Katalin Nagy: Die Zahl der Infizierten steigt in den benachbarten Ländern an, in der Ukraine, in Rumänien, in Serbien und auch in Österreich. Professor Béla Merkely hat gestern hier, in Radio Kossuth gesagt, man müsse das Einführen des Virus aus dem Ausland verhindern. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán! Kann man dies verhindern? Welche Maßnahmen sind dazu notwendig?
Ich wünsche einen guten Morgen, ich begrüße die Zuhörer recht herzlich! Der Schlüssel zum Erfolg steckt in uns, es hängt also von uns ab, denn wir haben über die erste Welle der Epidemie einen Sieg errungen. Und die Ungarn müssen jetzt verstehen, dass dies ein Etappensieg ist. Wir haben also nicht den Krieg gewonnen, sondern nur eine Schlacht. Wir haben einen Etappensieg errungen. Es gibt keinen Impfstoff, wir können uns also nicht impfen lassen, damit wir die Infektion nicht erhalten, und da wir das Land nicht aus der Landkarte Europas herausreißen können, und das auch nicht wollen, hat die uns umgebende Welt eine Wirkung auf uns. Hierbei muss man vernünftig sein, hierbei muss man gute und kluge Entscheidungen darüber treffen, wohin wir in dem Urlaub fahren. Natürlich ist der ungarische Mensch so, dass wenn er das Meer nicht mindestens einmal im Jahr sieht, dann fühlt er sich, als wäre er in einem Gefängnis, oder zumindest sind wir viele, die…
Der Plattensee ist auch sehr schön.
…sind wir viele, die dieses Gefühl haben, und das ist ein sehr starkes Gefühl im Herzen der Ungarn, aber möglicherweise lohnt es sich gegenwärtig mehr, den Plattensee zu wählen. Es sollte sich also ein jeder genau überlegen, wohin er ins Ausland in den Urlaub fährt. Und dann müssen wir, also die Regierung, danach streben, obwohl es immer einen ständigen Druck aus Brüssel gibt, damit wir aus immer weiteren Ländern auch ohne Kontrolle Menschen hereinlassen sollen, diesem Druck zu widerstehen. Gestern hatte der Operative Stab auch eine Sitzung, wir haben auch Entscheidungen getroffen. In den Entscheidungen ging es darum, dass obwohl es seitens der Brüsseler eine Empfehlung gibt, lassen wir mit der Ausnahme Serbiens aus keinem anderen nicht zur Europäische Union gehörenden Land niemanden ohne Kontrolle herein. Ja selbst jene, die aus den Ländern der EU ankommen, müssen – wenn sie nur durch Ungarn hindurch reisen wollen – zu der früheren Ordnung zurückkehren, nach der wir Korridore geöffnet haben, also Flure zur Durchfahrt, Gesundheitskorridore, und nur in denen konnte der Verkehr laufen. Man konnte nur an den dafür festgelegten Tankstellen halten, und man musste das Land verlassen. Und wenn jemand diese Route verlässt, dann muss er mit einer Strafe rechnen. Ich möchte die Ungarn also darum bitten, dass obwohl der Sommer hier ist, Menschen in Badehosen und Bikini, mit einem Eis, einem Langosch in der Hand zu sehen sind… Man hat also das Gefühl, die Freiheit sei ausgebrochen, und das ist zum Teil auch so, aber nur zum Teil. Die Vorsicht müssen wir auf alle Fälle bewahren. Und die Regierung soll Obacht geben, nicht in den Urlaub fahren, sondern aufmerksam sein! Meiner Ansicht nach werden wir noch eine Reihe von Wochen hier im Amt sein müssen, und wir müssen danach streben, dass die Stärkung der Migration nicht die ungarische gesundheitliche Lage gefährdet. Bisher hat man ja gedacht, die Migration würde ja nur den Zustand der öffentlichen Sicherheit verschlechtern, aber jetzt, wenn Sie sich die zunehmenden Zahlen betrachten, dann werden Sie sehen, dass in den entlang der traditionellen Migrationsrouten liegenden Ländern die Zahl der Infektionen zunimmt. Jetzt ist also der Grenzschutz zugleich auch Gesundheitsschutz. Wir haben den Grenzschutz auch verstärkt, die Aktivität der Menschenschmuggler hat unerwartet zugenommen, wir haben also mit ansteigenden Zahlen zu kämpfen. In dem bisherigen Verlauf des Jahres haben wir einhundert-dreißig und einige Menschenschmuggler verhaftet, und die Zahl der versuchten illegalen Grenzübertritte hat um mehr als 40 Prozent zugenommen. Unsere Polizisten werden also benötigt, unsere Soldaten werden benötigt. Dies führt uns zu der Frage, dass das, was wir in Westeuropa und Amerika sehen, dass die Gesellschaft bzw. die Politik ihre eigenen Polizisten verraten, in Mitteleuropa unvertretbar ist. Das ist auch schon im Allgemeinen auch keine korrekte Sache, jedoch wenn die Grenze verteidigt werden muss, dann ist es besonders wichtig, dass wir hinter unseren Polizisten und Grenzschützern stehen.
