Sehr geehrt-geliebter Herr Kardinal! Sehr geehrte kirchliche und weltliche Würdenträger! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Liebe führende Persönlichkeiten des KÉSZ!
Selbst wenn wir uns gestern Abend im Halbdunkeln, in einer Ecke mit dem Herrn Kardinal zusammengesetzt hätten, um konspirativ zu besprechen, wie die beiden heutigen Wortmeldungen aufeinander aufbauen sollen, hätten wir zu keinem besseren Ergebnis kommen können als auf die Weise, dass wir überhaupt nicht konspiriert haben, das heißt mit anderen Worten möchte ich Ihnen sagen, dass ich an der Stelle fortsetzen möchte, an der der Herr Kardinal aufgehört hat! Derartige gedankliche Übereinstimmungen sind wahrscheinlich kein Zufall, sondern entspringen viel mehr dem identischen Verständnis des Zeitgeistes beziehungsweise der uns in unserem Leben intensiv beschäftigenden Fragen. Denn der Herr Kardinal hat darüber gesprochen, wie tief die Wurzeln des Christentums in den Boden, in den Boden der europäischen menschlichen Gesellschaft hinunterreichen. An das Beispiel des gescheiterten Versuchs mit dem französischen Revolutionskalender erinnernd sprach er darüber, dass weder die Axt noch die Säge das Christentum aus dem Leben der europäischen Völker ausrotten konnte, ja vielmehr ganz im Gegenteil, wie auch das Schicksal dieses Kalenders zeigt, blieb vielmehr die Axt stecken und wurde deformiert. Und ich möchte heute hier darüber sprechen, dass uns derzeit nicht die Gefahr droht, die das Christentum bereits so oft und erfolgreich abgewehrt hat, wie das auch der Herr Kardinal erwähnt hat, sondern wir blicken heute einer Gefahr ins Auge, die verstanden hat, dass es das gesellschaftliche Wesen des Christentums ist, mit tiefen Wurzeln in jener menschlichen Gesellschaft verankert zu sein, der es dient. Deshalb ist das Ziel des heutigen europäischen Programms, des antichristlichen europäischen Programms, den Untergrund auszutauschen. Das Ziel ist, einen Untergrund zu erschaffen, in dem die Wurzeln des Christentums – so dick und stark sie auch sein mögen – keinen Halt finden, und dadurch würde der riesige Baum sich einfach aus dem Boden herausdrehen und umfallen. Und dann könnten jene mit den Äxten kommen. Das ist die Methode, mit der man das Christentum in Europa endgültig schwächen kann. Hierüber möchte ich dann sprechen, sobald ich an jenen Punkt im Rahmen meines im Voraus geschriebenen Vortragstextes angekommen bin.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Man hat mich darum gebeten, einen Vortrag zu halten. Der Vortrag stellt eine gebundene Gattung dar, dies haben wir auch vorhin sehen können, ein präziser Wortgebrauch, ein gut umrissenes Thema, eine professoral kühle, ja vielmehr eine Abstand haltende Vortragsweise ist angebracht. Diesen Anforderungen kann ich aber heute hier nicht Genüge leisten, deshalb wird die Gattung meiner Ausführungen vielmehr ein Gruß sein:
Ich bedanke mich recht herzlich bei denen, die mich eingeladen haben! Ich begrüße Freunde, Verbündete und Mitstreiter! Wir, die wir hier gemeinsam in diesem Raum Platz nehmen, sind jene, die das sein möchten, was wir sind. Wir sind jene in der ungarischen Gesellschaft, die sich als das sehen, als was uns der liebe Gott geschaffen hat. Ich persönlich sehe mich zum Beispiel als einen christlichen ungarischen Mann. Wir sind jene, die nicht das interessiert, wie wir das verändern sollen, was wir sind. Uns interessiert nicht, wie wir uns gegen den Willen des Schöpfers auflehnen könnten, und wie wir die unserem geschaffenen Zustand entspringenden, wie Sie das auch zu nennen pflegen, zuständlichen Pflichten abwehren könnten. Uns interessiert, uns bewegt, ja vielmehr uns erregt an dessen Stelle vielmehr, wie wir dieser unserer Pflicht Genüge leisten können, ja gerade dass wir untersuchen, worin unsere Pflicht, ja, unsere Sendung genau besteht, und die Möglichkeiten zu ihrer Entwicklung untersuchen und suchen, wenn wir zusammenkommen, uns treffen und uns unterhalten. Diese gemeinsame seelische Statur erschafft zwischen uns eine geistige Gemeinschaft, freundschaftliche Gefühle, und sprechen wir es ruhig aus, auch ein politisches Bündnis. Dies sind enge Bande, die uns miteinander verbinden, eng, dauerhaft und erprobt.
