Zoltán Kozma: Ich begrüße Sie. Wir sind hier in Budapest, im Karmeliterkloster, wo Viktor Orbán, Ungarns Ministerpräsident Pannon Fernsehen ein Exklusivinterview gibt. Guten Tag!
Guten Tag!
Beginnen wir mit den Wahlen. Am Sonntag werden in Serbien Wahlen abgehalten. Was steht von Budapest aus gesehen für das Ungarntum in Serbien bei dieser Abstimmung auf dem Spiel?
Wir sind ein Volk, d.h. das ungarische, dessen Schicksal durch jede Wahl stark beeinflusst wird, für den ungarischen Menschen gibt es also keine unbedeutende Wahl. Hier, in Ungarn, ist das auch so. Das, was für eine Regierung im Mutterland gebildet wird, beeinflusst das Schicksal des gesamten Ungarntums des Karpatenbeckens, und ob es den auf dem Territorium der Nachbarstaaten lebenden ungarischen Gemeinschaften gelingt, ihre führenden Persönlichkeiten mit dem entsprechenden Gewicht zu wählen, damit sie sich dort für die ungarischen Interessen einsetzen können. Jede Wahl ist also wichtig. Im Zusammenhang mit Ihrer Wahl, der Wahl in Serbien, gibt es hier in Ungarn ein bisschen das Gefühl, dass sie gelaufen ist. Das halte ich für gefährlich, denn die Opposition boykottiert usw., es gibt hier also so ein Gefühl, dass hier nicht groß etwas Schlimmes passieren kann, doch ist es mir schon so ergangen, dass wir eine Wahl verloren haben, weil wir dachten, wir hätten sie schon im Sack, und es könne kein größeres Problem geschehen. In solchen Momenten pflegen die Probleme einzutreten. Es ist also sehr wichtig, und ich bitte die Ungarn in der Vojwodina mit Respekt darum, unbedingt wählen zu gehen, die ungarischen Kandidaten zu unterstützen, Ihr Vertrauen zu schenken, gute Führer zu wählen. Denn ihr Vorhandensein dort draußen ist die Voraussetzung dafür, dass die Regierung hier drinnen gute Partner hat.
Die Fidesz–KDNP-Regierung unterstützt den VMSZ (Vajdasági Magyar Szövetség, Allianz der Vojvodina-Ungarn). Die einzige ungarische Liste bei der Wahl. Warum?
Denn unter den ungarischen Organisierungen in der Vojwodina verfügt nur die VMSZ über ernsthafte Erfahrungen, eine Vergangenheit, Referenzen und Ansehen, und ich habe gesehen, dass – natürlich ist das Leben in der Politik nirgendwo einfach, kleine Schubsereien, Reibungen gibt es immer, aber – die VMSZ ist in der Lage, die Ungarn im weitest möglichen Kreis zusammenzufassen, und wir hier von Budapest aus müssen immer den ungarischen Zusammenhalt unterstützen.
Warum ist die – wenn ich es so sagen darf – ungarische Selbstbestimmung in einer Minderheitensituation wichtig? Und jetzt weise ich hier zurück auf die Wahl: Warum ist eine starke ungarische Interessenvertretung wichtig?
Wissen Sie, wir, Ungarn, sind schon von Vornherein benachteiligt, da wir keine Verwandten haben. Wir sind hier also eine kulturelle und Sprachinsel, in der Mitte Europas. Es gibt die romanischen Völker und die Slawen und die Germanen, aber Ungarn sind nur wir. Während es also Germanen, Romane und Slawen immer – solange die Welt besteht – in irgendeiner Aufteilung geben wird, wird es Ungarn nur solange geben, wie wir es wollen, und wenn unsere Gemeinschaften aufgesogen werden, wenn sie sich assimilieren, wenn sie sich verschmelzen, wenn sie die ungarische Kultur und die ungarische Sprache verlieren, dann werden wir ganz einfach verschwinden. Und meiner Ansicht nach wäre die Welt ohne Ungarn ärmer, wir haben also eine Mission gegenüber der ganzen Welt, damit die ungarische Kultur erhalten bleibt, und diese vertreten wir. Und wir müssen auch wissen, dass wir natürlich immer Freunde haben können, aber man als Verwandten nur den haben kann, dessen blutmäßiger Verwandter man ist, also ist jede verlorene Gemeinschaft ein Blutverlust für Ungarn. Deshalb müssen diese zehn und einige Millionen Menschen zusammenhalten, man muss sich um jede Gemeinschaft kümmern. Kein einziger Ungar darf allein sein, jeder Ungar ist für jeden Ungarn verantwortlich, und wenn es Wahlen gibt, und wir helfen können, dann muss man auch immer helfen.
