Katalin Nagy: Der Staatspräsident hat die Änderung des Arbeitsgesetzbuches unterzeichnet. Die durch das Parlament am vergangenen Mittwoch angenommene Gesetzesregelung nennt die Opposition „Sklavengesetz“ und sie hat ihre Sympathisanten auf die Straße gerufen und ruft sie auch jetzt noch. Im Studio begrüße ich Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Eine Modifizierung des Arbeitsgesetzbuches ist immer und überall ein heikler, ein empfindlicher Punkt. Befürchten die Gewerkschaften nicht, dass die Arbeitgeber dieses Gesetz missbrauchen werden? Wie sehen Sie das?
In Ungarn sind wir in einer Situation, und ich begrüße die Zuhörer, in der Arbeitskräftemangel herrscht. Wir sind jetzt also an einem Punkt, an dem im Gegensatz zur Lage von 2010, als die Arbeitslosigkeit um 12% lag, diese jetzt schon unter 4% gesunken ist und sich 3% annähert, und wenn wir unter 3% gehen, dann bedeutet das im wirtschaftswissenschaftlichen Sinn schon die Vollbeschäftigung. Das ist auch gut so, denn das hatten wir den Menschen ja versprochen. Ich hatte mich ja 2010 im Zusammenhang mit der Frage der Arbeit zu zwei Dingen verpflichtet. Die erste lautete: Jeder, der arbeiten und seine Familie aus seiner Arbeit ernähren möchte, wird Arbeit haben. Und die zweite: Es wird sich lohnen, zu arbeiten, und wer mehr arbeitet, wird auch mehr verdienen, und jeder wird dann jeweils einen Schritt nach vorne machen können. Jetzt mussten wir das Arbeitsgesetzbuch aus dem Grunde modifizieren, weil heute die Arbeitnehmer durch die Arbeitgeber mit dem Lasso gefangen werden. Die guten Arbeiter werden in Ungarn in Ehren gehalten, man sucht sie. Nicht zufällig steigen seit vier-fünf Jahren die Löhne kontinuierlich. Nicht unbedingt aus dem Grund, weil die Arbeitgeber mehr zahlen möchten, sondern weil sie mehr zahlen müssen, denn wenn sie gute Arbeiter wollen, dann muss man diese bezahlen, denn wenn sie sie nicht bezahlen, dann gehen diese zur Konkurrenz. Meiner Auffassung nach schützen die Arbeitnehmer, die Arbeiter und die Arbeitenden am ehesten nicht die arbeitsrechtlichen Vorschriften, sondern eine Wirtschaftspolitik, innerhalb der sie benötigt werden. Dies bietet einen stärkeren Schutz als jedwede juristische Regelung und in Ungarn ist dies heute die Lage. Zugleich ist auch die Erscheinung aufgetreten, dass die Menschen mehr arbeiten möchten, doch unsere arbeitsrechtlichen Regelungen, die wir aus der Vergangenheit geerbt haben, stellen ihnen dumme Hindernisse in den Weg, und deshalb versuchen sie diese zu umgehen. Es ist also laut der Rückmeldungen der Ämter für Arbeit eine tägliche Praxis, dass alle möglichen Gesetzeslücken gesucht, verschiedene Tricks angewandt werden, da das Gesetz es nicht zulässt, dass der, der mehr arbeiten – und so auch mehr verdienen – möchte, auch mehr arbeiten kann. Und wir wollten nichts anderes, und auch jetzt wollen wir nichts anderes, als diese dummen Regelungen von ihrer Stelle zu bewegen, sie beiseite zu legen, damit jene, die mehr arbeiten möchten, mehr arbeiten und ruhig mehr verdienen dürfen sollen. Dazu ist es natürlich notwendig, dass man sie nicht zur zusätzlichen Arbeit zwingen kann. Dies verbietet das Gesetz ganz klar, man kann niemanden zu Überstunden zwingen – wer etwas anderes behauptet, der lügt –, und es ist notwendig, dass sie für ihre Arbeit ihren Lohn erhalten. Deshalb wird man ihnen – so wie auch bisher – am Ende des Monats den regulären Monatslohn und auch jenen für die Überstunden auszahlen. Wer etwas anderes behauptet, der lügt, der politisiert, anstatt über die Tatsachen zu reden. So ist die Lage. Meiner Ansicht nach ist dies ein gutes Gesetz, in der Praxis muss sich dies zeigen. Ich hoffe darauf, dass es im Alltagsleben, in der Praxis standhalten und sich bewähren wird.