Erinnern wir uns nur, nach 2002 sprossen aus der Welt der christlichen Intelligenz jene bürgerlichen Kreise hervor, an die wir uns alle gut erinnern. Wir können uns auch daran erinnern, dass hier, in diesen Kreisen das Land sich selbst in dem Schulfach namens „Was sollen wir gegen die zurückgekehrten Postkommunisten tun?“ schulte. Gemeinsam haben wir jene Fähigkeit nach 2002 entwickelt, um dann gleichzeitig gegen die religionsfeindliche, antinationale und familienfeindliche politische Führung aufzutreten und zugleich dabei unserer Heimat zu dienen. Sie erinnern sich daran: Die Heimat kann nicht in der Opposition sein. Ich erinnere mich an die gemeinsamen Fahrten durch das Land, die die heutige Situation begründet haben, in der das gesellschaftliche Hinterland – oder wie die Sozialisten sagen würden: die Einbettung – der christlich-nationalen Rechten bedeutend stärker ist als die unserer Rivalen. Wer hätte dies vor 15 Jahren gedacht, sehr geehrter Verband der Christlichen Intellektuellen? Und ich erinnere mich, wie wir im Jahre 2009 gemeinsam die Möglichkeit einer verfassungsmäßigen Revolution verspürt haben und aus diesem Gefühl, aus dieser – wie die Mathematiker sagen würden: Ahnung – wurde als Ergebnis schweißtreibender Arbeit eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Woraus dann auch eine neue Verfassung folgte, deren Verdienste ich, wenn Sie gestatten, an dieser Stelle nicht anführen werde, da wir schon so oft darüber gesprochen haben, dass dies nur noch Langeweile auslösen würde. Aber ich erinnere mich an das Jahr 2013, als wir auf unseren Beratungen, unseren gemeinsamen Beratungen gemeinsam den Schlüssel dafür fanden, dass in der Geschichte der ungarischen Demokratie in der Neuzeit das erste Mal auch die christliche Rechte fähig war, aus der Regierungsposition heraus die Wahlen zu gewinnen, also nicht nur eine politische, sondern auch eine gesellschaftliche Mehrheit zu errichten. Und ich erinnere mich auch, dass wir im Jahre 2015 auf einer gemeinsamen Konferenz, deren Mitveranstalter Sie waren, auf der „Zeichen der Zeit“ betitelten Konferenz wir gemeinsam über die Leistung, die Lage, die Möglichkeiten der Regierung nachdachten, und ich hoffe sehr, dass es diese 2015-er Konferenz war, an die wir uns in ein-zwei Jahren auf die Weise werden zurückerinnern können, dass sie es war, die vielleicht die Möglichkeit der Wiederholung im Jahre 2018, ja viel mehr der Dritten Möglichkeit eröffnet hat.
