Mein lieber Freund Netanjahu!
Wir danken Dir für Deinen Besuch im vergangenen Jahr bei uns in Budapest, wir sind Dir dankbar, dass Du gemeinsam mit Deiner Gattin zu uns gekommen bist. Wir danken Dir, dass Du nicht nur einen halben, sondern mehrere Tage in Budapest verbracht hast. Damit hast Du uns Respekt gezollt und das hat die freundschaftlichen Gefühle des ungarischen Volkes für Israel verstärkt. Ich danke dafür, dass ich heute diesen Besuch erwidern darf. Das ungarische ist ein romantisches Volk, es liebt die Symbole. Es besitzt für uns eine besondere Bedeutung, dass mein erster offizieller Besuch als ungarischer Ministerpräsident zum siebzigsten Jahrestag der Gründung des Staates Israel erfolgt. Wenn Sie erlauben, dann würde ich auch etwas über unsere persönliche Beziehung sagen. Ich habe den Eindruck, dass die herausragend guten israelisch-ungarischen Beziehungen zum Teil auch unserer Zusammenarbeit zu verdanken sind, und ich erkläre es dadurch, dass an der Spitze der beiden Länder jeweils ein patriotischer Ministerpräsident steht, und in unserem Verhältnis sehe ich den Beweis dafür, dass ein jüdischer Patriot und ein ungarischer Patriot einander leicht verstehen können. Nächstes Jahr werden die wieder aufgenommenen diplomatischen Beziehungen zwischen unseren Ländern dreißig Jahre bestehen, dies werden wir feiern, und wir würden dies gerne auch hier feiern.
Ich möchte der Öffentlichkeit mitteilen, dass wir gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten des Staates Israel einige wichtige Fragen des 21. Jahrhunderts auf identische Weise betrachten und auch auf identische Weise sehen. Dazu gehört die Frage der Sicherheit, die des Terrorismus, des Grenzschutzes und des modernen Antisemitismus. Es herrscht darin Übereinstimmung zwischen uns, dass die Sicherheit die wichtigste Frage ist und jede Nation das Recht auf ihre eigene Sicherheit besitzt, und unsere Pflicht ist es, unseren Bürgern die Sicherheit zu garantieren. Herr Ministerpräsident, der Kontinent, auf dem wir leben, Europa, leidet heute unter der Migration und dem Terrorismus. Die Terroristen bringen ihre Leute mit Hilfe der Migration nach Westeuropa. Gegenüber diesen Erscheinungen müssen wir auftreten. Ich muss auch ehrlich sagen, Herr Ministerpräsident, dass kräftige Formen des modernen Antisemitismus in Europa erschienen sind, und wir heute in Zeiten leben, in denen in Westeuropa der Antisemitismus zunimmt und in Mitteleuropa abnimmt. Wir sind zur Kooperation mit Ihnen zur Zurückdrängung des Antisemitismus bereit. Wir betrachten auch die gegen den Staat Israel gerichtete Feindlichkeit als eine Form des Antisemitismus. Ich möchte den Herrn Ministerpräsidenten darüber versichern, dass in Ungarn gegenüber dem Antisemitismus Nulltoleranz herrscht. Die Bürger jüdischer Herkunft stehen in Ungarn unter dem Schutz der Regierung, und wir sind stolz darauf, dass sich in Budapest, in Ungarn auch ein sein Judentum offen zeigender Mensch in Sicherheit fühlen kann. Auch Sie wissen, dass wir sehr viele Dinge im Interesse des kulturellen Wiederaufbaus des Budapester und des ungarischen Judentums getan haben. Diese zähle ich jetzt nicht auf. Wir haben Friedhöfe in Ordnung gebracht, haben Synagogen renoviert, den Unterricht unterstützt.
Ich möchte auch einige Dinge über unser internationales diplomatisches Auftreten sagen. Ich möchte klarstellen, wir werden immer im Interesse dessen auftreten, dass die internationalen Organisationen gegenüber Israel faire, ausgewogene und unvoreingenommene Entscheidungen treffen, deshalb sind wir auch weiterhin auf internationalen Foren zu einer engen Kooperation mit Israel bereit. Über die Wirtschaft wiederhole ich nur das, was Sie gesagt haben, ich unterstreiche ihre Kraft: Heute sind zweihundert israelische Firmen in Ungarn tätig, sie geben fünftausend Menschen Arbeit, und sie wirken im Bereich der modernen Technologien, was eine neue Perspektive für die Zusammenarbeit der beiden Staaten darstellt.
Ich habe zwei Bitten an den Herrn Ministerpräsidenten. Wir möchten im kommenden Jahr eine kulturelle Veranstaltungsreihe hier in Israel durchführen. Mit der nötigen Bescheidenheit sage ich, dass wir so einiges zum Zeigen haben. Ich bitte den Herrn Ministerpräsidenten, uns hierin zu unterstützen. Und wir möchten ein Museum der ungarischsprachigen Gemeinschaft hier in Israel gründen. Dies besitzt seine Anfänge in Safed, doch wir möchten es nach Herzlia bringen, denn auch wir sind der Ansicht, dass die Geschichte in Budapest begann. Wir bitten nicht um Geld, sondern um guten Willen und Unterstützung. Noch einmal: Ich bin dankbar, dass wir hier sein dürfen, und dies betrachtet das Volk Ungarns als eine Ehre.