Katalin Nagy: Der Haushaltsrat hält den Entwurf für das Budget 2019 in erster Lesung für legitim und real. Im Studio begrüße ich Ministerpräsident Viktor Orbán. Warum planen Sie mit einem Defizit von nur 1,8%? Warum müssen wir derart im Voraus sparen? Bis zu drei Prozent dürfte doch niemand auch nur ein Wort sagen.
Guten Morgen! In der Tat haben wir einen Haushalt aufgestellt, der massiv und erdbebensicher ist. Untereinander nennen wir dies den Haushalt des sicheren Wachstums, denn in der Wirtschaft gibt es die Möglichkeit zum Wachstum, aber nur dann, wenn wir die Wirtschaft und auf diese Weise auch den Haushalt vor den Erscheinungen und Stürmen der sich entfaltenden Krise schützen können. Ich überlege gerade, was Sie gesagt haben, ob das Defizit von 1,8% viel oder wenig ist. Schauen Sie, ich stamme aus einer altmodischen Familie, in der man uns immer beigebracht hat, dass wir nie mehr ausgeben sollen, als wir an Geld besitzen. Man kann einen Familienhaushalt nicht mit einem Defizit planen, denn dann muss man am Ende des Monats sich von jemandem Geld leihen, sagen wir von den Nachbarn, was peinlich ist. Nach einiger Zeit werden sie dann auch kein Geld mehr geben, sie denken dann über einen, was das denn für eine Familie sei, die kann ja nicht einmal ihr eigenes Geld über einen längeren Zeitraum einteilen, sie streckt sich weiter als ihre Decke reicht. Also bedeuten 1,8%, dass wir mehr Geld ausgeben, als wir besitzen. Zwar nur um 1,8% mehr, aber es ist mehr. Nun, was entlastet uns? Ich freue mich darüber nicht, ich wünsche mir, dass es nicht so wäre und wir mehr Geld hätten als wir ausgeben, und wir einen Teil des Geldes, das wir verdient haben, beiseitelegen könnten…
Gäbe es kein Defizit?
Genau, es gäbe kein Defizit, ja wir hätten einen Überschuss, und wir könnten sparen sowie die früher entstandenen Schulden mindern. Das ist aber kein solcher Haushalt, denn er beinhaltet auch das Defizit – doch was entlastet uns sowohl moralisch als auch fachlich? Wir werden dadurch entlastet, dass dies hinsichtlich seiner Wirkungsweise ein Nullsaldohaushalt ist. Wenn wir also die Frage stellen, wie viel das Budget für das Wirken des Staates und des Landes ausgibt, dann sagen wir: „Wir geben soviel aus wie wir herstellen bzw. wie wir verdienen.“ Das Defizit ergibt sich zu vollem Umfang aus den Investitionen in die Zukunft, also Investitionen lassen das Defizit entstehen, denn zu Recht kann man annehmen, dass wenn man mehr ausgibt, damit man sich in der Zukunft schneller entwickeln kann, und davon ausgehend, dass wenn dieses Geld auf geschickte Weise benutzt wird, es in der Zukunft Gewinne bringen und dies für uns alle gut sein wird, durch die zum Nachteil des gegenwärtigen Gleichgewichts durchgeführten Investitionen. Das ist die Philosophie dieses Haushaltes, aber ich sage es noch einmal, dies ist nicht das Spannendste darin, denn Ihnen ist nicht durch Zufall das Defizit von 1,8% ins Auge gefallen, denn unter den vorherigen Regierungen gab es hier Haushaltsdefizite von 3, 5, 9 und Gott weiß wie vielen Prozenten. Dies ist ein stabiles Budget, doch habe ich meinen Finanzminister darum gebeten, es soll mehr als stabil sein, es soll massiv und erdbebensicher sein, da es leicht möglich ist, dass wir die kommenden Jahre in einer Wirtschaftskrise erleben werden, und ich möchte, dass selbst wenn es eine Krise geben sollte, so soll es doch keinesfalls Einschränkungen geben, und dazu ist eine disziplinierte Wirtschaftsführung notwendig.
Welche Zeichen dieser Krise gibt es? Sie erwähnen bereits das zweite Mal, dass es sie möglicherweise geben wird. Ergibt sich dies einfach daraus, das Fachleute bisher die Beobachtung gemacht haben, in bestimmten Zeiträumen, alle 10 oder 15 Jahre bzw. zyklisch verändere sich dies?
