Katalin Nagy: Die Regierung hat beschlossen, eine fünf Fragen umfassende Volksabstimmung über den Kinderschutz auszuschreiben. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán! Warum ist eine Volksabstimmung über den Kinderschutz nötig, wo doch auch unter den Fragen der Nationalen Konsultation eine Frage zum Kinderschutz vorkommt? Guten Morgen!
Guten Morgen! Die Volksabstimmung ist notwendig – und ich ermuntere einen jeden, dann an ihr teilzunehmen –, da Brüssel Ungarn angegriffen hat. Ich halte hier dieses 54 Seiten umfassende Dokument der Europäischen Kommission in den Händen, das man uns gesandt hat, und in dem über 54 Seiten gefordert wird, dass wir die ungarischen Rechtsvorschriften des Kinderschutzes, das Gesetz über den Schutz der Kinder verändern sollen. Im Normalfall sähe das Prozedere so aus, wenn es so ein Problem gäbe, d.h. also, wenn sich Fragen des Kinderschutzes ergäben, dann würde darüber das ungarische Parlament debattieren und ein Gesetz erlassen, denn sowohl das Familienrecht als auch die sich auf die Rechte der Kinder beziehenden Gesetze gehören laut des Grundlagendokuments der Europäische Union in die nationale Zuständigkeit. Und dann haben wir ein Gesetz, wir wählen Abgeordnete, damit sie gute Gesetze erlassen, unsere Kinder schützen, und dann ist mit diesem Gesetz die Sache auch erledigt. Doch hat uns Brüssel angegriffen. Wenn uns also Brüssel nicht angegriffen hätte, gäbe es auch keine Volksabstimmung. Da sie uns unter enormen Druck gesetzt haben, sie erpressen, sie drohen, sie initiieren ein Pflichtverletzungsverfahren, verzögern die Auszahlung der uns zustehenden Gelder. Unter solchen Bedingungen gibt es zwei Möglichkeiten: entweder wir geben nach oder nicht. Da es um unsere Kinder und um die Zukunft unserer Kinder geht, können wir nicht nachgeben. Die Regierung wird alleine in diesem Kampf nicht stark genug sein. Uns stehen sehr schwierige Monate bevor, wir brauchen einen jeden, wir brauchen die Unterstützung aller ungarischen Menschen, ansonsten können wir diese Schlacht nicht gewinnen. Wenn es aber die Unterstützung des Volkes gibt, dann können wir sie gewinnen. Es gibt Beispiele dafür, das lässt mich nicht nur mein Optimismus sagen, sondern auch meine Erfahrungen, denn genauso war es im Fall der obligatorischen Verteilungsquote der Migranten. Brüssel hatte gefordert, dass wir Migranten aufnehmen sollten. Die Regierung wäre alleine nicht in der Lage gewesen, zu widerstehen, wir haben zwar auch damals die Ablehnung und den Widerstand und den Schutz der Interessen der ungarischen Menschen begonnen, aber wenn keine phantastische Volksabstimmung hinter uns gestanden wäre, dann hätte man vermutlich ganz Europa von Brüssel aus die obligatorische Verteilung der Migranten aufgezwungen. Damals haben ganz Europa die an der ungarischen Volksabstimmung Teilnehmenden vor der obligatorischen Verteilung der Migranten gerettet.
Das ist unglaublich! Was konnten sie über 54 Seiten hinweg über eine Frage schreiben, die zu den nationalen Zuständigkeiten gehört?
