Katalin Nagy: Täglich werden 60-70 tausend Impfungen gegen das Coronavirus in Ungarn verabreicht, doch ist deren größerer Teil die zweite Impfung, also eine Wiederholungsimpfung, auf diese Weise wächst die Durchgeimpftheit deutlich langsamer im Land. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán. Wie sieht es mit der Impfung für die Altersgruppe zwischen 12 und 15 Jahren aus? In einigen Ländern beginnt man auch diese Jugendlichen zu impfen.
Wenn Sie erlauben – ich wünsche den Zuhörern einen guten Morgen! –, möchte ich Ihre erste Bemerkung kurz ergänzen. Am gestrigen Tag haben wir z.B. die erste Impfung 11.585 Menschen verabreicht und die zweite 81.942 Menschen. Dies zeigt deutlich, wie sich die Dinge verändert haben. Früher haben wir ja den Akzent darauf gelegt, dass die Zahl der ersten Impfungen möglichst schnell ansteigen sollte, denn bereits die erste Impfung hat eine hohe Sicherheit zum Ergebnis gehabt. Dem ist es zu verdanken, dass sowohl die Todeszahlen als auch die der Erkrankungen eine Talfahrt begonnen haben, die Zahlen also zu fallen begannen. Laut den Berichten von heute Morgen haben wir am gestrigen Tag 26 Leben verloren. Neuinfizierte haben wir 269 und auch die Zahl unserer Landsleute im kranken, also im ansteckenden Zustand nimmt steil ab, gegenwärtig können 64 tausend Menschen nicht arbeiten bzw. kämpfen um ihr Leben und gegen die Krankheit, wegen des Virus. So sehen wir aus. Die Zahl der ersten Impfungen ist aus dem Grund so niedrig, denn die Menschen bestürmen uns oder die Hausärzte sowie die Impfpunkte nicht mehr. Wir sind das einzige Land in der Europäischen Union, in dem es keinen Impfstoffmangel, sondern Impfstoffüberfluss gibt. Wir haben also mehr Dosen von Impfungen, wir besitzen mehr Impfstoff, als es Menschen gibt, die sich dafür melden. Deshalb können wir jetzt auch anderen helfen. Das wird bis zum Ende des Jahres nicht nur so bleiben, sondern die Verhältniszahlen werden sich noch eher in diese Richtung verschieben. Wenn ich nur die aus westlicher Richtung kommenden Impfstoffe betrachte, denn dort haben wir bis zum Ende des Jahres noch Bestellungen, dann werden wir bis zum Jahresende mehr als 16,6 Millionen Dosen Impfstoff haben, diese sind also sozusagen im Sack, sie sind bestellt, sie werden auch geliefert werden, und das bedeutet, dass wir in Impfsicherheit sind. In Ungarn muss sich also niemand darüber Sorgen machen, dass selbst im Fall einer weiteren Welle – mit der im Übrigen die Wissenschaftler heute eher nicht rechnen, sie schließen sie nicht aus, halten sie aber nicht für wahrscheinlich –, selbst im Fall einer weiteren Welle oder wenn sich herausstellen sollte, dass die verabreichten Impfstoffe doch nicht für ein Jahr oder neun Monate Schutz gewähren – denn heute wissen wir noch nicht, wie lang diese Zeitspanne ist –, sondern sich herausstellen würde, dass die Menschen ihre Immunität früher verlieren, selbst dann könnten wir einen jeden, der sich meldet, nicht nur einmal, sondern zweimal impfen. Ungarn ist also in Impfstoffsicherheit. 54 Prozent der gesamten ungarischen Bevölkerung haben also die erste Impfung und 38 Prozent der ungarischen Bevölkerung die zweite Impfung erhalten. Das wäre soweit auch in Ordnung, die Frage ist: Was ist mit den anderen? Es gibt hier 2,5 Millionen Menschen, die um keinen Impfstoff gebeten, sich nicht registriert haben, ihn nicht wollen, und dafür jenes die Ärzte, die Krankenhäuser auf außergewöhnliche Weise in Anspruch nehmende Impfsystem aufrechtzuerhalten, in dem wir uns jetzt befinden, ist nicht vernünftig, deshalb werden wir uns von den Massenimpfungen auf die Bereitschaftsimpfungen umstellen. In den kommenden Tagen werden wir die Entscheidung hierüber treffen, wir werden einige Impfpunkte aufrechterhalten, ihre Festlegung läuft gerade, und wer eine Impfung erhalten möchte, der muss dorthin gehen und er erhält sie dort. Jene bequeme, vielleicht ist das nicht das richtige Adjektiv, Situation wird dann