Katalin Nagy: Gerade heute ist es zehn Jahre her, dass Viktor Orbán 2010 seinen Amtseid als Ministerpräsident im Parlament geleistet hat. Nicht das erste Mal. Das war ja schon Ihre zweite Regierung, die Sie gebildet haben, nicht wahr? Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán. Wussten Sie, dass etwas anderes getan werden musste?
Guten Tag! Ich begrüße die Zuhörer! Wahrlich, es ist selbst zusammenzuzählen nicht einfach, so viele Jahre an der Regierung haben wir hinter uns. Ich wusste, man müsse etwas anderes machen, natürlich, auch aus zwei Gründen. Zunächst einmal muss man – langwierige geschichtsphilosophische Ausführungen beiseitelassend – sagen, dass es 1990 in Ungarn nicht gelungen war, eine Veränderung zu erreichen, die das Land hätte erneuern können. Ein jeder erinnert sich ja daran, dass es eine Diktatur gab, dann haben wir die Kommunisten kleingekriegt, wenn ich so profan formulieren darf. Die Sowjets haben wir verdrängt. Jetzt erinnern wir uns schon fröhlich an diese Momente zurück, aber damals stand viel auf dem Spiel. Wir haben also das geordnet, was geordnet werden musste. Und danach haben wir, also wir Ungarn, die Zukunft des Landes in die eigenen Hände genommen. Jedoch war der Kampf, der in solchen Situationen zwischen dem alten Regime, also den Vertretern der kommunistischen Welt und den Vertretern der neuen Welt zu entbrennen pflegt, nicht mit der Bildung der Regierung unter der Leitung des ersten nicht kommunistischen oder antikommunistischen Ministerpräsidenten, unter József Antall, Gott habe ihn selig, zu Ende gegangen. Der Kampf war also nicht abgeschlossen, sondern der Gegner ging dort zu einem riesigen Angriff über. Die politische Linke hatte sich also neu formiert, sie hat sich auch nicht von ihrer Vergangenheit distanziert, und es begann ein langer Kampf. In den anderen mitteleuropäischen Ländern schloss man dies so ab, dass natürlich die antikommunistischen Kräfte siegten, und dann hat man schnell oder mit Hilfe einer Vereinbarung oder nicht mit den übriggebliebenen linken Grüppchen zusammen eine neue Verfassung geschaffen. Und indem eine neue Verfassung entstand, in der ein jedes Land sich selbst formulierte, von den Polen bis zu den Bulgaren, die haben das in drei-vier Jahren durchgeführt und die Auseinandersetzung war damit auch abgeschlossen. Die Vergangenheit hatte verloren, die Zukunft hatte gewonnen. Und in Ungarn ist das nicht geschehen. Mal siegte die Zukunft, dann wiederum siegte die Vergangenheit. Und das ging so über zwanzig Jahre. Und nachdem wir 2010 eine Zweidrittelmehrheit erhalten hatten, war ich mir darin sicher, dass diese Auseinandersetzung beendet werden muss. Ein Volk kann nicht jahrzehntelang so leben, dass es politische Auseinandersetzungen dieses Typs führt. Die Zukunft muss siegen, das war meine Vorstellung. Die Zweidrittelmehrheit war da. Herr Präsident Pál Schmitt besitzt unvergängliche Verdienste, er war unser verfassungsgebender Präsident. Das Parlament hat die Verfassung formuliert, der Herr Präsident hat sie unterschrieben, wir haben sie verkündet. Wir hatten eine Nationale Konsultation über diese Frage durchgeführt. Das war die erste, es war ein phantastisches Erlebnis. In der Verfassung findet sich also alles, was die Mehrheit der Menschen damals dachte, und wir sagten: „In Ordnung, von jetzt an muss man sich mit der Zukunft beschäftigen.