In Deutschland liegt dieser Rahmen an zulässigen Überstunden höher, dort sind es nicht 400 Stunden in einem Jahr, sondern 416.
Auch der europäische Durchschnitt liegt höher, also nicht nur in Deutschland, sondern der europäische Durchschnitt liegt insgesamt höher, aber ich messe uns nur ungern mit dem Maß der anderen. Dieses Gesetz haben wir nicht deshalb verabschiedet, weil das Maß woanders höher ist, sondern weil die ungarische Wirtschaft jetzt an den Punkt gelangt ist, dass dies heute schon eine Beschränkung, ein Hindernis für die Überstunden darstellt, was für die Menschen ein Problem darstellt. Nicht den Arbeitgebern und den Unternehmern, sondern für die Menschen selbst stellt dies ein Problem dar, denn sie würden gerne mehr verdienen, sie haben auch die Möglichkeit dazu, sie haben auch einen Arbeitsplatz, und dann stößt der Mensch, der arbeiten möchte, an eine bürokratische Schranke, und wird zum Tricksen gezwungen. Das wollten wir beenden. Ich glaube daran, dass dies für die Menschen gut sein wird.
Kann auch unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsfähigkeit solch eine Veränderung eine Bedeutung haben? Denn jene deutsche Firma kann ja viel produktiver sein, wo es dem Arbeitnehmer möglich ist, wenn er arbeiten will, dann in einem Jahr sogar 416 Stunden zu arbeiten.
Schauen Sie, die Situation ist die, dass – obwohl man davon das Gegenteil zu behaupten pflegt – meiner Ansicht nach dies bisher grundsätzlich im Fall der kleinen und mittleren Unternehmen ein Problem bedeutete. Die großen Firmen finden immer eine Lösung. Sie organisieren die Arbeit entsprechend, danach starten sie die Schicht. Bei den Klein- und mittleren Unternehmen bedeutet dies ein Problem und auch die Arbeitsaufsichtsbehörde pflegt immer die kleineren zu erwischen, und nicht die großen, denn die verfügen über gut bezahlte Juristen, die dann diese Regeln auf geschickte Weise umgehen. Ich halte dieses Gesetz also nicht aus dem Blickwinkel der Arbeitgeber, sondern der Arbeiter für ein gutes Gesetz, und nicht aus dem Blickwinkel der ausländischen Investoren, sondern in erster Linie dem der ungarischen Klein- und mittleren Unternehmen. Im Übrigen bedeutet die Wettbewerbsfähigkeit jetzt schon – nachdem wir bereits über genügend Arbeitsplätze verfügen, noch einige Investitionen, und wir haben keinen ungarischen Arbeitnehmer mehr übrig, und von da an ist unsere Aufgabe schon –, dass statt der weniger gut zahlenden Unternehmen besser zahlende entstehen sollen, und statt der weniger modernen modernere. Jetzt wird man also schon qualitative Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt durchführen müssen, und auch in der Welt der Investitionen, denn die Arbeiter sind uns jetzt schon ausgegangen. Jetzt werden wir schon mit genau so vielen Arbeitern in der Zukunft arbeiten wie heute, und wenn wir uns verbessern wollen, wenn wir besser leben wollen, wenn wir wettbewerbsfähig sein wollen, dann muss die Qualität der Arbeitsplätze geändert und unsere Arbeiter, unsere Arbeitenden müssen weiter ausgebildet werden, damit sie eine Arbeit von immer höherem Wert verrichten können. Das ist die Aufgabe der folgenden Jahre.
Wie bewerten Sie das, was am vergangenen Mittwoch im Parlament geschehen ist? Ich denke an die Obstruktion durch die Opposition. Ich weiß nicht, ob es in den vergangenen 28 Jahren jemals vorgekommen ist, dass ein Abgeordneter zu Ihnen hingegangen ist und Ihnen sein Telefon ins Gesicht gehalten hat?
