Katalin Nagy: Die Regierung hat die Empfehlung der Europäischen Gesundheitsorganisation angenommen und die Beschränkungen bis zum 1. März verlängert. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán. Welche Argumente waren es, die die Regierung seitens des Operativen Stabes überzeugt haben, die Beschränkungen aufrechtzuerhalten?
Guten Morgen, am wenigsten hat eine Rolle dabei gespielt, was darüber die leuchtend blickenden Padischahs in den internationalen Organisationen gesagt haben, denn das sind Fragen, denn die Epidemie wirft Fragen auf, die lokaler Natur sind. Sie ist hier bei uns, sie ist in jedem Land anders. Hier gibt es also die nationale Verantwortung, und man muss eine nationale Entscheidung fällen. Wir haben die Experten angehört. Mir geht es also genauso wie Ihnen oder jedem anderen: Ich würde schon gern wieder frei sein wollen. Dieses halb eingesperrte oder halb freie Leben, dass man abends um acht Uhr nach Hause gehen muss und nicht mehr als zehn Menschen zusammenkommen dürfen und die Restaurants geschlossen sind sowie überhaupt die Schauplätze des gesellschaftlichen Lebens, das zieht uns, Länder mit einer bürgerlichen Kultur wie Ungarn, in denen das gemeinschaftliche gesellschaftliche Leben ein untrennbarer Bestandteil des wertvollen Lebens, des ganzen Lebens ist, in Mitleidenschaft. Ich musste also blutenden Herzens den Experten des Seuchenschutzes Recht geben, die sagten, ich solle in Europa herumblicken, und ich werde sehen, dass an zahlreichen Orten vielmehr neue Beschränkungen eingeführt werden. Wir sollten also, sagten sie, nicht die Ergebnisse von drei Monaten aufgeben, die wir bisher erreicht haben, denn wir erhalten im Wesentlichen seit drei Monaten konsequent, logisch, unerschütterlich das gleiche System der Beschränkungen aufrecht. Wir haben unser früher freies Leben gegen ein anderes, halb freies Leben eingetauscht. Jetzt leben wir dementsprechend. Wenn wir die Beschränkungen zu früh aufheben, dann zerfällt alles das, was wir gemeinsam im Laufe von drei Monaten erreicht haben. Wir sollen also aufeinander Acht geben! Jedes Leben zählt. Jetzt kommt noch der Vorsicht die Hauptrolle zu, auch dann, wenn wir uns alle schon dem Ende dieser Zeit entgegensehnen.
Und man kann die Beispiele sehen, nicht wahr? In Großbritannien oder gerade in Portugal, wo man während der Festtage etwas gelockert hat, gibt es jetzt erneut sehr große Probleme. Es gibt keine Plätze mehr in den Krankenhäusern, wir sehen die Bilder davon. Aber man kommt auf den Gedanken, wenn man auch nur ein bisschen hätte lockern können, sagen wir, man hätte die Fitnessstudios aufmachen können, so hat man das doch nicht machen können, weil dann die Restaurants beleidigt gewesen wären, warum sie nicht aufmachen dürfen?
Es ist auch wichtig, warum jemand beleidigt ist, aber hier geht es um Menschenleben. Wir können also jeden Tag ein-zweihundert Menschen verlieren, und wenn wir es schlecht machen, dann auch noch mehr. Hier sind also meiner Ansicht nach der Zorn und die Wut und die Emotionen im Vergleich zur kalten Rationalität sekundär. Und es ist im Übrigen auch die Verantwortung eines führenden Politikers und der Entscheidungsträger, dann, wenn ein jeder schon nervös ist, wenn alle durch ihre Emotionen geleitet und von ihren Gefühlen mitgerissen werden, am kühlsten, am ruhigsten zu bleiben, die mit langsamer Bedachtsamkeit Arbeitenden zu sein, damit sie eine gute Entscheidung treffen. Diese sind nicht immer durch die Gefühle motiviert, man darf auch diese nicht ausschalten, denn auch das Herz ist ein Teil des menschlichen Körpers, nicht nur das Gehirn. Wir sind also Sportler, wir schreien wegen der a ungarischen Handballauswahl dort vor dem Fernseher herum, ich glaube einige Hunderttausend in diesem Land. Es ist also wichtig, dass auch das emotionale Ich des Menschen erhalten bleibt, doch wenn wir Entscheidungen treffen, die das Leben anderer Menschen grundlegend beeinflussen, müssen wir nüchtern bleiben. Das entscheidende Argument ist also nicht, wer beleidigt sein wird, sondern was die Verbreitung der Epidemie begünstigt und was sie behindert. Viele Stimmen meinten auch, man könnte die Ausgangssperre jetzt auch schon statt um acht Uhr erst um zehn Uhr beginnen, wir könnten lockern. Ich aber sage, wir sollten an der Beschaffung des Impfstoffs arbeiten. Das Gefühl sollte uns nicht übermannen, wir