“ Der zweite Grund, aus dem ich wusste, dass man die Dinge anders machen muss, war der Umstand, dass wir uns inmitten einer Krise befanden, denn 2008-2009 hatte eine schwere Finanzkrise Ungarn erschüttert. Millionen von Familien kamen an den Rand des Ruins, und man musste etwas mit dieser Situation anfangen. Deshalb hat man uns übrigens auch mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt, nicht wegen unserer schönen Augen, sondern weil man 1998 in Ungarn die Erfahrung gemacht hatte, dass man auf uns zählen kann, wenn es Probleme gibt. 2002 hatten wir die Wahlen verloren, weil die Dinge im Großen und Ganzen in Ordnung gekommen waren, und eine Mehrheit der Menschen in der offenen politischen Auseinandersetzung unsere damaligen Gegner sympathischer fand als uns. Aber sobald die Probleme erneut da waren – dies pflegt in Ungarn so zu sein –, geben auch jene uns ihre Stimme, die uns im Übrigen nicht besonders gern haben, weil sie wissen, dass irgendjemand die Dinge in die Hand nehmen muss. Das Übel muss bei seinem Namen genannt werden. Man muss ein Programm zur Bewältigung der Krise verkünden und man muss es bis zum Ende durchführen. Das ist keine theoretische Frage, sondern eine praktische. Deshalb haben wir die Zweidrittelmehrheit erhalten. Und ich wollte die Krise nicht auf die Weise managen, wie das die Sozialisten und die vorherigen Regierungen getan hatten, indem sie die Menschen immer weiter auspressten und alle Lasten und Folgen des Krisenmanagements auf die Familien abwälzten. Sie haben also eine Monatsrente weggenommen, das ist schon lange her, mehr als zehn Jahre, vielleicht erinnert sich auch nicht mehr ein jeder daran, aber sie haben eine Monatsrente weggenommen, sie haben einen Monatslohn weggenommen, sie haben die Steuern erhöht, sie haben den Familien das System der Unterstützungen weggenommen und sie haben mit den früheren in Fremdwährungen aufgenommenen Krediten Millionen von Familien in die Zinsknechtschaft getrieben. So standen wir 2010 und ich dachte, man könne dies auch anders machen. Wir waren im Übrigen nicht sehr viele, die das gedacht hatten. Neunzig Prozent aller ungarischer Wirtschaftswissenschaftler dachten anders. Damals war die Krone noch auf dem Haupt der liberalen Wirtschaftswissenschaftler. Es war so, dass nur sie wissen, was die Wahrheit ist, nur sie kennen die Welt, man könne nur auf eine einzige Weise denken. Und dann hat György Matolcsy, dessen Namen ich ebenfalls erwähnen muss, diese Kronen von ihren Köpfen gestoßen, und er sagte, es gebe einen anderen Weg der Ökonomie, eine andere wirtschaftspolitische Annäherung, wir sollten es anders machen. Ich danke also dem lieben Gott, dass er uns einerseits Pál Schmitt als verfassungsgebenden Präsidenten hierher gesandt hatte, und ich andererseits als Ergebnis der früheren Zusammenarbeit erneut für lange Jahre die Kameradschaft von György Matolcsy gefunden habe und wir dieses Programm zum Umgang mit der Wirtschaft gemacht haben. Aber wenn ich all das in Klammern setze, denn das sind Aktualitäten von vor zehn Jahren, dann muss ich sagen, dass ich, dass wir natürlich auch ein Ziel höherer Ordnung hatten. Ich will jetzt keine nützlichen Minuten der Sendezeit verschwenden, aber ich sage ganz ehrlich, ich bin zwar ein Kind vom Dorf, doch hat man mich mein Leben lang so erzogen – und nicht nur meine Eltern und meine Großeltern, sondern auch jene, denen ich im Dorf begegnet war –, dass wenn es um solche Dinge ging, es eindeutig war, dass ich das Kind einer großen Nation bin. Und wir alle dort in Felcsút und in Alcsút waren der Ansicht, dass wir einer großen Nation angehören. Jetzt gehen die Dinge gerade schlecht, die Ruskis, wie wir sie nannten, waren hier, und auch die Kommunisten saugen unser Blut, aber in Wirklichkeit sind wir eine große Nation, und früher oder später wird der Moment kommen, in dem wir dies werden zeigen können. Wenn ich also die Regierungsarbeit verrichte, möchte ich als Endziel erreichen, dass jeder Ungar das Gefühl haben soll, dass wir zusammengehören, wir eine Nation sind, dies eine große Nation ist. Deshalb können wir stolz darauf sein, dass wir Ungarn sind. Und wenn das erreicht ist, dann wird das andere schon gehen. Also im Großen und Ganzen dachte ich auf diese Weise, um hier zusammenzufassen, was wir vor zehn Jahren dachten, wohin wir gelangen könnten. Und wenn ich zurückblicke, so ist man nie