Vielen Dank. Vor allen Dingen danke ich zuerst Herrn Präsidenten Vučić und dann Herrn Bundeskanzler Nehammer für die Möglichkeit des heutigen Treffens.
Ungarn ist ein Land in einer speziellen Situation. Wir stehen unmittelbar unter zweierlei Druck. Die Ukraine ist unser Nachbar, von dort aus stehen wir unter einem Kriegsdruck, und im Süden ist Serbien unser Nachbar, und über Serbien stehen wir unter einem Migrationsdruck.
Ich muss einige Sätze auch zu dem gestrigen Ereignis sagen, schließlich sind zwei polnische Staatsbürger gestorben, und es ist wichtig, unser Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen, und uns selbst bewusst zu machen, dass da es in der Nachbarschaft einen Krieg gibt, sind wir aus diesem Grund in Gefahr. Wir sind in Gefahr im wirtschaftlichen Sinn, aber auch im physischen Sinn. Dass Polen jetzt auf seinem eigenen Territorium Leben verloren hat, zeigt deutlich, dass wenn es in der Nachbarschaft Krieg gibt, dann bist auch Du nicht in Sicherheit. Und der Umstand, dass als Ergebnis der gestrigen Bombardierungen die Ölversorgung aus Richtung Osten nach Ungarn eingestellt worden ist, vielleicht wird es bis zum heutigen Nachmittag gelingen, sie wieder herzustellen, zeigt deutlich, dass auch unsere Wirtschaft in Gefahr ist. Und wenn Du selbst in Gefahr bist, Deine Staatsbürger und Deine Wirtschaft, dann muss man nach nur einer Sache streben, nämlich diese Gefahr abzuwenden. Heute kann man die direkte Gefahr auf eine einzige Weise abwenden, dies nennt man Waffenstillstand. Wir wollen Frieden und eine Feuerpause.
Ich möchte mich bei Herrn Präsidenten Vučić für die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren bedanken. Es gibt tatsächlich irgendeine eigentümliche Kraft in der serbisch-ungarischen Zusammenarbeit. In der ungarischen Sprache gibt es hierfür ein gutes Wort, ich weiß nicht, ob dies auf Serbisch funktioniert, dieses lautet ungarisch, dass Du in einer Schicksalsgemeinschaft bist. Die Schicksalsgemeinschaft bedeutet, dass Du mit dem anderen im Guten und auch im Schlechten zusammen bist, mal hilfst Du ihm aus und ein anderes Mal hilft er Dir. Und das ist keine politische Frage, sondern die Frage eines Lebensinstinkts. Die Nationen besitzen ebenso wie die Individuen einen Lebensinstinkt, und der ungarische und, glaube ich, auch der serbische Lebensinstinkt ist, dass wir, da wir in einer Schicksalsgemeinschaft miteinander verbunden sind, miteinander kooperieren müssen. Dem versuchten wir in den vergangenen Jahren zu entsprechen, und ich bin Herrn Präsidenten Vučić dankbar, dass ich hierin in ihm den besten serbischen Partner in der Geschichte Ungarns begrüßen kann.
Was die ungarische Migrationssituation angeht, so haben wir im Laufe dieses Jahres 250 tausend illegale Versuche, die Grenze zu überqueren, verhindert. Hinzu kommt noch, dass nicht nur ihre Zahl zunimmt, sondern auch die Aggressivität immer weiter zunimmt. Bei den Menschenschleppern befinden sich nicht mehr nur Waffen, sondern sie gebrauchen diese auch zeitweilig gegen die die Grenze beschützenden offiziellen ungarischen Organe. Die Situation ist deutlich erkennbar eine schwierige. Dieses Treffen ist aber nicht nur für Ungarn wichtig, sondern es ist ein für den gesamten Balkan wichtiges Treffen, denn nicht nur wir, Ungarn, leiden, sondern der gesamte Balkan leidet unter der Migration. Und nach meiner Erfahrung, ich kämpfe schon seit ziemlich langem gegen die illegale Migration und ich habe schon alles gehört, wie man dies richtig machen müsse, doch kann ich Ihnen mit Sicherheit sagen, ich glaube angesichts der Erfahrungen der vergangenen Jahre nur an eine einzige Methode, an die Methode, indem wir deklarieren, dass die Migration nicht gemanagt werden muss, sondern sie muss aufgehalten werden. In einem einzigen Fall kommen die Migranten nicht in Dein Land, in keinem einzigen Fall versuchen sie in Dein Land hineinzukommen, wenn sie wissen, dass es nicht gelingen wird. Wenn sie denken, es wird gelingen, dann werden sie kommen. Wir müssen also deutlich machen, dass man in unsere Länder nicht auf eine die Gesetze verletzende Weise hereinkommen kann. Deshalb muss die Migration nicht gemanagt werden. In Brüssel ist das ein häufig verwendeter Begriff, die gut gemanagte Migration. Es gibt keine gut gemanagte Migration! Die Migration ist an sich eine schlechte Sache, deshalb müssen wir uns vor ihr schützen und müssen sie aufhalten. Und die illegale Übertretung der Grenze ist eine Straftat, gegen die man auftreten muss. Ungarn hat seit 2015 1,6 Milliarden Euro für den Schutz der Grenze ausgegeben. Brüssel hat davon insgesamt 1,2 Prozent erstattet. Es ist deutlich, dass wir nur auf uns selbst zählen können.
An dieser Stelle muss ich sagen, dass von Ungarn aus die Welt betrachtet, es ganz eindeutig ist, dass das Schlüsselland der europäischen Sicherheit den Namen „Serbien“ trägt. Wenn Serbien seine eigenen Grenzen verteidigt, dann schützt es nicht nur sich selbst, sondern es schützt Ungarn, es schützt Österreich und es schützt die gesamte Europäische Union. Deshalb gebührt unser Respekt und Dank Serbien. Klar ersichtlich daraus ist auch, dass die Mitgliedschaft Serbiens in der Europäischen Union ein europäisches Interesse ist. Wir könnten auch die Frage der Migration viel leichter managen, wir könnten uns viel besser gegen die Migration schützen, wir könnten die Migration viel leichter aufhalten, wenn auch Serbien schon innerhalb der Europäischen Union wäre und diese dreiseitige Zusammenarbeit eine regionale Zusammenarbeit innerhalb der EU wäre. Also Ungarn drängt auch weiterhin darauf, dass die Europäische Union die vollumfängliche Mitgliedschaft Serbiens möglichst schnell ermöglichen soll.
Solange, bis dies nicht geschieht, können wir ein einziges Ziel haben, nämlich unsere Verteidigungslinien möglichst weit in den Süden zu rücken und mit Serbien und Österreich eine gemeinsame Grenzschutzkraft zu schaffen. Ungarn stellt das dazu notwendige Personal und die technischen Instrumente sofort zur Verfügung. Wir müssen wissen, dass dies kein kurzfristiges Problem ist, diese Sorge, dieses Übel, das wir Migration nennen, wird mit uns über einen längeren Zeitraum zusammenleben, deshalb müssen wir nach einer langfristigen Zusammenarbeit und nach beständigen Strukturen streben. Am heutigen Tag haben wir einen wichtigen Schritt in diese Richtung getan.
Ich danke Herrn Präsidenten Vučić, dass er uns das Treffen ermöglicht hat.