Schauen Sie, wir alle kennen solch unangenehme Typen aus unserem Privatleben, nicht wahr? Es kommt manchmal selbst noch in der Familie vor, dass es solche Heinis, solche Armleuchter, oder ich weiß gar nicht, wie ich es ausdrücken soll, solche unangenehme Typen gibt, die dadurch herausragen wollen, dass sie einem zu nahe kommen und sich absichtlich auf eine skandalöse Weise verhalten. Und dann sitzt die Familie da, und der Freundeskreis, das ganze ist so peinlich, was sollen wir mit ihm machen, man würde ihn am liebsten wegschicken, doch will man nicht unhöflich sein, da man nicht auf sein Niveau herunter sinken möchte, und dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man lässt ihn dort, man lässt ihn stehen, das ist übrigens das beste, oder man erträgt ihn. Wir haben in der Gesetzgebung unsere Plätze nicht verlassen können, denn es ging ja in dieser Auseinandersetzung gerade darum, wer das nervlich länger durchhält, wer das besser erträgt. Diesen Wettkampf kann man also nicht durch Handeln, sondern durch Erdulden gewinnen. Jetzt soll man nicht handeln, nicht zurückschlagen oder Stärke zeigen, sondern die Kraft liegt vielmehr im Erdulden, in der Geduld, in der „die-Karawane-zieht-weiter“-Politik. Man muss bei solchen Anlässen drei Stunden im Parlament stehen, man hat uns gerade unter Blockade gestellt. Das geht ja noch, dass sie einem ins Gesicht pfeifen, und ihre Handys dorthin schieben, aber eine Person hat sich zum Beispiel in meinen Sessel gesetzt, seine Hand auf meine Abstimmungsknöpfe getan und zu verhindern versucht, dass ich abstimme. Dies sind dann aber auch schon juristisch qualifizierbare ernsthaftere Dinge, dies ist doch kein Spiel, das Parlament ist kein Zirkus, die Menschen haben uns nicht dazu dorthin geschickt, damit wir Skandale verursachen, sondern damit wir unsere Arbeit verrichten. Ich war in der Opposition, wir waren zweimal acht Jahre in der Opposition. Ja, das ist kein gutes Gefühl, wenn man seine Argumente vorbringt, man das Gefühl hat, Recht zu haben, und die Regierungsmehrheit stimmt entgegen der – unserer Ansicht nach – schwächeren Argumente trotzdem für ein Gesetz. Doch ist dies die Ordnung der Dinge. Danach muss man zu den Menschen sprechen, man muss beweisen, dass doch eher unser Standpunkt der richtige, unser Programm das bessere war, und man muss dafür kämpfen, dass die Menschen uns ihr Vertrauen schenken. Mit Skandalen kann man die Gesetzgebung nicht verhindern, wenn sich auf der anderen Seite entschlossene Menschen, wie wir es sind, befinden, und wir haben keine Gewalt angewandt. Sie haben Gewalt im Parlament angewandt, sie haben den die Sitzung leitenden Präsidenten nicht an seinen Platz im Vorsitz gelassen, doch wir haben einen Weg gefunden, damit die Sitzung trotzdem abgehalten werden kann, und wie wir über die Gesetze abstimmen können. Ich möchte den Wählern auch nur sagen, dass sie nicht nervös sein, sich nicht empören sollen, ganz gleich, was sie seitens der Opposition sehen, sie können beruhigt sein, die Regierungspartei wird niemals die Nerven verlieren. Wir werden unsere Arbeit schön ruhig, im normalen Tempo verrichten.
Ja, aber auch für den heutigen Tag wird eine Demonstration organisiert und es gab sie auch in den vergangenen Tagen, wir haben die Aufnahmen gesehen. Ein Schaden in der Höhe von mehreren Millionen Forint ist zum Beispiel am Kossuth Platz entstanden, wo es gelungen ist, eine unlängst eingeweihte Gruppe von Skulpturen zu beschädigen. Man denkt so vor Weihnachten, was für Menschen das wohl sind, die Schlitten, die Kindern zugedacht waren, zerbrechen, zertreten und anzünden?
