, denn wir haben auch schon im November viele zurückgewonnen. Jetzt sind wir an diesem Punkt angelangt, und meiner Ansicht nach werden wir die Zahl der früheren Arbeitsplätze nicht einfach nur wiederherstellen, sondern wir werden sie auch noch steigern. Wir werden also mehr Arbeitsplätze schaffen, als das Virus zerstört hat. Wir haben viele hundert Investitionen unterstützt, die Arbeitsplätze geschaffen haben, wir haben ein Programm zur Schaffung von Eigenheimen gestartet, wir haben ein gewaltiges Programm staatlicher Investitionen initiiert, und wir bereiten uns mit großer Energie, auch ich selbst bereite mich vor, auf die Monate nach der Viruskrise. Denn wir wollen, denn ich will diese Krise nicht einfach nur abwehren, sondern ich möchte, dass das Jahr 2021 für Ungarn ein herausragend gutes Jahr werden soll. In den ersten ein-zwei Monaten wird es noch stotternd vorangehen, aber danach muss man die Raketen starten. Ich möchte – um die Worte des Notenbankpräsidenten zu zitieren –, dass „Ungarn in der Kurve überholt“, wir also so aus der Wirtschaftskrise herauskommen, dass wir hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit und der Leistung auch solche Länder überholen können, die früher vor uns standen. Ich möchte also nicht einfach nur, dass wir dorthin zurückkehren, wo wir vor der Krise waren, sondern dass wir 2021 ein herausragend gutes Jahr absolvieren könnten. Die Realitätsgrundlage, die Chance dafür ist eine wirkliche.
Na, aber wie? Denn wir sehen doch, dass der Tourismus, der früher 11-13 Prozent des GDP erwirtschaftete, jetzt beinahe – wie Sie das zu sagen pflegen – auf dem Boden sitzt, es gibt also keinen Tourismus. Und die linke Kritik, der eine Kritikpunkt ist der, warum die Regierung nicht die Löhne unterstützt, warum das Geld für – ihrer Meinung nach – überflüssige Investitionen ausgegeben werden muss?
Es gibt eine Philosophie, die in solchen Zeiten lieber den Konsum unterstützt, und es gibt eine Auffassung, die die Investitionen. Ich glaube an die Investitionen. Besonders dann, wenn wir von 4,5 Millionen Stellen 26 tausend verloren haben. Dann ist es besser, die Investitionen zu unterstützen. Wenn es einen massenhaften Rückgang gäbe, wenn tatsächlich Hunderttausende ihren Arbeitsplatz verlieren würden, dann müsste man selbstverständlich auch Lohnunterstützungen geben. Ich muss anmerken: Dort, wo bestimmte Zweige auch heute sich in einer besonders schwierigen Lage befinden, dort geben wir Lohnunterstützungen für den Zweig. Zum Beispiel gerade beim Tourismus und der Gastronomie. Aber insgesamt ist für mich die Hauptrichtung, während wir auch die Lohnunterstützung nicht vernachlässigen, die Hauptrichtung stellt doch die Unterstützung der Investitionen dar. Denn der Arbeitsplatz entsteht aus der Investition, und Arbeit können den Menschen die Unternehmen geben, und sie sind es, die investieren. Ich bin mir also beinahe sicher darin, dass nachdem wir keinen einzigen unserer großen Pläne aufgegeben haben, wir haben den Plan der Wiederherstellung der 13. Monatsrente nicht aufgegeben, und wir werden den ersten Posten für eine Woche auch Anfang Februar auszahlen, nachdem wir die größte Unterstützung aller Zeiten zur Schaffung von Eigenheimen starten konnten, und auch noch die vielen hundert Investitionen ihre Ergebnisse bringen werden, werden wir 2021 sehen, dass das ungarische Krisenmanagement – seien wir bescheiden – äußerst gute Chancen besitzt, am Ende des Jahres 2021 unter die gelungenen, die erfolgreichen eingereiht zu werden. Das haben wir noch vor uns. Ich weiß, die Menschen sehen das heute nicht, denn sie betrachten nicht dies – denn noch einmal: – auch mir geht es so, dass 80 Prozent meiner Arbeitszeit aus dem Nachdenken über das Virus und dem damit zusammenhängenden notwendigen Handeln, Entscheiden und Analysieren besteht. Deshalb sehen die Menschen nicht das gewaltige Volumen der wirtschaftlichen Maßnahmen, die wir in den vergangenen Wochen getroffen haben. Aber 2021 werden sie es sehen.
Obwohl die Beschränkungen noch gültig sind?
Zweifellos beeinflusst es das Maß des Ergebnisses, wann wir die Beschränkungen aufheben können. Und dies hängt mit dem Impfstoff zusammen. Wir erhalten andere wirtschaftliche Ergebnisse, wenn wir – sagen wir – das Leben Anfang März zu seinem gewohnten Gang zurückkehren lassen können, und wir erhalten ein anderes Ergebnis, wenn wir dies Anfang April tun, und wieder ein anderes, wenn dies nur im Mai geschieht. Der Impfstoff ist jetzt also zwar grundsätzlich eine Frage des Gesundheitswesens, doch beeinflusst er auch das wirtschaftliche Ergebnis des Jahres 2021 auf entscheidende Weise.