würden jetzt schon schrittweise, aber zu unserem normalen Leben zurückkehren, da wir nicht wissen, ob wir ausreichend Impfstoff haben werden und auf welche Weise sich die dritte Welle in den uns umgebenden Ländern sich verbreiten und welche Wirkung sie auf uns haben wird. Und dann würde es eine gewaltige Enttäuschung geben, wenn wir das Gefühl gehabt hätten, bereits auf dem Weg zur Öffnung zu sein, und dann können wir doch nicht weiter voranschreiten oder müssen eventuell sogar Schritte zurück machen. Ich sage dies seit Monaten, dass in Westeuropa zahlreiche Länder die Lösung gewählt haben, einen Schritt nach vorne und zwei zurück, oder zwei nach vorne und einen zurück zu machen, also immer daran herumzubasteln, wenn ich es so formulieren darf. Sie werkeln also etwas an dem System der Beschränkungen herum. Wir befinden uns seit dem November im gleichen System. Ich schlage also vor, solange es keinen ausreichenden Impfstoff gibt, sollten wir zur Kenntnis nehmen, dass wir uns an das Virus anpassen müssen. Wenn wir genug Impfstoff haben werden, werden wir das Virus niederstrecken, und dann werde wir gewonnen haben, und dann gehen wir hinaus und wir werden erneut frei sein.
Trotz der Beschränkungen planen einige Restaurants, Gastwirtschaften, am 1. Februar zu öffnen. Eine andere Frage ist natürlich, dass es sich herausgestellt hat, dass diese Gruppe von einem linken Politiker aus Szombathely, einem Politiker von Momentum organisiert wird. Wir haben aber gesehen, wie in Frankreich der Leiter jenes Restaurants verhaftet worden ist, der entgegen des Verbots geöffnet hat.
Ich komme heute vom Operativen Stab, und wir haben uns auch mit dieser Frage beschäftigt. Ich habe darum gebeten, dass niemand verhaftet werden soll. Natürlich ist meine Bitte im Vergleich zu den Rechtsvorschriften sekundär. Wenn es also kein Kurz-und-klein-Schlagen gibt, kein Anzünden von Schaufenstern und PKWs gibt, wie wir es in Frankreich und andernorts haben sehen können, wenn es also keine Gewalt gibt, die gebremst werden müsste, dann befinden wir uns schließlich lediglich in einer Runde der Ordnungswidrigkeiten. Das ist also nicht das Gleiche wie ein schweres Verbrechen. Doch möchte ich zugleich alle ungeduldigen Menschen darum bitten, auch wenn sie eine Gastwirtschaft, ein Restaurant oder ein Café betreiben oder nur die Gäste eines solchen Ortes sind, dies nicht zu tun! Und nicht nur, weil sie sich selbst in Gefahr bringen oder gefährden, denn das ist schließlich ihre Sache, ihr Leben, ihre Entscheidung. Aber es handelt sich hier um eine Epidemie, ein Virus, das infiziert. Sie gehen danach arbeiten, gehen nach Hause, treffen auch andere Menschen, und sie werden die Infektion weitergeben. Und alles beginnt von vorne. Und Menschen können daran sterben, dass wir es nicht mehr noch einige Wochen ausgehalten haben. Ich verstehe es, dass die Restaurants und die Hotels sich in einer schwierigen Situation befinden. Wir versuchen auch zu helfen, wir haben auch verschiedene Maßnahmen, deren langsames Tempo im Übrigen kritisiert worden ist. Ich schließe auch nicht aus, dass dies zu Recht geschieht. Auf der Regierungssitzung am Mittwoch habe ich gesagt: Wenn dies wahr ist, dann sollten wir das so gut wie möglich beschleunigen, dass die zugebilligte Unterstützung bei den Cafés oder den Betreibern der Cafés, der Restaurants und der Hotels ankommt. Aber es ist keine Lösung, wenn wir hinausgehen, und die Regeln verletzen. Die Sanktionen sind eindeutig. Wenn also jemand dies begeht, dann wird er eine Strafe zwischen 150 tausend und 1 Million Forint erhalten, auch dann, wenn seine Daten nicht dort vor Ort aufgenommen werden, denn mit Hilfe der modernen Technik ist die Identifizierung von Personen im Fall solch einer Rechtsverletzung keine unüberwindliche Aufgabe. Ein jeder weiß also – ich sage es im Voraus, darum bittend, dies nicht zu tun, wenn sie aber dennoch zu dieser Entscheidung kommen, dann werden jene zwischen 150 tausend und 1 Million Forint zahlen, die die Regeln verletzen. Und jenen, die diese Restaurants betreiben – die wir schließen werden; zunächst für ein halbes Jahr, es gibt keinen kürzeren Zeitraum, und wenn es wiederholt geschieht, dann für ein Jahr – und jenen, die diese Restaurants betreiben, werden wir für ein halbes Jahr bzw. für ein ganzes Jahr die Zulassung entziehen. Glauben Sie mir, es lohnt sich nicht.