zufrieden, denn man kann immer alles besser machen, man hat Momente, in denen man nicht immer die beste Lösung findet, doch insgesamt schreiten wir trotzdem in die Richtung, in die wir gerne wollten. Meiner Ansicht nach fühlt sich jeder Ungar besser in seiner Haut. Es ist auf natürlichere Weise ungarisch als er es war, das muss man auch nicht beteuern. Dass die ungarische Nation eine große Nation ist, muss man auch nicht beteuern, denn die täglichen, die jährlichen Erfolge liefern meiner Ansicht nach Tag für Tag den Beweis dafür angefangen mit der Wirtschaft über den Sport bis inklusive der Kunst. Und schließlich hat Ungarn auch das Grundgesetz angenommen, also nicht die Verfassung, sondern jenes Grundgesetz des Lebens, nach dem man nur mit Arbeit sein Glück machen kann, und die Arbeit muss respektiert werden, und einem jeden muss Arbeit gesichert werden. Deshalb ist Ungarn heute vielleicht die einzige Gesellschaft Europas, nicht nur Wirtschaft, sondern auch Gesellschaft, die auf Arbeit basiert. Dies bestimmt unser Denken, und meiner Ansicht nach werden wir auch deshalb in den kommenden Jahren erfolgreich sein.
Vor zehn Jahren musste man die Krise bewältigen. Im Grunde muss man auch jetzt sie, die Krise, managen. Das ist eine andere Art von Krise. Hier hat die Regierung ja zwei Sitzungen abgehalten, wir haben dem Parlament auch den Vorschlag über die Zurücknahme der besonderen Rechtsordnung vorgelegt. Wir müssen jetzt einen anderen Begriff lernen, die Seuchenschutzbereitschaft, denn diese möchte die Regierung jetzt aufrechterhalten, wenn es das Parlament akzeptiert. Was bedeutet das? Welche Kompetenzen, welche besonderen Zuständigkeiten wird die Regierung in so einem Zeitraum besitzen?
Wenn wir über außergewöhnliche Kompetenzen reden, dann kann man – ohne zu übertreiben – sagen, es war eine der besten Entscheidungen der vergangenen zehn Jahre, dass wir die besondere Rechtsordnung eingeführt haben, denn in der Zeit einer Seuche, in der Zeit einer Virusepidemie, in der Zeit einer Pandemie ist die Schnelligkeit am wichtigsten. Die Besonnenheit ist auch wichtig, auch die guten Entscheidungen und die klugen ärztlichen Gutachten, doch am wichtigsten ist die Zeit. Jede Entscheidung muss im gegebenen Moment gefällt werden. Die besondere Rechtsordnung hat das ermöglicht. Eine besondere Rechtsordnung ist eine schwerwiegende und ernsthafte Sache, das wird durch unsere Verfassung geregelt. Es bestand also keine außerkonstitutionelle Situation, sondern wir sind bei der in der Verfassung niedergeschriebenen normalen Rechtsordnung zur besonderen Rechtsordnung übergegangen. Wir sind also innerhalb des Rahmens der Verfassung verblieben. Und die besondere Rechtsordnung ist aus dem Grund eine schwerwiegende und ernsthafte Sache, weil sie der Regierung die Möglichkeit, die Ausnahmemöglichkeit gibt, Gesetze durch Verordnungen zu modifizieren. Wir Ungarn verleben schon seit langem unsere Tage in einem parlamentarischen System. Das bedeutet, dass grundlegende, auf Ihr Leben mit bestimmender Kraft wirkende Gesetze nur die durch Sie gewählten Abgeordneten im Parlament treffen können. Die Regierung kann nur innerhalb dieses Rahmens Verordnungen erlassen, aber die großen Fragen und den Rahmen legt das Parlament fest. Das ist richtig. Unser System ist ein parlamentarisches. Darauf verstehen wir uns, das halten wir seit langem am Laufen, manchmal besser, manchmal schlechter, aber eher besser als schlechter. Die besondere Rechtsordnung bedeutet, dass wir mit dieser Regel brechen, und die Regierung bestehende Gesetze durch eine Verordnung modifizieren bzw. durch eine Verordnung eine Regel schaffen kann, die man ansonsten nur durch ein Gesetz schaffen könnte. Und das ist in solchen Momenten aus dem Grund notwendig, denn man verfügt vergebens sogar über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, da muss man nur die Vorschläge