Sie schreiben, wir müssten zunächst die auf die sexuelle Erziehung abzielende Propaganda in unsere Schulen lassen. Sie stellen also in Frage, dass die Eltern das Recht besäßen, selber zu entscheiden, wann, in welcher Form sie ihr Kind mit der äußerst schwierigen und komplizierten Frage des sexuellen Lebens – in dem Alter, ich denke dabei an das Teenageralter – konfrontieren, diese ihm nahebringen, wie sie ihm helfen. Nach Ansicht der Kommission gibt es hier Rechte in der Schule oder im öffentlichen Unterricht, die eine Priorität gegenüber den Rechten der Eltern besitzen. Das akzeptieren wir nicht. Sie wollen, dass wir LGBTQ-Aktivisten in die Schulen lassen sollten. Sie sagen dies, da es bei diesem ganzen Themenkreis ihrer Auffassung nach – und wir müssen doch auch sie verstehen – in Wirklichkeit nicht um die Erziehung der Kinder geht, sondern die Ausbreitung des europäischen Freiheitsideals. Sie fassen also die Geschichte so auf, dass es einen Zustand der Nichtfreiheit, hier auch die Sklaverei mit inbegriffen, gegeben hat, und von dort aus schreitet die Welt in Richtung auf die immer größere Freiheit. Und jetzt sind wir an dem Punkt angekommen, an dem die wahre Freiheit ist, wenn man sich auch seines Geschlechts entledigen kann. Die Ungarn denken hierüber nicht auf diese Weise, denn die Ungarn sagen, es gibt Erwachsene und es gibt Kinder. Die Erwachsenen machen im Rahmen der Gesetze, was sie wollen, und sie machen auch miteinander, was sie wollen. Dies ist für uns eine Frage der Lebensweise, keine Frage der Freiheit, sondern eine Frage der Lebensweise. Wenn jemand so leben will, dass er mit jemandem des gleichen Geschlechts zusammenlebt, so ist das seine Sache, soll er es eben tun, aber die Kinder sind eine andere Angelegenheit, sie gehören nicht zu diesem Kreis, das ist keine Frage der Freiheit der Erwachsenen, die Erwachsenen können mit den Kindern nicht sonst was tun, und die Kinder haben Eltern, damit diese die Kinder, die eigenen Kinder schützen und für ihre gesunde Entwicklung sorgen. Und den Staat gibt es, damit er hierbei den Eltern hilft. Das ist für uns keine Frage der Freiheit, sondern eine Frage des Kinderschutzes, deshalb nennen wir die Volksabstimmung auch Volksabstimmung über den Schutz der Kinder. Wollen Sie, dass man ohne Beschränkung homosexuelle Inhalte in Form von Reklamen oder öffentlichen Anzeigen im Fernsehen und den Reklamen vorstellen kann? Möchten Sie, dass die Kinder in ganz jungem Alter mit der Möglichkeit der Geschlechtsumwandlung bekanntgemacht werden? Es gibt die Theorie, dass nicht jeder Mensch in den Körper geboren wird, in den er im Übrigen gehören würde, und um dies zu berichtigen, müsse man ihm das Recht zubilligen, sein Geschlecht zu ändern. In einzelnen Ländern werden solche Operationen sogar aus öffentlichen Geldern, den Beiträgen zur Gesundheitsversicherung finanziert. Jetzt wird gesagt, die Kinder müssten diese Möglichkeit bereits dann kennenlernen, wenn sie noch klein sind. Und wir sagen: Die Eltern werden entscheiden, wann sie die Kinder mit diesem Zivilisationsproblem bekanntmachen, unter welchen Umständen und in welchem Alter des Kindes. Sie wollen also uns die Frage der Erziehung unserer Kinder aus den Händen nehmen, weil in Westeuropa die Dinge schon auf diese Weise geschehen. Ich sage ganz ehrlich, mich interessiert es nicht, wie die Deutschen ihre Kinder erziehen, und wenn sie die LGBTQ-Aktivisten zu ihren Kindern hineinlassen, dann ist das ihre Sache. Ich kenne auch jene Lehrmaterialien, ich kenne jene Märchenbücher, die sie Kindern in ganz frühem Alter, in der Unterstufe, im Kindergartenalter in die Hand geben, in denen der Herzog oder der Ritter nicht die Prinzessin rettet, sondern den Prinzen, danach heiraten sie und leben glücklich zusammen. All das in die Hände eines vier-fünfjährigen Kindes! Also ich will das nicht. Es kann sein, dass dies für die Deutschen gut ist, doch ich, als ungarischer Elternteil erwarte, dass der Staat mir das Recht sichert, selber zu entscheiden, wann und wie ich meinen Kindern erkläre, dass es nicht nur Prinzessinnen, sondern auch Prinzen gibt, die ab und zu keine gerade Ausrichtung in ihrem Leben haben, sondern andere. Ich nehme es also zur Kenntnis, wie die Dinge in Westeuropa laufen, und dass dort dies beständig vorkommt, und ich empfehle, dass wir da auch nicht hineinreden sollten, das ist nicht die Sache der Ungarn, doch sollten wir uns dafür einsetzen, dass die Erziehung der ungarischen Kinder ausschließlich die Ungarn etwas angeht.