Das ist sicher, aber sie sagen, die Unterstützung für die Löhne sei eine gute Sache, nur seien aus dem 27 Milliarden umfassenden Rahmen für die, die einen Antrag gestellt haben, erst 7 Milliarden durch die Regierungsämter ausgezahlt worden, sie halten dies für wirklich langsam und befürchten, dass die Unterstützung nicht ankommt. Wenn ich es richtig weiß, kann man noch bis zum 8. Februar einen Antrag stellen, nicht wahr?
Ja, aber sie sollten darauf vertrauen, dass sie ankommt. Auch ich habe diesen Brief bekommen, in dem sie dies niedergeschrieben haben. Auf der Regierungssitzung haben wir einen entschiedenen Beschluss über die Beschleunigung des Verfahrens gefasst. Ich vertraue darauf, dass wir unser Wort auch werden halten können. Vertrauen Sie uns also. Sie werden die ihnen zustehende Summe auch bekommen.
Wann wird die Wirtschaft wieder neu starten können? Diese Beschäftigungsdaten, die jetzt für den Dezember ausgegeben wurden, sind gut, denn wir sehen, dass vom November zum Dezember viertausend Menschen mehr arbeiten. Aber da ist die Frage, dass man die Wirtschaft doch anstoßen müsste, wenn wir wieder frei sind.
Ja, aber auch hier hängt alles vom Impfstoff ab. So überraschend es also auch sein mag, auch die Schlüsselfrage der Wirtschaft heißt Impfstoff. Auf der Sitzung des Operativen Stabes heute Früh haben wir ja die Zahlen gesehen, es gab noch immer 83 Tote von gestern auf heute Morgen, wir haben 1.459 neue Kranke. Wir haben 3.649 Menschen, Landsleute im Krankenhaus, und wir haben Landsleute, ganz genau 258, an Beatmungsgeräte angeschlossen. Jetzt schreitet das Impfen gut voran, wir sind jetzt bereits mit den im Gesundheitswesen Arbeitenden fertig. Jene in den sozialen Heimen bzw. die Impfung der dort Lebenden und der sie Pflegenden geschieht jetzt, und wir werden bis zum Wochenende auch damit fertig sein. Dies ist vielleicht ein guter Moment, um im Übrigen den im sozialen Bereich Arbeitenden meinen Dank auszudrücken, denn wir pflegen immer nur über die Krankenschwestern und die Ärzte zu sprechen. Wir sprechen mit aller Berechtigung über sie, aber unbegründeterweise pflegen wir zu vergessen, wie viele Menschen im Übrigen mit großem Herzen und großer Hingabe arbeiten, um unseren sich in einer schwierigen Situation befindlichen, in einem sozialen Heim lebenden Landsleuten zu helfen. Und auch ihnen steht die Anerkennung zu, und dass wir den Hut ziehen. Auch deshalb haben wir sie im Impfplan nach vorne genommen, und wir werden bis zum Sonntag auch fertig werden. Das ist eine ganz neue Etappe, das ist auch aus der Perspektive der Wirtschaft wichtig, denn ab dem Beginn der nächsten Woche fängt das Impfen auf Grund der Registrierung an. Jetzt ist es also so weit, dass wir jene, die sich registriert haben, werden impfen können. Auch dort gibt es eine Reihenfolge, dass wir mit den Ältesten beginnen, dann kommen die chronisch Kranken usw. Aber das Wesentliche ist, dass wir in die Krankenhäuser, in die Sozialheime gegangen sind, und die sich gemeldet haben, die konnten wir alle dort vor Ort impfen, denn alle lebten oder arbeiteten am gleichen Ort. Aber jetzt ist es damit vorbei. Wir sind also zehn Millionen, wir leben, wo wir leben. Wir können jene zum Impfen bestellen, die sich dafür angemeldet haben. Ich bitte also einen jeden, wenn er sich impfen lassen möchte – das Impfen ist übrigens freiwillig und kostenlos –, der soll sich registrieren, denn wenn er sich nicht registriert, können wir nicht wissen, dass er sich impfen lassen möchte, er erhält keine Benachrichtigung, keinen Brief, keinen Anruf. Aber ab der nächsten Woche erhält der, der sich registriert