aufhören, in der man zum Hausarzt, ins Krankenhaus gehen, sich auf die eine oder die andere oder eine dritte Weise anmelden kann. Nein, dies wird sich ändern: Es wird Bereitschaftsimpfungen geben. Ich bitte einen jeden, der nicht an der späteren, schwerfälligeren Ordnung der Impfung teilnehmen möchte, aber der Meinung ist, sich impfen zu lassen, dies eher jetzt, in den kommenden einigen Tagen zu tun und dies nicht auf später zu verschieben. Es gibt einige hunderttausend Menschen, die die Infektion bereits durchgemacht haben, geschützt und der Ansicht sind, dann, wenn dieser Schutz abgelaufen sein wird, dann sich für die Impfung zu melden, doch wenn sie jetzt zur Impfung gehen würden, wäre es für uns alle besser, für sie, auch für die Ärzte und die Hausärzte sowie für die die Impfung organisierenden Fachleute in der öffentlichen Verwaltung ebenfalls. Was die Kinder angeht, so versucht man die Diskussionen darüber zu verfolgen. Das sind Diskussion der Länge einer Wasserschlange. Sowohl das internationale als auch das ungarische Internet ist voll mit Studien, Meinungen, Anmerkungen darüber voll, es ist schwer, sich da zurechtzufinden. In der gesamten Virussituation ist es schwer, wissenschaftlich klar zu sehen, denn für jede Wissenschaft, für jede wissenschaftliche Feststellung, für jede gültige Feststellung ist eine längere zeitliche Perspektive notwendig, und die gibt es nicht. In der modernen Welt kann die Menschheit also Daten von jedwedem Punkt der Erde sammeln, wir können uns also im Raum gut orientieren, wenn aber keine ausreichende Zeit seit dem Beginn einer Erscheinung, wie die Epidemie es ist, verstrichen ist, dann ist es sehr schwer, gültige Behauptungen zu formulieren, denn das, was im ersten Jahr gültig zu sein scheint, kann bereits im zweiten, dritten Jahr seine Gültigkeit, seine Aussagen, seinen Wahrheitsgehalt verlieren. So geht es uns also auch mit den Jugendlichen. Ich gehöre zu den vorsichtigeren Menschen, es geht ja schließlich um Kinder. Dies ist ja schließlich tatsächlich unsere Verantwortung. Zugleich möchte ich die Eltern auch nicht von der Möglichkeit abschneiden, ihre Kinder – wenn sie Angst um sie haben – impfen zu lassen. Hinzu kommt noch, dass wir, wie ich das ja erwähnt habe, über äußerst viel Impfstoff verfügen, man kann sogar wählen, in Ungarn herrscht also auch Impfstofffreiheit, weil wir nicht in dem „Hund-friss-oder-krepier-Zustand” sind, sondern sie, also die Menschen sagen können, mit welchem Impfstoff sie sich impfen lassen möchten. Wir wollen also die Eltern auch nicht von dieser Möglichkeit abschneiden, aber wir wollen vorerst auch keine Impfkampagne starten, und ich habe nicht den Eindruck, dass die ungarische wissenschaftliche Community, deren Meinung in dieser Angelegenheit von entscheidender Bedeutung ist, denn das ist ja keine politische Entscheidung – die Verantwortung werden natürlich wir im Nacken haben, doch sind die Gesichtspunkte, auf Grund derer die Entscheidung getroffen werden muss, grundsätzlich medizinische und wissenschaftliche, doch nicht politische –, ich habe also nicht den Eindruck, dass innerhalb der ungarischen wissenschaftlichen Community diese Diskussion früher an ihrem Ruhepunkt ankommen wird als gegen Ende des Sommers. Und dann wird man darüber entscheiden können, ob wir eine Impfkampagne starten oder dabei bleiben, dass alle Eltern ihre Kinder auf eigene Verantwortung impfen lassen können, denn davon wollen wir sie nicht abschneiden, ich bitte hier also um Geduld. Gegenwärtig dürfen die Erwachsenen die minderjährigen Kinder überallhin mitnehmen. Der Impfpass, über den wir verfügen, ermöglicht es uns also, auch unsere minderjährigen Kinder, wenn sie nicht geimpft worden sind, auch zu einem Sportevent mitzunehmen, sie können also überhaupt Teil des gemeinsamen Lebens der Familien sein. Meiner Ansicht nach lohnt es sich, mit diesem gegenwärtigen Zustand, mit dieser Regulierungssituation bis zum Ende des Sommers weiterzumachen.