Es gibt auch derartige Theorien, doch wie plant man ein Budget? Als erstes versucht man zu verstehen, was in der Weltwirtschaft in dem vor uns stehenden Jahr geschieht. Je größer ein Land ist, desto weniger ist es davon betroffen, denn desto besser ist sein Binnenmarkt, umso mehr kann er seine Planung ausschließlich auf die Aussichten seiner eigenen Wirtschaft aufbauen. Sagen wir zum Beispiel: Ein Polen, das ein Land mit einer Bevölkerung von fast vierzig Millionen Menschen besitzt, plant anders als Ungarn, wir sind ein Land von zehn Millionen, und wenn wir nur das in Ungarn herstellen würden, was wir selbst verbrauchen, dann wäre unser Lebensstandard viel-viel niedriger als er es jetzt ist. Das Lebensniveau wächst in Ungarn aus dem Grunde und ist höher als dies im Falle eines Landes mit zehn Millionen Einwohnern aus eigener Kraft begründet ist, weil wir eine gewaltige Menge an Waren produzieren und sie im Ausland verkaufen. Dies bedeutet, dass in Ungarn kluge Menschen leben, die solche Waren herzustellen in der Lage sind, die wir im Ausland verkaufen können. Dies bedeutet, was ich immer gerne unterstreiche, dass Ungarn über Arbeiter auf Weltniveau verfügt, und da wir Arbeiter auf Weltniveau haben, sind auch unsere Waren so, wir können sie verkaufen, und auf diese Weise entsteht der ungarischen Wirtschaft aus dem Handel und mit dem Verkauf des zu Hause produzierten Überschusses eine sehr ernsthafte Kraftquelle, ein Überschuss. Unsere Außenhandelsbilanz ist seit langer Zeit positiv, deshalb betrifft uns jetzt eine Veränderung der Weltwirtschaft stärker als Länder, die über einen größeren Binnenmarkt verfügen. Aus diesem Grunde müssen wir, muss besonders der Ministerpräsident auf einem sehr großen Radarschirm und mit empfindlichen Sensoren beobachten, was in der Weltwirtschaft geschieht, denn die Wirkung dessen kommt rasch auch in Ungarn an. Was sehe ich heute? Zunächst einmal ist es sehr wichtig, sich nicht nur auf seine eigenen Augen zu verlassen, denn Ungarn verfügt über mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Ökonomen und über sehr seriöse Experten. Sie muss man kontinuierlich beachten und ihnen muss man zuhören. Ich unterhalte mich sehr viel mit ihnen, um aus dem, was sie sagen, herauszukristallisieren, was zu erwarten ist. Was wir mit Sicherheit sagen können, ist, dass die Zinsen der Kredite, die auf dem internationalen Finanzmarkt aufgenommen werden können, steigen werden, sich also das Zeitalter des so genannten billigen Geldes, als man mit niedrigen Zinsen einen Kredit erhalten konnte, jetzt in Veränderung begriffen ist, der Prozess der Zinserhöhungen begonnen hat. Niemand weiß, in welchem Tempo sie steigen werden, doch kann man damit rechnen, dass die Zinsen ansteigen werden. Das zweite noch größere Problem ist, dass wenn Sie jetzt einen Blick auf die Haushaltslage der Mitgliedsländer der Europäischen Union werfen, besonders auf die Haushalte der zu der Eurozone gehörenden Staaten, dann werden Sie sehen, dass die Verschuldung überall höher liegt als zur Zeit der Krise von 2008, und auch damals führte die hohe Verschuldung zu den Problemen. Unglückliche Umstände haben sich summiert und die Staaten litten unter der hohen Verschuldung. Jetzt liegt das Niveau der Verschuldung der einzelnen Länder höher als 2008. Wenn das teure Geld, der Zeitraum der höheren Zinsen kommt, und man ist verschuldet, dann kann man leicht in Probleme geraten. Ungarn hat sich von einem Verschuldungsniveau von achtzig und einige Hundertstel auf etwa 72 heruntergekämpft, und wir verringern auch weiter, jedes Jahr die Staatsverschuldung. Übrigens könnten die Auswirkungen solch eines Zeitalters der hohen Zinsen auch uns zu Boden schicken. Die dritte Sache, die wir mit Gewissheit sehen, ist die Entfaltung eines Wirtschaftskrieges in der Welt. Die Vereinigten Staaten haben selbst gegenüber Europa solch eine Auseinandersetzung eröffnet, dies betrifft uns nun wirklich nachteilig. Es regnet noch nicht, einen Hurrikan gibt es überhaupt nicht, aber da sind Wolken am Himmel. Wenn sich diese Wolken auf unglückliche Weise gruppieren, kann daraus eine Krise werden. Doch heute kann es niemand voraussagen, wie sich diese Wolken anordnen werden. Man muss verantwortungsvoll wirtschaften, man trägt Verantwortung für ein Land, in solchen Momenten muss man den Haushalt auf überlegte Weise zusammenstellen, denn der Haushalt gibt uns die Grundlage für unsere Verteidigung, weshalb wir im Budget die Rücklagen für die Landesverteidigung erhöht haben, in bedeutendem Maße erhöht haben, damit wir, wenn es Probleme geben sollte, darauf zurückgreifen können, den Schirm aufspannen können.