hat, das alles, und er wird wissen, wann er wohin, um wie viel Uhr oder zumindest zu welcher Tageszeit er gehen soll, denn dort kann er die Impfung erhalten. Das ist ein neuer Abschnitt. Es ist eine große Frage, wie viele Menschen sich dann registrieren werden. Jetzt liegt ihre Zahl um zwei Millionen. Wir alle wissen, dass dies zu wenig ist, damit die gesamte Gesellschaft geschützt werden kann. Deshalb ermuntere ich einen jeden, sich impfen zu lassen bzw. zu registrieren. Auch ich werde mich impfen lassen, auch ich werde an die Reihe kommen. Man pflegt mich auch zu fragen, ich werde im Übrigen auf den chinesischen Impfstoff warten, ich vertraue ihm am meisten, doch sind wir nicht gleich, andere vertrauen ja anderen. In unserer Kindheit sind wir mit sowjetischen Impfstoffen geimpft worden, deshalb gibt es Menschen, die dem russischen vertrauen. Und es gibt Menschen, denen fällt, wenn sie an den Impfstoff denken und sie ideologisch denken, ein, dass sie westlichen wollen und keinen aus dem Osten. Mir geht es so damit, dass das Virus die Chinesen am längsten kennen. Deshalb gehe ich davon aus, dass wahrscheinlich auch sie am meisten darüber wissen. Ich warte also ab, bis ich an die Reihe komme, und wenn ich wählen kann, dann werde ich den chinesischen Impfstoff nehmen.
Die Registrierung ist wichtig. Es gibt aber Menschen, z.B. den Bürgermeister von Gyöngyös, der nicht nur nicht registriert, sondern auch nicht an der Reihe war, sich aber bereits Anfang Januar heimlich hat impfen lassen. Was ist Ihre Meinung darüber?
Niemand ist glücklich darüber. Ich verstehe, dass ein jeder Angst um sein Leben hat, und sich in Sicherheit bringen möchte – wir haben es hier ja doch mit einem elementaren menschlichen Instinkt zu tun, den man versteht –, doch müssen wir auch verstehen, dass es Menschen gibt, die in einer noch schwierigeren Situation sind als wir, und es ist angebracht, die, die in einer noch schwierigeren Situation sind als wir, vorzulassen, das ist richtig, ja es ist auch juristisch obligatorisch. Ich bitte also einen jeden darum, so sehr er sich auch um sein eigenes Leben oder das seiner Lieben bangt, jene Ordnung, jene Reihenfolge versuchen zu akzeptieren, die auf Grund des Mangels an Impfstoff aufgestellt werden musste. Und es ist kein Zufall, die Regierung hätte auch so entscheiden können, es gab solche Länder, an erster Stelle sich selbst impfen zu lassen. Aber was wäre das für eine Sache gewesen? Das wäre einerseits feige gewesen und andererseits hätten wir damit ein schlechtes Beispiel geboten. Deshalb müssen auch die Mitglieder der Regierung abwarten, bis sie an die Reihe kommen. Wenn dann die Polizisten und die Soldaten dran sind, das heißt die zur Verteidigung notwendigen Entscheidungsträger an die Reihe kommen, zu ihrer Kategorie, dann werden wir geimpft. Die älter als sechzigjährigen chronisch Kranken müssen wir auf jeden Fall vor uns lassen. Ich bitte also einen jeden, keine Abweichungen zuzulassen, sondern versuchen wir diese sehr schwierige Situation zu akzeptieren. Ich verstehe es, denn das Leben kann selbst von ein-zwei Tagen abhängen, aber trotzdem gibt es eine Ordnung, und wir sollten daran denken, dass es ungarische Menschen gibt, die in einer schwierigeren Lage sind als wir, und das sollten wir in unsere Entscheidungen miteinbeziehen. Wir sollten also diese Regeln einhalten. Das Recht wird dann selbstverständlich in solchen Fällen auf die gewohnte Weise der Bestrafung Geltung verschaffen, die dafür festgelegt worden ist. Doch möchte ich nicht in der Tonlage der Bestrafung darüber sprechen, sondern ich möchte das Verständnis der Menschen gewinnen.
