Katalin Nagy: Gestern begann in Budapest der Demografische Gipfel, zu dem Vortragende und Gäste aus 19 Ländern kommen. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán, der gestern auf dem Demografischen Gipfel gesprochen hat. Wie sehen Sie das, was ist der Grund dafür, dass außer Gesellschaftswissenschaftlern und Demografen auch so viele führende Politiker die Einladung angenommen haben?
Guten Morgen! Ich begrüße die Zuhörer! Der Verkehr ist groß in Budapest, nicht nur auf den öffentlichen Straßen, sondern jetzt auch in der Politik. Tatsächlich sind unsere Freunde gekommen. Es waren und sind vielleicht auch jetzt noch hier der ehemalige amerikanische Vizepräsident, der serbische Präsident, der Ministerpräsident der Tschechen, es gab also großen Verkehr, die Wissenschaftler und die Politiker geben sich gegenseitig die Klinke in die Hand. Das Thema ist spannend, hinzu kommt noch, dass auf die Initiative des französischen Präsidenten, mit dem wir noch im Laufe des Jahres ein V4-Treffen haben werden, eine Debatte über die Zukunft Europas begann, und was könnte es für eine wichtigere Frage geben, wenn wir über die Zukunft Europas nachdenken, als jene, ob Europa eine Zukunft haben wird. Und dies hängt davon ab, ob es Kinder geben wird. Also ob wir Eltern engagiert sind für die Fortsetzung unseres Lebens, denn das ist auf eine einzige Weise möglich; wenn wir Kinder haben, wenn wir engagiert dafür sind, dass unser irdisches Leben nicht mit unserem Tod zu Ende geht, sondern es jemanden gibt, der es fortsetzt, in dem auch wir selbst weiterleben können. Wenn dieser Glaube den Menschen verlorengeht, dann wird es keine Kinder geben, keine Familien, dann lohnt es sich nicht, über die Zukunft Europas zu reden. Europas Zukunft findet sich nicht in der Industrie, nicht in der Ökologisierung, nicht in der Digitalisierung, diese sind natürlich alle wichtige Dinge, die Zukunft steckt in den Kindern. Deshalb darf man es nicht akzeptieren, wenn Europa an Stelle eigener Kinder diese durch Migration und Migranten ersetzen will. Man kann Arbeitskräfte hereinholen, viele versuchen sich auch daran, man kann Migranten hereinlassen, aber das Land wird nicht mehr dasselbe sein, wie es früher war. Das heißt also, wenn wir unser eigenes Land und unsere eigene Welt auch als die Zukunft Europas sehen wollen, dann sind Familien und Kinder notwendig, deshalb ist das Thema spannend und populär, denn der Westen ist in diesem Moment nicht in der Lage, sich selbst aufrechtzuerhalten. Einen jeden interessiert, was man dagegen machen könnte. Wir, Ungarn, versuchen es. Sie kommen zu uns, denn die ungarische Familienpolitik ist unorthodox, besonders, ist anders, ist beispiellos in Europa, wir geben von unserem Budget das meiste für die Familienpolitik aus, wir versuchen etwas, was niemand anders versucht, und es interessiert alle, ob es funktioniert. Ich konnte ihnen keine eindeutig bejahende Antwort geben, denn für den Erfolg der Familienpolitik ist ein sich über ein, aber eher über zwei Jahrzehnte erstreckendes, kontinuierliches System der Regierung, der Familienpolitik notwendig. Wenn dies unterbrochen wird, wenn es nicht existiert, wenn es eine Veränderung gibt, dann funktioniert dies leider nicht, und wir hatten bisher nur zehn Jahre. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche ist um 41 Prozent zurückgegangen, die Zahl der Ehen hat zugenommen, diese Reproduktions- oder Lebenserhaltungs-
…die Fertilitätsrate, nicht wahr?
…Fertilitätsrate betrug 1,25, was eine Katastrophe war, die ist jetzt schon auf einskommafünfzig und irgendwas hochgegangen, sie müsste 2,1 sein, deshalb sage ich, wir befinden uns erst auf dem halben Weg, doch stimmen die Anzeichen optimistisch.