Ich möchte deutlich machen, dass die Regierung die Arbeit der christlichen Kirchen und der um sie herum sich organisierenden Zivilen hochschätzt. Wir schätzen sie hoch, auch ich persönlich schätze sie hoch, der erste Satz meines politischen Bekenntnisses lautet in etwa folgendermaßen: In der Politik und in der Führung eines Landes kann der Mensch allein nie klug genug sein. Man braucht immer einen Ort, an dem man gemeinsam mit anderen all das diskutieren und besprechen kann, was man zu denken und zu handeln für richtig hält. Und es ist auch meine Überzeugung, meine sehr geehrten Damen und Herren, und deshalb begrüßt die Regierung die Arbeit der christlichen Kirchen und der um sie herum sich organisierenden zivilen Organisationen, weil das, was für die ungarischen Christen gut ist, das ist auch für Ungarn gut.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir haben niemals die Katze im Sack verkauft, wir haben immer ehrlich unsere Ziele aufgedeckt. In Ihrem Fall ist dies eine selbstverständliche Sache, von einer Gemeinschaft im Glauben ist dies das Mindeste, das man erwarten darf, auch gegenüber der Politik ist dies die Erwartung, nur gelingt es nicht immer, ihr zu entsprechen. Wenn wir jetzt vielleicht etwas als Argument für die gegenwärtige Regierung anführen können, so den Umstand, dass sie, wenn es möglich war, geradeheraus, offen und ehrlich formuliert hat, wir haben hinsichtlich unserer Absichten niemals die bereits erwähnte Katze im Sack verkauft, ich möchte dies auch jetzt nicht tun. Wir haben offenzulegen, haben unsere Ziele mitzuteilen: Wir wollen ein ungarisches Ungarn und ein europäisches Europa. Dies ist nur so möglich, wenn wir auch zu dem stehen, dass wir ein christliches Ungarn in einem christlichen Europa wollen. Unserer Überzeugung nach ist dies das Antreten des Erbes der Vergangenheit, wir glauben daran so, wie József Antall es hinterlassen hat, nur dies besitzt eine Zukunft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Nun ein Umweg, den ich einen Gedanken lang zum Verhältnis von Christentum und Politik einschlagen möchte. Die christlich inspirierten politischen Parteien werden häufig kritisiert, sie würden unberechtigterweise die Aufgabe und die Mission der Verteidigung des Christentums für sich beanspruchen. Ich selbst habe viel über diese, von Zeit zu Zeit auch von innerhalb der Kirchen uns gegenüber vorgebrachte Kritik nachgedacht. Und ich habe auf dem Grund dessen auch etwas gefunden, das wir bedenken sollten, denn wenn wir genau nachdenken, so ist der Schutz des Christentums wirklich nicht die Aufgabe der Politik. Die Verteidigung des Christentums ist im Rahmen der modernen gesellschaftlichen Arbeitsteilung die Aufgabe von anderen. Wie definieren wir aber dann die Aufgabe der christlichen Politik? Meiner Überzeugung nach ist es die Pflicht der politischen Parteien, der christlich inspirierten politischen Parteien, es ist ihre Berufung, jene menschlichen Daseinsformen zu schützen, die dem Christentum entsprossen sind. Wir müssen also keine theologische und dogmatische Auseinandersetzung zum Schutz des Christentums führen, sondern wir müssen jene Daseinsformen beschützen, die dem Christentum entsprossen sind. So etwas ist zum Beispiel die Persönlichkeit und deren Würde. Der Mensch, wie wir uns ihn vorstellen. Aber so etwas ist auch die Familie, die wir beschützen müssen. So etwas ist die Nation, die wir schützen müssen, und so etwas sind auch unsere Gemeinschaften im Glauben, unsere Kirchen, die man ebenfalls schützen muss. Da wir das Christentum weder theologisch noch dogmatisch zu beschützen versuchen, sondern die aus dem Christentum hervorgegangenen Daseinsformen sowohl in Ungarn als auch in Europa zu verteidigen bestrebt sind, ermöglicht dies den christlich inspirierten politischen Parteien, dass sie mehr Stimmen und eine größere Unterstützung auf sich vereinen können, als es zahlenmäßig die Gläubigen Menschen in einer Gesellschaft zuließen. Denn die Persönlichkeit und deren Würde sind nicht nur den gläubigen Menschen wichtig. Die Familie ist nicht nur jenen wichtig, die ein geordnetes Verhältnis zu Gott haben. Für die Nation begeistern sich nicht nur jene und es lieben sie nicht nur die, die auch ansonsten die Existenz der Nation mit dem Willen des Schöpfers verbinden können, sondern auch Menschen, die nicht in der Lage oder nicht gewillt sind, diese Verbindung intellektuell oder seelisch herzustellen. Dies zeigt also sehr gut, dass die christlich inspirierte Politik, sofern sie ihre Rolle gut definiert und die aus dem Christentum hervorgegangenen oder ihm entsprossenen Daseinsformen beschützt, kann dann auch mit Berechtigung für sich beanspruchen, auch von viel breiteren Kreisen, als es die Gemeinschaft der Gläubigen ist, unterstützt zu werden.