Dann ist das demnach auch ein kultureller Kampf, der Westen lebt anders, und der Osten lebt anders. Warum akzeptieren sie es nicht, dass es in Mitteleuropa, in Osteuropa andere Traditionen, andere Sitten, eine andere Moral gibt? Warum akzeptieren sie es nicht, selbst wenn wir über eine Europäische Union sprechen, auch dann? Sie waren nie gleich, nicht wahr?
Deshalb, weil die Brüsseler Bürokraten glauben, dass die menschliche Geschichte in jedem Fall, unabhängig davon, um welches Volk, Land oder welche Kultur es sich handelt, in die gleiche Richtung schreitet, und dies sei richtig, und ihre Sache sei es – genauso wie bei den Kommunisten –, die Entwicklung, den Sinn der Weltgeschichte zu vervollkommnen.
Die Geschichte der Klassenkämpfe.
Ja, genau! Wir haben das in der Schule gelernt, doch erscheint dies jetzt in einer liberalen Diktion. Einst ging es dem Liberalismus um die Vervollkommnung der Freiheit, er hat phantastische Ergebnisse erreicht. Im Vergleich dazu beschränkt hier in diesem Fall, wenn ich das richtig sehe, der Liberalismus meine elterliche Freiheit. Die Liberalen sind zu Feinden der Freiheit geworden. Doch sind sie in Brüssel in der Mehrheit, und wir müssen unsere Freiheit verteidigen. Deshalb sage ich, dass wir, Antikommunisten, uns auch jetzt im Gefecht gegen die Liberalen, gegen die Brüsseler Bürokraten ebenso auf der Seite der Freiheitskämpfer befinden, wie im Übrigen in den achtziger Jahren, zu Beginn der neunziger Jahre. Ich sage es noch einmal: Man muss zur Kenntnis nehmen, dass in der Welt Nationen existieren, man muss die Nationen respektieren, die Nationen werden durch Völker gebildet, die eine Kultur, eine Geschichte besitzen, und diese muss man genauso respektieren, wie die Völker selbst. Man kann ein Volk nicht auf die Weise respektieren, dass man seine Kultur und Geschichte nicht respektiert. Wir sind ein europäisches Volk, wir erwarten Respekt. Dass man uns erpresst, besonders indem man die eigene Macht missbraucht – denn hier ist es ganz offensichtlich, dass es sich um einen Machtmissbrauch handelt –, uns finanziell erpresst, das ist vollkommen inakzeptabel. Gerechtigkeit für Ungarn!
Die Verhandlungen über den Wiederaufbaufonds schienen ganz bis zur Annahme des Gesetzes zum Schutz der Kinder an einem Ruhepunkt angekommen zu sein. Sind jetzt neue Fragen seitens der Europäischen Kommission aufgetaucht? Hat dies eine ideologische Grundlage oder hat man jetzt plötzlich eine Beanstandung hinsichtlich der Entwicklungsziele gefunden?
Nein. Wir waren vollkommen der gleichen Ansicht, hinzukommt noch, also hinsichtlich des wirtschaftspolitischen Inhalts des Wiederaufbauprogramms, dass das wichtigste Kriterium des Wiederherstellungsprogramms ist, dass es schnell ist, deshalb haben wir es mit einem in der Europäischen Union ungewöhnlich schnellen Tempo beschlossen, damit alle Länder möglichst früh diese Quellen in Anspruch nehmen können. Verzögern – soweit ich das sehe, wird die Europäische Union jetzt um eine Verschiebung um zwei Monate bitten – stellt gerade den Sinn des Wiederaufbaufonds in Frage. Was kann die ungarische Regierung tun? Selbstverständlich ist dieses Geld das unsrige, das steht uns zu. Darüber gibt es nicht viele Diskussionen, sie