Anscheinend erkennt Brüssel diese Ergebnisse nicht an. Einerseits versteht man nicht, warum sie es forcieren, dass wir auch aus Ländern, die nicht zur EU gehören, Menschen hereinlassen sollen, wo doch auch sie sehen – nicht wahr? –, dass überall, an den meisten Orten auch in unserer Umgebung die Zahl der Infizierten wächst. Und dass andere ist, dass ihnen das Ergebnis nicht gefällt, denn sie wollen ja, dass wir ständig unsere Grenzkontrollen verändern sollen.
Zuletzt hatten wir ja auch eine Entscheidung, die die Transitzonen kritisierte bzw. deren Arbeit einstellte. Haben wir lange darüber nachgedacht, ob wir diese Entscheidung vollstrecken sollen? Die Transitzone war mit all ihren Unannehmlichkeiten – denn in einer Transitzone zu leben ist nicht gut –, aber immer noch viel besser als ein Gefängnis, da man diesen Ort Richtung Serbien verlassen konnte. Das Gefängnis kann man nicht verlassen, das konnte man aber, deshalb sagten wir, dies sei keine Gefangenschaft, denn was ist das denn für eine Inhaftierung, aus der man hinausspazieren kann? Aber die Brüsseler sagten, dies sei eine Inhaftierung, und wir konnten nichts tun, sondern haben auf so eine ungarische Weise gesagt: „Nun, gut.“, und haben sie geschlossen. Und dann muss von jetzt an jemand, der hereinkommen möchte, jedweder Migrant, der auf eine juristisch akzeptable Weise nach Ungarn hineingelangen will, dann seinen Antrag bei den Botschaften in den benachbarten Ländern abgeben. Dort muss man warten, und dann, wenn es eine Entscheidung geben wird und diese positiv ist, wird man nach Ungarn hereinkommen können. Dies würde ich niemandem in Aussicht stellen, ich würde keine allzu großen Erwartungen in dieser Hinsicht wecken. Wir haben also auf die Weise auf den Brüsseler Angriff geantwortet, dass wir unseren Grenzschutz noch härter gestalten.
Anscheinend haben dies auch die Menschenrechtler bemerkt, denn bisher sagten sie, die Transitzone würde die freie Einreise der Einwanderer behindern. Jetzt scheint es so, als ob sie wünschen würden, dass sie zurückkäme.
Schauen Sie, ich will die Zuhörer nicht damit langweilen, aber ich erinnere daran, dass es doch bei Röszke an der Grenze Unruhen gab. Und wenn man den Fernseher einschaltet, dann konnte man in der letzten Woche sehen, dass es in Wien, welches in den ungarischen Köpfen ja doch der Maßstab für Sauberkeit und Ordnung ist, ein Vorbild, Unruhen gab. Stuttgart, Deutschland, das nach der ungarischen Auffassung die Welt der Ordnung darstellt, da liefen Bandenkriege. Wenn wir also wollen, dass Ungarn auch weiterhin ein friedlicher, sicherer und ruhiger Ort sein soll, dann müssen wir gegen die Migration auf die härteste Weise auftreten, und das werden wir auch so tun. Ich fühle mich auch gar nicht verwaist, wenn ich mit Brüssel diskutieren muss, denn ich habe das Gefühl, die überwiegende Mehrheit des Landes unterstützt diesen Standpunkt. Es gab darüber auch eine Nationale Konsultation. Wir haben die Menschen gefragt, wir haben nicht nur die Ergebnisse der Parlamentswahlen hinter uns, bei denen die Menschen mit großer Mehrheit unser Programm unterstützt haben, sondern wir haben auch eine Nationale Konsultation abgehalten. Die Menschen hatten die Möglichkeit, ihren Standpunkt auch in mehreren Detailfragen darzulegen. Dementsprechend haben wir verfahren. Ein jeder kann darin sicher sein, dass die Nationalen Konsultationen für die Regierung als Kompass dienen. Dies war hinsichtlich der Migration so und dies wird auch in der Verteidigung gegen die Seuche so sein.