Der Impfpass, der ungarische Impfpass wird mit dem EU-Ausweis kompatibel sein, das wurde auf der Regierungsinfo gesagt. Mit 11 Ländern hat Ungarn bereits bilaterale Abkommen über die Erleichterung des Reisens. Setzen Sie die Reihe dieser bilateralen Abkommen fort?
Das wird notwendig sein, da wir nicht wissen, ob der europäische Impfpass, dessen Rechtsgültigkeit wir auf dem letzten Gipfel der Ministerpräsidenten ab dem 1. Juli festgesetzt haben, funktionieren wird oder nicht. Wir haben also jetzt einen Impfpass, einen Schutzausweis, der hinsichtlich seiner Qualität im Übrigen herausragend ist. Wenn ich mich mit meinen Kollegen treffe, pflege ich auch mit verhohlenem Stolz, man soll sich ja bescheiden verhalten, besonders wenn es etwas gibt, „worauf“ man bescheiden sein kann, da pflege ich ihnen zu zeigen, dass es bei uns bereits so einen Ausweis gibt. Wir sind den anderen voraus. Überhaupt sind Entscheidungsträger wie wir den Menschen weiter voraus, die sich nicht mit Politik beschäftigen. Denn in Wirklichkeit sollten wir wissen, wie die Situation in ein-zwei-drei Wochen und in ein-zwei Monaten sein wird. Es ist also unsere Aufgabe, die Situation, die Zahlen zu analysieren und zu sagen, was zu erwarten ist und wir unsere Entscheidungen im Zusammenhang mit den zu erwartenden Entwicklungen treffen. Die meisten Menschen müssen nur hinsichtlich ihres eigenen Lebens so denken, nicht hinsichtlich jenes des Landes. Hinzu kommt noch, dass die Menschen immer um einige Wochen weiter zurück sind als die Entscheidungsträger. Wenn Sie mich hier befragen, muss ich auch vorsichtig meine Worte abwägen, da ich schon weiter voraus im Kopf bin, ich kenne die Daten, die Analysen, anders als die Menschen, die ihr Alltagsleben leben und deren Beruf nicht dieses ist. Und jetzt sind die Westler noch hinter den ungarischen Menschen zurück, denn dort gibt es noch Ausgehverbote, da gibt es noch die Maske, aber wenn wir über die europäische Situation sprechen, dürfen weder unsere führenden Politiker noch die Menschen den Fehler begehen, zu glauben, die anderen seien schon an dem Punkt, an dem wir sind – denn sie sind noch nicht dort. Wenn wir also im europäischen Zusammenhang über die ungarische Situation nachdenken wollen, dann darf man nicht von der ungarischen Lage ausgehen. Wir können die europäische Situation nicht aufgrund der ungarischen Situation verstehen, denn dort gibt es Ausgangssperren, es gibt die Maske, man kann nicht reisen, nicht einreisen, ab und zu werden Verschärfungen ins Leben gerufen usw., sie befinden sich also in einer ganz anderen Situation. Und von hier aus, aus diesem anderen, aus der hinter uns liegenden Position möchten sie in den Zustand der freien Bewegung, des freien Reisens gelangen, und sie haben noch nicht einmal eine Impfkarte. Ich befürworte die gemeinsame Karte, die wir dann gemeinsam machen, aber so lange dies nicht sicher ist, sollten wir für unseren eigenen Schutz und unsere eigene Reisefreiheit auf nationaler Grundlage sorgen, deshalb haben wir eine nationale Karte. Diese werden wir dazu geeignet machen, dass sie zu einem Teil des europäischen Systems werden kann, und wenn dann – entsprechend unseren Hoffnungen dann die europäische Karte erfolgreich eintritt, dann wird dies nicht bedeuten, dass man irgendwo in Brüssel eine zentrale europäische Karte herausgeben wird, sondern es wird die Sache der nationalen Behörden und der Mitgliedsstaaten sein, ihren eigenen Bürgern die europäische Karte herauszugeben, die im Übrigen mit den anderswo herausgegebenen Karten der verschiedenen Länder vergleichbar ist. Deshalb wird zum Beispiel jetzt eine große Entwicklung durchgeführt, die Frist ist der 15. Juni, bis dahin muss das Innenministerium sie beenden, das auf die ungarische Karte noch jene Daten einträgt, nicht auf die Plastikkarte, denn die ist in der Form gut, wie sie vorliegt, sondern auf deren elektronische, digitale Variante, die heute noch nicht auf ihr zu finden sind. Zum Beispiel ob und wenn ja, wann man die zweite Impfung erhalten hat und mit welcher Art von Impfstoff man geimpft worden ist, und dann werden die auf der ungarischen elektronischen oder digitalen Karte auffindbaren Daten mit den durch die anderen Länder geschaffenen eigenen europäischen Karten synchron sein.