Wenn es mehrere Arten von Impfstoff geben wird und zwar in ausreichender Menge, kann es dann vorkommen, dass sagen wir gerade der in der Registrierungsreihenfolge nächste ungarische Staatsbürger sagt: „Ich möchte lieber mit diesem und nicht mit jenem geimpft werden.“ Wenn es die Möglichkeit geben wird, wird er dann wählen können?
Also meiner Meinung nach ja, so werden wir ihn, wenn es gerade den Impfstoff nicht gibt, den er möchte, an das Ende der Liste schreiben, und dann, wenn es diesen Impfstoff geben wird, werden wir ihn verständigen. Ich wünschte mir also, wenn wir endlich mit diesem Problem zu kämpfen hätten, dass von den drei oder vier verschiedenen Impfstoffen …
Das wäre das Problem des Überflusses, sozusagen.
„Ja, welchen beliebt es Ihnen zu wählen?“ Doch vorerst ist die Situation die, dass es nicht genügend Impfstoff gibt. Und wie ich mir das Gerangel und den Streit in Brüssel betrachte, meine ich zu sehen, dass auch von dort keiner früher kommt als wie wir das geplant haben oder erwarten würden. Es ist also wichtig, dass wir von anderen Orten, wo man sie bereits ausprobiert hat, wo sie sich bereits bewährt haben, wo sie sich bereits als wirkungsvoll erwiesen haben, und auch von unseren Experten des Gesundheitswesens untersucht worden sind, auch diese Impfstoffe in den Handel bringen können. Für mich ist ja Serbien das inspirierendste Beispiel, denn Serbien haben wir ja hier, quasi unter unserer Achsel, gleich an der Grenze, es ist also unser Nachbarstaat, mit dem wir im Übrigen auch ein herzlich gutes Verhältnis pflegen, wir arbeiten nicht einfach nur zusammen, sondern die Kooperation der beiden Länder ist über dieses Stadium auch schon hinweg. Es besitzt bereits auch schon eine emotionale Füllung, ich glaube, langsam entsteht die Sympathie wieder. Aus diesem Grund beobachte ich sie auch immer mit besonderem Interesse, und ich sehe, dass dort auch mit dem chinesischen Impfstoff geimpft wird. Wenn ich es richtig sehe, dann stehen sie hinsichtlich der gesamteuropäischen Impfleistung an der ersten, der zweiten oder der dritten Stelle. Unter den ersten gibt es ja kein EU-Land, wir gehören ja zur EU, aber jene, die außerhalb sind und ihre eigenen Angelegenheiten selbst organisiert haben, die stehen gut, und Serbien steht sehr gut da. Daraus folgen ja zwei Dinge. Erstens, dass Serbien ein seriöses Land ist. Es konnte seine eigene Versorgung organisieren, besser als jene sie organisiert haben, die zur EU gehören. Andererseits ist das jetzt „Labor“ – das ist kein gutes Wort –, aber im Wesentlichen geht es doch darum, dass es ein Vorzimmer ist, sie für uns jene Impfstoffe ausprobieren – wenn ich so formulieren darf –, gegenüber denen wir noch Bedenken haben. Ich lasse mir also jeden Tag einen gesonderten Bericht darüber geben, wie viele Menschen in Serbien geimpft worden sind und ob es daraus folgend Probleme gegeben hat. Was ist mit den Ungarn, denn da leben ja Ungarn, also haben auch die Ungarn die Impfung erhalten? Wie sind deren persönliche Erfahrungen? Und das müssen wir dann in die hiesige Entscheidungsfindung einbauen. Die Erfahrung ist immer das wertvollste Wissen.
Gerade einige Minuten bevor Sie im Studio angekommen waren, gab es eine Zusammenstellung über Magyarkanizsa, und gerade hierüber, dass dort 600 Personen sich haben impfen lassen, und 133 mit dem Impfstoff von Pfizer und 450 oder 500 mit dem chinesischen.