können es verzögern, aber sie können es uns nicht vorenthalten, denn das ist – ich sage es noch einmal – kein Geschenk, sondern das steht uns zu, denn auch wir zahlen in den Haushalt der EU ein, wir haben uns jetzt zur langfristigen Umsetzung der langfristigen Wirtschaftspolitik der EU verpflichtet, folgerichtig steht uns diese Summe zu. Aber die Zeit ist wichtig. Deshalb hat die Regierung beschlossen, innerhalb des Fonds zum Schutz der Wirtschaft den Wiederherstellungsfonds, den ungarischen Wiederaufbaufonds zu schaffen, und die gleichen Programme, die wir zum Teil durch Brüssel bereits haben annehmen lassen, werden wir jetzt starten. Heute kommt der Finanzminister zu mir, um über die Details dessen zu sprechen, wir starten diese Programme, und ganz gleich, ob aus Brüssel das Geld kommt oder nicht, wir werden diese aus dem ungarischen Haushalt bezahlen. Und dann wird das Geld aus Brüssel dann ankommen, wenn es ankommt, doch ist es hier sehr leicht möglich, dass es wegen eines sich hinziehenden ideologischen Krieges nicht dazu kommt. Häufig wird auch das Argument der Korruption angeführt, doch waren wir schon ganz nahe an einer Vereinbarung, doch plötzlich sind wir nach der Annahme des Gesetzes zum Schutz der Kinder sehr korrupt geworden. Das ist offensichtlich eine Tarngeschichte, ein Vorwand, hier steht in Wirklichkeit das Gesetz zum Schutz der Kinder im Mittelpunkt. Das ist ein großer Kampf, ich könnte sagen: der Krieg der Welten. Ich habe es nicht gern, wenn Ungarn zwischen die Mühlsteine des Kriegs der Welten gerät, auch jetzt ist es nicht die Absicht, uns zermahlen zu lassen, sondern dass wir unsere eigene Lebensweise, wir alle, alle ungarischen Eltern unseren eigenen Vorstellungen über die Erziehung unserer Kinder Geltung verschaffen können. Wir werden also diese Schlacht gewinnen, genauso wie wir die als aussichtslos erscheinende Schlacht in der Sache der Einwanderung, der Migration gewinnen konnten, nicht nur für uns, sondern auch für ganz Europa.
Es richtet sich auch große internationale Beachtung auf das ungarische Gesetz zum Schutz des Kindes und darauf, dass die Regierung eine Volksabstimmung angekündigt hat. Die Gegner sagen, die Ankündigung der Volksabstimmung sei im Grunde ein Schachzug der ungarischen Regierung, sie wolle die Aufmerksamkeit von etwas ablenken.
Ich glaube nicht, dass man die ungarischen Menschen auf diese Weise geringschätzen sollte, also annehmen, die ungarischen Menschen könnten auf einmal nur eine Angelegenheit im Kopf behalten, das ist eine ziemlich beleidigende Annahme. Wir sind noch in der Lage zwei, drei, ja noch mehr Dinge im Kopf zu behalten. In der ungarischen Politik geht es nie um eine einzige Frage, sondern immer um mehrere. Zweifellos ist dies vielleicht die wichtigste Frage. Das Parlament, so hoffe ich, wird im Herbst die Durchführung der Volksabstimmung anordnen, und wir werden sie auch noch im Januar oder Februar vor den Wahlen durchführen können.
Es gibt Stimmen, die zum Boykott auffordern, ich denke dabei an mehrere Parteien der ungarischen Opposition. Der Aspekt ist interessant, dass solche Politiker zum Boykott eine Volksabstimmung aufrufen, die sich selbst als Verteidiger der Demokratie präsentieren.