Sie haben dahingehend formuliert, wir seien weiter voraus als die anderen. Es ist auch gesagt worden, dass es in Ungarn gelungen ist, mindestens anderthalb Monate früher zu öffnen, da die Durchgeimpftheit so gut war. Wozu sind diese anderthalb Monate des Neustarts ausreichend, wenn wir sie genauer betrachten?
Wir wissen nicht, um wie viel wir den anderen voraus sind, denn wir sind schon dort, sie sind es aber noch nicht. Ob sie am Ziel ankommen? Das wissen wir nicht, das ist auch mit dem menschlichen Leben so, die Älteren haben bereits ein gewisses Alter erreicht, wir Jüngeren hoffen, es dann zu erreichen, haben aber keine Gewissheit darüber, wenn wir aber jemandem sagen: „Wenn Du dann 70 Jahre alt sein wirst!“, und er ist erst 30, dann wird er entweder das Alter von 70 Jahren erreichen oder nicht. Genauso ist es also auch mit den Ländern, entweder kommen sie auch an den Punkt an, an dem wir sind, oder nicht. Im Übrigen ist es logisch anzunehmen, sie würden dann dort ankommen. Und dann ist die Frage, was dieser Vorsprung von vielmehr 2-2,5 Monaten für die Ungarn bedeutet. Das menschliche Gehirn löscht so schnell Dinge! Jetzt, wo wir Freiheit haben, es keine Ausgangsbeschränkungen gibt, man überallhin entsprechend den eigenen Absichten gehen kann, wenn man geimpft worden ist, jetzt erinnern wir uns also langsam nicht mehr daran, wie es war, als man dies noch nicht konnte. Das menschliche Denken befreit sich so schnell von den früheren, gefängnisartigen Beschränkungen, dass jene Erinnerungen beinahe gelöscht werden. Doch ich reise in der Welt, denn das ist ein Teil meiner Arbeit, und ich sehe, dass dort Depression herrscht. Ich fahre in die westeuropäischen Länder, in denen die Menschen wegen der Maske und zahlreicher anderer Gründe noch unter dem gleichen Druck, dem depressiven Druck stehen, wie wir vor – sagen wir – zwei-drei Monaten standen. Wir streichen ja kontinuierlich die Beschränkungen, die Notsituation bleibt erhalten, weil wir noch eine Weile aufpassen müssen, doch streichen wir kontinuierlich die Beschränkungen. Am heutigen Tag werden wir z.B. entscheiden müssen, ab wann die Wiederherstellung des normalen Wirkens der kommunalen Selbstverwaltungen beginnen soll, die Bürgermeister fordern das. Ich glaube, sie haben auch Recht, denn wenn es im Alltagsleben keine Beschränkungen mehr gibt, warum gibt es dann in der Tätigkeit der Körperschaften der kommunalen Selbstverwaltungen irgendeine Beschränkung? Das ist eine richtige Bemerkung. Wir werden also die Regeln für die Notlage ändern, und beginnend mit einem in der heute Nachmittag zu treffenden Entscheidung festgelegten Zeitpunkt – ich hoffe, möglichst schnell – können auch sie zum normalen Leben zurückkehren. Ich möchte Ihnen also nur sagen: Die erste Antwort auf Ihre Frage lautet, dass wir Freiheit gewonnen haben, während andere noch nicht frei sind, sind wir es schon. Das ist meine erste Antwort auf Ihre Frage, was man gewinnt, wenn man den anderen voraus ist. Die andere, dass wir versprochen bzw. uns dazu verpflichtet haben, so viele Arbeitsplätze zu schaffen, wie das Virus zerstört. Dies war unter den Beschränkungen sehr schwer, man kann also Arbeitsplätze dann schaffen, wenn es wirtschaftliche Freiheit gibt, wenn die Unternehmen wieder gestartet haben, wenn es Unternehmungslust gibt, wenn der Profit produziert und dieser wieder investiert wird, wenn also die Wirtschaft zu ihrem normalen Lauf zurückkehrt. Und unsere kehrt