Wenn es früher mehrere Fragen zur Migration gab, ja es sogar eine Nationale Konsultation gab, die den ganzen Fragenkreis behandelte, warum ist es jetzt nötig, weitere Fragen zu stellen?
Jetzt fragen wir nach dem Zusammenhang von Migration und Epidemiologie. Grundlegend geht es jetzt natürlich im ganzen Fragebogen der Nationalen Konsultation eher um das Gesundheitswesen, den Neustart der Wirtschaft, die Epidemie, doch trifft dies an einigen Punkten mit der Migration zusammen. So gibt es Fragen, die sich gleichzeitig auf beide beziehen. Ich verstehe die Bestrebung und das System der Instinkte von Brüssel – denn es handelt sich ja grundlegend doch um eine Wirtschaftsgemeinschaft – die Wirtschaft möglichst schnell wieder starten zu wollen. Es gibt Länder, die in ernsthaften Problemen stecken. Das pflegen die Ungarn im Allgemeinen nicht glauben zu wollen, denke ich, oder sie nehmen es nicht ernst. Also sagen wir, in Italien beträgt die Staatsverschuldung 130 Prozent des jährlichen Bruttosozialprodukts. Nun, über 60 ist die Situation schon ungesund… Auch wir befinden uns in der Gegend von 70, und drücken sie nach unten, damit sie unter 60 geht. 130? Aber in Frankreich, das ja doch eine der Großmächte Europas ist, wird sie in wenigen Momenten bis zu 115-120 Prozent hochgehen, von den Griechen spreche ich erst gar nicht. Aber selbst solche Musterländer wie auch Belgien. Hier gibt es also ernsthafte Probleme. In Spanien ist die Staatsverschuldung im Laufe von einigen Jahren von dreißig und einigen Prozent auf über 90 Prozent hochgegangen. Dies zeigt, dass diese Wirtschaften nicht wettbewerbsfähig und nicht in der Lage sind, so viel an Einkommen zu erwirtschaften – da sie offensichtlich ihre Waren nicht zu dem Preis verkaufen können, wie sie sie produzieren, und in der Qualität, sie können nicht die Summe erwirtschaften, die sie ansonsten ausgeben. Jetzt glaubt ein ungarischer Mensch, so etwas konnte nur im Sozialismus geschehen oder wenn es linke Regierungen gibt, solche gab es auch bei uns in Ungarn, doch hält der Mensch es für die normale Ordnung der Welt, wenn ein Land nicht mehr ausgibt, als es ansonsten zu erwirtschaften in der Lage ist. Und uns, die für die Angelegenheiten des Staates verantwortlichen Menschen, mahnen auch die ungarischen Wähler auf unterschiedliche Weisen am ehesten dazu, das Land nicht zu verschulden, denn wer verschuldet ist und dazu auch noch eine nicht wettbewerbsfähige Wirtschaft hat, der bringt sich in einen ausgelieferten Zustand. Und die ungarischen Menschen glauben – da wir im Allgemeinen zum Westen aufzublicken pflegen, wir lernen das in der Schule usw.–, dass im Westen die Dinge sicher besser laufen als hier; dort sind die Finanzen sicher geordneter als in Ungarn usw. Aber wenn man wie ich inmitten der Dinge steht, dann sieht man, dass dem nicht so ist. In Mitteleuropa, in Polen, in Tschechien, bei den Slowaken, bei uns sind die Finanzen viel geordneter. Die Wirtschaft ist viel wettbewerbsfähiger. Es ist wahr, es gab vierzig und einige Jahre lang den Kommunismus, der uns ausgeplündert hat. Deshalb sind wir ärmer als die Westler, aber unsere Wirtschaft ist wettbewerbsfähiger und unsere Finanzen sind geordneter, und wir befinden uns in einer aufsteigenden Phase. Der Westen, Westeuropa ist eine ganz andere Situation. Von hier aus gesehen ist es vollkommen verständlich, wenn Brüssel im Interesse dessen alles zu