Sprechen wir auch ein bisschen über die ungarisch-serbischen Beziehungen, denn in den vergangenen Jahren hat man ja mehrfach aus Ungarn und auch aus Serbien gesagt, die Beziehungen seien an einem Gipfelpunkt angelangt. Sagen wir, wie werden diese Beziehungen durch die jetzigen Wahlen beeinflusst?
Grundlegend. Die Situation ist die, dass die serbisch-ungarischen Beziehungen in den vergangenen Jahren das hohe Niveau erreicht haben, auf dem sie sich befinden. Wir haben eine von Stürmen gepeitschte Geschichte hinter uns. Wir sprechen jetzt also nicht über die Vergangenheit, doch wenn wir über die Zukunft reden, dann sollten wir wissen: Das Zusammenleben dieser beiden Völker war kein einfaches, und in der Vojwodina war es das ganz besonders nicht. Und es waren Anstrengungen, guter Wille sowie Vertrauen und Freundschaft notwendig, damit diese beiden Völker so aufeinander blicken können, dass sie einander für die Zukunft Freunde und Verbündete sein können. Und nicht in jedem Kopf ist dieser Gedanke herangereift; nicht in jedem ungarischen Kopf und nicht in jeder ungarischen Seele ist dieser Gedanke fertig, und nicht in jedem serbischen Kopf und nicht in jeder serbischen Seele ist dieser Gedanke vollendet. Jetzt sind Kräfte in Serbien an der Regierung, die dies so denken, und es auch so empfinden. Deshalb ist es unser Interesse, dass immer unsere Freunde und möglichen Verbündeten, mit denen wir eine gemeinsame Zukunft errichten können, in Serbien an der Regierung sind. Das war nicht immer so, und das wird auch nicht immer so sein. Man muss jene außergewöhnliche Möglichkeit zu schätzen wissen, dass jetzt gerade solche Leute in Belgrad an der Regierung und an der Macht sind. Deshalb ist es meiner Ansicht nach in unserem Interesse, dass Serbien über eine stabile, ausgewogene und starke Regierung verfügt, über Menschen, die die Ungarn verstehen und wissen, dass wenn die Serben eine schönere Zukunft als die Vergangenheit für sich haben möchten, dann können sie das mit den Ungarn zusammenarbeitend erreichen. Und es sollten Ungarn hier bei uns an der Regierung sein, die wissen, dass wenn wir für die Ungarn eine bessere Zukunft wollen, dann können wir das gemeinsam mit den Serben erreichen. Es gibt gemeinsame strategische Interessen der beiden Völker.
Wie weit kann diese Verbindung noch weiterentwickelt werden? Gibt es noch etwas darüber hinaus, was jetzt besteht?
Schauen Sie, man muss klarkommen, denn jedes Bündnis ist ja so viel wert, wie die Menschen davon im Alltagsleben spüren. Der große Fortschritt in der Vojwodina ist meiner Ansicht nach – das sind meine persönlichen Erlebnisse –, dass die Feindschaft aufgehört hat und die beiden Gemeinschaften nicht mehr argwöhnisch einander betrachten. Dies ist schon gut, man könnte aber besser leben und man könnte noch mehr Firmen gründen sowie noch größere Unternehmen schaffen und noch mehr verdienen. Ich will damit also sagen, dass es für ein gutes Leben große Perspektiven und Möglichkeiten in der Vojwodina sowohl für die Ungarn als auch für die Serben gibt. Es ist jetzt also notwendig, dass aus den in der Politik etablierten guten Beziehungen möglichst viele fassbare Vorteile sowohl für die Serben als auch für die Ungarn hervorgehen. Deshalb ist es für uns hier in Pest wichtig, genau zu wissen, dass wir uns nicht nur auf die Vojwodina konzentrieren dürfen, wir müssen ganz Serbien sehen. Wir müssen auch die Belgrader Regierung sehen, und das ungarische Kapital darf nicht in der Vojwodina stehen bleiben, sondern man muss auf dem gesamten Gebiet Serbiens versuchen, möglichst viele serbisch-ungarische Jointventures zu gründen und so gemeinsam mit den dortigen serbischen Unternehmern auf einen grünen Zweig zu kommen. Deshalb muss man auch südlicher als die Vojwodina gehen. Das sagt auch immer Herr Präsident Vučić, der über sehr große Verdienste hinsichtlich der Qualität der gegenwärtigen Beziehungen verfügt. Er führt das immer aus; er sagt nicht, er würde es erwarten, aber man kann es auch so verstehen.