Soviel über die Wirtschaft, über die europäischen und Europa betreffenden eventuellen Sorgen. Wie steht es um die europäische politische Stabilität? Wie stehen sie zu ihr?
Lassen Sie mich noch soviel zur Beruhigung der Hörer sagen, dass diese internationalen Krisenerscheinungen uns nicht von unseren Zielen abbringen werden, denn gerade dazu gibt es die Regierung und den Haushalt. Wenn eine Gemeinschaft, wie zum Beispiel die ungarische Nation über klare Ziele verfügt, die ja bei den Wahlen durch die Menschen auch immer bekräftigt werden – dies ist auch jetzt geschehen –, dann muss man den Haushalt entsprechend dieser Ziele zusammenstellen und die Wirtschaftspolitik ihnen entsprechend gestalten. Also wird im vor uns stehenden Jahr auch weiterhin der Schutz der Sicherheit, ihre Schaffung wichtig sein und verwirklicht werden. Das Wachstum wird sich fortsetzen, wir unterstützen die Kinder erziehenden Familien und die Arbeitslosigkeit wird weiter abnehmen – das heißt wir werden einen weiteren Schritt in Richtung auf die Vollbeschäftigung machen. Ungarn will die Ziele also nicht aufgeben, wir wollen nicht stagnieren, wir wollen wachsen, weshalb wir dies als ein sicheres Wachstum betrachten, dessen Ziel es ist – also das Ziel des Haushaltes ist –, unsere gemeinsam festgelegten Pläne zu verwirklichen, wenn auch unter schwierigeren Bedingungen als etwa im vergangenen oder im vorvergangenen Jahr. Es stellt eine gute Grundlage dar, in den meisten Ländern , hierüber sprechen wir selten, weil es komplizierte Zusammenhänge sind. Doch lassen wir jetzt die anderen Länder, schauen wir uns Ungarn an: Vor 2010 pflegte man im Wahljahr das Budget kaputt zu machen. Besonders die sozialistischen Regierungen haben alle vier Jahre ein Wahlkampfbudget zusammengestellt und das darauf folgende Jahr verging damit, die verursachten Schäden wieder zu reparieren. Ich habe dem niemals zugestimmt. Wenn es sich jemand anschaut, dann wird er sehen, dass ich auch bei der Wahl im Jahre 2014 dem nicht zugestimmt hatte, dass das Budget für das Jahr 2014 irrational sei, und das habe ich auch jetzt nicht, für das Jahr 2018. Wir haben also für 2018 kein Wahlkampfbudget zusammengestellt, sondern einen Haushalt, der nicht den Interessen der Parteien, sondern denen der Menschen dient. Und diesen Haushalt für 2019 – wir sprechen ja jetzt darüber, was 2019 sein wird – können wir auf eine gute Grundlage aufbauen. Was die Politik angeht, so sind dort Dinge geschehen, die meinem Geschmack oder unseren Interessen entsprechen. Die harten Jungs sind in der europäischen Politik erschienen. Viele dachten, vielleicht seien wir etwas rauer oder spröder als es in der EU gewohnt ist. Jetzt lernen sie, wo der Hammer hängt, denn es stellt sich heraus, dass wir kleine Kinder und Jungs im Vergleich zu jenen führenden Politikern sind, die jetzt ihren Mund geöffnet und Dinge gesagt haben, die selbst für die ansonsten geradeheraus sprechenden Ungarn überraschend sind. Das sehe ich in Österreich und auch in Italien.