langsam dahin zurück. Es wird in der nächsten Woche eine Wirtschaftskonferenz geben, auf der wir über den Neustart, über die Fragen des Neustarts der Wirtschaft reden werden. Bisher gab es Wirtschaftsschutz, jetzt wird dann der Neustart der Wirtschaft beginnen, und wir gewinnen auch mehrere Monate der Wirtschaftsleistung, denn die Menschen werden arbeiten, die Unternehmen starten früher und so kann unsere Wirtschaftsleistung besser sein als die der anderen. Ich wünsche niemandem etwas Schlechtes, ich wünsche natürlich uns etwas Gutes, indem ich möchte, dass wir sie hinsichtlich der Wiederherstellung der Wirtschaft überholen sollen. Nun, wir gewinnen also Zeit, wir gewinnen Freiheit und wir gewinnen Geld dadurch, dass das Impfprogramm gut gelungen ist. Ich muss hier zwei Gesichtspunkte nennen. Wir sind jenen gegenüber zu Dank verpflichtet, die die Impfungen organisiert haben, den Fachleuten in der Staatsverwaltung, den Fahrern, den Piloten, die den Impfstoff transportiert haben, den die Pakete stapelnden Arbeitern, dann einerseits den Ärzten und den Krankenschwestern und andererseits den Menschen, die in einer so hohen Zahl, 5,2-5,3 Millionen, bereit waren, sich die Impfung verabreichen zu lassen. Ab jetzt gibt es nur mehr die individuelle Verantwortung. Also ganz gleich, was wir jetzt noch machen oder was ich persönlich noch tue, die Fachleute in der staatlichen Verwaltung ansporne, den Ärzten größere Unterstützung gebe oder den Transporteuren eine größere logistische Unterstützung biete, dies wird die Zahl der Impfungen nicht mehr erhöhen. Die Zahl der Impfungen kann nur die persönliche individuelle Entscheidung erhöhen. Bisher war es – meiner Ansicht nach – die Verantwortung des Staates, dass das Impfprogramm gut gelingen sollte. Es lag in unserer Verantwortung, dies zu organisieren, dass es Impfstoff gibt, wir diesen den Menschen zukommen lassen. Diese Verantwortung haben wir erfüllt oder haben ihr entsprochen. Ab jetzt gibt es eine individuelle Verantwortung, denn es hängt nur von Ihnen bzw. den Zuhörern ab, ob Sie sich impfen lassen oder nicht. Und wir können auch keine Verantwortung für die Folgen übernehmen. Wir werden natürlich jeden heilen, auch wenn er durch eine tödliche Krankheit geplagt wird, wir werden um sein Leben kämpfen, im vergangenen Zeitraum ist meiner Ansicht nach niemand aus der Schuld unserer Ärzte verstorben. Wir haben jedes Leben gerettet, das man retten konnte, wir haben jeden Kranken behandelt, das ungarische Gesundheitswesen ist nicht nur nicht zusammengebrochen, es hat auf eine in ganz Europa herausragende Weise gute Leistungen gezeigt. Es wäre gut, wenn wir über die Leistung unserer Ärzte und Krankenschwestern eher im Ton des Stolzes sprechen würden, und nicht ständig abfällige Bemerkungen über das Gesundheitswesen machen würden, das letztlich ja am meisten aus Ärzten und Krankenschwestern besteht. Ich denke also, dass, was im Namen der kollektiven Verantwortung getan werden musste und konnte, wir getan haben. Doch können wir die individuelle Verantwortung nicht übernehmen, die der Staatsbürger für sich selber trägt, ob er sich impfen lässt oder nicht. Wenn er sich nicht impfen lässt, dann – ich sage es noch einmal – werden wir ihn behandeln, aber das wird schon in seiner Verantwortung liegen.
Der Fidesz hat dem Parlament das Gesetzespaket gegen Pädophile vorgelegt. Dieses Gesetz ist auch früher schon verschärft worden. Warum muss man es erneut verschärfen?