Wir sollten aber nicht vergessen, dass Serbien früher ein Teil Jugoslawiens war, und wir haben Tito ja von hier aus als „Kettenhund“ bezeichnet, das war die offizielle kommunistische Sprachregelung, was bedeutete, dass es zwar auch dort in Jugoslawien Kommunisten gab, doch haben sie sich nicht ohne jede Bedingung Moskau untergeordnet, im Gegensatz zur Situation in Ungarn. Sie haben schon immer einen eigenen Weg beschritten. Deshalb ist der Gedanke, dass der Westen gut und der Osten schlecht sei, wie er in Ungarn zu finden ist, besonders infolge der Revolution von 1956 ein ganz automatischer Gedanke, der die Tatsache längst überschrieben hat, dass im Zweiten Weltkrieg Budapest durch die Angelsachsen zerbombt worden war, denn das ist ja die Situation, aber diese Tatsache ist dadurch überschrieben worden, dass zuerst am Ende des Zweiten Weltkriegs und dann 1956 die Sowjets uns noch einmal besetzt haben. Deshalb gibt es bei uns einen Reflex, der nicht allzu ausgefeilt ist: Der Westen ist grundlegend gut, der Osten ist grundlegend gefährlich oder schlecht. Nun, in dem seinen eigenen Weg beschreitenden Jugoslawien gab es diesen Gedanken in dieser Form niemals, denn sie standen auf ihrer eigenen nationalen Grundlage. Sie sagten, es gibt Dinge, in denen der Westen besser ist, und es gibt solche, in denen es der Osten ist. Sie konnten auch reisen, wenn Sie sich daran erinnern. Als ich noch jung war, haben wir die Hochzeitreise dorthin unternommen, weil das so zur Hälfte westlich war. Also das Denken der serbischen Menschen ist doch im Ost-West-Zusammenhang anderer Natur als unseres, da sie einen anderen historischen Hintergrund besitzen.
Aber wann kann der chinesische und der russische Impfstoff nach Ungarn kommen?
Ich habe hier eine Tabelle vor mir, diese habe ich immer bei mir, sie enthält die Daten, für welche Woche wir über wie viel vertraglich georderten Impfstoff verfügen, wie viel ankommen wird, und was für andere Quellen noch für die Beschaffung offen sind. Ich muss jetzt sagen, dass wenn der chinesische Impfstoff nicht kommt – wenn aber alles gutgeht, dann können wir heute oder morgen im Übrigen mit den Chinesen den Vertrag über die Impfstofflieferungen abschließen, wir können also davon ausgehen, dass er dann kommt, aber jetzt, da es noch keinen Vertrag gibt, habe ich dies noch nicht in meine Tabelle eingetragen –, wenn also der chinesische Impfstoff nicht kommt, dann bedeutet das, dass wir, sagen wir, bis Anfang März einmal 880 tausend Menschen auf die Weise impfen können, dass sie nach 21 Tagen auch die zweite Impfung erhalten. Wenn der chinesische Impfstoff kommt, dann können wir diese Zahlen sogar verdoppeln. Wenn auch der russische Impfstoff ankommt, dann können wir noch schneller sein. Wir könnten uns also irgendwann zu Ostern in einer radikal anderen Situation wiederfinden. Ich habe den Eindruck, es wird irgendwann um Ostern die Situation entstehen, in der wir sehr viele Fragen werden abwägen müssen, denn dann werden schon bestimmte Fragen der Öffnung in den Vordergrund treten. Sollen wir gleich eine große Öffnung durchführen oder in mehreren Schritten, abgestuft? Soll es eventuell für die, die bereits geschützt sind, andere Regeln geben, als für jene, die es noch nicht sind? Ich sehe also am Horizont, wie diese Fragen dann hervortreten werden, doch jetzt haben wir noch das Ende des Januar und nicht den Anfang des April – wir müssen uns also mit diesen Fragen noch nicht beschäftigen. Jetzt müssen wir alle unsere Kräfte auf die Beschaffung des Impfstoffs konzentrieren, und wenn es Impfstoff geben wird, dann wir das diese Fragen hervortreten lassen, und diese kann dann um die Mitte des März herum in breitem Rahmen nicht nur die Regierung, sondern das ganze Land zu diskutieren oder zu besprechen beginnen.
Über die Brüsseler Einkäufe sollten wir dennoch ein-zwei Sätze reden, denn es ist doch ziemlich interessant und zeigt die Schwäche der Europäischen Union bei der Durchsetzung ihrer Interessen, dass sie sich jetzt plötzlich mit den Pharmaherstellern hingesetzt hat, um etwas an der Lage zu verbessern. Und die Firma AstraZeneca hat sich nicht einmal mit der Europäischen Kommission hingesetzt. Dies verrät also doch sehr viel darüber, wo die große EU heute angekommen ist.
Wir sehen nicht in die Karten hinein, das ist eine Blase. Es ist jetzt nun nicht die Zeit für mich, um auf die Brüsseler einzuschlagen. Darüber hinaus gibt es auch Dinge, wegen denen man sie gar nicht so sehr schlagen muss, sondern ihnen vielmehr unsere Anerkennung ausdrücken. Zum Beispiel werden wir, soweit ich das sehe, beim Neustart der Wirtschaft gute Ergebnisse aufweisen. Es ist also sicherlich eine Blase, und wir wissen nicht genau, was dort geschieht. Und wir wissen nicht, ob es politische Spielchen gibt, wir wissen nicht, ob es geschäftliche Spielchen gibt.