Dies führt uns zu dem zurück, was der Herr Kardinal uns mitteilte, denn im modernen europäischen öffentlichen Leben ist es in der Welt der Politik und des öffentlichen Lebens beinahe unmöglich, ohne eine gesellschaftliche Mehrheit zu handeln. Und dieser Umstand scheint der Tatsache zu widersprechen, dass es Länder gibt – und ich formuliere höflich und zurückhaltend und optimistisch –, in denen die christlichen Gläubigen nicht in der Mehrheit sind. Trotzdem nehmen ihre Parteien an der politischen Auseinandersetzung teil und hoffen, eine Unterstützung durch die gesellschaftliche Mehrheit herstellen zu können. Was in Ungarn ganz genau die Lage ist, ist nicht das Thema meines heutigen Vortrages, aber auf jeden Fall ist es auch für uns wichtig, zu wissen, dass die christlichdemokratische gesellschaftliche Lehren befolgenden politischen Parteien in Ungarn – unabhängig von der Zahl der Gläubigen – die Chance haben können und auch immer die Chance dazu haben werden, das Vertrauen und die Unterstützung der Mehrheit der Gesellschaft zu gewinnen. Aus diesem Grunde verbünden auch Sie sich nicht mit uns, um Ihre eigenen Werte in dem engen Kreis zu vertreten, in dem diese auch ansonsten schon vertreten sind, sondern Sie verbünden sich, wenn Sie so etwas tun, mit christlich inspirierten Parteien, damit wir die für Sie wichtigen Werte durch die Regierungsarbeit in einem breiteren Kreis zur Geltung bringen können. Dies gibt diesem Bündnis seine emotionale Basis.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ohne Menschenwürde, gesunde Familien, starke nationale Bande und feste Glaubensgemeinschaften kann Ungarn nicht bestehen. Dies ist ein Gesetz, das seit tausend Jahren Gültigkeit besitzt und sie auch noch lange besitzen wird.
Deshalb beschäftigt uns alle die Frage, ob es ein christliches Ungarn geben, ob es ein christliches Europa geben wird? Dies ist die Frage, die mich beschäftigt. Was Ungarn angeht, ist die Sache der nach einer Antwort Suchenden einfacher, denn dies hängt nur von uns, Ungarn, ab. Wenn die Ungarn es wollen, dann wird es ein christliches Ungarn geben. Wir haben den Eindruck, dass hier unsere Mittel, unsere Überzeugungskraft, unser Einfluss, unsere Möglichkeiten im Wesentlichen nur von unserer persönlichen Leistung, unserem Engagement und unserem Talent abhängen. Aber wird es ein christliches Europa geben? Dies ist schon eine kompliziertere Frage. Und jetzt möchte ich Ihnen hierüber einige traurige Gedanken mitteilen.
Wenn Sie einen Blick auf die innere Konstruktion Europas werfen, dann können Sie sehen – vor allem wenn Sie auch historisch denken –, dass es innerhalb der Europäischen Union und der Gemeinschaft der europäischen Völker auch immer eine Art innere Spannung gab, das System der Beziehungen besaß immer eine Dynamik, die ständig mit immer neuen Kompromissen aufgelöst werden musste. Nach Ansicht einzelner Historiker war die dieser Vielfarbigkeit Europas entspringende innere Spannung und Dynamik, die uns zum Wettbewerb geführt hat, und was schließlich das christliche Europa für lange Jahrhunderte zum führenden Kontinent der Welt gemacht hat. Auch ich selbst teile diesen Gedanken. Innere Unterschiede hat es also immer schon gegeben, die Gruppe der nördlichen und der südlichen Länder, die Gruppe der westlichen und der östlichen Länder, reiche Länder, die man Nettozahler nennt, ärmere Länder, die man Nettoempfänger nennt, es gibt die Eurozone, der nicht alle 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union angehören, es gibt also die Eurozone und die Gruppe außerhalb, und man kann auch zahlreiche andere Strukturen erkennen. Worüber ich jetzt spreche, ist, dass wir gegenwärtig in jener Zeit, in jenem Zeitalter leben, in dem eine vollkommen neue, früher unbekannte Dynamik, eine andere Art von innerer Spannung und ein von den bisherigen sich in seinem Charakter grundlegend unterscheidender innerer Konflikt die Gemeinschaft der europäischen Völker unter Druck setzt. Dieser neue Konflikt, die innere Spannung besteht zwischen den Ländern, die zu Einwanderungsländern geworden sind, also zwischen den Einwanderungsländern und den Nichteinwanderungsländern. Dies auszusprechen gilt in der europäischen Politik heute noch als ein Tabu, doch ermächtigt mich die gewagte, elegante Eröffnungsrede von János Latorcai, eventuell an dieser Stelle zu versuchen, dieses Tabu, wenn es schon in Ermangelung von Zeit nicht umgestürzt werden kann, so doch zu schwächen.