Schauen Sie, das können wir nicht beanstanden, denn ein jeder empfiehlt seinen Anhängern, was er für richtig hält. Ich möchte mich lieber mit meinen eigenen Dingen beschäftigen. Ich empfehle einem jeden, diesen ganzen Themenkreis gründlich zu durchdenken, sich zu informieren, die Forderungen der Europäischen Union zu lesen, sich anzusehen, was in Westeuropa geschieht. Es wird eine Kampagne zur Volksabstimmung geben, in der es sicherlich darum gehen wird, den Hintergrund dieses Themenkreises, des Themenkreises des Kinderschutzes vorzustellen, ich bitte also einen jeden, aufzupassen, sich zu informieren, eine eigene Meinung auszuformen, und danach zur Volksabstimmung hinzugehen. Nach meiner Auffassung überlässt der, der nicht hingeht, also boykottiert, die Entscheidung den anderen. Da aber im Übrigen die entscheidende Frage jetzt nicht ist, ob die Volksabstimmung gültig sein und das Parlament zur vorgeschriebenen Gesetzeserlassung anspornen wird, denn das Gesetz haben wir schon, wir wollen also mit der Volksabstimmung kein Gesetz erlassen, sondern ein Gesetz schützen. Hier hat der Boykott keinen Sinn. Der Boykott bedeutet, wir überlassen dann in der Angelegenheit die Entscheidung denen, die abstimmen gehen. Genauso war es auch in der Angelegenheit der Migration. Die Opposition hat die Volksabstimmung vergeblich boykottiert, hat vergeblich ihre Anhänger dazu aufgerufen, nicht zur Abstimmung zu gehen, die Teilnahme lag über drei Millionen, um die 3,5 Millionen und der Anteil der Jastimmen lag über 90 Prozent. Dies war seitens des ungarischen Volkes eine politische Stellungnahme, und hat die Regierung von hinten gestützt, und ich konnte mit dieser Unterstützung erfolgreich in Brüssel an der Schlacht teilnehmen. Hier muss man jetzt also keinen gesetzgeberischen Akt, nicht die Schaffung eines Gesetzes vom Parlament erzwingen, eine Volksabstimmung könnte im Übrigen auch so einen Sinn haben, doch hier geht es nicht darum, sondern dass man uns zwingen will, unsere Gesetze zu ändern, und zwar will dies eine Kraft, die größer als wir sind, die Armee der Brüsseler Bürokraten. Und damit wir erfolgreich kämpfen können, benötigen wir den eindeutigen und klaren Ausdruck des Volkswillens. Wer zu Hause bleibt, überlässt es den anderen.
Können wir es als ein Instrument der Druckausübung betrachten, dass in ausländischen Presseorganen veröffentlicht worden ist, möglicherweise habe man Menschen in Europa und in anderen Teilen der Welt abgehört, und vielleicht auch in Ungarn?
Man kann so spekulieren, aber ich mag allzu komplizierte Spekulationen nicht, ich glaube eher an die einfacheren Dinge. Im Übrigen hat der Innenminister im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit alles gesagt, was man sagen konnte.
Gehen wir jetzt zur Epidemie über, denn sie ist auch eine sehr wichtige Frage. Leider kann man sehen, dass in mehreren Ländern Europas sich die Fachleute bereits dahingehend äußern, dass die vierte Welle der Epidemie begonnen hat. Was für Aufgaben teilt dies im Grunde der ungarischen Regierung zu? Bisher hat man, wenn ich richtig informiert bin, in Ungarn erst bei 23 Menschen die Deltavariante, diese sehr ansteckende Variante nachgewiesen.
Ja, wir haben 23 Menschen, die mit der Deltavariante, und zwei Menschen, die mit der Gammavariante angesteckt worden sind, was wir noch nicht genau verstehen, was das bedeutet, das ist eine andere Variante, die Fachleute des Seuchenschutzes arbeiten daran, dies genau zu analysieren. Jetzt ist in Ungarn die Situation, dass jene, die beide Impfungen erhalten haben, 55 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Diese Zahl liegt höher als in den Vereinigten Staaten, im Vereinigten Königreich oder in Deutschland, wir können also ruhig sagen, heute ist Ungarn hinsichtlich des Seuchenschutzes eines der sichersten Länder Europas oder vielleicht das sicherste Land. Die zweite Sache, von der wir ausgehen müssen, ist, dass die vierte Welle in Westeuropa begonnen hat, es gibt also nicht verstreute Anzeichen, sondern man kann wissen, dass dies die vierte Welle der Epidemie ist. Diese hat in Westeuropa begonnen, und wenn sie in Westeuropa begonnen hat, wird die Epidemie – da wir die Grenzen nicht luftdicht abschließen können – auch nach Ungarn eingeschleppt werden. Diese haben wir in 23 Fällen bereits identifiziert, wir können