Viele Menschen unterstützen diese Politik, aber viele attackieren sie auch, und sicherlich nicht nur aus ideologischen Gründen, da sie die Familie in den Mittelpunkt stellen, sondern auch, weil sich viele Menschen davon wirtschaftliche Vorteile erhoffen, wenn sie von sehr weit, aus anderen Kulturen einen Haufen Menschen angeblich als Ergänzung für die fehlenden Arbeitskräfte nach Ungarn bzw., Verzeihung, nach Europa oder in die Gebiete holen, wo die Bevölkerung nicht in ausreichender Zahl vorhanden ist.
Schauen Sie, ich sage, das ist eine mathematische Annäherung. Es ist für uns unannehmbar, zu sagen, anstatt eines fehlenden ungarischen Kindes holen wir irgendjemanden von irgendwo aus der Mitte Afrikas hierher! Es mag sein, dass das mathematisch aufgeht, na aber was für ein Unterschied ist das! Ungarn spricht dies auch aus. Im Westen darf man das heute so nicht sagen. Wenn ich das jetzt in einer westlichen Radiosendung gesagt hätte, dann würden sie mich noch im Laufe des Vormittags gekreuzigt haben, hätte man mir den Prozess gemacht und gesagt, das sei Hate Speech, Hassrede, aber ich hasse niemanden, ich liebe nur die Meinigen.
Auch die LGBTQ-Lobby attackiert diese Art des Politisierens, in erster Linie aus dem Grund, weil sie den Begriff der Familie relativiert. Kann man sich dagegen verteidigen? Wir sehen, dass es nicht einfach ist, denn Brüssel unternimmt alles, um Ungarn ein Pflichtverletzungsverfahren anzuhängen.
Ich verstehe die Menschen, die eine andere Lebensform wählen als die traditionelle. Ich verstehe also auch die Menschen, die die LGBTQ-Lebensform wählen, und auch sie benötigen einen Platz unter der Sonne. Na aber sie können nicht fordern, dass sie der Ausgangspunkt für die allgemeine Regelung sein sollen, sie sind die Ausnahme. Man muss dafür sorgen, dass sie ein menschenwürdiges Leben haben, dass sie keiner Diskriminierung ausgesetzt sind, überhaupt dass auch sie ein menschenwürdiges Leben leben können. Bis dahin ist das auch in Ordnung. Bis dahin sind wir vielleicht auch gleicher Meinung. Na, aber ab diesem Punkt beginnt der Unterschied! Wir akzeptieren es nicht, dass sie unsere Kinder erziehen wollen, die werden wir schon erziehen. Wir akzeptieren es nicht, dass sie vorschreiben, was in den Schulen geschehen soll, das werden wir dann, wir Eltern sagen. Wir müssen es also sehr deutlich machen, dass die Ausnahmen von geringer Zahl nicht die Grundlage für die allgemeine Regelung sein können, und das müssen auch jene Menschen verstehen, die eine von unserem traditionellen Familienmodell abweichende Lebensform gewählt haben. Ich bitte sie, sich damit zufriedenzugeben, dass sie in Ungarn Anteil an einer menschenwürdigen, sie akzeptierenden, sie keinerlei Nachteilen aussetzenden Politik und ebensolchen Möglichkeiten haben. Aber sie sollten nicht uns vorschreiben wollen, wie wir leben und wie wir unsere Kinder erziehen sollen.
Sind jene fünf Pfeiler ausreichend, über die Sie in Ihrer Aufzählung gesagt hatten, auf diese baue sich die ungarische Familienpolitik auf?
