Sie bitten mich um etwas Schwieriges, denn wir haben weitverzweigte Gespräche geführt. Ein Busch waren jene Gespräche, die die größeren Fragen der kommenden zehn Jahre Europas betrachteten. Der zweite Busch stellte die Frage der mitteleuropäischen Zusammenarbeit, denn es sind ja sieben mitteleuropäische Ministerpräsidenten hier. Danach hatte ich ein Gespräch mit den Vertretern der in Slowenien lebenden ungarischen Gemeinschaft und darüber hinaus habe ich auch bilaterale Gespräche geführt, ja werde sie auch morgen noch führen, so dass dies schöne Aufgaben für den heutigen Tag waren. Was für die internationale Öffentlichkeit vielleicht am interessantesten ist, ist die Frage, wie die gewählten führenden Politiker Mitteleuropas über die Zukunft Europas denken. Das Gespräch selbst war ein interessanter Zivilisationskonflikt, denn von einem allgemein bekannten neomarxistischen britischen Blatt, dem Guardian kam ein Journalist, der uns versuchte, entsprechend des westeuropäischen Systems, des dortigen sprachlichen Inventars über die Wirklichkeit zu befragen, und es stellte sich heraus, dass wir die Wirklichkeit mit anderen Worten, anders beschreiben und anders sehen, und dementsprechend auch die Fragen der Zukunft anders sehen. Auch das war ein interessantes Element dieses jetzigen Forums. Jedenfalls wurde deutlich, dass die mitteleuropäischen führenden Politiker drei wichtige Fragen als Aufgaben in dem vor uns stehenden Jahrzehnt ansehen. Die erste ist, Serbien unbedingt und so schnell wie möglich in die Europäische Union aufzunehmen, denn ohne Serbien ist der Aufbau der europäischen Sicherheit unvollendet. Da gibt es ein Loch im System. Auch die Migranten kommen von dort herauf, um derart plastisch zu formulieren. Doch gibt es dort ein Land, das zu Europa und zur EU gehören müsste, trotzdem befindet es sich in einem Zwischenzustand, und die EU ist dafür verantwortlich, dass dieser Zustand in dieser Form besteht. Die Serben würden kommen, mit den Serben kann man verhandeln, ein jeder weiß, dass die Serben wichtig sind. In der EU ist weder der politische Mut noch die Entscheidungsfähigkeit in der Führung vorhanden, damit wir diese wichtige Grenze, den Rubicon überqueren, und dadurch das europäische System der Sicherheit vollenden. Es ist das elementare Interesse Ungarns, dass die Serben so schnell wie möglich in der EU sind, deshalb unterstützen wir sie auch mit allen möglichen Mitteln, darüber hinaus, dass wir die Serben auch respektieren. Die zweite Frage ist die der Sicherheit, aber schon über Serbien hinausgehend, und das führt uns zur Wirtschaft. Denn wir sehen in der Welt, dass die großen Jungs – und von diesen gibt es nur noch zwei: die Amerikaner und die Chinesen – uns aus dem Grund hinter sich gelassen haben und die früher zu den führenden Staaten oder führenden internationalen Organisationen gehörende Europäische Union aus dem Grund abgehängt haben, weil sie über die militärischen Kapazitäten verfügen, die eine ständige wissenschaftliche Erneuerung ermöglicht. Die größten Erfindungen der modernen Welt, das Internet, das GPS, die iPads, diese modernen Gadgets, die das Tempo und die Entwicklung der modernen Wirtschaft bestimmen, diese technologischen Innovationen kommen im Allgemeinen aus den Forschungen der Rüstungsindustrie in die zivile Welt herüber. Umgekehrt geht das nicht. Jener Gedanke, der vor zehn Jahren in Europa allgemein verbreitet war, nach dem wir auch auf Grund von auf ziviler Grundlage betriebener High-Tech-Forschung in der Lage sein werden, uns gegenüber den Chinesen und den Amerikaners als wettbewerbsfähig zu erweisen, diese Theorie ist gescheitert. Solange es keine europäische Armee und hinter ihr eine Forschungskapazität geben wird, werden wir nicht zu den das technologische Tempo und deren Richtung festlegenden Großmächten aufschließen. Und die Bestrebung hierzu ist in diesem Moment in einem äußerst rudimentären Zustand in Europa, eine europäische Militärkraft wäre notwendig. Und die dritte Sache ist die Wettbewerbsfähigkeit – nun mehr nicht mehr hinsichtlich der großen Erfindungen der Zukunft, sondern in der Welt der einfachen Warenproduktion: Warum werden die europäischen Waren nicht gekauft? Weil ihr Niveau nicht mehr so ist wie früher oder das Niveau der Waren unserer