also mit Sicherheit sagen, dass sich diese Deltavariante hier unter uns befindet, also wird auch Ungarn Teil der vierten Welle werden. Die gute Nachricht lautet, dass die Impfungen, die die Menschen bisher erhalten haben, uns vor schweren Krankheitsverläufen schützen. Manche werden vollkommen vor der Erkrankung geschützt, während andere auf die Weise, dass das Virus – das sie im Übrigen auch mitnehmen könnte, an dem sie auch sterben könnten – nur einen leichten Krankheitsverlauf verursacht. Jetzt hat natürlich überall die Abwägung der Frage begonnen, zu wie viel Prozent die bisherigen Impfstoffe gegenüber der Deltavariante Schutz geben. Eine Nachricht vom heutigen frühen Morgen lautet – ich beginne am Morgen damit, mir die israelischen Daten anzusehen, sie sind ja, nicht wahr, an der ersten Stelle, und sie standen auch ganz vorne hinsichtlich der Durchgeimpftheit. Dort impft man nicht mit dem chinesischen und dem russischen Impfstoff, dort impft man nur mit Pfizer, und auch dort haben sie mit der Sorge zu kämpfen, ist das zentrale Thema der Diskussionen, zu wie viel Prozent der Pfizerimpfstoff, der zweimal verabreichte Pfizerimpfstoff gegenüber der Deltavariante schützt, und auch dort erstrecken sich die Schätzungen von 40 bis 60. Ich denke also, unser Operativer Stab hat richtig entschieden, als er sagte, ab dem 1. August könne jeder ungarische Staatsbürger – da wir über ausreichenden Impfstoff verfügen, da wir ihn rechtzeitig und aus unterschiedlichen Quellen erworben haben – auch um die dritte Impfung ersuchen, und mit dem örtlichen Arzt konsultierend entscheiden sie, nach welcher früheren Impfung welche Art die dritte Impfung sein soll. Das ist die erste Sache, dies werden wir einem jeden zugänglich machen. Ich glaube, damit sind wir in Europa die ersten; vor allem aus dem Grund, da die anderen noch nicht einmal die zweite verabreichen konnten. Die andere Sache, die unser operativer Stab angeordnet hat, war, dass wir uns mit den Alten erneut gesondert beschäftigen müssen. Sie sind auch jetzt in der größten Gefahr und auch im Übrigen müssen wir uns an erster Stelle mit unseren Eltern und Großeltern beschäftigen. Wir werden jene 15 Prozent der alten Menschen aufsuchen, die sich nicht haben impfen lassen. 85 Prozent haben sich impfen lassen, aber 15 Prozent – das ist sehr viel, das sind von hundert 15 Menschen – nicht. Wir suchen sie also persönlich auf, und unterhalten uns mit ihnen und versuchen sie davon zu überzeugen, sich impfen zu lassen. Wenn sie dazu bereit sind, erhalten sie die Impfung, wenn nicht, dann nehmen wir es zur Kenntnis, dass sie sich so entschieden haben, lieber das größte Risiko, das des Verlustes des eigenen Lebens auf sich zu nehmen, sich aber lieber nicht impfen lassen. Ich würde sie davon abbringen wollen, doch wir sind ein freies Land, sie entscheiden sich so, wie sie es wollen. Die dritte Sache ist, dass wir im Fall der Kinder über 12 Jahren in den Tagen vor dem Schulbeginn eine allgemeine Impfaktion starten, das Schuljahr wird also auf die Weise beginnen, dass wir an den ersten ein-zwei Tagen die Kinder über 12 Jahren impfen. Unser operativer Stab hat auch entschieden, mit den Unternehmen eine Zusammenarbeit zu etablieren. Früher haben wir das nur mit den großen getan, jetzt auch mit den mittleren und den kleineren Unternehmen, und man wird die Impfung dann auch an den Arbeitsplätzen erhalten können. Und die umstrittenste Angelegenheit, über die die Regierung am längsten nachgedacht hat, ist die, ob man die Impfung den im Gesundheitswesen arbeitenden Menschen obligatorisch vorschreiben darf. Auch ich habe dabei ein Gesicht geschnitten, denn – ich sage das ganze ehrlich – ich mag so etwas nicht, doch Herr Minister Kásler und der Operative Stab haben überzeugende Argumente präsentiert, laut denen wir sehr wohl in einer Situation sind, in der im Fall der Kranke pflegenden, mit Kranken in Kontakt kommenden Institutionen, in solchen Institutionen Arbeitenden es auch moralisch vertretbar ist, die Impfung obligatorisch vorzuschreiben. Und was auch mich überzeugt hat, war, dass es Impfungen gibt, die im Übrigen auch heute schon für die im Gesundheitswesen Arbeitenden vorgeschrieben sind. Jene, die diese nicht erhalten haben, können auf diesem Sektor nicht arbeiten, und das haben wir jetzt auch auf das Coronavirus erweitert.