Wie können wir das bewerten, was wir in Amerika gesehen haben? Dass zwar der Prozess der Präsidentenwahl abgeschlossen ist, aber einige Personen in das Capitolium, das Gebäude der Legislative eingebrochen sind und 4 Menschen starben. Wie sehen Sie das?
Zunächst einmal haben wir den Familienangehörigen der Verstorbenen unser Mitgefühl zum Ausdruck gebracht. Das ist die menschliche Seite der Sache. Wenn ich die Sache von der Seite der Politik aus betrachte, dann empfehle ich uns, jene Außenpolitik fortzusetzen, die wir bisher verfolgt haben, d.h. dass wir kein einziges anderes Land qualifizieren. Wir haben es nicht gern, wenn man uns qualifiziert, folgerichtig qualifizieren auch wir keine anderen Länder, und wir reden auch da nicht hinein, was jetzt in Amerika geschieht. Das ist die Sache der Amerikaner. Wir drücken ihnen die Daumen, und wir vertrauen darauf, dass sie ihre eigenen Probleme erfolgreich werden lösen können. Dies sage ich als führender Politiker oder als Ministerpräsident eines Landes, der dieses Problem kennt. Nur kommt es uns nicht gleich in den Sinn, dass die Linke auch in Ungarn sich an der Gewalt versucht hat. Ich erinnere mich aber doch, wie sie das Gebäude des Parlaments bestürmt haben. Ich erinnere mich an jene Bilder, man musste das Gebäude des ungarischen Parlaments mit einer Kette von Polizisten vor der gewalttätigen linken Masse schützen, in der die Politiker der Opposition anwesend waren. Und wir wissen auch, dass es jetzt einen ersten Mann einer Partei gibt, der vor Gericht steht, weil er bei einem dieser Anlässe eine Rauchbombe oder eine Rauchgranate auf die Polizisten geworfen hat. Also kennen wir das, was jetzt in Amerika geschieht.
Das war der Dezember 2018?
Ich weiß gar nicht mehr, in welchem Jahr das war. Aber ich erwähne jetzt nicht den Sturm auf das Gebäude der Parteizentrale des Fidesz, und ich lasse alle diese Dinge, ich spreche nur über das Parlament. Also dass Gruppen mit Gewalt gegen das Parlament aufzutreten versuchen, das haben die Ungarn am eigenen Leib erlebt, das sehe ich nicht in Amerika das erste Mal. Und auch damals war unsere Haltung dazu, dass wir, Ungarn, das Problem gelöst haben. Ich bin zuversichtlich, dass sie auch die Amerikaner lösen werden.
In Ungarn gab es keinen Todesfall. Die Polizisten haben die Situation mit unendlicher Ruhe lösen können.
Ich will in keine nostalgische Stimmung zurückfallen, aber die Provokationen, die dort die ungarischen Polizisten über sich ergehen lassen mussten, wenn jemanden das interessiert, dann lohnt es sich dies nachzulesen, und dann wird man sehen können, dass die ungarischen Polizisten sich hervorragend verhalten haben. Ich muss auch im Allgemeinen sagen, dass die ungarischen Polizisten in einer guten Verfassung sind, sie könnten auch mehr verdienen, sie haben ein Lebensbahn-, ein Karrieresystem, sie sind relativ jung, sie haben sich auch jetzt zuletzt ausgezeichnet bewährt, als der Mensch aufgehalten werden musste, der im Übrigen einen Polizisten verletzt hat. Ich muss also sagen: Wenn wir heute in Ungarn an die Ordnung, an die öffentliche Sicherheit denken, dann denken wir an unsere Polizisten, und ich bin mir sicher, dass wir in einem europäischen Vergleich die Leistung und die Qualität der Angehörigen unserer Polizei hochschätzen können.
Eine Sache habe ich noch vergessen, dass nämlich der Impfstoff von Moderna da ist, es ist ja für die nächste Woche zu erwarten, dass er ankommt. Mit der gleichen wöchentlichen Periodizität wird dann der Impfstoff auch nach Ungarn kommen?
Es gibt einen Fahrplan darüber, welcher Hersteller in welchem Monat eine wie große Lieferung wird schicken können. Das sind keine Zahlen, die glücklich machen, es sind geringe Zahlen. Aber immer fügt ein jeder hinzu, dass das auch mehr werden könnte, aber auch weniger, denn niemand übernimmt die Garantie dafür, dass er tatsächlich gerade soviel liefern wird, wie viel er versprochen hat. Ich würde unser Pferd also nicht an diese Daten und an diese Tatsache binden, sondern wir galoppieren lieber in der Welt herum, und versuchen darüber hinaus Impfstoff zu besorgen. Sicher ist, wenn wir uns nur auf die westlichen Impfstoffe stützen, dann wird man die Beschränkungen noch lange, über mehrere Monate hinweg aufrechterhalten müssen. Wenn wir anderswo – Israel, China, Russland – einen Impfstoff finden, der getestet worden, sicher ist und sich bewährt hat, dann können wir diesen Prozess beschleunigen. Doch nur auf den westlichen Impfstoff aufbauend wird dies nicht gehen.
Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsidenten Viktor Orbán.