Fünf Pfeiler sind genug, wenn wir auf ihnen ein schön großes Haus errichten. Am wichtigsten ist aber, sagen wir es so, der Hauptbalken oder der Hauptpfeiler, der Gedanke, dass wenn du ein Kind hast, dann sollst du besser leben. Das war früher so: Wer mehr Kinder hatte, der lebte besser. Das war noch vor der Zeit, als sich die moderne Welt das staatlich garantierte Gesundheitswesen und die staatlich garantierte Rente ausgedacht hätte, der Staat hat also zahlreiche Schritte und Arbeiten für die Schaffung des sicheren Lebens übernommen. Das war früher nicht so, früher konnte dies dem Einzelnen nur die Familie geben. Je mehr Kinder du hattest, in einer umso größeren Sicherheit warst du, und umso mehr hattest du die Chance, dass deine Familie insgesamt dann reicher sein oder besser leben wird. Heute ist das nicht die Situation. Deshalb denken sehr viele Menschen, Kinder zu bekommen würde ihnen nicht Sicherheit geben, würde nichts Materielles zu ihrem Leben hinzufügen, sondern eher etwas wegnehmen, denn Kinder bedeuten tatsächlich Probleme, sind auch mit Kosten verbunden, sie benötigen auch Anstrengungen, man kann nicht auf einmal mit den Kindern zu Hause sein und zugleich auch arbeiten, oder jedenfalls ist dies sehr schwer. Die Frauen versuchen sich daran, aber es gelingt nicht jeder. Also parallel zur Kindererziehung eine gut bezahlte Arbeitsstelle zu finden, die Karrieregesichtspunkte mit der Familie abzustimmen ist eine äußerst schwierige Sache. Ich beobachte die Damen, die sich daran versuchen, mit Bewunderung. Diese harten Frauen – und die Ungarinnen sind es – erringen meiner Ansicht nach die Anerkennung der Männer. Doch wenn die Regierung nicht hilft und wir kein Steuersystem schaffen, so ein System der Unterstützung, solch eine Regelung des Arbeitskräftemarkts, dass Frauen, die Kinder bekommen haben, nur aus dem Grund, weil sie eine zusätzliche Last, eine zusätzliche Arbeit, eine zusätzliche Aufgabe auf sich genommen haben, nicht besser leben können, dann wird auch das hinter der Familie und dem Umstand, Kinder zu bekommen, liegende wirtschaftliche Motiv verschwinden. Hierauf sagen natürlich viele Menschen, besonders die christlichen Brüder und Schwestern, dies sei eine seelenlose Argumentation, denn das Kind sei ja mehr als das Geld. Und sie haben auch Recht, natürlich ist es viel mehr, auch ich habe einige, ich weiß das genau, aber wir müssen auch einsehen, dass der Mensch vom Brot lebt. Es ist also auch eine wirtschaftliche Motivation nötig, damit sich die Jugendlichen früh, mit notwendiger Ernsthaftigkeit sich für das Familienleben engagieren. Dazu muss die Regierung eine Hilfe leisten, und das haben wir noch nicht erreicht, das heißt also wir haben noch nicht erreicht, dass wer Kinder hat, im Vergleich zu denen besser lebt, die keine Kinder haben. Hierhin müssen wir dann gelangen. Früher war der materielle Unterschied zwischen denen, die keine Kinder hatten, und denen, die Kinder bekamen, sehr groß – zum Nachteil der Letzteren. Ich will jenen nichts wegnehmen, die keine Kinder bekommen wollen, doch möchte ich jenen viel geben, die das tun. Ich kämpfe für die Familien, damit wir an den Punkt gelangen können, dass man am Ende sagen kann, wenn ich Kinder bekomme, dann komme ich leichter an eine Wohnung, meine Wohnung wird billiger sein, ich werde an meinem Arbeitsplatz im Vorteil sein, ich werde mehr verdienen. Ich wünsche mir also, dass sich die hinter der Familie liegende tiefe, humane und heilige Überzeugung mit einem wirtschaftlichen Vorteil verbindet. Wenn es uns gelingt, dies zu erreichen, dann sind wir gerettet, dann ist die Zukunft Ungarns gesichert. In diese Richtung gehen wir, doch sind wir da noch nicht angekommen, wir müssen dafür noch kämpfen.
Sie sprachen auch am ersten Tag der Sitzungsperiode des Parlaments, der Herbstsitzungsperiode darüber und haben auch hier, gestern auf dem Gipfel darauf verwiesen, dass die Punkte der Übereinstimmung, die im Rahmen der Nationalen Konsultation sich herausgebildet haben, die Entstehung jener Regierungsentscheidungen ermöglichen, die notwendig sind, damit die Familien besser leben können. Hier geht es jetzt um die Einkommenssteuer, die an die Familien mit Kindern zurücküberwiesen wird, wenn die Wirtschaft das entsprechende Niveau erreicht. Doch ist hier auch ein neues Element aufgetreten, über das wir bisher weder am Montag noch am Dienstag etwas gehört haben, dass auch die Kinder erziehenden Kleinunternehmer ihre Einkommenssteuer zurückerhalten.