Die Situation ist die, dass die bestimmende Spannung in Europa, die damit zusammenhängt, ob Europa christlich sein wird beziehungsweise ob es ein christliches Europa geben wird, jene ist, dass es Länder gibt, die eine Ländergruppe bilden, die bereits zu Einwanderungsländern geworden sind, die nichtchristliche Zivilisationen in sich aufgenommen haben, und es Länder gibt, die zu keinem Einwanderungsland geworden sind oder es auch gar nicht werden wollen. Die große Aufgabe, ich könnte auch sagen, die historische Herausforderung, vor der heute die führenden europäischen Politiker stehen, ist, zwischen diesen beiden verschiedenen Ländergruppen deren Zusammenleben auf irgendeine Weise aufzubauen, die Art und Weise der Zusammenarbeit zu finden, diese auszubauen. Wenn dies nicht gelingt, dann kann diese Spannung eine viel stärkere Spaltung als die heutige, sogar eine verhängnisvolle Spaltung in der Geschichte des europäischen Kontinents verursachen. Wir sind daran interessiert, dass diese innere Spannung – unter gegenseitiger Akzeptanz der bestehenden Unterschiede – mit Hilfe einer weisen Politik aufgehoben werden kann. Aus unserer Perspektive, denn wir gehören nicht zu der Gruppe der Einwanderungsländer, aus unserer Perspektive verfolgen die Einwanderungsländer eine falsche Außenpolitik und haben die Kontrolle über ihre Grenzen verloren, und haben – indem sie sich einer neuzeitlichen Völkerwanderung ausgeliefert haben – eine ganz neue Entwicklungsrichtung eingeschlagen. Wir haben dies nicht getan. Wir befolgen das alte Gesetz. Das alte Gesetz lautet in der Politik, dass ein Land ohne Grenze so ist wie ein Ei ohne Schale. Es ist eine seltsame Erscheinung, die wir heute in der Politik sehen: An dieser Stelle zitiere ich die Worte des ehemaligen amerikanischen Außenministers, von Herrn Kissinger, der das folgende sagte: „Heute können wir eine ganz seltene historische Situation beobachten. Eine Region, die ihre Außengrenzen nicht verteidigt, ja, diese sogar öffnet. Für so etwas gab es seit tausenden von Jahren kein Beispiel.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Es ist offensichtlich, dass in den Einwanderungsländern die Rechte im Zusammenhang mit der Aufnahme der Migranten, die sich darauf beziehenden Rechte heute gegenüber dem Recht der einzelnen Länder auf den Schutz ihrer Außengrenzen Priorität genießen. Diese These akzeptieren wir nicht. Wir setzen das Recht der Verteidigung der Außengrenze an die erste Stelle. Dies – also das, was wir im Westen sehen – bedeutet auch, dass die Menschenrechte der illegalen Migranten Priorität gegenüber dem Willen der europäischen Bürger besitzen, die jedoch sie nicht hereinlassen wollen. Und dies wirft die Frage der Demokratie auf. Womit wir hier gegenüberstehen, das ist das Demokratieproblem der westlichen Länder. Sie befolgen Prinzipien, die der große Teil der Gesellschaft offensichtlich nicht mehr befolgt, und wenn sie sie auch jemals befolgt haben mochte, so beginnt sie sie jetzt aufzugeben. Ja, wendet sich sogar gegen sie. Wir kennen dieses Demokratieproblem nicht, denn wir haben jenen Lösungsweg gewählt, dass wir in dieser sehr schwierigen Frage, ob wir zu einem Einwanderungsland werden sollen, mit Hilfe nationaler Konsultationen ständig jene Staatsbürger in die Entscheidungen der politischen Führung miteinbeziehen, die ihre Meinung zu dieser Frage mitteilen wollen und dazu bereit sind.