unternehmen versucht, damit der Tourismus, der Handel, der Transport möglichst intensiv, möglichst stark sein sollen, denn die westlichen Wirtschaften benötigen das. Sie stecken tatsächlich in sehr großen Problemen. Das jetzige Hilfspaket der Europäischen Union, der die Rückkehr unterstützende Fond, der jetzt als ein Paket der neuen Generation bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit eine von uns den südlichen Ländern geleistete Hilfe. Also hätte jemand vor einigen, sagen wir vor zehn Jahren gedacht, Mitteleuropa müsste überdenken, ob es den den Kommunismus nie erleidenden Ländern, die früher als wir der EU beigetreten und reicher als wir sind, Hilfe leisten will? Jetzt geht es darum! Wir werden Hilfe leisten! Ich glaube also, es gibt eine neue Situation, die die ungarischen Menschen noch nicht wirklich oder nur sehr langsam erkennen, dass sich die gesamte Lage des mitteleuropäischen Raumes verändert hat. Es lohnt sich, die Welt aus einer anderen Perspektive zu betrachten, und wir Mitteleuropäer können stolz sein, die Verteidigung gegen die Seuche war bei uns erfolgreicher als im Westen. Unsere Finanzen sind geordneter, unsere Wirtschaft ist wettbewerbsfähiger. Ein Problem gibt es, wir sind ärmer, doch dafür gibt es historische Gründe…
Genau!
…und dafür sind die Kommunisten verantwortlich und nicht unsere Eltern und Großeltern.
Genau darauf wollte ich verweisen. Wir wissen doch, wenn wir die Zahlen betrachten, dass das Pro-Kopf-GDP in Frankreich oder in Spanien oder in Italien, aber vielleicht selbst in Griechenland höher liegt als in Ungarn. Man hat also das Gefühl, wenn Brüssel darüber spricht, man müsse dieses Paket für den Neustart so verteilen, dass die südlichen Länder davon profitieren, wir jedoch erst jetzt versuchen, heraufzukommen… Also, warum sollen wir schlechter dabei wegkommen oder warum sollen die V4 schlechter dabei wegkommen?
Man muss viele Gesichtspunkte miteinander vereinbaren. Ich kritisiere häufig die Brüsseler Bürokraten, doch muss ich zugeben, dass sie es nicht leicht haben, denn sie müssen viele unterschiedliche Gesichtspunkte und die Interessen von Regionen Europas, die sich in vollkommen unterschiedlichen Lagen, in unterschiedlichen wirtschaftlichen Lagen befinden, miteinander vereinbaren. Und ich sage ja, wir sind bereit, den in Probleme geratenen Südlern zu helfen, doch dabei möchten wir, dass es eine faire Behandlung gibt. Tölpel wollen wir also nicht sein. Die Hilfeleistung und die Akzeptanz bestimmter komplizierter Bedingungen von Krediten – gegenüber denen der ungarische Mensch im Allgemeinen eher eine Abneigung verspürt und vor denen er sich lieber verschließen würde, zu denen wir aber jetzt dennoch bereit sind – bedeutet nicht, dass wir zugleich Tölpel sein sollten. Also wenn wir schon diesen Weg betreten, Geld in die verschiedenen europäischen Wirtschaften zu pumpen, dann muss dies auf anständigen, auch moralisch akzeptablen Grundlagen beruhen. Deshalb haben wir eine Diskussion. Es gibt im Übrigen deshalb auch Zirkus mit Brüssel. In den kommenden zwei-drei Wochen werden die sehr geehrten Zuhörer am ehesten darüber hören, wie zugespitzte Diskussionen in Europa im Interesse des Neustarts der Wirtschaft geführt werden. Aber ich bin auch hierbei ruhig, ich sage das ehrlich, denn das Parlament wird heute den Haushalt annehmen. Wir haben einen Haushalt. In ihm kommen stabile Fakten und Zahlen vor. Es