Was den Urlaub angeht, so haben wir jetzt natürlich Hochsaison. Sehr viele Menschen freuen sich, dass man sich etwas befreien kann. Jedoch werfen die anwachsenden Daten des Seuchenschutzes, der Anstieg der Zahlen nicht die Möglichkeit auf, dass eventuell noch irgendwelche Beschränkungen in Frage kommen könnten? Oder hängt dies davon ab?
Sie können in Frage kommen, doch möchten wir nicht, dass sie Wirklichkeit werden. Aber man darf in derart gefährlichen und komplizierten Zeiten wie in jenen, in denen wir jetzt leben – sie sehen, auch die Migration steigt an, ebenso die Zahl der durch das Virus Infizierten, denn die vierte Welle ist hier, wir stehen auch unter dem Angriff aus Brüssel, es gibt hier also alles, wir leben in gefährlichen Zeiten –, in solchen Momenten darf man keine allzu selbstbewussten Aussagen darüber treffen, was morgen und übermorgen sein wird. Eine Sache kann ich allen ungarischen Staatsbürgern versprechen, dass die Regierung arbeitet, der Operative Stab ist tätig, sie analysieren kontinuierlich die Situation. Die besten Köpfe, die Fachleute und Experten des Gesundheitswesens arbeiten ebenfalls kontinuierlich, und wenn wir an den Punkt gelangen, dass eine Entscheidung getroffen werden muss, dann fällt die Regierung zielstrebig, schnell und entschlossen die notwendigen Entscheidungen.
Heute Nachmittag um 13 Uhr ungarischer Zeit wird es die offizielle Eröffnung der Olympiade in Tokio geben. Es werden keine Spiele sein, wie sie sonst zu sein pflegen. Werden wir aber auch weiterhin die Medaillen zählen können?
Ich werde zumindest in aller Frühe aufstehen, wie das immer im Fall von olympischen Spielen geschieht, die auf fernen Kontinenten veranstaltet werden. Jetzt gehe ich auch nicht dorthin, ich denke, das wäre nicht richtig, dass wenn die Menschen von der Olympiade ausgeschlossen sind, ihre führenden Politiker anwesend wären. Ich glaube, wir müssen auch die Schwierigkeiten und das Entfallen von Erlebnissen miteinander teilen. Das ist schmerzhaft, denn eine Olympiade ohne Zuschauer, ohne Fans, überhaupt ohne eine gesteigerte Stimmung ist etwas anderes als das, woran wir gewöhnt sind. Dies ist nicht die erste merkwürdige Olympiade. Vergessen wir nicht, dass es ja 1980 und 1984 aus politischen Gründen Rumpfolympiaden gab, und jetzt haben wir eine verschobene Olympiade, die noch dazu hinter geschlossenen Toren ausgetragen wird. In solchen Momenten denkt ein jeder an seine Heimat, auch ich dachte daran, dass wenn Ungarn diese Olympiade veranstalten würde, gäbe es keine Hindernisse dafür, dass dies unter normalen Bedingungen und offen verwirklicht werden könnte. Heute ist es bereits nur mehr schwer vorstellbar – vor einem Jahr war es noch leicht, aber jetzt fällt es schwer, sich vorzustellen, wie es ist, wenn ein Land abgeschlossen ist. Da aber in Ungarn das Impfmanöver gut gelungen ist, ist Ungarn heute ein offenes Land, und Japan ist ein geschlossenes Land, sie können auch keine Olympiade, sie dürfen keine Olympiade wegen der hohen Zahl der Infektionen veranstalten. Nun, mir tut es leid, dass nicht Ungarn diese Olympiade ausrichtet, deshalb sollten wir in aller Frühe aufstehen, 15 Millionen Ungarn werden dort mit unseren Schwimmern, unseren Athleten, überhaupt mit jedem ungarischen Olympioniken sein. Auch wenn wir nicht vor Ort ihnen die Daumen drücken können, so können sie sich dessen sicher sein, dass 15 Millionen Ungarn erwarten, dass sie sich ehrenvoll bewähren, und wir erwarten zur Ehre unserer besten, dass die ungarische Flagge hochgezogen wird. Ich bin voller Hoffnung.
Vorwärts, Ungarn?
Vorwärts, Ungarn!
Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsident Viktor Orbán.