Dieses Problem führt uns natürlich zu einem moralischen Dilemma, das regelmäßig in den europäischen Diskussionen um das heutige Christentum erscheint: Wer ist ein guter Mensch? Denn sehr viele Stimmen argumentieren damit für die Denkweise der Migranten aufnehmenden Länder, dass ein guter Mensch der ist, der die Notleidenden hereinlässt, und in diesem Kreis muss ich nicht sagen, dass dieser Gedanke ziemlich tief in jener Lehre verwurzelt ist, der wir alle folgen. Jedoch stellt sich die Situation im Fall einer Völkerwanderung, über die wir hier sprechen, anders dar. Ich bin der Überzeugung, dass im Falle einer Völkerwanderung die in Schwierigkeiten geratenen Länder, Nationen oder Teile von Nationen dort von uns unterstützt werden müssen, wo das Übel besteht, und nicht sie hierher zu uns umgesiedelt werden müssen, denn damit beheben wir nicht das Problem, sondern halsen uns selbst auch das Übel auf. Dies ist keine weise und keine rationale Politik. Wir vertreten also eine moralisch richtige und gute Politik, die Politik der guten Menschen, wenn wir sagen, man muss die Hilfe dorthin bringen und nicht das Übel hierher holen. Aber die Hilfe muss dorthin gebracht werden.
Wenn wir die gegenwärtige europäische Politik von dieser Warte aus betrachten, haben wir keinen Grund, uns zu brüsten. Denn wenn wir ehrlich reden und unsere Hand aufs Herz legen, dann müssen wir feststellen, in den vergangenen zehn Jahren haben die Europäer nicht die Hilfe dorthin gebracht, sondern das Übel. Schließlich ist jenes Libyen unter Mitwirkung der europäischen Staaten, großer europäischer Staaten niedergebombt worden, das bisher die Wellen der Völkerwanderung aufgefangen hat. Auch Syrien ist nicht durch die Syrer kaputtgemacht worden, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern durch das westliche Eingreifen. Jene, die heute aus der Position der moralischen Überlegenheit über uns, die wir zu keinem Einwanderungsland werden möchten, sprechen wollen, sollten – bei genauerer Betrachtung – lieber in sich kehren und darüber nachdenken, in welchem Maße sie selbst zum Auslösen jenes Übels beigetragen haben, dessen Auswirkungen sie uns jetzt aufzwingen wollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Damit wollte ich nur sagen, dass jene Politik, die es nicht zulassen will, dass aus Ungarn ein Einwanderungsland werde, eine nicht nur rationale, sondern auch moralisch fundierte und auch moralisch vertretbare Politik ist. In den vergangenen Tagen habe ich eine Studie über die europäische Politik gelesen, in der ich auf einen Satz gestoßen bin, den ich unbedingt mit ihnen teilen wollte, denn ich habe den Eindruck, er trifft den Nagel auf den Kopf. Dieser Gedanke sagt, einzelne Politiker sind wie schlechte Reiter, die dermaßen davon in Anspruch genommen werden, im Sattel zu bleiben, dass sie sich nicht mehr damit beschäftigen können, welche Richtung das Pferd einschlägt. Wenn wir heute einen Blick auf Europa werfen, so entfaltet sich irgendwie dieses Gefühl in uns.
Die Frage, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die: Was wird hieraus? Die Wahrheit ist, dass in jenen Ländern, die bereits zu Einwanderungsländern geworden sind, laut den Gesetzen der Mathematik und entsprechend der uns bekannten Geschichte Länder mit einer gemischten Bevölkerung entstehen werden. Ich sehe weder die Kraft noch die Fähigkeit und auch nicht das Wissen, wie die zu einem Einwanderungsland gemachten Völker sich selbst in Nichteinwanderungsländer zurücktransformieren könnten. Und wenn sie dazu nicht in der Lage sind, dann werden dort Länder mit gemischter Bevölkerung entstehen, die ein christliches Element besitzen und ein über eine starke religiöse Identität verfügendes nichtchristliches Element haben werden. Und wenn ich die Gesetze der Biologie und der Mathematik richtig lese, dann wird sich das Verhältnis dieser beiden Elemente ständig zum Nachteil des Christentums und zu Gunsten der nichtchristlichen Glaubensgemeinschaften verändern. Das Ende dieses Prozesses ist nicht absehbar, beziehungsweise ist nur mathematisch einsehbar, ist jedoch auf die Weise recht einfach einsehbar, und dies beantwortet unsere Frage, zwar nur mathematisch. Zum Glück ist die menschliche Geschichte und Politik komplizierter als die Mathematik. Heute können wir unsere Hoffnungen nur mehr hieran knüpfen, aber es ist mathematisch absehbar, was das Ende davon sein wird.