In Italien, wenn Sie es schon erwähnen, hat man in der Presse über die Achse Salvini-Orbán geschrieben. Und Steve Bannon, der ehemalige Berater von Trump, sagte, Viktor Orbán und Salvini würden die europäische Demokratie neu deuten.
Das ist schön und gut, aber wir sollten nicht unseren Sinn für die Realität verlieren. Italien ist ein Land mit vielen zehn Millionen Einwohnern, so um sechzig Millionen, Ungarn ist ein Land mit einer Bevölkerung von zehn Millionen Menschen. Ich ermuntere die Ungarn immer dazu, sich so zu verhalten, wie es sich den Bürgern eines tausendjährigen, auf seine Leistungen stolzen Landes geziemt. Wir sollten also nie den Fehler begehen, uns als kleiner zu sehen, als wir in Wirklichkeit sind. Wir sollten unsere eigene Arbeit, aber besonders auch die Arbeit unserer Vorfahren nicht schmälern. Es gibt wenige Länder in Europa, die seit tausend Jahren im eigenen staatlichen Rahmen, ein ehrwürdiges Ergebnis erreichend ihr eigenes Leben haben organisieren können. Wir, Ungarn, gehören zu ihnen, wir sollten also auf all das stolz sein, was wir erreicht haben. Aber ich warne auch davor, ins andere Extrem zu verfallen. Es ist gut, wenn wir wissen, wo sich unser Platz befindet. Denn hiervon kann man ausgehen, wenn man eine reale Politik verfolgen will. Wenn man das nicht macht, dann fliegt man auf die Nase oder aufs Gesicht oder hat das Nachsehen, wie Sie wollen. Ich erwähne also Ungarn keinesfalls auf einer Ebene mit Italien, wenn es um politischen Einfluss und um politisches Gewicht geht. Es stimmt zwar, dass ich der älteste Kämpfer oder Veteran in der Europäischen Union bin. Ich war bereits 1998 unter den europäischen Ministerpräsidenten, als der jetzt vierzig und einige Jahre alte italienische Ministerpräsident oder welche anderen heute führenden Politiker damals altersmäßig vor oder nach der Beendigung der Mittelschule standen und sich mit dem Abitur herumschlugen. Es gibt also zweifellos einen Unterschied in der Routine und in der Erfahrung, und in der Politik entsteht der Respekt in Wirklichkeit im Laufe der Zeit, und so kann Ungarn auf begründete Weise für sich Respekt einfordern, aber dies lässt die Unterschiede in den Gewichtsklassen nicht verschwinden. Das Fliegengewicht und das Schwergewicht sollte man nicht miteinander verwechseln, denn sonst fliegt man aus dem Ring. Wir müssen also mit der notwendigen Bescheidenheit, aber ich sage es noch einmal: im Bewusstsein unserer Erfahrungen unsere Beziehungen gestalten. Es stimmt, die Italiener haben gesagt, sie würden der Migration ein Ende setzen. Sie haben auch gesagt, die illegal eingereisten Migranten müsse man nicht verteilen, sondern vom Gebiet der Europäischen Union wegtransportieren. Ich bin damit einverstanden, ja die V4 haben früher schon der italienischen Regierung viele-viele Milliarden Forint angeboten, damit sie ihre Pläne des Hinaustransportierens zu verwirklichen beginnen kann. Denn damit man Menschen von hier hinaustransportieren kann, muss man – selbstverständlich – Aufnahmestationen irgendwo in Afrika schaffen, wohin wir die Migranten zurückbringen können. Dies ist zum Glück natürlich nicht das persönliche Problem Ungarns, denn hier gibt es niemanden zum Wegtransportieren, da wir niemanden hereinlassen. Wo man aber welche hereingelassen und den Fehler begangen hat, dass man dort nun viele hunderttausend oder ein-zwei Millionen Migranten hat, dort kommen schwere Zeiten, wenn sie die Migranten tatsächlich aus Europa hinaustransportieren will, was Ungarn im Übrigen unterstützt, wenn es auch nicht seine persönliche Angelegenheit ist. Doch ist es eine gemeinsame europäische Angelegenheit, deshalb unterstützen wir sie.