Worum geht es hier? Es geht darum, dass 2021 ein sehr schwieriges Jahr war. Es war für alle schwer. Ein jeder litt unter der Pandemie, aber meiner Ansicht nach war es für die am schwersten, die auch Kinder erziehen. Man kann nur im Ton der höchsten Anerkennung über jene Mütter sprechen, die in der Zeit der geschlossenen Schulen mit ihren Kindern zu Hause geblieben sind und versucht haben, gemeinsam mit ihnen sich auf den digitalen Unterricht umzustellen. Sie haben versucht, jene Belastungen, die sie wegen der geschlossenen Schulen tragen mussten, zu übernehmen, und sie haben sich phantastisch bewährt. Also, Hut ab vor den Familien! Doch wir alles wissen ja, dass wenn wir „Familie“ sagen, dann denken wir in erster Linie an die Mütter, denn im ungarischen Leben ordnet sich die Familie um die Frau herum an, also früher oder später kommt ein jeder in die Küche, wenn die Mutter oder die Ehefrau das Abendessen vorbereitet, das ist meiner Meinung nach bei allen, nicht nur bei uns so. Sie haben also sehr große Lasten getragen. Und jetzt, wo der Neustart alle Erwartungen übertreffend gut gelungen ist, und darin sind auch Péter Szijjártó, Mihály Varga, ja auch die Notenbank mit ihrer Wirtschaftspolitik enthalten, werden sie in der Lage sein, das Wachstum auf über 5,5 Prozent zu heben, und heute habe ich den Eindruck, wir haben ernsthafte Chancen dazu, das heißt es ist uns gelungen, so viele Entwicklungen und Investitionen trotz der Pandemie durchzuführen, dass das Ergebnis dessen sich einstellen wird, und dann muss man eine Entscheidung darüber treffen, was mit diesen zusätzlichen Einnahmen geschehen soll. Und natürlich hat ein jeder eine Idee, wohin wir das Geld tun sollen, also ich habe noch nie erlebt, dass die ungarischen Menschen keine Vorstellung darüber hätten, doch haben wir gedacht, da die größten Lasten die Familien getragen haben, wäre es doch am gerechtesten, wenn wir den Kinder erziehenden Familien die Steuer zurückgeben würden, die Einkommenssteuer, die sie eingezahlt haben, mit gewissen Einschränkungen, aber im Wesentlichen sollte jenen, die die Steuer eingezahlt haben, diese ganz zurückgegeben werden. Und wer sie nicht eingezahlt hat, weil es von Vornherein eine Steuerermäßigung gab, für den gilt das nicht. Worüber ich jetzt rede, das gilt für jene, die tatsächlich Steuern gezahlt haben und Kinder erziehen. Na, ihnen werden wir diese Summe zurückgeben. Ich freue mich, dass die Nationale Konsultation dies unterstützt hat. Das ist dann technisch einfach, wenn wir jene beachten, die im Übrigen Angestellte sind. Es ist sehr schwer, das gleiche im Fall der Kleinunternehmer zu tun, deshalb – auch ich spüre die Problematik dessen – werden die Kleinunternehmer im System der Unterstützung der Familien häufig übergangen, obwohl im Übrigen die Kleinunternehmer eine äußerst wertvolle Arbeit für Ungarn verrichten. Jetzt ist es uns endlich gelungen, eine Methode, ein juristisches Verfahren, ein mathematisches Modell zu finden, das gerecht ist, und auch die ihre Kinder erziehenden Kleinunternehmer können dann einen Teil der durch sie eingezahlten Steuer zurückbekommen. Das ist tatsächlich ein neues Element, ich dachte, wir würden das Problem nicht lösen können, aber zum Glück gibt es in Ungarn viele kluge Menschen, und sie haben sich ausgedacht, wie man das berechnen und juristisch möglich machen muss.
Wenn der Minimallohn auf 200 tausend Forint steigt, dann hilft das mittelbar den Familien und auch der Kindererziehung, dann wird auch die Summe des Kinderbetreuungsgeldes steigen, denn alle Zuwendungen sind ja daran, an den Minimallohn, gebunden.