einbringen, die müssen nur diskutiert werden, dafür gibt es eine Verfahrensordnung, und so weiter. Und in solchen Momenten zählen auch Stunden. Und wenn wir eine rasche Entscheidung wollen – sagen wir man musste morgens um fünf oder sechs Uhr entscheiden, es kam vor, dass wir auf Grund der Entwicklungen der vorhergehenden Nacht Entscheidungen treffen mussten –, also man kann mit der Entscheidung vom frühen Morgen nicht auf die Abstimmung im Parlament am Abend warten. Es war also richtig, dass wir diese Rechtsordnung geschaffen haben. Doch jetzt haben wir schon die erste Schlacht gegen die Seuche gewonnen, wenn auch die Gefahrensituation auch weiterhin besteht, denn es gibt keinen Impfstoff gegen das Virus, doch ist die besondere Rechtsordnung nicht mehr notwendig, um mit der Situation umgehen zu können. Und deshalb kann die Regierung, wenn das Parlament das sich hierauf beziehende Gesetz annimmt, im Weiteren keine Verordnungen mehr in Angelegenheiten erlassen, in denen Gesetze geschaffen werden müssen. Das ist der Unterschied zwischen den beiden Zuständen. Deshalb sagen wir, dass wir dieses unser Recht zurückgeben bzw. dieses jetzt dann das Parlament von uns zurücknimmt. Da aber die Epidemie nicht aufgehört hat und die Professoren, die Berater sowie die Ärzte sagen, mit großer Wahrscheinlichkeit kann im Herbst eine zweite Welle zurückkehren, wie dies auch immer im Fall und in der Geschichte solcher Epidemien geschehen ist, und die darf uns nicht in dem Zustand antreffen, wie uns die erste Welle im März angetroffen hat. Wir müssen also die Möglichkeit ausnutzen, dass wir die Natur dieser Seuche kennen und über sie Bescheid wissen – wir müssen uns auf die zweite Welle vorbereiten. Das nennen wir Seuchenschutzbereitschaft. Was im Übrigen die rechtzeitig getroffenen Entscheidungen angeht, ich habe immer darauf geschaut, an dem wievielten Tag nach der ersten Ansteckung die eine oder die andere, im Interesse des Aufhaltens der Epidemie gefällte Entscheidung von den einzelnen Ländern getroffen worden ist. Und deshalb haben wir uns besser geschützt als die Westler, und wir können es ruhig aussprechen, Ungarn hat sich erfolgreicher verteidigt als die Westeuropäer, da wir jede Entscheidung früher getroffen haben als sie, das heißt wahrscheinlich eher rechtzeitig als sie. Zum Beispiel kam es bei uns am 7. Tag zur Verkündung der Gefahrensituation, bei den Italienern am 38. Das Verbot des Schulbesuchs wurde bei uns am 12. Tag nach der ersten Infektion ausgesprochen, in Österreich am 21., in Italien am 34. Tag. Ich musste ja die Grenzschließung anordnen. Ich habe das am 13. Tag angeordnet, die Österreicher erst am 24. Tag, die Spanier am 45., die Franzosen am 56. Tag. Meiner Ansicht nach ist also der qualitative Unterschied im Erfolg der Verteidigung damit zu erklären, was der im Gegensatz zu den Westlern bestehende, zu unseren Gunsten bestehende qualitative Unterschied ist, dass wir jede Entscheidung früher und schneller, gerade Dank der besonderen Rechtsordnung rascher getroffen haben. Nun müssen wir uns aber unabhängig von der eventuellen zweiten Welle auch darauf vorbereiten, dass in jeweils einem lokalisierten Raum, also sagen wir in einem Altenheim oder in Krankenhäusern die Infektionen auch jetzt in der Zeit der nachlassenden Epidemie zunehmen können. Also habe ich im Laufe des gestrigen Tages den Operativen Stab angewiesen, so eine Einsatzeinheit aufzustellen. Wir verfügen also über eine zentrale Einheit, in der sich alle Arten von Experten befinden, vom Fachmann für Chemieschutz bis zum Arzt, und wenn wir sonst wo im Land so eine Zunahme der Fälle in der einen oder der anderen Institution beobachten, dann erscheint die Einsatzeinheit dort sofort und kann die Infektion lokalisieren. Es kann uns also auch beim Neustart des Lebens eine größere Sicherheit liefern, dass wir über so eine besondere Einheit verfügen.