Aber nicht Salvini, sondern Conte, der Ministerpräsident, den der Senat ermächtigt hat, sagte, er möchte, dass man die Flüchtlinge unter den Mitgliedsstaaten Europas verteilt, weil die Aufgabe für sie zu schwer ist.
Natürlich, ich verstehe das auch, und sie haben es auch schwer. Ich verstehe auch die Absicht. Sie wollen jene loswerden, die man nicht hätte hereinlassen dürfen, das ist die Situation. Ich verstehe, dass sie es schwer haben, aber das ist für mich kein Grund dafür, zuzustimmen, dass sie Ungarn kaputtmachen. Hierher werden sie selbstverständlich niemanden schicken. Ich kann dem italienischen Ministerpräsidenten nur empfehlen, dass wenn sie die Migranten loswerden wollen – was ich vollkommen verstehen kann –, sie diese nicht verteilen, sondern hinaustransportieren sollen. Und hierbei kann Ungarn Hilfe leisten.
Wenn wir schon von der Quote sprechen: Wie wir wissen gibt es in zwei Wochen einen Unionsgipfel. Es scheint immer mehr, als ob es sein kann, dass wir um die Einführung der Quoten herumkommen?
Schauen Sie, vorhin habe ich darüber gesprochen, dass wir maßhaltend und realistisch sein sollen, aber über Ungarn kann man nicht behaupten, es hätte sich nur leisetreterisch bewegend auf hinterhältige Weise versucht, die Dinge auszusitzen. Und über mich kann man das nun erst gar nicht behaupten. Ich hatte die Sache bereits vor Jahren so betrachtet, dass dies ein Konflikt werden würde, dieser Einwanderungs-, dieser Migrationskonflikt, in dem der, der nicht schon zu Beginn ehrlich spricht und nicht eindeutig handelt, später in Schwierigkeiten geraten kann. Ich sehe jetzt, wie viele ihre Standpunkte stückchenweise modifizieren. Jetzt klingt es so, als wäre es der unsere, aber es hilft ihnen nicht mehr, denn man hätte am Anfang keinen Fehler machen dürfen. Wer am Anfang den Fehler begangen hat, steckt jetzt in Schwierigkeiten. Ich habe schon ganz zum Beginn gesagt, dass hieraus noch ein sehr großer Konflikt werden wird, ebenso aus dem Zaun und daraus, dass wir die Migranten nicht hereinlassen, und dass hieraus in Brüssel und in Deutschland und an zahlreichen Stellen in unserem internationalen Beziehungsgeflecht Störungen entstehen werden. Aber wenn wir uns am Anfang nicht engagiert hätten, wenn wir am Anfang nicht für unsere Interessen eingestanden wären, wenn wir zu Beginn einen Fehler begangen hätten, dann wären daraus Probleme geworden. Man musste also zu Beginn Klartext reden. Aus diesem Grunde spielt heute Ungarn in der europäischen Öffentlichkeit eine Rolle, die weit das Bruttosozialprodukt, die militärische Kraft und das wirtschaftliche Gewicht des Landes übertrifft. Was wir im Übrigen nicht ambitioniert haben, es fehlt uns nicht im Geringsten, wir haben gerade genug mit Ungarn zu tun. Doch gerade zu Beginn war es wichtig, keinen Fehler zu begehen. Und das Nichtmachen von Fehlern bedeutete, dass wir uns gegen die europäische Elite wenden und uns auf die Seite der ungarischen Menschen stellen mussten. Die Probleme Europas entspringen heute daraus, die politischen Probleme entspringen daraus, dass das, was die Menschen wollen und tun, nicht das ist, was ihre führenden Politiker wollen und tun. Und dieser Widerspruch, diese sich immer weiter öffnende Schere verursacht überall in Europa eine politische Krise. Diese hat uns nicht betroffen. Aus diesem Grunde gibt es in Ungarn politische Stabilität und in zahlreichen europäischen Ländern Instabilität.
Ich wollte nur soviel unterbrechend sagen, dass demnach jene, die zu Beginn auf Viktor Orbán geschimpft haben, jetzt beginnen können, ihn zu beneiden.