Schauen Sie, ich war immer der Ansicht, dass wir zwei große Ziele, in zwei Dingen große Schulden haben. Es stimmt zwar, dass wir diese an Stelle von jemand anderem zahlen, aber die Regierung hat in zweierlei Hinsicht Schulden. Die Gyurcsány-Bajnai-Regierungen haben das Land bis 2010 in den Bankrott geführt, und den Menschen Gehalt und Rente weggenommen. Und ich dachte mir, natürlich kann man über den Aufbau der Nation sprechen, die Familie ist wichtig, doch am wichtigsten ist es, den Menschen klarzustellen, dass jenes Zeitalter vorbei ist. Und unsere Regierung, die eine bürgerliche, nationale, christdemokratische Regierung ist, wird jene Fehler wiedergutmachen, die die Gyurcsány-Bajnai-Regierung begangen hat. Schließlich haben die Menschen deshalb uns ihre Stimme gegeben. Man muss also mindestens das Gehalt für einen Monat zurückgeben und man muss auch mindestens eine Monatsrente zurückgeben. Gehalt kann man auf die Weise zurückgeben, wenn es Lohnerhöhungen gibt. Über den Minimallohn entscheidet in Ungarn nicht die Regierung, sondern die Arbeitgeber kommen mit den Arbeitnehmern überein, also die Gewerkschaften und die Arbeitgeber. Wenn sie keine Vereinbarung treffen können, dann kommt die Regierung, und dann legt sie selbst den Minimallohn fest. Das hat bisher gut funktioniert, sie sind miteinander übereingekommen. Es stimmt (das stelle ich nur in Klammern fest), sie sind am ehesten auf Kosten der Regierung übereingekommen, sie hatten immer im Austausch darum gebeten, dass wenn der Minimallohn höher ist, dann solle die Regierung die Steuern senken, doch bisher konnte diese Frage Mihály Varga immer lösen. Wir haben eine für mehrere Jahre gültige Vereinbarung, die die Gewerkschaften, die Arbeitgeber und auch die Regierung in jedem Jahr eingehalten haben. Die Steuern haben abgenommen, und der Minimallohn wuchs an. Jetzt wollen wir einen großen Schritt machen. Wir sprechen hier jetzt über eine Erhöhung des Minimallohns um beinahe 20 Prozent, was in den modernen westlichen Wirtschaften ziemlich beispiellos ist, und was in erster Linie für die Kleinunternehmer eine Belastung bedeutet. Es ist also nicht so, dass der Minimallohn so hoch ist, wie wir ihn haben wollen, denn jemand muss ihn erwirtschaften, muss ihn herstellen. Man muss Arbeitsplätze schaffen und am Laufen halten, die in der Lage sind, den erhöhten Minimallohn zu zahlen. Dies verursacht den Klein- und mittleren Unternehmen Probleme, wenn die Regierung nicht hilft. Hier kommen wir, und wir werden im Gegenzug für die Anhebung des Minimallohns die sie belastenden Steuern senken, und dann werden sie diesen höheren Lohn erwirtschaften können, der Betrieb muss nicht geschlossen, die Menschen müssen nicht entlassen werden. Wenn du auf falsche Weise den Minimallohn anhebst, kann dessen Ergebnis Arbeitslosigkeit sein, deshalb muss man immer mit den Arbeitgebern übereinkommen, wie man das richtig machen muss, aber soweit ich das sehe, kommen wir darin voran, ja, sogar das garantierte Lohnminimum, das für die über eine Qualifikation verfügenden Menschen den Minimallohn bedeutet, auch er wird wesentlich anwachsen. Im Übrigen befinden sich die meisten Menschen in dieser Zone. Dies bedeutet, dass wir die Wiedergutmachung nach der Zerstörung durch die Gyurcsány-Bajnai-Regierung, zu der wir uns verpflichtet haben, durchführen werden. Der Minimallohn wird am 1. Januar 2022 höher sein in Ungarn, soweit ich das jetzt sehe, als der Durchschnittslohn in der Gyurcsány-Bajnai-Ära gewesen war. Das haben wir also vollbracht. Ich schulde, wir schulden noch den Rentnern etwas, denn vorerst konnten wir nur eine Wirtschaftspolitik durchführen, mit deren Hilfe wir im vergangenen Jahr über die normale Rente hinaus die Rente für eine Woche zahlen konnten. Ab dem 1. Januar wollen wir die für die zweite zurückgeben. Jetzt ist es vielleicht noch verfrüht, darüber zu reden, aber ich kämpfe dafür, damit dies schneller geht, sie also nicht nur die Rente für die zweite Woche, sondern auch für die dritte, eventuell für die vierte Woche erhalten können, und ich mich bei den nächsten Wahlen auf die Weise vor die Menschen hinstellen kann, dass wir das, was die Gyurcsány-Bajnai-Regierung den Rentnern weggenommen hat, restlos, bis auf den letzten Fillér zurückgegeben haben. Dafür muss man kämpfen, denn aus Krediten und aus Renditen darf man weder den Lohn noch die Rente erhöhen, dahinter muss Leistung stecken, das muss erwirtschaftet werden. Ich kämpfe dafür, dass es Investitionen, Entwicklungen gibt, die jene Quellen mit sich bringen, aus denen wir die früher weggenommene 13. Monatsrente schneller zurückgeben können.