Merkwürdigerweise muss ich sagen, dass die Gruppe dieser Einwanderungsländer mit gemischter Bevölkerung, die innerhalb der Europäischen Union sich herausgebildet hat, sich zwar als moralisch überlegen versteht, wenn sie uns betrachtet, aber in Wirklichkeit bedeuten sie die größte Gefahr für die europäischen Werte. Denn in diesen Ländern mit gemischter Bevölkerung werden tagtäglich solche Werte in Frage gestellt und geraten in Gefahr, die das Fundament des europäischen Lebens bedeuten. Die Religionsfreiheit gerät in Gefahr, jener Gedanke, dass jede Schöpfung Gottes das Recht besitzt, den Weg zu finden, der zu ihm führt. Es gibt Religionen, die dies jenen nicht ermöglichen, die nicht in ihre Gemeinschaften hineingeboren werden. Ich habe gestern in der Zeitung darüber als ein riesiges Ergebnis von Reformen gelesen, dass man zum Beispiel irgendwo in Arabien ermöglicht hat, dass in muslimische Gemeinschaften hineingeborene Frauen jetzt nicht mehr verpflichtet sind, einen Muslimen zu heiraten. Dies ist eine gewaltige Errungenschaft, die Ausnahmecharakter besitzt. Es ist also deutlich erkennbar, dass über die Religionsfreiheit andere Glaubensgemeinschaften anders denken als wir, Christen. Wir können also ruhig aussprechen, dass wenn in den gemischten Ländern das christliche Element geschwächt wird, dann besteht dort für die Religionsfreiheit eine Gefahr. Ähnlich droht der Gleichheit zwischen Mann und Frau, die in unserer Welt ein fundamentaler Ausgangspunkt ist, in einem Europa, das in zunehmendem Maße von Personen dominiert wird, die die Gleichheit zwischen Mann und Frau nicht akzeptieren, eine Gefahr. Davon ganz zu schweigen, dass auch der Kampf gegen den Antisemitismus in Westeuropa schwächer werden wird, denn ganz gleich, was wir über die dorthin Hineinströmenden denken sollten, so können wir doch eine Sache mit Sicherheit aussprechen, sie sehen das Volk des Alten Testaments keinesfalls als Verbündete an. Ich muss also sagen, dass sowohl hinsichtlich der Religionsfreiheit, des Kampfes gegen den Antisemitismus als auch hinsichtlich der Gleichheit von Mann und Frau in den Einwanderungsländern die europäischen Werte gefährdet sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Was uns angeht, wir beschreiten nicht diesen Weg. Wir vergessen es nicht, wie die Deutschen, die Österreicher, die westlichen Medien mit überheblicher Arroganz, mit einem moralischen Imperialismus über uns geurteilt hat, als wir den Zaun bauten. Wir können uns daran erinnern, wie sie mit gefälschten Fotos, erdachten Horrorgeschichten weltweit eine Verleumdungskampagne gegen uns gestartet haben. Jeder, der auch nur über ein bisschen Auffassungsgabe verfügte, konnte sehen und verstehen, dass dies eine zentral angeordnete, zentral geleitete und zentral orchestrierte Kampagne gegen Ungarn war – aus Rache, da wir die bis dahin durch die Migranten genutzte Balkanroute schlossen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Jetzt, wenn ich an dies erinnere, tue ich dies nicht etwa aus dem Grund des Beleidigtseins. Die Erinnerung hieran ist nicht aus dem Grunde wichtig, damit wir jetzt uns zurücklehnend gegenseitig auf die Schulter klopfen und sagen, dass wir Recht gehabt haben. Dies in Erinnerung zu rufen ist aus dem Grunde wichtig, weil dies zeigt, dass die Einwanderungsländer noch, ich hoffe, noch nicht die Art und Weise gefunden haben, wie sie in einer politischen Gemeinschaft mit den Nichteinwanderungsländern leben sollen. Denn wenn wir gemeinsam leben wollen, sie als Einwanderungs- und wir als Nichteinwanderungsländer, dann können wir nicht so miteinander Reden und nicht auf diese Weise miteinander umgehen. Auf diese Weise werden wir innerhalb einer Gemeinschaft kein friedliches und ausgewogenes, freundliches Leben haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die Situation ist die, dass die Westler heute einen einzigen Gedanken haben, nämlich uns mit irgendeinem juristischen, politischen oder finanziellen Mittel herumzukriegen – hierbei geht es nicht nur um Ungarn, sondern auch um die anderen Länder Mitteleuropas –, uns herumzukriegen, auch so zu sein, auch so zu werden, wie sie jetzt sind. Das heißt die Völker und Länder Mitteleuropas sollen sich zu Einwanderungsländern umgestalten. Wir wollen dies nicht. Es muss auch ein jeder in Brüssel zur Kenntnis nehmen, dass wir kein Einwanderungsland sein werden, und es hängt die Zukunft Europas davon ab, wie wir diesen Konflikt und diesen Unterschied handhaben können.