Wir diskutieren darüber schon mehr als ein Jahr. Eine Arbeitsgruppe hat sich innerhalb der Regierungsparteien gebildet, die sich damit beschäftigt. Ich glaube, wir hätten vielleicht auch schneller zu einer Entscheidung gelangen können, doch wir schreiten über sehr dünnes Eis und auf einem schmalen Grat, engen, einem engen Pfad, denn während wir niemandem in seine Lebensführung hineinreden wollen, möchten wir aber auch nicht, dass unsere Kinder Dinge sehen oder erfahren müssten, die für ihre Entwicklung, ihre gesunde Entwicklung schädlich und gefährlich ist. Deshalb musste hier eine sehr ausgefeilte juristische Regelung geschaffen werden, während man am liebsten natürlich – ich werde jetzt etwas Hässliches sagen – den am liebsten totschlagen würde, der auch nur mit einem Finger das eigene Kind berührt. Die Affekte und die Gefühle sind eindeutig, eine strenge Regelung ist nötig, doch müssen wir mit Verstand vorgehen, wenn wir nicht wollen, dass wir solche Regelungen schaffen, deren einige Folgen wir später dann bereuen könnten. Deshalb hat diese Arbeit also mehrere Monate gedauert, aber jetzt sind wir schon fertig. Meiner Ansicht nach ist die Sache unvermeidlich. Es geht jetzt nicht nur darum, dass wir alle Kinder haben und wir es nachfühlen können, was es bedeutet, wenn jemand das Vertrauen unserer Kinder missbraucht, denn die Kinder wenden sich letztlich ja mit Vertrauen an die Erwachsenen, und dieses Vertrauen zu missbrauchen, besonders aus sexuellen Motivationen, ist die abstoßendste Sache, die wir uns vorstellen können, das niederste von allem, doch hat das Internet in dieser Hinsicht ein neues Schlachtfeld eröffnet, das der Regulierung bedarf. Die meisten pädophilen Straftaten ereignen sich im Augenblick gar nicht in ihrer physischen Tatsächlichkeit, das sind natürlich die schwerwiegendsten, sondern in diesem virtuellen Raum, zu dem unsere Kinder nicht nur Zugang haben, sondern in dem sie geradezu planschen, weil sie das gern haben, dies die moderne Welt ist. Im Vergleich zu ihnen sind wir Steinzeitmenschen, wie unsere minderjährigen Kinder diese modernen Apparate bedienen, da sind wir eine Runde, eine ganze Straßenlänge hinter ihnen zurückgeblieben, und in diese Inhalte, in diese Oberflächen, in diesen virtuellen Raum strömen nicht nur die guten Dinge hinein, sondern auch die schlechten, und die Regelung, Vergeltung, Bestrafung, Abgrenzung dessen ist eine schwierige Arbeit, doch werden wir sie durchführen. Herr Fraktionsleiter Máté Kocsis hat diesen Vorschlag eingereicht. Wir müssen sehr klar formulieren: Wir wollen unsere minderjährigen Kinder keinerlei sexueller Beeinflussung aussetzen, und wir wollen es nicht nur nicht, dies ist nicht nur ein frommer Wunsch, sondern wir wollen jene bestrafen, die diese Regeln verletzen und diese Grenze übertreten.
Heute haben wir den 4. Juni. Vor 101 Jahren wurde in Schloss Grand Trianon jenes Friedensdiktat unterzeichnet, das die Konsequenzen mit sich brachte, dass zwei Drittel Ungarns vom Land weggenommen wurden. Diese Tragödie kann man nicht mehr wiedergutmachen, nicht mehr ungeschehen machen lassen. Trotzdem kam es 2010 zu einer Vereinbarung, nach der wir dies auf die Weise zu nutzen versuchen sollten, dass die nationale Zusammengehörigkeit das Ende und die Bedeutung dieser Sache sein soll. Ist es in den vergangenen 11 Jahren gelungen, dies zu verwirklichen?
Wir stehen besser da als vor 11 Jahren. Irgendwann habe ich bei Széchenyi als Wegzehrung jenen lehrreichen Gedanken gelesen, dass wenn einem Steine in den Weg geworfen werden oder er selbst mit ihnen beworfen wird, dann muss man diese schön einsammeln, und man muss aus ihnen eine Treppe errichten, und auf der geht man dann nach oben. Jetzt gilt das für die ungarische Geschichte zu hundert Prozent. Deshalb hat vor 11 Jahren das Ungarische Parlament beschlossen, zu versuchen, aus dem Tag des Landesverlustes, denn Trianon ist der Tag des Landesverlustes, den Tag der nationalen Zusammengehörigkeit zu machen. Wir versuchen also aus den Steinen, die man auf uns geworfen hat, eine Treppe zu errichten, wir wollen aus dem Nachteil einen Vorteil herausbilden, d.h. wir wollen sagen: „Natürlich gab es einen