In den vergangenen Tagen lag die Zahl der Infizierten um 500, wir befinden uns in der vierten Welle des Coronavirus. Und hier kann das serbische Beispiel als Mahnung fungieren, denn sie haben sehr geschickt am Anfang relativ schnell mit der Verabreichung der Impfungen anfangen können, sie waren geschickt im Ankauf der Impfstoffe, man konnte unter vier Impfstoffen wählen, und dann sind sie irgendwie zurückgeblieben, die Lust oder die Bereitschaft zur Impfung ging zurück, und jetzt sind sie dort in keiner guten Situation mehr, dabei ist ja Serbien kleiner als Ungarn, aber sie haben täglich 1.000-1.500 Infizierte. Befürchten Sie nicht, dass diese Situation auch bei uns eintritt?
Das kann geschehen, und es wird auch die vierte Welle geben, die Frage ist, was wir unternehmen können. Wenn du einen Gegner hast – das gilt in der Politik, meiner Ansicht nach auch im Wettbewerb in der Wirtschaft, und im Sport mit Sicherheit –, dann ist die Frage, ist die Schlüsselfrage, wer den anderen besser kennt? Und jetzt ist die Situation, dass lange Zeit das Virus uns besser kennt als wir das Virus, deshalb schien es zu gewinnen. Doch jetzt beginnen wir es zu durchschauen und wir kennen es beinahe so gut, noch nicht ganz, aber beinahe so gut, wie das Virus uns kennt. Und wir haben gelernt, dass nur die Impfung hilft. Das Problem ist, dass es Ungarn gibt, die das glauben, und solche, die es nicht tun. Die es glauben, die lassen sich impfen, sie sind in Sicherheit. Sie werden von der vierten Welle, falls sie von ihr erreicht werden, viel weniger gebeutelt, als wenn sie nicht geimpft wären, und es bedeutet eine kleinere Gefahr für ihr Leben, weil man daran sterben kann, als wenn sie sich nicht hätten impfen lassen. Probleme gibt es mit denen – wenn ich so formulieren darf –, die sich nicht haben impfen lassen, denn sie befinden sich in Lebensgefahr oder sind zumindest einer schweren Erkrankung ausgesetzt. Aber der Ungar ist ein mutiger Menschenschlag, und ganz so lange, bis das Übel nicht an der Tür klopft, nimmt er es nicht ernst. Ich bitte einen jeden darum, die Sache ernst zu nehmen, glauben Sie mir, Sie sind in Lebensgefahr, Sie riskieren eine schwerwiegende, mit Krankenhausverpflegung verbundene Krankheit, sie riskieren auch die Gesundheit der Menschen, die um Sie herum leben. Lassen Sie sich impfen! Aber hier hören auch meine Möglichkeiten auf, denn es bliebe nur noch ein Schritt, dass wir die Impfung zur Pflicht machen, aber darüber hatte ich ja schon früher gesagt, meiner Ansicht nach würde das in Ungarn auf Widerstand stoßen. Das akzeptieren die Menschen vielleicht, ja, soweit ich das sehe, unterstützen sie es, dass – sagen wir für die im Gesundheitswesen Arbeitenden – die Impfung vorgeschrieben sein soll, denn sie treffen ja jeden Tag auf kranke oder potenziell kranke Menschen, und es kann nicht sein, dass sie das Risiko darstellen, während sie die Hilfe sein müssten. Also das wird vielleicht noch akzeptiert. Und soweit ich das sehe, akzeptieren die Ungarn auch noch, dass an den Arbeitsplätzen der Arbeitgeber irgendein Recht haben sollte, das die Menschen in die Richtung der Impfung leitet, selbst wenn der eine oder der andere Arbeitgeber es als obligatorisch vorschreiben kann, dass an seinem Arbeitsplatz eine Impfung notwendig ist. Das ist schon eine schwierigere Angelegenheit, darüber gibt es Diskussionen, diese werden wir bald abschließen, vielleicht geht das noch, darin bin ich mir auch nicht sicher. Aber darüber hinaus toleriert der Ungar es nicht, dass man sich in sein Leben einmischt, und das muss die Regierung zur Kenntnis nehmen. Und wir sind noch nicht an dem Punkt, dass die