Wenn Sie erlauben, dann möchte ich noch eine Bemerkung machen in geistiger oder ideologischer Dimension. Die Ideologie der Einwanderungsländer ist gut identifizierbar, dies hat sie auch meines Erachtens letztlich zu Einwanderungsländern gemacht. Hier herrscht die Ideologie des internationalen Liberalismus. Im Fall der Nichteinwanderungsländer ist aber die Situation die, dass unser Leitideal nicht der Liberalismus ist, sondern die Souveränität und die christliche Gesellschaftslehre. Die Übernahme des heutigen westeuropäischen Liberalismus würde für die Mitteleuropäer ganz einfach einen Suizid darstellen. Die Lage ist die, dass er für die mitteleuropäischen Länder zur Ideologie des Selbstmordes werden würde. Und dies bedeutete, dass am Ende auch wir zu einem Einwanderungsland werden, auch wir unter dem Terrorismus leiden würden, auch bei uns die öffentliche Sicherheit abnehmen würde, auch wir unsere Landesgrenzen nicht verteidigen könnten, und auch wir nicht mehr daran glauben würden, dass in Zukunft durch die Unterstützung der Familien der übrigens gefährliche und uns peinigende demografische Verfall aufgehalten und umgedreht werden könne, sondern auch wir – so wie sie – von Außen einen Bevölkerungsimport holen würden, um die ungünstigen demografischen Prozesse auszugleichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
All dies würde für Mitteleuropa bedeuten, dass in absehbarer Zeit auch wir ein Land mit einer gemischten Kultur sein würden, noch zu unseren Lebzeiten unsere nationale und christliche Identität auf unumkehrbare Weise erschüttert werden würde. Und dies würde bedeuten, dass wir alles, wofür wir hier im Karpatenbecken seit den, durch den Herrn Kardinal in Erinnerung gerufenen schwierigen Anfängen, seit 1000 Jahren, 36 Generationen hindurch gearbeitet haben und das im Karpatenbecken so vielen ungarischen Menschen auch den Sinn ihres Lebens gegeben hat, verlieren würden. Die Situation ist also die, dass wir uns solchen Plänen widersetzen müssen. Die Umformung zu einem Einwanderungsland bedeutet heute ein Plan, der gemeinhin als Sorosplan bezeichnet wird. Dies ist ein Aktionsplan, der genau beschreibt, wie und auf welche Weise man die sich widersetzenden Nichteinwanderungsländer Mitteleuropas in Einwanderungsländer umformen muss. Selbstverständlich wissen wir, was zu tun ist: Zusammenhalt, gemeinsames Auftreten und man darf am Schild keinen Spalt öffnen. Um auf verwegene Weise die Weisheit noch aus der Zeit der sowjetischen Besatzung zu zitieren: „Grinse nicht, Iwan, dies dauert nicht ewig, wir sind auch im Laufe von 150 Jahren nicht zu Türken geworden.“ Dies müssen wir uns selbst immer wieder sagen und dann wird es uns helfen. Nun ist die Situation die, sehr geehrter Kongress der Christlichen Intellektuellen, dass wir nicht 150 Jahre, sondern nur bis zu den nächsten Wahlen durchhalten müssen. Um auch Géza Gárdonyi und seine berühmten Roman „Sterne von Eger“ in Erinnerung zu rufen, man muss Menschen, wie die Romanfigur des Leutnant Hegedűs, man muss die inneren Grenzabbauer, die inneren Zaunabbauer von der Regierung fernhalten, und es lohnte sich jenen eine stärkere, eine größere Legitimität als früher zu verleihen, die bereit sind, die Zukunft des christlichen Ungarn zu verteidigen.
Sehr geehrte christliche Intellektuellen!
Ich melde, die Regierung ist bereit!