gibt darin einen seriösen, die Vorbereitung auf die Seuche unterstützenden Seuchenschutzfond und es gibt darin einen Fond zum Schutz der Wirtschaft. Beide werden funktionieren. Wir haben im vergangenen Zeitraum viele Hundertmilliarden Forint für Investitionen überwiesen, diese werden im Laufe der kommenden sechs Monate, des kommenden Jahres verwirklicht werden. Im Interesse der ungarischen Wirtschaft müssen wir jetzt kämpfen, denn wir haben nur einen Etappensieg errungen, und eine Tour de France oder so eine Fahrradtour besteht aus mehreren Etappen, und die erste haben wir gewonnen. Jetzt müssen wir die zweite Etappe gewinnen, eine zweite Schlacht, das ist jene für den Schutz der Arbeitsplätze, damit wir so, wie wir es versprochen haben, wir selbst mindestens so viele Arbeitsplätze schaffen, wie das Virus zerstört hat. Das ist die zweite Etappe. Diese Schlacht führen wir. Ein Instrument dabei ist der Haushalt. Und wenn man jenen Haushalt liest, dann sieht man – natürlich wird es kein Schlaraffenland, aber es werden sehr ernsthafte Dinge verwirklicht, denn wir können ja doch mit der Wiederherstellung der 13. Monatsrente in Zeiten der Krise beginnen. Er beinhaltet ja über die Bewältigung der Krise hinaus auch Maßnahmen, wie dass die Frauen, die ein Kind auf die Welt bringen, dann in dem ersten Halbjahr, in dem ihnen das Babybetreuungsgeld zusteht, wir die Summe dessen auf hundert Prozent ihres Gehaltes erhöhen. Wer ein Kind auf die Welt bringt, wird etwas mehr Geld erhalten, als wenn kein Kind geboren worden wäre, und man am Arbeitsplatz verblieben wäre. Dieser Haushalt beinhaltet also Elemente, die einem Durchbruch gleichkommen, besonders in der Familienpolitik, zu einem Teil für die Rentner und zu einem anderen für die Jugendlichen, die Grund zum Selbstvertrauen geben. Soweit ich es sehe, wird das Jahr 2020 ein schwieriges Jahr. Auch im Jahr 2021 wird man für die Arbeitsplätze kämpfen müssen, doch insgesamt gibt es nicht einfach Licht am Ende des Tunnels, sondern man kann sehen, wie wir am Ende aus dieser ganzen Krise gestärkt hervorgehen können. Ich sage nicht, dass es mit Sicherheit so sein wird, aber so können wir aus ihr hervorgehen. Wenn wir auch im Weiteren vorsichtig sein werden, wenn wir es nicht zulassen, dass die Seuche erneut ansteigt, wenn sich unsere Fachleute im Gesundheitswesen gut vorbereiten – denen ich auch aus Anlass des gestrigen Semmelweis-Tages meinen Dank für ihre bisherige heldenhafte Arbeit ausspreche –, wenn sie ihre Arbeit gut verrichten, dann wird es keine zweite Welle geben. Wenn wir beim Grenzschutz bei Sinnen sind und wir den Haushalt durchführen und auch weiterhin die Investitionen sowie die Arbeitsplätze schaffende, Werte schaffende wirtschaftliche Tätigkeit unterstützen und nicht zulassen, dass man uns im Westen als Tölpel ansieht – wenn es uns gelingt, dies so zu verwirklichen, dann kann Ungarn meiner Ansicht nach aus dieser Krise gestärkt hervorgehen.
Der Haushalt, über den heute das Parlament abstimmt, die Opposition pflegt ja solchen Haushalten nicht zuzustimmen. Zwei herausragende Politiker der MSZP, die sich immer sehr um die Lage des Gesundheits- und des Unterrichtswesens zu sorgen pflegen, würden diese beiden Gebiete mit Hilfe eines Vorschlags von einigen Hundertmillionen stärken. Wie kann man also erreichen, dass ein Haushalt für die Lage, für die er zusammengestellt worden ist, Garantien bietet?