Menschen es akzeptieren würden, dass in der Jugend gegen das Coronavirus ebenso eine obligatorische Impfung notwendig ist, so wie wir sie auch gegen andere Krankheiten erhalten. Da sind wir noch nicht angelangt. Ich habe also das Gefühl, die Regierung hat außer dem, dass ich die Menschen zu überreden versuche, sich impfen zu lassen, keine weiteren Instrumente zur Hand. Die Entscheidung liegt nicht mehr in unseren Händen, die Entscheidung liegt in den Händen der Menschen. Wir hatten und haben so viel Verantwortung, dass es Impfstoff und Impfpunkte geben soll. Bis zum Ende des Jahres werden wir etwa 17-18 Millionen Dosen an Impfstoff auf Lager haben, wir können einen jeden das erste, das zweite, das dritte Mal impfen. Es gibt ernsthafte Menschen, die sich auch schon die dritte Impfung haben geben lassen, ihre Zahl übersteigt bereits die sechshundert tausend. Das ist also ein buntes Land. Es hat einen Teil, der sich nicht impfen lässt, und es gibt den, der sorgsam, verantwortungsbewusst ist und sich bereits das dritte Mal hat impfen lassen. De Gaulle sagte, als er darüber klagte, wie schwer es sei, in Frankreich eine gute Politik zu machen, wie man denn ein Land gut regieren könnte, in dem es mehr als dreihundert Arten von Käse gibt. In Ungarn gibt es vielleicht keine dreihundert Arten von Käse, aber in Buntheit und im Willen ist unsere Welt mindestens so zusammengesetzt wie die der Franzosen, und das zeigt sich auch in den Impfungen.
Ja, aber genauso zusammengesetzt oder genauso viel ist es, wenn es nicht mehr Menschen gibt, eventuell selbst in unserer engeren Umwelt, die ebenfalls nicht glauben, dass die Impfung die Lösung sei, und sich nicht impfen lassen, da werden aber Restriktionen eingeführt. Gibt es eine Zahl, eine Zahl an täglichen Infektionen, ab der die Regierung darüber nachdenkt?
Schauen Sie, woher nähere ich mich dem Problem an? Meiner Ansicht nach muss man gerecht sein. Fair, wie das international gesagt wird. Man darf also keine Beschränkungen einführen, die auch nur jemand als ungerecht empfindet. Und es wäre ja doch nicht richtig, wenn zwei Drittel des Landes geimpft sind, sechs Millionen Menschen, und wir würden damit beginnen, sie einzuschränken, weil sich der kleinere Teil des Landes nicht impfen lassen will. Ich bin also deshalb kein Anhänger des Schließens und der Einschränkungen, weil das ungerecht denen gegenüber wäre, die alles dafür getan haben, um frei leben zu können. Und einige tun dies nicht. Da kann es nicht sein, dass jene die Verlierer sein sollen, die im Übrigen alles getan haben, was sie tun konnten. Und der Lockdown würde in erster Linie sie betreffen. Deshalb argumentiere ich bis zum letzten Moment gegen den Lockdown, solange es nur möglich ist. Das ist zwar eine Frage des Seuchenschutzes, nicht der Ministerpräsident muss das entscheiden, sondern die Fachleute. Aber ganz bis dahin, bis sich nicht eine Situation entwickelt, in der es für die Fachleute eindeutig ist, dass jetzt schon der Lockdown und Beschränkungen notwendig sind, wird es auch keine geben. Ja, selbst wenn es irgendeine Beschränkung geben sollte, empfehle ich auch dann lieber die Rückkehr zu dem Impfausweis, der eine Unterscheidung zwischen denen trifft, die die Verantwortung auf sich genommen und sich impfen haben lassen, und denen, die diese Verantwortung nicht übernommen haben. Man muss also vielmehr jene einschränken, die sich nicht haben impfen lassen, und man muss jenen ein möglichst umfassendes freies Leben geben, die sich haben impfen lassen. Ich glaube, das Prinzip der Fairness fordert dies.
Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsident Viktor Orbán.