Das ist keine persönliche Angelegenheit und man muss mich nicht beneiden, ich habe gerade genug Probleme. Man soll die Ungarn beneiden. Denn dazu besteht guter Grund.
Wir hören gerade darüber, dass die Balkanländer recht erschrocken sind, da es so scheint, als ob der Migrationsdruck, der vor drei Jahren hier in den Vordergrund trat, jetzt auf einer neuen Route, aber wieder da ist, und sie können das Problem nicht lösen, sie haben Angst, dass sie nicht die Kraft haben werden, diese Migrationswelle aufzuhalten, und sie nicht die Kraft haben werden, die Grenzen zu schließen.
Ungarn ist das Tor zum Balkan. Es ist unser elementares Interesse, dass die Dinge in den Gebieten südlich von uns in Ordnung laufen. Es ist unser elementares Interesse, dass sie in Serbien gut gehen. Es ist unser elementares Interesse, dass Serbien ein stabiles und starkes Land sei, deshalb kooperieren wir mit ihm, es gibt gemeinsame serbisch-ungarische Interessen. Auch für die Serben ist es gut, wenn sie einen starken Nachbarn haben, und für uns ist es auch gut, wenn sich Serbien schön entwickelt. Wir bauen unsere Beziehungen also auf dieser prinzipiellen Grundlage, auf Grund der gemeinsamen Interessen der beiden Völker aus, und Serbien wird auch in der Zukunft für uns ein strategisches Land sein. Ich investiere nicht wenig Energie, damit wir die historisch im Übrigen alles andere als einfachen serbisch-ungarischen Beziehungen umformen und eine gemeinsame Zukunft haben können, in der beide Nationen auf die jeweils andere zählen können. Ich möchte also eine enge serbisch-ungarische Zusammenarbeit, weshalb wir die EU-Mitgliedschaft Serbiens unterstützen. Wir unterstützen den Grenzschutz und versuchen ein guter Nachbar Serbiens zu sein. Sie sind ein Land, das nur über uns Gas erhält, was natürlich in solch einer Junihitze keine Bedeutung besitzt, dafür aber im Winter. Von Zeit zu Zeit ergeben sich daraus Sorgen, das heißt aus der Energie- und Gasversorgung. Ich bin auch schon früher nach Serbien gegangen und habe klar gesagt, solange sich in den ungarischen Speichern auch nur ein Molekül an Gas befindet, werden die Serben etwas zum Heizen haben. Wir versuchen also als zuverlässiges, befreundetes Land die Beziehungen mit ihnen auszubauen, sodass wenn die Serben Hilfe im Grenzschutz brauchen – die Verbindungen zwischen den beiden Innenministern sind im Übrigen ausgezeichnet –, werden wir jede Hilfe leisten. Ein genauso wichtiges Land ist Mazedonien, denn die Verteidigung der mazedonischen Grenze, die Verteidigung der südlichen Grenze ist auch die Vorbedingung für unsere Sicherheit. Wir haben auch früher Hilfe geleistet, auch jetzt werden wir Hilfe leisten. Wir sehen tatsächlich Anzeichen dafür, dass die Migrationswelle wie die Flut, wie die Flut nach der Ebbe jetzt erneut anschwillt, und dies bedeutet eine Herausforderung. Es ist uns bereits gelungen zu erreichen, dass jeder Migrant weiß, in die Richtung, in der der Wegweiser zeigt, auf dem Ungarn steht, lohnt es sich nicht zu gehen. Das ist gut. Doch dies beschützt unsere Nachbarn noch nicht, und wir brauchen stabile Nachbarn, also müssen wir ihnen Hilfe leisten.
Die Presse schreibt, in allen Ländern des Balkan seien die Organisationen von George Soros anwesend. Jene Organisationen, die genauso wie George Soros die Maske abgelegt haben, der beinahe auf alle europäischen politischen Ereignisse sofort reagiert.