Zunächst einmal sollten wir im Zusammenhang mit der Debatte über das Arbeitsgesetzbuch sagen, dass das heute bereits gut sichtbar nur ein Vorwand war. Zugleich hat mich dies nicht überrascht, denn das gleiche hysterische Herumgekreische konnte man hören, als wir den IWF nach Hause geschickt hatten, damals sagte man, es wird einen Zusammenbruch geben. Dann haben wir die Steuern gesenkt, das Budget würde zusammenbrechen, sagten sie. Dann sagten wir „öffentliche Beschäftigung“, da haben sie schon damals das mit der Sklavenarbeit angefangen zu sagen. Die Sklaven wurden im Übrigen nicht bezahlt, doch jetzt Klammer zu. Es hört sich aber gut an, die Opposition kann auch gut klingende, unwahre Dinge behaupten, dies ist doch weder in der ungarischen noch in der internationalen Politik ungewöhnlich. Also war es immer so, dass wenn wir vor einer Entscheidung größerer Tragweite standen, die Regierung sich entschlossen zeigt und die Entscheidung gefällt hatte, da wurde immer das Weltende ausgerufen. Doch ist bei allen Dingen die Praxis das Entscheidende, und im Alltagsleben hat sich herausgestellt, dass die Steuersenkung gut ist, es gut war, den IWF nach Hause zu schicken, die öffentliche Beschäftigung hat sich bewährt, weshalb ich glaube, uns stehen alle Erfahrungswerte zur Verfügung, um mit einem guten Nervensystem und gelassen jene Meinungen aufzunehmen, nach denen unsere Maßnahmen die ungarische Wirtschaft kaputtmachen werden. In Klammern sage ich, jene pflegen bei solchen Anlässen das Weltende zu verkünden, die im Übrigen das Land tatsächlich kaputtgemacht hatten. Ich erinnere mich auch noch daran, wie sie einen „Hungermarsch“ organisiert hatten, ich weiß nicht, ob Sie sich noch daran erinnern? Dies ist nicht so lange her. Solche Oppositionspolitiker stellten sich an die Spitze der Hungermärsche, über die es sich danach herausstellte, dass sie in Wien im Geheimen viele hundert Millionen auf Bankkonten lagern. Jedenfalls gibt es in Ungarn für das Blendwerk der Opposition beinahe unbegrenzte Möglichkeiten. Auch meiner Ansicht nach ist das Arbeitsgesetzbuch eher ein Vorwand als eine tatsächliche Erklärung. Nun, im Übrigen verstehe ich die Demonstranten. Es ist wichtig, darauf zu achten, ihre Stimme zu hören. Wie ich erwähnt habe, waren auch wir in der Opposition, ja in der kommunistischen Zeit waren wir auch als Opposition des Systems in der Opposition. Danach haben wir dann schon als parlamentarische Opposition auch zweimal acht Jahre hinter uns gebracht. Es gibt Situationen, ich kenne das Gefühl, wenn man meint, in einer wichtigen Angelegenheit Recht zu haben, und das eigene Wort besitzt trotzdem nicht das notwendige Gewicht. Und dann geht man auf die Straße und demonstriert, und man will der eigenen Meinung Gewicht verleihen. Doch dies muss man meiner Ansicht nach deutlich vom Vandalismus trennen. Weil, sagen wir, die Skulptur von Lajos Kossuth zu beschädigen… Aber was hat der arme Lajos Kossuth verbrochen? Welchen Fehler hat er also begangen, wegen dem man ihn beschädigen muss? Oder der unglückliche Weihnachtsbaum! Selbst noch in der Zeit der kommunistischen Polizei haben wir, als die Polizei die neuen Yamaha-Motorräder erhalten hatte und uns damit drohte, in unsere Reihen hineinzufahren, nicht „es brennt der Polizist, es brennt der Baum“ gerufen, wie sie das jetzt getan haben, sondern wir riefen den Polizisten zu: „Wir haben Euch Yamahas gekauft.“ Das ist ein großer Unterschied. Ich erinnere mich. Ich saß mit Gáspár Miklós Tamás in einer Zelle in polizeilicher Haft nach einer Demonstration und wir hatten die Polizisten nicht attackiert. Meiner Ansicht nach muss man also den Vandalismus, die Gewalt und die politische Meinungsäußerung voneinander trennen. Seine politische Meinung kann auch ein jeder in Form einer Demonstration mitteilen, doch darf niemand Gewalt anwenden und darf sich nicht wie ein Vandale aufführen. Ich sehe also, dass dies eher ein Vorwand war, ich sehe auch international die Spuren dessen, dies ist also keine Erscheinung nur in