Auf der Regierungsinfo hat Gergely Gulyás gesagt, dass der Regierung in dieser erwähnten Seuchenschutzbereitschaft nur äußerst bescheidene Kompetenzen bleiben. Aber interessant ist auch, ich weiß gar nicht, man kann es schon als selbstverständlich ansehen, dass der Vorschlag der Regierung noch gar nicht erschienen ist bzw. sie ihn noch gar nicht vorgelegt hat, das sagen die Sorosschen Rechtsschutzorganisationen bereits, die ungarische Regierung würde auch weiterhin über solch eine Vollmacht verfügen wie bisher. Es stimmt zwar, dass sie kein Beispiel nennen, sie sagen keine einzige konkrete Sache, aber sie behaupten dies.
Schauen Sie, ein sich mit Erkenntnistheorie beschäftigender Philosoph könnte sich gut amüsieren, denn was ist das Problem der politischen Linken? Ihrer Ansicht nach gab es bereits seit 2010 eine Diktatur. Aber das ist alles noch gar nichts, denn wir haben mit der besonderen Rechtsordnung die Diktatur noch einmal eingeführt. Und jetzt, wo wir die Befugnisse zurückgeben, jetzt ist die Diktatur…
Ja, das ist dann die dritte?
… wieder noch größer. Es gibt also im intellektuellen Sinn eine Störung dort auf der anderen Seite. Ich möchte also sagen, es bleiben Befugnisse erhalten. Drei wichtige Dinge sind mit der Seuchengefahrensituation und mit der Seuchenschutzbereitschaft verbunden. Das erste ist, dass die Tätigkeit des Operativen Stabes fortgesetzt wird. Das zweite, dass das System der Leitung der Krankenhäuser unter Bedingungen des Seuchenschutzes aufrechterhalten bleibt, und das dritte, dass die Oberste Amtsärztin verstärkte Kompetenzen erhält. Insoweit wird unser Leben – sagen wir im Sommer – im Vergleich zu dem früheren Zeitraum sich verändern. Diese drei Dinge sind es, mit denen wir die Seuchenschutzbereitschaft abdecken können. Das bedeutet dies.
Welche Schlussfolgerungen kann man hier für den kommenden Zeitraum ziehen? Sehen Sie, was die ungarische Gesellschaft über diese Maßnahmen denkt? Sagen wir, man kann doch sehen, dass sie sie nicht für sehr schlecht hält, denn sie hat diese Maßnahmen eingehalten. Sie haben das ja auch formuliert, mehrere andere Stimmen haben es auch ausgeführt, dass es dem zu verdanken ist, dass wir relativ schnell handelten oder auch nicht das Stadium der massenhaften Erkrankungen erreicht haben.