Landesverlust, wir werden das niemals vergessen, bis ins siebte Glied nicht, doch zugleich ist die ungarische Nation erhalten geblieben, und jene, die man uns in ihrer physischen Tatsächlichkeit entrissen hat, sind in der Seele immer bei uns geblieben. Es gibt eine große Nation, die weit über die Landesgrenzen hinaus sich erstreckt, und die Bewahrung dieser seelischen Gemeinschaft ist nach derart schwierigen hundert Jahren, wie wir sie erlebt haben, letztlich doch gelungen. Der Gedanke der nationalen Zusammengehörigkeit, der Gefühlswelt ist also stark, vielleicht stärker als jemals in den Jahrzehnten zuvor, und das ist eine große Sache. Hinzu kommt noch, wenn wir schon Treppen emporsteigen, Treppen, die aus den auf uns geworfenen Steinen errichtet worden sind, dann ist es wichtig zu wissen, dass wir nicht so leben wollen – während wir all das nicht vergessen werden, was geschehen ist –, dass wir uns selbst als ein auf ewig zur Niederlage verurteiltes Volk betrachten werden. Zum einen Teil, weil wir stark sein wollen, zum anderen Teil, weil wir erfolgreich sein wollen, zum Teil sind wir das auch, meiner Ansicht nach besitzen wir eine fantastische Kultur, die niemand anders hat. Wir sind auch ein talentiertes Volk, warum sollten wir uns in Gedanken und in der Seele bis zum Ende aller Zeiten oder dem Ende des Bestehens der gegenwärtigen Verhältnisse zu einem Bewusstsein der Niederlage verurteilen? Und daraus wollen wir hervorkommen. Der Tag der Zusammengehörigkeit ist ein Versuch dazu. Und schauen Sie es sich nur an, dass wir auch erfolgreich sind, und es hat sich herausgestellt, dass auch unsere Nachbarn, mit denen wir wegen Trianon zahlreiche Diskussionen hinsichtlich der Rechte der dort lebenden Ungarn haben können und auch haben, also auch sie respektieren die Kraft und den Erfolg. Seit wir stark sind, es gelang uns in den vergangenen zehn Jahren, stark zu werden, seitdem haben wir auch das Verhältnis zu unseren Nachbarn verbessert, denn mit einem Schwachen möchte niemand Freundschaft schließen, im Allgemeinen wird er nicht ernst genommen, und andere Völker bauen ihn auch gar nicht in ihre Kalkulation ein, wenn sie über ihre eigene Zukunft nachdenken. Aber heute kann kein einziges Volk im Karpatenbecken auf die Weise nachdenken, dass es nicht mit uns, Ungarn, kalkulieren würde. Und deshalb hatten wir noch nie derart gute und ausgewogene Beziehungen mit den Serben oder den Slowenen wie jetzt, mit den Kroaten ist die Sache einfach, denn mit ihnen haben wir achthundertzwanzig und einige Jahre als Partnernationen zusammengelebt, wir verbessern die Beziehungen zu den Slowaken, und ich behaupte nicht, wir hätten bei allen unseren Nachbarn Erfolg, doch ist die Tendenz eindeutig, wir haben mit immer mehr unserer Nachbarn immer bessere Beziehungen. Und es ist auch der Grundgedanke unserer Politik, dass wir keine Gegner sammeln, sondern Freunde. Und das bringt uns natürlich schon etwas aus Trianon hinaus, aber es ist auch nicht so einfach, Freunde zu sammeln, denn die wichtigste Nachricht war in dieser Woche in der internationalen Politik, dass sich herausgestellt hat, dass die Amerikaner jetzt gerade mit Hilfe der Dänen die Deutschen und Gott weiß wen noch abgehört haben. Auch wir betrachten jetzt gerade, wo wir uns wohl auf dieser Palette befinden, das Kabinett für Nationale Sicherheit hat die Arbeit bekommen, dies zu erkunden, denn Bündnis hin oder her, sie kriechen uns doch unter die Haut und in die Köpfe, und sie lauschen, und sie sind dort an unseren Ohren, wir wissen also nicht genau, was die Situation mit Ungarn ist, doch offensichtlich ist es selbst innerhalb des westlichen Bündnissystems schwer, Freunde zu sammeln, oder wenn es auch gelingt, Freunde zu sammeln, so handelt es sich dort eher um Interessenübereinstimmung, deshalb sind wir Freunde, denn schau an, jene Großen, die die Mittel und die Macht besitzen, auf illegale Weise Informationen über uns zu sammeln, um zu erfahren, was wir wohl wollen, respektieren die grundlegendste nationale Souveränität nicht. Man muss also in diesem ganzen modernen, komplizierten internationalen System nicht danach streben, dass Ungarn sich an die Seite