Ein so einfach denkender Mensch, wie ich es bin, hat – so glaube ich – bereits den Faden verloren, wenn es um die Linke geht, ich weiß gar nicht mehr, was sie machen. Sie haben sich also zunächst einmal in der Not nicht an die Seite des Landes gestellt. Sie waren nur zu ständigen Verneinungen in der Lage und sie versuchten das Land mit Hilfe eines gefälschten Videos zu erschrecken, was ich für den moralischen Tiefpunkt der vergangenen dreißig Jahre halte. Also an die Todesangst der Menschen zu appellieren, an ihre Angst vor der Erkrankung zu appellieren, dies ausnutzend zu versuchen, politische Sympathie für sich und Antipathie gegen die Regierung zu erwecken, und zwar so, dass all dies auf im Übrigen unwahren Behauptungen beruht, das weist in eine Tiefe, die beinahe uneinsehbar ist. Das ist ein Abgrund. Ich habe also den Faden verloren, ich verstehe nicht, was sie machen. Ich war in der Opposition. Auch jene Parteien waren in der Opposition, die heute die Regierung bilden. Und ich behaupte nicht, wir hätten in der Opposition keine Fehler gemacht, aber das, was die Linke jetzt macht, das ist einfach unbegreiflich. Wenn es Probleme gibt, dann muss man sich an die Seite der Menschen und des Landes stellen, dann kann man nicht nach Brüssel laufen, um uns anzuzeigen. Das haben sie ständig getan. Sie haben dafür gearbeitet, damit sich unsere Fähigkeit, die Krise zu bewältigen, verringert. Danach fälschen sie die Tatsachen und versuchen ständig, indem sie an die Ängste der Menschen appellieren, die Menschen davon zu überzeugen, es gäbe ein riesiges Problem im Land, während wir eines der am erfolgreichsten sich verteidigenden europäischen Länder sind. Ich habe also den Faden verloren. Ich habe ihre Wortmeldungen zum Haushalt verfolgt, darin habe ich keinerlei Logik gefunden. Also können wir vorerst nichts anderes tun, als den durch die Regierung vorgelegten Haushalt anzunehmen. Und das verstehe ich dann überhaupt nicht mehr, wozu es notwendig ist, die Fragebogen der Konsultation aus den Postkästen zu stehlen und die Menschen der Möglichkeit zu berauben, antworten zu können. Ich bitte natürlich einen jeden darum, den Fragebogen auszufüllen und zurückzuschicken, aber die ungarischen Menschen sind erwachsene Menschen. Wenn sie nicht mit der Regierung sympathisieren oder ihnen der Konsultationsfragebogen nicht gefällt, dann schicken sie ihn nicht zurück – aber warum muss man ihn aus den Postkästen stehlen? Das sind Schritte der Linken, die ein nüchtern denkender Mensch wohl kaum nachvollziehen kann. Ich schlage also vor, auch bei dem Haushalt sollten wir uns lieber auf die Verfeinerung des Regierungsvorschlags und nicht auf die Bemerkungen der Linken konzentrieren, denn diese führen uns nicht aus dem Wald heraus, sondern vielmehr tiefer in ihn hinein.
Ja, sie stehlen diese Kuverts nicht nur aus den Briefkästen, sondern es gibt Abgeordnete, unabhängige Abgeordnete, die die Menschen bitten, diese ihnen zurückzuschicken. Hier kann es ja auch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes geben. Warum glaubt die Linke, dass wenn solch eine Konsultation für die Regierung einen Erfolg mit sich bringt, dann auch sie dadurch zu einem Erfolg kommen können, wenn sie versuchen, sich daran anzuhängen oder aber gerade sich dagegen zu stellen?