Es tut ihm gut.
Ja. Er sagt, richtig sei es, wenn der Horizont der Ungarn nicht mit der Vojwodina aufhört und sie sich nicht nur auf die Gebiete der ungarischen Gemeinschaften konzentrieren, sondern ganz Serbien als Partner betrachten sollten. Ja, sie sollen, das ungarische Kapital soll sehr wohl südlicher als die Vojwodina gehen und auch dort nach Partnern suchen. Und auch ich sage immer zu ihm, dass es in Ordnung ist, wenn wir da sind, aber Ihr sollt auch kommen, auch Ihr sollt in Ungarn, auf dem Gebiet Ungarns mit dem serbischen Kapital möglichst viele Firmen, ungarisch-serbische Jointventures gründen, damit sich die Existenz dieser beiden Regionen und das Leben dieser beiden Völker sich verknote, sich verbinde.
Dazu ist offensichtlich Vertrauen notwendig sowohl zwischen den beiden Völkern als auch zwischen den Regionen sowie den Unternehmern. Sagen wir, welche Rolle kommt István Pásztor bei der Ausformung solch eines Vertrauens zu?
Da Vertrauen nicht im Allgemeinen existiert, sondern immer in Bezug zu konkreten Menschen, also können Sie zum Beispiel darauf vertrauen, dass ich dann ehrlich auf Ihre Fragen antworten werde, und ich kann darauf vertrauen, dass Sie aus dem Grund Fragen stellen, weil Sie meine Antwort wissen möchten, das sind also immer Dinge zwischen Personen, es gibt also ohne Personen kein Vertrauen. Erprobte Personen sind nötig, denn das Vertrauen ist eine Sache, die der ungarische Mensch besonders voraussetzt, aber wenn das das Alltagsleben nicht bestätigt, dann geht das verloren. Jetzt ist die Erfahrung der ungarischen Regierung im Zusammenhang mit István Pásztor, dass er sein Wort immer gehalten hat, jede Vereinbarung einhielt, und auch wir sind so verfahren, deshalb haben wir gute Gründe anzunehmen, dass solange er an der Spitze der Ungarn in der Vojwodina steht, das Verhältnis der ungarischen Regierung und des Ungarntums in Serbien sich auf der Grundlage des Vertrauens gründet.
Es gibt auch mehrere begonnene Investitionen in der Vojwodina, die mit Kapital aus dem Mutterland gestartet worden sind. Sagen wir, inwieweit beeinflussen diese Wahlen – und das frage ich jetzt ganz allgemein – den Ausgang dieser Projekte?