Ungarn, denn die die Einwanderung ablehnenden rechten Regierungen werden jetzt überall unter Beschuss gesetzt, das geschah auch in Wien, ich war jetzt da. Dort ist auch noch irgendein Demonstrant auf das Gebäude des Ministeriums hinaufgeklettert und hat dort ein Feuer angezündet. Überhaupt ist meiner Meinung nach die Frage dieser Rauchbomben, also dass die Polizisten mit ihnen beworfen werden, meiner Ansicht nach auch in juristischer Hinsicht eine schwerwiegende Sache, auch symbolisch gesehen, denn die Rauchbomben sind ja dazu da, damit man nicht sehen können soll, was die Wirklichkeit ist, und die Wahrheit ist die, wozu braucht man eine Rauchbombe, wenn nicht dazu, damit man nicht sehen können soll, was geschieht. Es sind niemals Menschen mit lauteren Absichten, die Rauchbomben werfen, doch ist dies auch in Italien geschehen, wo es gegen die die Migration ablehnende Salvini-Regierung beziehungsweise gegen das Gesetzespaket von Innenminister Salvini eine großangelegte Demonstration gab, ich sehe also, dass hier im Hintergrund sich auch internationale Netzwerke bewegen. Es ist offensichtlich, dass ein Teil der Demonstranten, die aggressivsten und aktivsten von George Soros finanziert werden und als Teil des internationalen Netzwerkes ihre Aufgaben erledigen, wenn das ihre Aufgabe ist, wenn man all dies in Ungarn, Wien oder gerade in Italien „Aufgabe“ nennen kann.
Sie sagen, Geduld sei notwendig, doch sollen wir auch gegenüber der Gewalt auf der Straße geduldig sein? Wenn wir nur das hören, dass zwar keine Demonstranten verletzt worden sind, jedoch mehr als zehn Polizisten…
Dies zeigt es nun sehr gut, ich erinnere mich aber noch an 2006, sagen wir, als die Sozialisten an der Regierung waren, damals waren die Nachrichten voll von Menschen mit blutenden Köpfen. Man hatte eine Attacke der berittenen Polizei gegen die friedlichen Demonstranten angeordnet, man hat Gummigeschosse auf sie abgefeuert. Ich habe jetzt den Innenminister darum gebeten, dass das Auftreten der Polizei eindeutig, entschlossen, aber geduldig sein soll. Und wir schulden den Polizisten Dank dafür, dass es gelungen ist, dies zu verwirklichen. Denn es ist leicht, solche Dinge zu sagen, doch wenn man dort steht, und dann aggressive, offensichtlich gewaltbereite Menschen in die Kette von Polizisten hineinrennen und ihnen hässliche Dinge zuschreien sowie sie auch tätlich attackieren, und tatsächlich Polizisten im Dienst des Schutzes der im Übrigen friedlichen und normalen Menschen verletzt werden, wie dies geschehen ist, da ziehe ich meinen Hut vor dem Verhalten der Polizei. Ich schaue mir auch internationale Fälle an, nun, in Westeuropa pflegen sich die Polizisten nicht so zu verhalten. Oder stellen Sie sich vor, wenn das, was hier beim staatlichen Fernsehen geschehen ist, sich – sagen wir – in Deutschland ereignet hätte, sich dort die Abgeordneten der linken Partei, der Linken, und sagen wir der rechten Partei, der AfD zusammentun und mit Gewalt in das Gebäude des deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehens einbrechen würden, was würde dort geschehen? Ich glaube, man würde mit ihnen nicht so umspringen, wie hier. Dort würden sie das bekommen, was ihnen zusteht. Die deutschen Polizisten würden keine Witze machen. Ich glaube also, dass auch im internationalen Maßstab die ungarischen Polizisten es bis zur Grenze der Selbstgefährdung auf sich genommen haben, geduldig darauf zu reagieren, was geschieht. Ich wünsche ihnen die seelische Kraft, die Geduld, das Nervensystem, die Gelassenheit für die kommenden Tage, Wochen, Monate, wer weiß, wie lange dieser Zeitraum sein wird, gegenüber solchen provokativen Manövern. Und ich möchte, dass die Polizisten wissen, die Regierung steht hinter ihnen, sie können auf die Regierung zählen. Und ich hoffe sehr, dass die juristischen Organe und Behörden Ungarns besonnen und ruhig klarstellen, wo die Grenzen der Legalität verlaufen, wie weit man gehen darf, und wo der Punkt ist, ab dem man auch schon mit juristischen Folgen rechnen muss.