Es ist nicht meine Aufgabe, die Linke zu verstehen, sondern es ist meine Aufgabe, zu versuchen, für das Land Entscheidungen zu treffen, was aber nicht ausschließt, dass wir uns manchmal in ihre Lage hineinversetzen, und das ist nicht leicht. Wenn man bedenkt, wie eine traditionelle Linke ist, dann unterstützt die traditionelle Linke – sagen wir – die Rentner. Die gegenwärtige Regierung führt gerade jene dreizehnte Monatsrente wieder ein, die sie weggenommen hatten. Eine ordentliche Linke unterstützt ja die Lohnerhöhungen. Sie haben die dreizehnten Monatslöhne weggenommen, einen Monatslohn haben sie weggenommen, und wir erhöhen kontinuierlich die Löhne. Ich pflege mir im Parlament Wortgefechte mit ihnen zu liefern, und da muss ich nur so viel tun, zu sagen: „In Ordnung meine Herren, Sie haben acht Jahre lang regiert. Schauen wir es uns an: Wie viel betrug der Minimallohn? Schauen wir: Wie viel war der Durchschnittslohn? Schauen wir uns an: Wie viel ist er jetzt? Beinahe das Doppelte! Worüber reden Sie denn?“ Die Linke hat also natürlich keinen leichten Stand, denn wir haben in Ungarn keine auf einer ideologischen Grundlage sich organisierende Regierung. Wir bezeichnen sie natürlich als eine rechte Regierung, denn sie steht auf der Grundlage nationaler und christlicher Werte, aber wenn wir ihr Programm betrachten, dann ist das eine nationale Regierung, und die Nation beinhaltet auch das linke Denken. Auch das ist eine Tradition, auch wenn wir manchmal mit ihr diskutieren. Und aus diesem Grund beinhaltet das Wirken der gegenwärtigen Regierung auch soziale Programme, solche Programme zum Schutz der Familie, die man früher eher als traditionell links ansehen konnte. Doch haben wir jetzt eine nationale Regierung. Eine große, breite, starke nationale Regierung, die nach der Vereinigung der nationalen Interessen strebt. Und deshalb ist es in solchen Situationen sehr schwer, irgendwie eine Position gegenüber solch einer Regierung einzunehmen. Die Frage müsste man stellen, warum es denn notwendig sei, gegenüber solch einer Regierung eine Position einzunehmen? Man kann natürlich auch auf die Weise links sein, wenn es eine rechte Regierung gibt, indem man jene Elemente, die mit dem Denken der politischen Linken übereinstimmen, sagen wir, unterstützt. Nicht kritisiert, sondern unterstützt. Da ist zum Beispiel das Gesundheitswesen. Wir werden auch im nächsten Jahr sehr viel mehr Geld für das Gesundheitswesen ausgeben als im Vorjahr. Das könnte man unterstützen. Wir geben auch mehr für das Unterrichtswesen aus. Auch das könnte man unterstützen. Aber wenn man zu allem „Nein“ sagt, dann ereilt einem das Schicksal, unter dem jetzt die linke Seite leidet.
Über das Wiederherstellungspaket der Europäischen Union haben wir bereits gesprochen, über den sieben Jahre umfassenden Haushalt, dessen Verhandlungen ebenfalls laufen, und da ist es doch, auch wenn wir auf das Wiederherstellungspaket zurückkommen, auch eine interessante Beobachtung, dass es doch den Vorschlag gab, die V4 zu spalten, denn man wollte der Slowakei mehr zukommen lassen als Polen oder Ungarn.
Solche Bestrebungen gibt es immer. Ich glaube, die restlichen zwei Minuten sind zu kurz, um sich auf geschichtsphilosophische Ausführungen einzulassen, doch müssen wir, wenn wir einen Blick aus einer historischen Perspektive darauf werfen, was geschieht, dann doch eine überraschende Sache sehen. Hier müssen wir sehen, dass am Ende des Zweiten Weltkriegs, sagen wir, Deutschland in das Mittelalter zurückgebombt worden war. Am Ende des Zweiten Weltkriegs hat man uns, Mitteleuropäer der Sowjetunion und den Kommunisten hingeworfen. Und der Westen hat triumphiert, also die Gebiete westlich von Deutschland. Siebzig und ein paar Jahre sind vergangen, wir werfen einen Blick auf die Landkarte, Deutschland ist am reichsten, die Briten haben die EU verlassen, Mitteleuropa entwickelt sich. Irgendeine historische Merkwürdigkeit, ein Epochenwechsel vollzieht sich, und jetzt erwartet ein jeder, dass Mitteleuropa und Deutschland den Kern der Wettbewerbsfähigkeit der EU stellen sollen, und man erhofft von dieser Region, dass sie ganz Europa aus dem Schlamassel herausziehen soll. Meiner Ansicht nach kann man uns, Mitteleuropäer, und die Deutschen im Besonderen lieben oder nicht lieben, doch ist es im Laufe von 75 Jahren gelungen, aus einem mittelalterlichen Zustand erneut auf den ersten Stuhl Europas zurückzuklettern, sodass ein jeder von uns das Geld und die Lösung erwartet; das ist eine Leistung, die Respekt verdient. Nur muss man jetzt klug mit dieser Kraft umgehen, und auch wir, Mitteleuropäer, müssen vorsichtig sein, damit wir nicht übermütig werden, denn wir sehen den Unterschied, die Dynamik, den Unterschied in der Entwicklung, doch müssen wir es verstehen, dass wir gemeinsam erfolgreich sein müssen. Europa muss also zusammenhalten. Wir haben mehr Chancen als Teil einer europäischen Wirtschaft erfolgreich zu sein als jeweils für sich allein stehende Nationalwirtschaften. Doch dazu ist es notwendig, dass man in Brüssel nicht versucht, uns eine Lebensweise aufzuzwingen, die der Ungar nicht möchte, und der Tscheche nicht möchte und auch der Pole nicht. Also sollten sie uns unser eigenes Leben leben lassen, und dann werden wir gemeinsam erfolgreich sein. Das müssten die Brüsseler Bürokraten verstehen: Nicht die Zeit des Aufbaus eines Imperiums ist gekommen, sondern die Zeit des klugen Zusammenwirkens der Nationalstaaten. Ich sehe hierfür gewisse Chancen, doch müssen wir Mitteleuropäer und Deutsche doch regelmäßig kämpfen und ringen.