Also, man ist mal oben und dann mal unten. Ich erzähle den Serben immer, dass es in den achtziger Jahren so war, dass Serbien damals da oben war – damals nannte man es noch Jugoslawien –, und Ungarn war unten. Sie waren also für uns der Westen. Als ich meine Frau geheiratet habe, und wir dann überlegten, wohin wir auf Hochzeitsreise fahren sollten, dann sind wir auf Hochzeitsreise nach Jugoslawien gefahren. Und wenn man aus Szeged hinübergefahren ist nach Szabadka, da hatte man das Gefühl, in eine freiere Welt gekommen zu sein, und Jugoslawien war auch entwickelter, sein Teil in Serbien war damals auch entwickelter als Ungarn. In der Geschichte ändern sich die Dinge also schnell. Und meine Meinung über ein Volk ist, dass wenn es einmal an einen Punkt gelangt ist, dann wird es in der Lage sein, dorthin auch ein zweites Mal, und wenn es sein muss, auch ein drittes Mal hinzugelangen. Gegenwärtig ist zwar die ungarische Wirtschaft stärker als die serbische, dies zeigen die Zahlen ganz deutlich, doch wird das nicht immer so sein, weil das Leben nicht eindimensional ist. Dies wird sich auch noch ändern, und die Serben können auch noch stärker werden als es Ungarn jetzt ist. Ich wünsche es ihnen übrigens, dass sie so stark wie möglich sein sollen. Wir brauchen eine starke serbische Wirtschaft. Je stärker unsere Nachbarn sind, die mit uns zusammenarbeiten, desto besser ergeht es uns. Das ist keine so komplizierte Sache. Das ist so wie im Familienleben. Wenn das Grundstück des Nachbarn geordnet ist, wenn der Nachbar gut situiert ist, wenn der Nachbar kooperativ ist, dann ist auch mein Grundstück mehr wert. Wenn dort alles heruntergekommen, wenn alles vernachlässigt ist, wenn das Haus abgewirtschaftet und mein Nachbar ein Trunkenbold ist …
…dann habe ich keine Lust in den Hof hinauszugehen…
…wird auch noch mein Grundstück weniger wert sein. Es ist also in unserem Interesse, Nachbarn zu haben, wie es derzeit immer stärker in Serbien aussieht. Man darf die Wettbewerbsfähigkeit der Serben nicht unterschätzen, das muss ich Ihnen nicht sagen, das ist ein kämpferisches Volk, sie werden gute Ergebnisse erbringen und das bestimmende Land des Balkan sein, aber möglicherweise sind sie das jetzt schon.
Wir haben angefangen über die Wirtschaftsentwicklung zu reden bzw. darüber, dass in Serbien eine stärkere Wirtschaft notwendig sei. Auch Ungarn trägt dazu bei, denn in der Vojwodina hat die Entwicklung der Wirtschaft begonnen. Wir betrachten Sie das?
Ich freue mich darüber, denn – ich sage es noch einmal – die politischen Verbindungen sind wichtig, doch die wirklich dauerhafte Grundierung für die Beziehungen zweier Völker ergibt sich aus den im Alltag vorhandenen Kontakten. Wenn man sich mit seinem Nachbarn gut versteht, wenn man ein gemeinsames Unternehmen mit ihm hat, wenn man gemeinsame Sportvereine hat, wenn man gegenseitig die kulturellen Veranstaltungen des anderen besucht, ja sogar die Kirchen des anderen, dann wird das Leben auf irgendeine Weise immer das Netz spinnen, das danach dem Leben der Menschen Frieden und Sicherheit sowie Heiterkeit geben kann. Ich sehe in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit immer mehr als Geld; das ist das wahre Gewebe des Lebens, und je dichter wir es weben, desto sicherer und heiterer werden wir leben.
In den vergangenen Monaten war es das Coronavirus, das nicht nur den öffentlichen Diskurs bestimmt hat, sondern auch unser aller Denken, und danach, inmitten, wir wissen nicht, wo wir jetzt gerade sind, gelang es doch die ungarisch-serbische Grenze als erste oder doch unter den ersten zu öffnen.
Als erste.
Was für eine Botschaft besitzt dies?
Schauen Sie, als erste Grenze, und ich muss sagen, auch trotz der Wünsche der Europäischen Union, denn es ist ja doch eine beispiellose Sache, dass ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union, Ungarn, seine Grenze am schnellsten zu einem nicht der Europäischen Union angehörenden Land, Serbien, geöffnet hat.
Zu einem Land, zu dem – Verzeihung – aber mehrere Länder ihre Grenzen noch nicht geöffnet haben.
So ist es! Und ich denke, dazu war zweifellos Herr Präsident Vučić notwendig, die Verhandlungen mit ihm. Ich war auch in Belgrad, um diese Frage auch persönlich zu besprechen, und damit wir jene Garantien erhielten, die wir benötigten, und auch wir konnten Serbien die notwendigen gesundheitlichen Garantien geben, und so konnten wir schnell in dieser Frage übereinkommen. Mein Standpunkt ist auch weiterhin – ohne aus der Welt der Politik der Vojwodina mich auf das Feld der Weltpolitik zu begeben –, meine Überzeugung ist, dass die Europäische Union Serbien mehr benötigt als Serbien die Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Serbien ist ein Schlüsselstaat, die Europäische Union ist nicht vollständig ohne Serbien, und ich dachte, diese Grenzöffnung und dieses Vertrauen, das wir aus der Europäischen Union heraus Richtung Serbien zeigen, wird dann zu der möglichst schnelle Integration Serbiens in die Europäische Union beitragen.