Drei Dingen ist es zu verdanken, dass es keine massenweise Epidemie gab. Das erste waren die rechtzeitig getroffenen Entscheidungen. Das zweite war der Zusammenhalt, der in den Medien in erster Linie als Disziplin beschrieben wird, aber es handelt sich dabei um mehr, denn die Menschen haben nicht nur diszipliniert auf sich selbst geachtet, sondern auch aufeinander, was meiner Ansicht nach ein schönes Beispiel für den Zusammenhalt ist. Und das dritte ist, dass – unter uns gesagt – Ungarn im Gesundheitswesen über ganz herausragende Fachleute verfügt. Also auch unsere Experten für den Seuchenschutz sind genial, unsere Ärzte in den Krankenhäusern, denen ich begegnet bin, sind ganz hervorragend. Und ich muss sagen, in ihrem Arbeitsbereich haben auch unsere Krankenschwerstern auch immer alles getan. Ein jeder hat also seine Arbeit verrichtet. Das hat meiner Ansicht nach den Erfolg erbracht. Das bedeutet nun, dass die Menschen dann bereit sind, zusammenzuhalten und gemeinsam die eine oder die andere Maßnahme zu vollstrecken, wenn sie mit ihr einverstanden sind oder deren Sinn sehen. Ich habe also nach 2010 die Erfahrung gemacht, dass jene institutionalisierte Form, die wir eingeführt haben und die wir Nationale Konsultation nennen – wir haben sie bei der Verfassungsgebung anzuwenden begonnen, ich glaube, bisher hat es davon insgesamt vielleicht acht gegeben –, eine gute Möglichkeit ist, denn ein jeder kann seine Meinung mitteilen. Ein jeder hat seine eigene Stimme. Die kann er zu Papier bringen. Durch das Ausfüllen des Fragebogens der Nationalen Konsultation kann er sie uns zukommen lassen. Und dadurch erhalte ich bzw. die Regierung die Möglichkeit, Punkte der Zustimmung zu etablieren. Und in je mehr Dingen wir übereinstimmen, je mehr Punkte der Übereinstimmung wir besitzen, eine desto größere Unterstützung kann die eine oder andere Maßnahme besitzen, sie wird umso mehr befolgt, und wenn sie befolgt wird, wird sie umso effektiver sein. Und die Seuche ist eine schwerwiegende Angelegenheit, man darf mit ihr nicht spielen. Meiner Ansicht nach ist die Zeit gekommen, um das Instrument der Nationalen Konsultation einzusetzen. Wenn es stimmt, dann folgt jetzt eine ruhigere Phase der Seuche. Dies ist dazu geeignet, eine Nationale Konsultation anzukündigen. Der Großteil des Fragebogens ist fertig. Heute Vormittag beschäftige ich mich damit, und wenn es gelingt, dann schließe ich diese Frage auch ab, und von heute Nachmittag an können wir die Nationale Konsultation auch starten, in der es um das Coronavirus und den Neustart der Wirtschaft gehen wird. Welche Maßnahmen sollen wir in Kraft belassen, welche neuen sollen wir einführen, überhaupt: Wie sollen wir über das wirtschaftliche Krisenmanagement denken? Und ich werde fragen, denn das müssen wir fragen, ob wir jenen George-Sorosschen Plan, laut dem wir die Zinsknechtschaft zum Ergebnis besitzende ewige Anleihen herausgeben sollen, die kein Ablaufdatum haben, man muss nur ständig zahlen, so lange wir leben, ja auch noch unsere Enkel werden es müssen, sollen wir diese einführen oder nicht? Was denken die Menschen darüber? Es stehen also spannende Fragen vor uns, das sind alle ernsthafte Fragen. Ich bitte jedermann, wenn er die Nationale Konsultation in die Hand genommen haben wird, Sie werden sie auf dem Postweg erhalten, dann seien Sie so freundlich, füllen Sie sie aus und schicken Sie sie zu uns zurück.
Diese letzte Frage, was unsere Meinung über die ewigen Anleihen ist, ist aus dem Grund wichtig, weil die ungarische Regierung ihren Standpunkt im Zusammenhang mit dem kommenden siebenjährigen Haushalt der EU und der Ergänzung, die die Leiterin der Europäischen Kommission vergangene Woche vorgetragen hat, formulieren muss?