Deutschland hat die anstehende Präsidentschaft in der EU übernommen. Hier wird es im Programm sicherlich Veränderungen geben im Vergleich zu dem, was sie vor anderthalb Jahren geplant haben. Rechnen Sie damit, dass Ungarn in diesem Programm mit der deutschen Präsidentschaft wird zusammenarbeiten können?
Wenn wir in den jetzt laufenden wirtschaftlichen Debatten eine faire Behandlung erleben, dann ja. In einer Sache werden wir sicherlich nicht mit den Deutschen zusammenarbeiten können, und das ist die Angelegenheit der Flüchtlinge. Obwohl ich es versucht habe, ist es doch sehr schwer, das Feuer und das Wasser so miteinander zu vereinen, dass das auch irgendwie funktioniert. Deutlich erkennbar haben sich die Deutschen dazu entschieden, ihre demografischen Probleme – denn auch dort werden wenige Kinder geboren – durch die Migration zu beheben. Wir, Ungarn, halten dies für ein sehr großes Übel. Unsere Geschichte ist anders. Wir haben gesehen, wie es ist, wenn aus der muslimischen Welt Gemeinschaften nach Ungarn kommen, und wir vertrauen nicht darauf, dass der aus jener Welt kommende Bevölkerungsnachschub ein friedliches, sicheres, ausgewogenes, christliches, ungarisches Leben zum Ergebnis haben würde. Und wir wollen ein auf friedlichen, sicheren, ungarischen und christlichen Prinzipien sich aufbauendes gesellschaftliches Leben in Ungarn. Deshalb müssen wir selbst unsere demografischen Probleme lösen. Das heißt, wir brauchen Kinder, eigene Kinder, ungarische Kinder und keine Migranten. Das ist eine andere Denkweise als jene zahlreicher anderer Länder, so auch die Denkweise Deutschlands, die die Migration als ein ganz natürliches technisches Mittel betrachtet, mit dessen Hilfe man die fehlende Bevölkerung und die Arbeitskräfte ersetzen kann. Der Ungar weiß genau, dass es sein kann, dass du Arbeitskräfte erwartest, aber du bekommst Menschen mit ihrer Kultur, ihren Traditionen, ihren Konflikten, ihrer von deiner abweichenden Weltsicht, und früher oder später wird dies eine Auswirkung auf dein Leben haben, es wird zu Konflikten führen. Wir glauben nicht an das friedliche Zusammenleben von nebeneinander lebenden, Parallelgesellschaften bildenden unterschiedlichen Volksgruppen. Das ist nicht unsere Erfahrung. Und da es bei uns keine Migranten gibt, wollen wir auch gar nicht, dass es welche gibt. In Deutschland und in anderen Ländern ist die Situation eine andere, denn dort sind sie schon drin. Vergessen wir nicht, dass dort, wo sie drin sind, dies alles Kolonialmächte waren, ausnahmslos, und die koloniale Vergangenheit hat Folgen. Ungarn wollte keine Kolonie sein, wir wollten nie zur Kolonie werden, und wir wollten auch keine Kolonien besitzen. Unser Lebensinstinkt, unsere Kultur, unsere Auffassung ist in dieser Angelegenheit eine ganz andere. Wir glauben daran, dass Ungarn den Ungarn gehört, und wir, Ungarn, unsere Probleme auch lösen.
Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsidenten Viktor Orbán.