Bleiben wir ein bisschen bei diesem Thema. Wie sieht man das in anderen Teilen Europas?
Misstrauisch, schielend, halbherzig, man versteht es nicht. Wir müssen wissen, wir glauben, die Westler würden alles wissen und verstehen, doch ist das nicht ganz so. Unsere Geschichte, unsere Welt verstehen sie leider weniger als nötig – das ist in der Angelegenheit der Migration vollkommen offensichtlich geworden –, sie verfolgen eine sich selbst gefährdende Politik. Wer muslimische Gemeinschaften millionenfach in sein eigenes Land hineinlässt, der weiß meiner Ansicht nach nicht, was er macht, und kennt die Geschichte Mitteleuropas nicht. Dabei wenn sie, sagen wir, die ungarische Geschichte, die serbisch-ungarische Kooperation in der Zeit der Balkankriege, im Zeitraum des Osmanischen Reiches, nachlesen würden, dann könnten sie sehen, dass dies ein schwerwiegendes Risiko in sich trägt. Ich denke also, wenn Europa Sicherheit will, und jetzt spreche ich nicht nur über die Wirtschaft, obwohl Serbien auch einen wirtschaftlichen Beitrag zu Europa, zur Europäischen Union hätte, aber wenn ich über Sicherheit spreche, dann ist es eindeutig, dass man ohne Serbien nicht die Sicherheit Europas garantieren kann. Serbien ist also ein Schlüsselland.
Sprechen wir auch über serbisch-ungarische Investitionen. Es gibt hier mehrere gemeinsame serbisch-ungarische Projekte, wenn wir etwa an die Eisenbahnlinie Belgrad-Budapest oder auch an andere Projekte zur Entwicklung der Infrastruktur denken, wie steht es um diese?
Es steht nicht schlecht um sie. Ich bin aber doch noch nicht zufrieden, ich werfe also meinen Hut noch nicht vor Begeisterung bis in den Himmel hinauf. Diese Eisenbahnlinie Belgrad-Budapest sieht gut aus, sie ist schon groß genug, um auch mit dem bloßen Auge sichtbar zu sein, es geht also nicht darum, dass Klein- und mittlere Unternehmen zusammenarbeiten, sondern dies ist schon ein Programm mit den Ausmaßen eines Flaggschiffs. Der ungarische Teil geht etwas langsamer voran, als er müsste, die Serben kommen schneller voran als wir im Übrigen, wir müssen also vor unserer eigenen Tür kehren, doch wären noch ein oder zwei nötig, denn so sehr dies ein serbisch-ungarisches Programm ist, so sehr ist es auch ein chinesisches. Doch suche ich nach den ein-zwei serbisch-ungarischen Programmen des gleichen Ausmaßes, die den Serben und den Ungarn beweisen, dass wir auch in großen Angelegenheiten zusammenarbeiten können, und die auch der Europäischen Union spektakulär beweisen, dass Serbien zu solchen großen Projekten geeignet ist, und wir es brauchen, sie in die großen Wirtschaftsprogramme einzubeziehen. Also wir suchen das noch. Wir führen regelmäßig mit Herrn Präsidenten Vučić darüber Gespräche, ob in der Energetik oder wo es derart spektakuläre…
…Sie arbeiten ja auch im Zusammenhang mit der Gaspipeline zusammen…
Ja. Die Gaspipeline ist schon eine ernsthafte Sache. Wenn die zustande kommt, und wir diese übergeben können, dann können wir dort für einen Moment innehalten und einander auf die Schulter klopfen, denn es gibt nur sehr wenige Menschen auf der Welt, die vor fünf Jahren gedacht hätten, es würde einen Moment geben, ab dem das Gas Richtung Norden aus Serbien nicht nur nach Ungarn, sondern nach ganz Europa kommen wird, und Serbien nicht darauf wartet, dass das Gas aus der Richtung Ungarns ankommt, sondern es selbst zur Sicherheit der europäischen Energieversorgung beitragen wird. Dieser Moment ist nicht weit entfernt, er wird bald eintreten.
