Viktor Orbáns Antworten auf die Fragen der Journalisten
1 Februar 2022, Moskau (Москва)

Csaba Joó (M1 Nachrichten): Ich frage beide Herren Präsidenten, wie sehr ist es dank der jetzigen Verhandlungen gelungen, die Versorgungssicherheit Ungarns zu verbessern? Ich denke hierbei an das Gas oder gerade an die Atomenergie.

Antwort von Herrn Präsidenten Wladimir Wladimirowitsch Putin.

 Ich sage es den russischen Journalisten, dass heute der Preis von Gas und Strom in Westeuropa im vergangenen Zeitraum für die Haushalte auf das Zwei-Dreifache angewachsen ist. Das bedeutet für die Familien eine ernsthafte Herausforderung. Es gibt eine einzige Ausnahme, wo das nicht geschehen ist, das ist Ungarn. In Ungarn gilt seit langen Jahren für die Haushalte die Senkung der Nebenkosten. Und dessen wichtigste Voraussetzung ist das russische Gas. Wenn es russisches Gas gibt, dann gibt es für die ungarischen Familien eine billige Versorgung und es gibt die Senkung der Nebenkosten. Wenn es kein russisches Gas gibt, gibt es keine Senkung der Nebenkosten. Deshalb ist es vom Gesichtspunkt aller ungarischer Haushalte von großer Bedeutung, dass es uns heute gelungen ist, übereinzukommen, oder wir sehr nah zu der Vereinbarung gelangt sind, dass das jährlich garantierte russische Gas in Ungarn um eine Milliarde Kubikmeter mehr sein soll. Mit dieser heutigen Vereinbarung haben wir die Energieversorgung Ungarns endgültig in Sicherheit gebracht, und durch die Bekräftigung unserer Übereinkunft über Paks haben wir es erreichbar werden lassen, dass bis 2030 in Ungarn 90 Prozent der Energie dann nicht aus fossilen Quellen stammen werden. Dazu ist die nukleare Kooperation zwischen Russland und Ungarn notwendig. Ohne Paks gibt es keine gute ungarische Klimapolitik, doch hat die heutige Vereinbarung auch dafür die Grundlagen geschaffen.

Frage des Journalisten der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Im Zusammenhang mit dem Coronavirus kam die Kooperation zur Sprache. Wann ist die Herstellung von Sputnik V in Ungarn zu erwarten, kann man damit rechnen, dass Ungarn auch Sputnik Light kaufen wird bzw. ist auch die Herstellung von Sputnik Light vorstellbar?

Antwort von Herrn Präsidenten Wladimir Wladimirowitsch Putin.

Für den Vertrieb von Sputnik Light in Ungarn müssen sieben Untersuchungen durchgeführt werden, davon sind sechs erfolgreich beendet, und bald wird auch die siebente zu Ende gehen, so wird Ungarn dann auch Sputnik Light kaufen. Wir sind ein Land, in dem alle möglichen Arten von Impfstoff zugänglich sind, und da unsere Erfahrungen mit dem russischen Impfstoff gut sind, das ist ein starker, zuverlässiger und erfolgreicher Impfstoff, deshalb ist es richtig, wenn auch von diesem den ungarischen Bürgern eine entsprechende Menge zur Verfügung steht. Die neue ungarische Impfstofffabrik wird Ende des Jahres zu arbeiten beginnen, es wird eine Fabrik mit einem modularen System sein. Wir können alle möglichen Arten von Impfstoff herstellen, und wenn wir zu einer Vereinbarung kommen können – und warum sollten wir es nicht können? –, dann werden wir auch den Sputnik-Impfstoff herstellen.

Antwort von Herrn Präsidenten Wladimir Wladimirowitsch Putin.

 Béla Veres (MTVA): Sind im Rahmen der Unterredung im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit solche neuen Möglichkeiten zur Sprache gekommen, über die wir bisher wenig oder überhaupt nichts gehört haben?