Aber ist das kein Problem, dass wir das nicht wissen?
Schauen Sie, wir haben eine Entscheidung getroffen. Jetzt kann man mich dafür kreuzigen, ich würde es auch nicht ausschließen, dass ich es verdiene, aber wir, alle 27 Ministerpräsidenten haben eine Entscheidung getroffen. Das mindert meine Verantwortung übrigens nicht, sondern erklärt nur die Situation. Und wir haben gesagt, wir übertragen das nationale Recht der Impfstoffbesorgung auf Brüssel, damit es eine gemeinsame Beschaffung gibt. Sie sollten an unserer Stelle mit den westlichen Herstellern verhandeln, sie sollten die Verträge abschließen, und sie sollen die Impfstoffe verteilen. Diesen Beschluss haben wir gefasst. Jetzt ist es zu spät. Das ist so, und da wir auch zum Zeitpunkt, als wir die Entscheidung getroffen haben, wussten, dass was auch immer sie versprechen, wir in die Einzelheiten eines derart komplizierten Verhandlungsprozesses sowieso nicht hineinblicken können würden, haben wir in diesem Bewusstsein die Möglichkeit der Entscheidung übergeben. Ich habe die Möglichkeit der Entscheidung in der Hinsicht nicht übergeben, dass wir auch von woanders Impfstoffe besorgen können. Doch haben wir die Möglichkeit der Verhandlung und des Vertragsabschlusses mit den westlichen Herstellern und die der Verteilung ihnen übergeben. Deshalb haben wir gewusst – wer etwas anderes sagt, der jagt meiner Ansicht nach Illusionen nach –, dass dies auch bedeutet, dass wir die Details der Entscheidungsfindung nicht sehen werden. Wir werden darauf bestehen können, dass sie die Fristen einhalten und die Art und Weise der Verteilung fair und angemessen sei. Jetzt ist im Augenblick nicht unser Problem, dass die Art und Weise der Verteilung nicht anständig ist, sondern dass es nichts zu verteilen gibt, da sie keinen ausreichenden Impfstoff besorgen konnten. Also kann ich nur sagen, dass wenn wir ihnen dieses Recht schon übergeben haben, dann sollten wir das, was wir davon für uns behalten haben – also das Recht auch von woanders Besorgungen zu machen – zu hundert Prozent nutzen. Beschaffen wir russischen, beschaffen wir chinesischen, beschaffen wir amerikanischen, sprechen wir mit den Israelis. Das geschieht übrigens Tag für Tag. Und beschaffen wir von anderswo, in dem Bewusstsein, dass es Brüssel dann entweder gelingen wird oder nicht. Aber wir können nicht auf diesem einzigen unseren westlichen Bein stehen, wir müssen auch auf dem anderen Bein stehen, denn der Mensch kann nur mit zwei Beinen stabil auf der Erde stehen. Verzeihung, was ich sagen will ist und was auch hieraus folgt ist: Der Impfstoff darf keine politische Frage sein. Das ist also nicht die Frage von Westen oder Osten. Vorhin habe ich hier ausführlich über die Serben gesprochen, die anders darüber denken. Der Impfstoff ist keine politische Frage. Man kann dann zwischen dem westlichen und dem östlichen Impfstoff wählen, wenn es ihn gibt. Wenn es ihn nicht gibt, dann kann man aus nichts wählen.
Kommen wir noch einmal für einen Moment auf die Wirtschaft zurück. Welche Regierungsmaßnahmen sind zu erwarten, was planen Sie?