Konkurrenten besser ist, die Preise, die wir für sie verlangen, zu hoch sind, die Steuern zu hoch sind, die Bürokratie zu groß. Die europäische Wirtschaft muss also stromlinienförmiger gemacht werden, damit sie im Vergleich zu den immer mehr zu uns heraufwachsenden, ja uns überholenden Ländern wettbewerbsfähig ist. Ich erinnere mich, wie irgendwann 2012 eine für die Europäische Union wissenschaftliche Hintergrundanalysen anfertigende Firma eine bedeutende Studie über die Zukunft veröffentlicht hat. Das war vor acht Jahren. Damals visionierten sie, der Anteil Europas an der Produktion der Weltwirtschaft werde von dem Niveau des Jahres 2012, der zwanzig und einige Prozent betrug, bis 2050 auf 15-17 Prozent zurückgehen. Heute beträgt er 16 und wir schreiben noch nicht 2050. Es ist also deutlich erkennbar, dass die Probleme die alten sind, diese haben wir identifiziert, doch sind in den vergangenen Jahren jene Antworten nicht entstanden, die Europa als solches erneut wettbewerbsfähig machen würden. Das sind die schlechten Nachrichten. Aber die gute Nachricht ist, dass jedoch mit der Führung der Polen – denn die polnische Wirtschaft ist die robusteste Wirtschaft in Mitteleuropa – die gesamten V4 und die sich um sie anordnenden Slowenien, Kroatien, also die mitteleuropäische Wirtschaft eine Erfolgsgeschichte verheißt. Auch uns hat COVID, diese Epidemie, getroffen, sie hat auch unseren Wirtschaften ein Leck geschlagen, man muss um jeden Arbeitsplatz und um jede Investition kämpfen, aber trotzdem bietet diese Region insgesamt hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit, hinsichtlich der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ein viel hoffnungsvolleres Bild als die anderen Teile der Europäischen Union. Das ist die gute Nachricht, und die beste Nachricht ist, dass wir in diesem Teil Europas leben.
Herr Ministerpräsident, Sie hatten gerade jetzt eine Unterredung mit Ferenc Horváth, dem Präsidenten der ungarischen Gemeinschaft im Übermurgebiet und unserem Parlamentsabgeordneten. Welche Themen haben Sie angeschnitten, wo gibt es Probleme, vor welchen Möglichkeiten stehen wir?
Ich kann Ihnen die Zusammenarbeit mit dem Übermurgebiet, zwischen den dortigen Ungarn und der ungarischen Regierung dahingehend zusammenfassen, dass wir endlich angefangen haben. Also nach solchen Feiern auf hoher Ebene, nach dem vielen Händeschütteln, dem mitfühlenden Schulterklopfen – was alles ich überhaupt nicht unterschätze – scheint endlich auch im Alltagsleben die Sache zu erscheinen, dass jemand zu einer ungarischen Gemeinschaft gehört. Kindergärten, Schulen, Kulturhäuser sind die Orte, an denen das wahre Leben sich ereignet; auch dort im Übermurgebiet kann man spüren, dass es ein Mutterland gibt, das sich um die dort lebenden Ungarn kümmert und wo es möglich ist, mit ihnen kooperiert. Dann hat sich auch hier in der slowenischen Politik die Windrichtung geändert, denn solange es hier linke Regierungen gibt, bläst aus irgendeinem Grund, den man schwer verstehen kann, der Wind uns immer ins Gesicht. Jetzt gibt es eine rechte Regierung, die eine nationale Regierung ist, aber trotzdem auf die Weise national, dass sie kooperieren möchte. Also sind wir dem sehr nahe, dass wir auch die Details des Programms gemeinsam mit Herrn Ministerpräsident Janez Janša ausarbeiten, laut dem sie das Übermurgebiet mit einer größeren Summe unterstützen, und wir mit einer größeren Summe das Raabgebiet, auf dem Slowenen auf dem Territorium Ungarns leben, und auf diese Weise engagieren sich schön langsam die führenden Politiker der beiden Länder auch persönlich für die Verbesserung des Schicksals der Slowenen in Ungarn und der in Slowenien lebenden Ungarn. Das ist eine gute Nachricht, wir kommen viel leichter voran, wir haben eine unkomplizierte, auf Sympathie und nationale Freundschaft basierende Form der Zusammenarbeit mit der gegenwärtigen Regierung gefunden, die die linke Seite natürlich hier attackiert. Auch hier gibt es einen zugespitzten Kampf. Das ist genau so wie in Ungarn, auch hier wird der geschlagen, der etwas macht, so wie auch bei uns, aber alles zusammengenommen ist die Kooperation zwischen Slowenien und Ungarn besser als sie war, und das ist auch für die in Slowenien lebenden Ungarn immer offensichtlicher.