Am vergangenen Wochenende gab es ja einen Unionsgipfel, das abschließende Stadium der österreichischen Präsidentschaft. Dann war danach diese Woche der Afrikagipfel, auf dem sich herausstellte, dass Europa anscheinend bei dieser Investition ein bisschen zurückgeblieben ist, dass der afrikanische Kontinent über den Aspekt der notwendigen Hilfe hinausgehend aber auch im Grunde ein Terrain sogar für europäische Unternehmen ist, um dort gewinnbringend zu investieren. China steht in dieser Frage sehr gut, nicht wahr?
Ja, aber es ist wichtig, dass sich Ungarn in dieser Angelegenheit über seine Stellung im Klaren ist, denn es ist für uns wichtig, die Welt zu verstehen, zu wissen, was dort geschieht. Dies, also die Entwicklungen in der Welt, kalkulieren wir in unsere eigenen Entscheidungen mit hinein. Wir sollten aber nicht glauben, wir würden Weltpolitik machen. Also Ungarn ist…, ich bezeichne Ungarn ungern als kleines Land, weil wenn ich unsere Nachbarn betrachte, dann sehe ich Ungarn eher als stärker oder größer. Auch im europäischen Vergleich sind wir ein Land der Größe Belgiens, das lohnt es sich nicht, klein genannt zu werden. Doch lohnt es sich auch nicht, es als zu groß anzusehen. Und wenn wir eine internationale Rolle übernehmen oder an internationalen Beschlüssen teilnehmen, dann müssen wir wissen, wo unser Platz ist. Das ist sowohl im Privatleben als auch im staatlichen Leben gut. Wo ist jetzt der Platz Ungarns in der Angelegenheit von Afrika? Ungarns Platz wird zuerst dadurch festgelegt, was auch wir sehen, dass die Bevölkerung Afrikas sich verdoppeln wird, bis 2050 werden auf dem Kontinent mehr als 2-2,5 Milliarden Menschen leben. Wir sehen auch, dass sie dort im Augenblick ihr Leben nicht organisieren können. Soviel Menschen können sie dort nicht versorgen. Daraus muss man die Schlussfolgerungen ziehen. Die erste lautet: Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass wenn es von dort aus ein Ausströmen gibt, wir die Grenzen Ungarns schützen können. Denn ich verstehe zwar die afrikanische Situation, doch ist das kein Grund, zuzulassen, dass sie mit einer Invasion Europa oder eben Ungarn überschwemmen. Wir müssen uns also darauf vorbereiten, dass wir in den kommenden Jahrzehnten kontinuierlich in der Lage sein werden müssen, die nach Ungarn oder die nach Europa kommenden, aber über Ungarn dorthin gehen wollenden großen Massen an den Grenzen Ungarns aufzuhalten. Hierzu sind wir politisch, juristisch und auch im Hinblick der Stärke in der Lage. Die zweite Sache ist es, jenen Hilfe zu leisten, die in Afrika leben, damit sie von dort nicht weggehen müssen. Wir können soviel Hilfe anbieten, wie dies im Verhältnis zu unseren wirtschaftlichen Fähigkeiten steht. An dieser Stelle kann ich sagen, es gibt neunhundert afrikanische Studenten, die heute mit einem umfassenden staatlichen Stipendium in Ungarn studieren. Auch insgesamt beläuft sich die Zahl der aus Afrika hierher gekommenen Studenten auf 2.500-3.000. Doch für neunhundert von diesen zahlt der ungarische Staat das Stipendium. Neunhundert Stipendien würden auch unter den ungarischen Jugendlichen ihren Platz haben. Auch unter ihnen gibt es solche, die gern mit einem staatlichen Stipendien studieren würden. Da wir aber ein Teil der Welt sind, und wir zu einem bestimmten Maß auch eine Rolle in der Verminderung der Probleme anderer übernehmen müssen, geben wir hier diese neunhundert Stipendien nicht ungarischen Jugendlichen, sondern afrikanischen Studenten, in der Hoffnung, dass sie – nachdem wir sie ausgebildet haben – nach Hause zurückkehren und dort ihrer eigenen Heimat dienen können und in der Lage sein werden, eine Wirtschaft zu betreiben, die es den Kindern, die die afrikanischen Frauen gerade jetzt zur Welt bringen, erlauben wird, zu Hause zu bleiben. Soviel können wir also übernehmen. Wir haben einen Wirtschaftsinvestitionen unterstützenden Kreditrahmen bei der Eximbank geöffnet. Jene ungarischen Unternehmen, die also nach Afrika gehen und dort Geschäfte machen sowie Arbeitsplätze schaffen wollen, die bekommen dazu einen Bankkredit vom ungarischen Staat in ermäßigter und sicherer Form. Auch dadurch können wir die Entwicklung der afrikanischen Wirtschaft unterstützen. Damit will ich sagen: Unsere an uns selbst gestellten Erwartungen sollten real sein, doch diese sollten wir aber erfüllen. Soweit ich das sehe, beschreitet das Szijjártósche Außenministerium diesen Weg.