Wir haben zahlreiche Entscheidungen getroffen. Wir haben auch scheinbar kleine, aber wichtige getroffen, und wir haben auch riesige getroffen. Jetzt ist ja die Situation, dass solange wir den Impfstoff nicht massenweise garantieren können, der Schutz der Arbeitsplätze am wichtigsten ist. Aber wenn es schon ausreichenden Impfstoff geben wird und das Land wieder geöffnet wird, muss die Wirtschaft erneut gestartet werden. Dies nennen wir den Aktionsplan zum Neustart der Wirtschaft. Die ersten Kapitel dessen haben wir angenommen und auch über die ersten Schritte zum Neustart im Wert von sechstausend Milliarden Forint entschieden. Das sind große Dinge. Wir haben aber auch über kleinere Dinge entschieden, doch für bestimmte Menschen ist dies am wichtigsten. Zum Beispiel gibt es in Ungarn ungefähr dreihundert Siedlungen, in denen es überhaupt keine kleinen Geschäfte mehr gibt. Und es gibt einige hundert, in denen es sie manchmal gibt und nicht gibt, sie balancieren an der Grenze zwischen Existenz und Nichtexistenz. Und wir haben ein System ausgearbeitet, das ermöglicht, dies in das Programm Ungarisches Dorf einzufügen, darüber wird dann auch Herr Regierungskommissar Gyopáros sprechen, das die Unterstützung bieten wird, damit in jedem Dorf, auch in dem kleinsten Dorf ein erreichbares Geschäft existieren soll, als Dienstleistung. Und was nun die großen Dinge angeht: Da arbeiten wir eben mit der Europäischen Union zusammen. Hier ist die merkwürdige Situation entstanden, oder sie ist vielleicht auch gar nicht merkwürdig, dass es zwei Fragen gibt, in denen wir die engsten Verbündeten Brüssels sind. Das ist die Digitalisierung der Wirtschaft und das ist die grüne Wirtschaft, der Ausbau der sich erneuernden Wirtschaft. In diesen beiden Angelegenheiten kooperieren wir vollkommen und auf das Engste mit Brüssel zusammen. Natürlich sind wir hinsichtlich der Werte der Familie und der Migration Gegenpole voneinander, aber in der Angelegenheit der grünen Wirtschaft und der digitalen Wirtschaft sind wir – ich wiederhole es noch einmal, um auf den Geschmack zu kommen – die engsten Verbündeten Brüssels. Auch dann, wenn der zuständige Kommissar kein Freund Ungarns ist. Aber egal, denn jetzt geht es um keine persönliche politische Angelegenheit, sondern um die Kooperation von Ländern. Die Entscheidungen bedeuten, dass wir die zur Verfügung stehenden Quellen in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union zwischen neun Gebieten verteilt haben. Die Litanei wäre lang, wenn ich alles aufzählte. Das wichtigste, was ich Ihnen mitteilen möchte, ist, dass der größte Gewinner dieses Aktionsplanes zum Neustart der Wirtschaft der Hochschulbereich ist. In den kommenden Jahren wird also in Ungarn ein derartiges Programm zur Entwicklung der Universitäten starten, und jetzt rede ich mit der nötigen Bescheidenheit, für das es bislang in der Geschichte Ungarns kein Beispiel gab. Wir werden also in den kommenden ein-zwei Jahren 1.500 Milliarden Forint in die ungarischen Universitäten investieren. Deshalb empfehle ich auch überall, zu überdenken, wie man die Tätigkeit der Universitäten effektiver, moderner gestalten könnte. Deshalb empfehle ich den Modellwechsel, jede Universität entscheidet dann selber hierüber, doch sollen sie daran teilnehmen wollen, denn auf dem derzeitigen Leistungsniveau wird sich das hier investierte Geld nur in einem geringen Maß rentieren. Eine derart große Summe können unsere Universitäten dann gut nutzen, wenn sie viel effektiver sein werden als jetzt. Und das ist eine historische Chance für Ungarn. Also geht unsere größte Investition in Richtung unserer Universitäten. Ich vertraue sehr darauf, dass im kommenden Jahrzehnt die wirklich große Lokomotive, der die Wirtschaft mit sich ziehen, mit sich reißen, sie voranbringen könnende Sektor gerade die Wissenschaft, die Forschung und der Hochschulbereich sein wird. Natürlich führen wir darüber hinaus auch die Senkung der Mehrwertsteuer beim Wohnungsbau durch, wir geben einem jeden eine Unterstützung von drei Millionen Forint, der seine Wohnung renovieren und damit seine Familie unterstützen möchte, wir geben dazu auch einen ermäßigten Kredit. Wir machen also auch noch viele andere Dinge über die großen Projekte, die Digitalisierung, die grüne Wirtschaft und die Universitäten hinaus. Unsere beiden Hände sind also gefüllt mit Arbeit. In den kommenden Wochen werden wir über mehrere tausend Milliarden Forint weiterer Investitionen entscheiden. Wir haben Glück, denn im Parlament haben wir in den vergangenen Jahren ständig solche Diskussionen ausgefochten. Wir haben diese Fragen ausführlich besprochen, denn die Frage der grünen Wirtschaft, der Erneuerung, des Klimawandels, der Modernisierung der ungarischen Wirtschaft war ständig auf dem Tapet. Ich halte uns, ich halte mich also für fähig, auf eine im Großen und Ganzen dem allgemeinen Willen entsprechende Weise in dem vor uns stehenden Zeitraum die Ungarn zur Verfügung stehenden Gelder zu verwenden, die wir im Übrigen gemeinsam mit der Europäischen Union nutzen werden.
Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsidenten Viktor Orbán.