Jetzt muss man schon mit offenem Visier kämpfen. Da wir die kleineren sind, wenn auch stark, so ist für uns die Auseinandersetzung mit offenem Visier immer besser als jene im Verborgenen. Die verborgene, unter dem Tisch oder wie im Wasserball unter der Wasseroberfläche erfolgende Auseinandersetzung ist immer für den Kleinen schlecht und für den Stärkeren immer vorteilhaft. Wir sind also die Anhänger des Argumentierens mit offenem Visier, der Politik mit offenem Visier und des Fechtens mit offenem Visier. Hierbei haben wir eine Chance. Diese ist so groß, wie sie es eben ist, wir können sagen, wir haben eine Chance in einem greifbaren Ausmaß und einer solchen Größe, es lohnt sich also, mit einer Kraft zu kämpfen, die größer ist als wir, wie es sich auch lohnt, gegen George Soros und seine Armee aufzutreten. Wir haben eine Rolle dabei gespielt, dass dieses Netzwerk an die Oberfläche getreten ist, denn wir haben es dorthin gebracht, und jetzt muss man die Ziele offen eingestehen. Sie wollen Einwanderung. Ein Austausch der Einwohner, ein Bevölkerungsaustausch vollzieht sich in Europa, zum Teil damit Spekulanten, wie Soros auch einer ist, viel Geld verdienen können. Sie wollen Europa also aus dem Grunde kaputtmachen, weil sie sich daraus einen großen Profit erhoffen. Finanzspekulanten sind nun einmal so, man muss davon nicht überrascht sein. Jedoch muss man es auch nicht zur Kenntnis nehmen. Andererseits gibt es auch eine ideologische Motivation: Sie glauben an ein multikulturelles Europa, sie mögen das christliche Europa nicht, sie mögen die Traditionen des christlichen Europa nicht, sie mögen überhaupt die Christen nicht. Sie denken, wenn sie uns mit einer anderen Art von Volk gut vermischen, dann werden wir schöner sein, wir werden besser aussehen und es wird ein lebenswerteres Europa sein. Wir wollen uns aber nicht mit anderen vermischen, wir sind uns auch über unsere eigenen Fehler im Klaren. Wir glauben nicht, dass wir vollkommen wären, doch sind wir gut, so wie wir sind: Christen, in unserer Sprache, der Kultur, unserem Geschmack, unserer Lebensweise, in unserer Auffassung über die Familie und dem Verhältnis von Mann und Frau, in der von uns vertretenen Auffassung über die Religionsfreiheit. Wir halten an unserer europäischen Lebensweise fest und wir wollen uns nicht mit anderen vermischen, damit eine neue Qualität entsteht. Das christliche Europa besitzt schöne Traditionen, deren Tugenden wir wiederbeleben müssen. Man muss gerade zu den Wurzeln zurückkehren und Europa kann seine alte Größe dann erreichen, denn die christlichen Tugenden sind weit, bunt, – wie soll ich es ausdrücken –, stark und auch ergreifend, denn das Herz steht ja in ihrem Mittelpunkt, wir sprechen ja letztlich über eine auf Liebe aufgebaute Kultur, das Christentum ist so, das wollen wir verteidigen. Es besitzt ausreichende Schönheiten, man muss das mit nichts anderem vermischen. Das ist unser Standpunkt. Das ist eine große Debatte, die in Ungarn die ungarischen Menschen zum Glück vor einem, vor zwei Monaten entschieden haben, doch in Europa werden im Rahmen der vor uns stehenden Wahlen zum europäischen Parlament gerade diese Fragen offen sein, Fragen der Wahlen sein. Also bei den kommenden Wahlen wird es um einen Kulturkampf, um einen Zusammenstoß der Werte, um eine Wahl der Zukunft, hierum wird es bei den Wahlen zur Europäischen Union im kommenden Mai gehen. Und man kann vieles bei den Wahlen verlieren, wenn wir nicht aufpassen.
Das Stop-Soros-Gesetz ist dem Parlament vorgelegt worden, die Modifizierung der Verfassung liegt ebenfalls vor den Abgeordneten. Welche Bedeutung besitzt die Verfassungsmodifizierung darüber hinaus, dass sie die Sicherheit des Landes garantiert? Gibt es hier irgendeine Verbindung zu unserer Identität?