Die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer konnten nicht über die Summe des Minimallohns übereinkommen. Sie konnten sich nicht auf das Maß der Erhöhung einigen. Die Arbeitgeber sehen eine Erhöhung um etwa fünf-sieben Prozent für akzeptabel an, und die Arbeitnehmer möchten mehr als zehn Prozent. In solchen Fällen ist es das Recht der Regierung zu entscheiden, wie hoch die Erhöhung des Minimallohns ausfallen wird. Welcher Zahl steht die Meinung der Regierung näher, der fünf-sieben oder der mehr als zehn?
Ich möchte dieses unsere Recht nicht nutzen. Dass wir das Recht besitzen, bedeutet nicht, dieses Recht unbedingt auch nutzen zu müssen. Ich möchte bis zum letzten Augenblick warten, und ich wünsche mir, dass nicht die Regierung durch Kraft, durch die Kraft der Gesetzesregeln oder durch die von den Bürgern erhaltene politische Kraft das Maß des Minimallohnes festsetzen muss, sondern es wäre gut, wenn die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer hierüber übereinkommen könnten. Ich glaube, sie können das besser als wir. Ich bin mir also sicher, dass die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer dies besser abschätzen und bestimmen können, was für die ungarische Wirtschaft gut ist. Denn die ungarische Wirtschaft, das sind sie. Wir regulieren die ungarische Wirtschaft nur, wir schaffen nur Voraussetzungen, rechtliche Bedingungen, Steuergesetze, aber die Wirtschaft betreiben die Arbeitenden. Dieses Land ist aus dem Grunde erfolgreich, denn die Ungarn arbeiten viel und sie arbeiten gut. Und die Unternehmen sind geschickt und investieren gut. Ich glaube also daran, dass die Arbeiter und die Arbeitgeber darüber übereinkommen müssen, wie hoch der Minimallohn sein soll. Das ist das Interesse des Landes. Und ich möchte nicht vor sie hintreten – auch wenn wir dazu das Recht besitzen – und ich möchte nicht an ihrer statt entscheiden, wie hoch der Minimallohn sein soll. Ich habe den Herrn Finanzminister darum gebeten, er möchte danach streben, dass die Verhandlungen zu einem Ergebnis führen sollen. Wir sollten nicht als Entscheider der Sache auftreten, sondern lieber als Vermittler, und wir sollten erreichen, dass sie die Entscheidung fällen.
Die Wirtschaft erbringt eine gute Leistung. Womit können wir 2019 rechnen? Laut der Anzeichen wird die Politik das Entscheidende in dem Sinne sein, dass es im Mai europäische Parlamentswahlen geben wird. Worauf sollen wir uns einstellen, wird sich etwas ändern?