Wir haben so viele eigene ungarische Sorgen und Probleme, dass nur wenig Zeit übrig bleibt, um die Ereignisse außerhalb Ungarns genau zu verfolgen. Allein diese Woche gab es da zum Beispiel diese Messerstecherei auf dem Deák Platz, die einen erschüttert. Im Übrigen möchte ich den Angehörigen der Opfer mein Mitgefühl zum Ausdruck bringen. Und man hat vergeblich die Täter sogleich gefasst, das wird den Opfern ihr Leben nicht zurückgeben. Gestern gab es eine Demonstration im Zusammenhang damit. Das Leben läuft also in Ungarn, und man achtet mehr darauf, als auf Nachrichten von außen, doch geschehen auch da wichtige Dinge. Denn die Kommission hat ja am Mittwoch ihren Plan für den nächsten siebenjährigen Haushalt öffentlich gemacht. Das ist die gewohnte Debatte um die Verteilung des Geldes. Doch ist es jetzt insofern mehr als das, dass man dem jetzt ein Paket von etwa 750 Milliarden Euro – das sind so viele Nullen, dass ich sie in Forint gar nicht aufzählen kann, ohne dass die Sendezeit vorbeiginge – angehängt hat, das zum Teil aus Krediten, zum Teil aus Unterstützungen besteht, das der Minderung der durch das Virus verursachten wirtschaftlichen Schäden dienen muss. Das ist also jetzt eine große Angelegenheit. Und die Schaffung dieser 750 Milliarden Euro erfolgt nicht durch Arbeit, denn ansonsten pflegt das zu geschehen, dass die Menschen arbeiten, wir alle, und wir zahlen eine Summe in die Europäische Union ein. Diese vermischen wir dort schön, bestimmen die gemeinsamen Ziele, und verteilen sie. Da steckt also hinter jedem verteilten Euro oder Forint Arbeit. Jetzt hat man sich aber in der EU ausgedacht, es solle nicht so sein, sondern wir diese 750 Milliarden Euro als Kredit gemeinsam aufnehmen sollen. Und an diesem Punkt leuchtet in den Köpfen der ungarischen Menschen die rote Lampe auf. Und hinzu kommt noch, dass in dem gemeinsamen Vorschlag vorkommt, es reiche nicht aus, diesen Kredit gemeinsam aufzunehmen, sondern wir übernehmen auch gemeinsam die Garantie für die Rückzahlung. Also sagen wir, Sie als ungarische Staatsbürgerin müssen die Verantwortung für die Rückzahlung des griechischen, des italienischen oder des französischen Kredits übernehmen. Und wenn die das nicht können, dann werden Sie ihn zurückzahlen. Kurz und vereinfacht stehen die Dinge so. Ich erinnere mich gut daran, dass als die Griechen bankrottgingen, das mag so um 2012 gewesen sein, da mussten die Slowaken, die bereits in der Eurozone waren – damals mussten die zur Eurozone gehörenden Länder gemeinsam dafür geradestehen, wir nicht, wir waren nicht in der Eurozone, da wir nicht im gemeinsamen Geld drin waren –, damals mussten die Slowaken etwa 400 Millionen Euro, so etwa 150 Milliarden Forint nach heutigem Wechselkurs hier in den Topf hineinwerfen, damit man die durch die Griechen aufgenommenen Kredite zurückzahlen konnte. Hier betritt also die europäische Geschichte einen Weg, den wir bisher nicht beschritten haben, den wir nicht gekannt haben. Das nennt man „Eurobonddebatte“, jetzt wird man sie als „Coronabonds“ bezeichnen, aber in Wirklichkeit ist das die konkrete Verwirklichung der Eurobonds, und das bedeutet, da man sie für dreißig Jahre aufnehmen möchte, auch noch über den Köpfen unserer Enkel wird dann die Möglichkeit schweben, dass wenn nicht die Ungarn, sondern jemand anders seinen Kredit nicht wird zurückzahlen können, dann werden sie ihn an deren Stelle zurückzahlen müssen. Ich weise dies also nicht sofort zurück, auch wenn sich mein Instinkt dagegen sträubt, sondern ich empfehle, wir sollten dies besonnen, ruhig studieren, und entscheiden, ob wir solch einen Weg beschreiten wollen, der auch für Jahrzehnte die Zukunft Ungarns bestimmen kann. Dieser Vorschlag besitzt einen Punkt, der auch für uns, Ungarn, wichtig ist. Hier wird ja Geld unter den