 Zunächst einmal müssen wir wissen, dass die russische Wirtschaft jene Sanktionen in den vergangenen Jahren, mit denen man sie belegt hat, äußerst gut vertragen hat. Wenn sich also jemand die Zahlen ansieht, dann wird er sehen, dass die russische Wirtschaft viel stärker ist, als man das im Übrigen im Westen zu denken pflegt. Und Russland ist deshalb nicht nur die Heimat der alten, sondern auch der neuen Möglichkeiten, auch heute haben wir über neue Möglichkeiten gesprochen. Ich muss sagen, die Sanktionspolitik, die gegen Russland eingeführt worden war, hat Ungarn einen größeren Schaden zugefügt als Russland. Russland hat auf Gebieten Importe ablösende Kapazitäten ausgebaut, auf welche Gebiete früher wir aus Ungarn Waren geliefert haben, wir haben also an Markt verloren. Man hat Russland gezwungen, sich auf die Weise zu entwickeln, dass dabei einige Länder aus Westeuropa, z.B. auch Ungarn hinsichtlich einzelner Waren ihren Markt verlieren. Auch hieraus ersehen Sie, dass die Sanktionspolitik eine gerade dem Gewünschten entgegengesetzte Wirkung erreicht hat, deshalb ist dies in der internationalen Politik ein erfolgloses, zum Misserfolg verurteiltes Instrument, ich halte es weder im Fall von Russland noch in dem irgendeines anderen Landes für zielführend. Was die neue Möglichkeit angeht, in Ungarn wurde ja an der ukrainisch- ungarischen Grenze eine gewaltige Investition durchgeführt, wo Europas modernstes Umladeterminal für Container erbaut worden ist. Dies ist viel schneller in der Lage Container in großer Menge umzuladen als jedweder europäische Umladepunkt, der Russland oder die Ukraine berührt. Das ist eine riesige Möglichkeit, und jetzt haben wir darüber verhandelt, die hierin steckenden geschäftlichen Möglichkeiten mit Hilfe eines gemeinsamen russisch-ungarischen Transportunternehmens auszunutzen, und so wie ich das sehe, wird diese Vereinbarung zwischen unseren Eisenbahngesellschaften in der Zukunft auch zustande kommen können. Das ist eine vollkommen neue Möglichkeit, sie erhöht die Leistung der ungarischen Wirtschaft um Größenordnungen, und jene geographische Gegebenheit Ungarns, dass es an einer sehr guten Stelle liegt, wie eine Schlagader müssen sowohl Rohre, Leitungen, Straßen und Eisenbahnlinien sowohl in östlich-westlicher als auch in nördlich-südlicher Richtung durch das Land hindurchführen, jetzt werden wir mit dieser Kooperation diese geographische Gegebenheit gut nutzen können.

Antwort von Herrn Präsidenten Wladimir Wladimirowitsch Putin.

 Russischsprachige journalistische Frage. Ich möchte beiden führenden Politikern die Frage stellen. Als erster Mann eines Landes, das sowohl Mitglied der Europäischen Union als auch der NATO ist, wie bewerten Sie die Verhandlungen mit der NATO, der OSZE? Und an den Herrn Präsidenten, die auf unsere Initiative gegebenen Antworten haben auf dem Gebiet der Befürchtungen kaum eine adäquate Reaktion erhalten. Doch trotzdem, wie werden Sie auf diese Dinge antworten? Und am wichtigsten ist vielleicht, wie Sie antworten werden, sagen Sie eventuell, wie Sie antworten werden, und wie Sie die Sicherheitslage charakterisieren können, denn in Kiew hört man jetzt schon Stimmen, dass wenn es nicht gelingen sollte, die im Minsker Abkommen festgehaltenen Dinge zu verwirklichen, dann wird das Land in zwei Teile zerrissen.

 Die Lage ist ernst. Auch die Unterschiede sind bedeutend. Russlands Ansprüche konnte die ganze Welt kennenlernen, und es ist auch offensichtlich, dass die auf diese gegebene Antwort nicht mit diesen zusammenfällt. Also sind die russischen Sicherheitsansprüche und die Bereitschaft der NATO-Mitgliedsstaaten, diese zu garantieren, vorerst weit voneinander entfernt. Obwohl diese Entfernung bedeutend ist, so ist sie doch nicht unüberbrückbar. Ich habe mich heute dessen vergewissert, dass die vorhandenen Unterschiede in den Positionen überbrückbar sind, und es möglich ist, eine Vereinbarung abzuschließen, die den Frieden garantiert, die Sicherheit Russlands garantiert und auch annehmbar für die Mitgliedsstaaten der NATO ist. So eine Vereinbarung ist möglich, und ich vertraue darauf, dass in den kommenden Tagen und Wochen die Verhandlungen diese Vereinbarung auch erreichen werden.

Antwor von Herrn Präsidenten Wladimir Wladimirowitsch Putin.