Kehren wir noch ein bisschen zu den Wahlen zurück. Im vergangenen Zeitraum, in den letzten Kampagnen sind Sie in der Regel in der Vojwodina erschienen. Jetzt konnten sie dies wegen anderer Verpflichtungen nicht. Warum konnten Sie nicht kommen?
Der Parlamentspräsident war dort und auch der Außenminister, und ich dachte, das wäre des Guten zu viel, beim nächsten Mal werde ich hingehen.
Gut. Welche Botschaft haben Sie für die Ungarn in der Vojwodina, so einige Tage vor der Abstimmung?
Wir haben jetzt das Jubiläum des den Ersten Weltkrieg abschließenden Friedens und so auch des Friedensdiktats von Trianon. Wir mussten, konnten, wollten ziemlich viel in historischer Perspektive nachdenken, und für die Ungarn ist die Erfahrung eindeutig, dass wir Freunde und Verbündete brauchen. Und die Ungarn können nur das mit Sicherheit ihr Eigen nennen, was sie verteidigen können. Dafür müssen wir aber für uns einstehen, wir müssen unsere führenden Politiker wählen, zu angemessenen Partnern der Serben in den Verhandlungen werden. Es gibt also ohne ungarische Selbstorganisierung und Selbstkenntnis und Selbstbewusstsein auch keine heitere, glückliche und reiche ungarische Gemeinschaft in der Vojwodina. Wir sollten also für uns einstehen. Man kann auf Ungarn rechnen. Wir sind seit zehn Jahren an der Regierung, wir schämen uns ein bisschen dafür, aber die Wahrheit ist, dass vor dem Zeitraum seit 2010 Ungarn eher ein Stiefmutterland denn ein Mutterland war, doch verhält es sich in den vergangenen zehn Jahren wie eine Mutter, und ich verspreche den in der Vojwodina lebenden Ungarn, dass sie sich auch in der Zukunft auf Ungarn wie auf eine Mutter, also als ein echtes Mutterland werden verlassen können.
Und die Ungarn der Vojwodina schreiten immer irgendwo voran. Wenn ich bedenke, dann stammt auch die Entwicklung der Wirtschaft von dort, auch die Idee der Staatsbürgerschaft stammt vielleicht von dort bzw. auch der Einmillionste Ungar kam aus Gunaras, glaube ich.
Ich war dort.
Und ich wollte Sie fragen, auf welche Erlebnisse Sie dort zu treffen pflegen, denn wir haben ja gesehen, Sie waren dort auch bei der Familie…
Ich komme manchmal in der Vojwodina vor, auch die Fußballakademie besuche ich, die ich zu unterstützen versuche. Auch den Burek muss man in Szabadka essen. Dort gibt es eine fantastische Synagoge, die wir gemeinsam mit den Serben renoviert haben, und ich habe dort auch ein fantastisches Konzert besucht, ich gehe also auch für künstlerische Erlebnisse sehr gern auch noch bis Szabadka. Und ich liebe die Ungarn der Vojwodina, so war ich auch bei diesem Landwirt in Gunaras, eine sehr nette Familie, Groß und Klein waren da. Es fällt einem sehr gut, was man dort bekommt, denn sie erwidern die Unterstützung und die Liebe und die Ermunterung, die ich von hier dorthin sende. Wenn ich dort bin, pflege ich dies mit Zinseszins von den Menschen der Vojwodina zurückzubekommen. Der Mensch der Vojwodina ist schamhaft, er pflegt also seine Gefühle nicht in langen Schachtelsätzen auszuführen, aber wenn ich unter ihnen bin, dann wissen wir alle, worum es geht, wir verstehen uns auch aus halben Worten, ja sogar ohne Worte, denn man kann ja den Träumen keine Grenzen ziehen.
Herr Ministerpräsident, wir sehen Sie gerne auch ein anderes Mal bei uns. Hoffen wir, dass Sie das nächste Mal kommen können. Wir danken Ihnen für das Interview!
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg! Vorwärts Ungarn!
Sie sahen ein Interview aus Budapest mit Viktor Orbán, dem Ministerpräsidenten Ungarns.