Mitgliedsstaaten verteilt. Das Ziel des Geldverteilens pflegt ja zu sein, die weniger Entwickelteren zu einer schnelleren Entwicklung anzureizen oder ihnen zu helfen, und deshalb pflegt das auf die Weise zu geschehen, dass jeder eine Summe einzahlt, einen bestimmten Prozentsatz seines Bruttosozialprodukts, und danach verteilen wir dies, indem wir entlang gewisser Ziele den Ärmeren mehr zukommen lassen. Jetzt ist es die Situation, dass das neue Verteilungssystem, das man uns vorgestellt hat, eine absurde und perverse Lösung darstellt, denn es lässt den Reichen mehr Quellen zukommen als den Armen. Wozu dann das Ganze? Das stimmt also nicht. Meiner Ansicht nach ist es keine gute Idee, aus dem Geld der Armen die Reichen zu finanzieren. Ungarn ist ein Land, das heute noch arm ist, obwohl ich dem hinzufügen möchte, dass wir hinsichtlich des pro Kopf berechneten Bruttosozialprodukts die Griechen – ich glaube – bereits hinter uns gelassen haben, und die Portugiesen, dies sind schon hier neben uns. Möglicherweise können wir auch schon sie hinter uns lassen. Zwischen den beiden Weltkriegen gab es in der Zeit vor dem Kommunismus in Europa fünf Länder, im Vergleich zu denen das ungarische Bruttosozialprodukt pro Kopf höher lag, das waren die Griechen, die Finnen, die Spanier, die Portugiesen und die Iren. Jetzt haben wir schön angefangen diesen Rückstand abzuarbeiten, wobei ich hinzufügen muss, wir haben den Jahrestag von Trianon, dass das verstümmelte Ungarn jene Leistung erbrachte, und nicht jenes Ungarn, das im Übrigen als Ergebnis einer gesunden Entwicklung im Laufe von neunhundert Jahren eine der führenden Wirtschaftskräfte Europas noch vor dem Ersten Weltkrieg war. Ich muss also auch dann sagen, dass die ungarische Wirtschaft auf dem richtigen Weg ist, in einem guten Tempo voranschreitet. Wenn wir jetzt jene Maßnahmen durchführen können, die wir im Interesse des Neustarts der Wirtschaft geplant haben und die auf das Krisenmanagement von 2010 aufbauen, dann werden wir das Jahr 2020 nicht nur überleben oder gut aus ihm herauskommen, sondern wir können ein phantastisches Jahr 2021 haben, und der Haushalt, den wir vorgelegt haben, legt dafür auch die Grundlage.
Wir werden sehen! Im Übrigen sagen viele Stimmen, dass dieser Haushalt auf sicheren Füßen steht? Wir kennen ja noch nicht die Zahlen für dieses Jahr. Wir haben noch eine Minute, wenn Sie darauf antworten könnten.
Schauen Sie, der Haushalt baut immer auf Voraussagen auf, die sich auf die Zukunft beziehen. Deshalb beinhaltet er notwendigerweise immer eine gewisse Unsicherheit, da wir das kennen, was im vorausgehenden Jahr geschehen ist. Wir wissen also, was 2019 und 2020 geschehen ist, und wir haben eine Vorstellung davon, was 2021 geschehen wird. Deshalb ist eben die Politik eine Kunst, weil man muss das spüren, man muss das irgendwie aus der Luft herauslesen, man muss es instinktiv fühlen, mit den Instinkten erkennen, man muss viel lesen, man muss viele internationale Beispiele studieren, man muss viele Menschen anhören. Einen Großteil meiner Zeit – und das ist die bessere Seite meiner Arbeit – muss ich ständig viele kluge Leute treffen und mit ihnen im Interesse des Verständnisses der vor dem Land liegenden Perspektiven und Möglichkeiten sprechen. Das habe ich getan und auf Grund dessen haben wir den Haushalt eingereicht. Ich kann also laut meines besten Wissens mit voller Verantwortung sagen: Dieser Haushalt ist fundiert, und wenn wir ihn bis zum Ende ausführen – ich sage es noch einmal, denn wir haben ja einen Plan zum Schutz der Wirtschaft, und beim Haushalt wird es im nächsten Jahr um den Schutz der Wirtschaft gehen – wenn wir ihn also bis zum Ende durchführen, dann werden wir nicht nur ein gutes Jahre, sondern etwas sagt mir, dann können wir 2021 auch ein phantastisches Jahr haben.