Wir haben einen bedeutenderen Antrag eingereicht, dem wir den Namen „Ungarn an erster Stelle“ gegeben haben. Er besteht aus zwei Teilen: Er beinhaltet eine Verfassungsänderung und er beinhaltet eine Modifizierung des Strafgesetzbuches. Die Verfassungsänderung deklariert, was wir bereits 2016 gerne deklariert hätten, doch hatten die Oppositionsparteien damals die Verfassungsänderung nicht unterstützt, und bei der Volksabstimmung war die Teilnahme nicht ausreichend, damit wir dies hätten erreichen können, und eine Zweidrittelmehrheit hatten wir nicht. Jetzt haben wir sie. In solchen Momenten darf man nicht zögern, zum Schutz des Landes muss man bei solchen Gelegenheiten seine Kraft mobilisieren und die nicht vollzogene Modifizierung der Verfassung muss durchgeführt werden. In dieser deklarieren wir, dass die Ansiedlung fremder Völkerschaften nach Ungarn verboten ist, und im Strafgesetzbuch deklarieren wir, dass die Organisierung der illegalen Migration auf dem Gebiet Ungarns und auch auf das Gebiet Ungarns eine Straftat darstellt, auch dann, wenn jemand diese aus dem Ausland begeht. Zum Beispiel wenn jemand im Ausland Flugblätter druckt, die Menschen, die nicht berechtigt sind, nach Ungarn einzureisen, dazu ermuntert, nach Ungarn zu kommen. Oder wenn jemand eventuell viel Geld besitzt und solche Dinge finanziert, sagen wir über NRO-s oder unmittelbar, dann muss dieses laut den ungarischen Gesetzen, laut des Strafgesetzbuches künftig bestraft werden, und solche Menschen kann man des Landes verweisen, man kann sie auch aus der Gegend der Grenze wegtransportieren.
Hat die Verfassungsänderung etwas mit der Verfassungsidentität zu tun?
Wissen Sie, wenn wir schon etwas machen, dann wollen wir das ernsthaft machen, also nicht nur die ein-zwei kurzen Veränderungen in die Verfassung einfügen, die der Kampf gegen die illegale Migration notwendig macht, sondern auch die geistigen Grundlagen für solch konkrete Verordnungen schaffen. Es handelt sich also auch um eine tiefere Modifizierung unserer Verfassung, in der wir den Schutz der Identität deklarieren, wir sprechen es aus, dass man die Regeln der Europäischen Union in Ungarn nur bis zu dem Punkt anwenden darf, solange diese nicht die Identität, die eigene Identität Ungarns verletzen. Und wir sprechen auch noch einige ausgesprochen unsere Kultur verteidigende Prinzipien in der Verfassung aus, die eine feste Grundlage dafür bildet, dass die Regelungen gegen die Migration danach auf eigenen Füßen stehen können. Die Verfassungsänderung besitzt also eine philosophische Tiefe. Und wenn wir die Debatte schon eröffnen, dann wollen wir auch ein-zwei ältere Angelegenheiten ordnen, über die in Ungarn sehr lang Diskussionen geführt worden sind, wie der Konflikt zwischen dem Schutz des Privatlebens und der Versammlungsfreiheit, und wie die Errichtung des Verwaltungsgerichtes. Diese Dinge wollen wir, wenn wir schon die Verfassung anrühren, dann jetzt auch regeln. Wenn dies auch nicht die von uns geplante große Verfassungsänderung ist, sondern ein schneller, jetzt fälliger, aus mehreren Verordnungen bestehender Verfassungsänderungszyklus, doch haben wir einen Plan in der Hinsicht, dass wir dann ab September im Rahmen der dann beginnenden Arbeit unsere 2011 geschaffene Verfassung, die uns inzwischen ausreichend praktische Erfahrungen hinsichtlich des wirklichen Lebens geboten hat, im Rahmen einer irgendwann im Herbst beginnenden, ein bis anderthalb Jahre andauernden Verfassungsrevision durchsehen, was sich bewährt hat, was sich hätte bewähren können und was zwar die Verfassung geregelt hat, doch woran sich die Welt der niedrigeren Rechtsvorschriften nicht orientiert hat und wo eventuell noch Lücken in der Regelung geblieben sind, die man mit neuen Verfassungstexten überbrücken oder ausfüllen muss. Es wird also auch eine Verfassungsänderung größeren Maßes geben. Im September wird der Diskurs darüber beginnen, und wird meiner Ansicht nach ein bis anderthalb Jahre andauern. Doch unabhängig davon hatten wir das Gefühl, dass hier und jetzt im Interesse Ungarns das erste Gesetzespaket eingereicht werden muss, und wir die Verfassungsänderung im Hinblick auf die Sicherheit und die Verteidigung jetzt gleich vornehmen müssen.
Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsident Viktor Orbán.