Es sollte sich etwas ändern, denn wir arbeiten im Gegenwind, und ich wünsche mir, dass in Europa Winde wehen, in die wir unsere Segel setzen, sie in diesen Wind hineindrehen können. Heute ist dies nicht die Lage. Heute sind wir auf die Weise erfolgreich, dass von Brüssel aus alles unternommen wird, damit wir keinen Erfolg haben. Und deshalb müssen wir jetzt Abgeordnete nach Brüssel entsenden, die Ungarn in Brüssel vertreten, und nicht Brüssel in Ungarn. Ohne die Opposition beleidigen zu wollen, ist die Situation doch die, dass sich die Auffassung der Opposition darin manifestiert, ihrer Meinung nach müsste man in Ungarn das tun, was Brüssel sagt. Wer für die Opposition stimmt, der schickt Abgeordnete nach Brüssel, die dort nicht Ungarn vertreten werden, sondern die Brüssel in Ungarn vertreten wollen. Unsere Kandidaten sind anders, wir stehen bereit, wir sind vorbereitet, wir haben unsere Kandidaten benannt. Wir werden Menschen nach Brüssel schicken, die dort die Interessen Ungarns vertreten werden. Und ich hoffe, dass auch aus den anderen Ländern mehr nationale engagierte Abgeordnete kommen werden als früher, und dann werden wir die europäische Windrichtung umdrehen können. Wirtschaftlich könnten wir uns auch viel besser entwickeln. Brüssel verfolgt heute also eine Wirtschaftspolitik, die für die ungarische Nationalwirtschaft nicht vorteilhaft ist. Brüssel wendet doppelte Standards an. Es handelt sich dabei also nicht einfach nur um eine politische Frage, obwohl die Migration am wichtigsten ist, denn alles hängt von der Sicherheit ab, aber es geht doch auch um wirtschaftliche Fragen. Die Wahlen werden auch beeinflussen, ob wir das Brüsseler wirtschaftspolitische Denken werden verändern können, und ob wir dort ein für Ungarn stärker unterstützendes Umfeld werden schaffen können. Hierzu haben wir die Chance, das ist ein reales Ziel, es lohnt sich dafür zu kämpfen.
Wird das kommende ein gutes Jahr für uns sein?
Nun, wir hatten unsere Stärken, gehen wir also vielleicht davon aus, was wir hinter uns haben. 2018 war ein starkes Jahr in der ungarischen Wirtschaft. Was wir zu Beginn des Jahres gedacht hatten, dass nämlich ein jeder einen Schritt nach vorne würde machen können, das hat sich meiner Ansicht nach bewahrheitet. Das vorangegangene Jahr war auch schon stark. Ich sehe am Himmel der Weltwirtschaft Wolken, ich sehe auch, dass die Menschen besorgt sind. Ich möchte sie beruhigen. Die ungarische Wirtschaft wird nach jedem menschlichen Ermessen auch im Jahr 2019 eine gute Leistung erbringen. Und wenn die Regierung in ausreichendem Maß entschlossen und bestimmt sowie handlungsfähig ist, wenn sie jedwede Entscheidung wegen der eventuell unvorteilhaften Wendungen in der Weltwirtschaft treffen müssen sollte, dann können wir diese Entscheidungen schnell treffen. Wir sind also in der Lage, den Wellengang zu meistern, wenn wir geschickt manövrieren. Der Schlüssel ist immer, ob die Menschen arbeiten wollen und ob sie glauben, dass ihre Arbeit einen Sinn hat. Meiner Ansicht nach haben die Ungarn in den vergangenen Jahren einen handfesten Beweis dafür erhalten, dass sie über Selbstachtung verfügen, dass auch sie jemand sind, dass auch Ungarn etwas ist, das ist ein seriöses Land. Wir sind in der Lage, unsere Familien aus unserer Arbeit zu ernähren, wir sind in der Lage, auf eigenen Beinen zu stehen, wir sind auf keine Almosen angewiesen, wir sind auf niemandes Gnade angewiesen, höchstens auf die des lieben Gottes. Wir sind in der Lage aus eigener Kraft für uns in Ungarn auf die Weise ein gutes Leben zu schaffen, dass diese Feststellung nicht nur im einzelnen, sondern auch insgesamt wahr ist. Meiner Ansicht nach werden wir auch in den kommenden Jahren auf diesem Weg weiter voranschreiten. Ich sehe also hoffnungsvoll auf das Jahr 2019 voraus, und ich wünsche allen ein gesegnetes, friedvolles Fest und ein glückliches sowie erfolgreiches neues Jahr!
Vielen Dank. Sie hörten Ministerpräsidenten Viktor Orbán.