der einen oder der anderen Macht stellen soll, sondern man muss danach streben, dass wir unseren eigenen Weg beschreiten, unseren eigenen Interessen folgen und wir möglichst viele Freunde an möglichst vielen Punkten des Globus haben, und diese Freundschaften sollten wir in wirtschaftliche Zusammenarbeit umwandeln. Natürlich sollten wir grundsätzlich in Sicherheit sein, wenn du viele Freunde hast, dann bist du in Sicherheit, doch sollten wir es in Wirtschaft, in wirtschaftliche Zusammenarbeit umwandeln, wir sollten den ungarischen Unternehmern die Möglichkeiten schaffen, ihre Produkte bei unseren Freunden verkaufen zu können, und dadurch in Ungarn Arbeitsplätze schaffen zu können. Diese hundert Jahre Einsamkeit ist das, was Trianon für mich symbolisiert. Ich bin so aufgewachsen, dass man mich immer gelehrt hat, ich sei Sohn einer großen Nation. Man las den „Toldi“, und da hat man gleich gesehen, ganz gleich, wie groß die Maße des Landes gerade sind, wir sind doch eine große Nation, im Geiste und in der Geschichte sowie der Kultur, auch im Wollen. Wir sind also eine große Nation, die keinen Vorteil davon haben kann, ja sogar nur Nachteile, wenn sie isoliert wird oder wenn sie sich selbst isoliert. Wir müssen hinaus in die Welt gehen, wir müssen für die Welt offen sein, wir müssen mit der Welt kooperieren, und da wir uns für talentiert und fleißig halten, da werden wir meiner Ansicht nach keinem großen Irrtum unterliegen, dann kann die Teilnahme an der Welt, die Offenheit gegenüber der Welt, die Teilnahme an der Weltwirtschaft den Ungarn, den ungarischen Menschen äußerst viele Vorteile mit sich bringen, und bringt sie auch tagtäglich, wie ich die Wirtschaftsdaten sehe.
Wir haben keine Zeit mehr, aber für die Dauer von zwei Sätzen sammeln wir Freunde, doch ab der nächsten Woche werden wir drei ernsthafte Gegner auf dem Fußballplatz haben. Wie bereiten Sie sich auf die EM vor?
Ich bin gerade jetzt nicht sehr glücklich. Endlich ist ein ungarischer Stern am Himmel, am Himmel des Fußballs aufgegangen. Ich habe mich schon seit langen Monaten darauf vorbereitet, ihn auch in einem Spiel mit Bedeutung sehen zu können, da hat es sich nun herausgestellt, dass er nach Deutschland – oder ich weiß gar nicht wohin – zurückreisen musste, er gehört nicht zu dem ungarischen Kader, der Trainer hat entschieden, ihn nicht aufzustellen, vielleicht dann im Herbst, so dass ich jetzt in so einem moroseren oder übelgelaunteren Zustand bin. Ansonsten erwarte ich die Spiele zu diesem Zeitpunkt immer mit Begeisterung, aber jetzt, da Szoboszlai nicht spielt, dem ich im Übrigen gute Besserung wünsche, wertet dies alles um. Ich bin der Begründer der Puskás Akademie, dies geschah noch irgendwann um 2006, und ich beobachte natürlich die Spieler besonders, die Absolventen der Akademie sind, die dann auch in der Nationalmannschaft spielen werden, doch wünsche ich nicht nur ihnen, sondern allen Spielern viel Erfolg! Jetzt, wenn wir schon den Tag von Trianon haben, sagt die ungarische Sprache, „wir gewinnen“ und „wir verlieren“, den Staat hat der Heilige Stephan gegründet und wir, und auch die Türken hat Hunyadi geschlagen und wir. Und wie es in der Nationalhymne heißt „ächzte die stolze Burg Wiens unter der Last der zornigen Truppen von Mátyás“ und sie ächzte auch unter der Last unserer Armee. Ich möchte nur sagen, dass die ungarischen Menschen gemeinschaftliche Menschen sind, sie fassen ihr Leben so auf, dass dieses sich auf irgendeine geheimnisvolle Weise mit dem Leben vieler-vieler vor ihnen gelebter Generationen verflochten, zu einem gemeinsamen Schicksal verflochten ist. Alles ist uns geschehen, alles, was auf dem Spielfeld geschieht, machen wir, und natürlich werden dort elf Spieler sein, aber wir werden dann natürlich die Tore schießen und wenn es ein unglückliches Gegentor geben sollte, dann haben wir es uns eingefangen. In dieser Hinsicht rechne ich mit einem ausgezeichneten Sommer oder einer ausgezeichneten Europameisterschaft, auch dann, wenn wir von hier aus Dominik Szoboszlai nur unsere Hoffnungen und guten Wünsche zum Gesundwerden schicken können.
Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsident Viktor Orbán.